Die Bedeutung der Ladenöffnungszeiten aus einzel- und gesamtwirtschaftlicher Sicht


Masterarbeit, 2008

68 Seiten, Note: 2.7


Leseprobe


Gliederung

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung und Aufbau der Arbeit

2. Einzelhandel in Deutschland
2.1. Analyse der globalen Einzelhandelsumwelt
2.1.1 Die Makroumwelt des Einzelhandels
2.1.1.1 Die gesellschaftliche Entwicklung
2.1.1.2 Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung
2.1.1.3 Die technologische Entwicklung
2.1.2 Die Mikroumwelt des Einzelhandels
2.1.2.1 Kunden/Zielgruppen
2.1.2.2 Der Wettbewerb
2.1.2.3 Die Mitarbeiter
2.1.3 Die Ladenöffnungszeitengesetze
2.2 Branchen
2.3 Branchenstrukturen

3. Die Bedeutung von Ladenöffnungszeiten aus der Sicht der Konsumenten
3.1 Das Konsumentenverhalten
3.1.1 Theoretische psychologische Modellierung
3.1.2 Nutzenmaximierungsproblem
3.1.3 Das Tageszeitliche Nachfrageverhalten
3.1.4 Determinanten des Bedarfs an Produkten
3.1.4.1 Produkteigenschaften
3.1.4.2 Anspruchsniveau
3.1.4.3 Preis
3.1.4.4 Alter der Konsumenten
3.1.4.5 Einkaufen nach 20h
3.2 Die Auswirkung der Zeit auf die Stufen des Kaufentscheidungsprozesses
3.2.1 Anregungsphase
3.2.2 Such- und Optimierungsphase
3.2.3 Kontrollphase
3.3 Die Ladenöffnungszeiten als exogene Rahmenbedingungen für den einzelnen Konsumenten
3.3.1 Konsumfreiheit
3.3.2 Einkaufskosten
3.3.3 Einkaufsgenuß

4. Die Bedeutung der Ladenöffnungszeiten für die Unternehmen
4.1 Auswirkungen veränderter Ladenöffnungszeiten
4.1.1 Verkürzung von Öffnungszeiten
4.1.2 Diskriminierende Beschränkung der Ladenöffnungszeiten
4.1.3 Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten
4.1.3.1 Spieltheoretische Analyse
4.1.3.2 Einfluss auf die Kosten
4.2 Einfluss der Ladenöffnungszeiten auf die Gestaltung der Marketing-Mix Instrumente
4.2.1 Distributionspolitik
4.2.2 Kontrahierungspolitik
4.2.3 Sortimentspolitik
4.2.4 Kommunikationspolitik

5. Die Bedeutung von Ladenöffnungszeiten aus gesamtwirtschaftlicher Sicht
5.1 Theoretische Betrachtung
5.1.1 Auswirkungen auf die Branchenstruktur
5.1.2 Auswirkungen auf die Beschäftigung
5.1.3 Auswirkungen auf das Preisniveau
5.1.4 Synthese
5.2 Empirische Beobachtungen
5.2.1 Deutschland
5.2.1.1 Umsatz
5.2.1.2 Preise
5.2.1.3 Beschäftigung
5.2.1.4 Branchenstruktur
5.2.1.5 Öffnungszeiten
5.2.1.6 Exkurs: Sonntagsöffnung
5.2.2 Internationale Übersicht
5.2.3 Österreich
5.2.3.1 Sichtweise der Konsumenten
5.2.3.2 Sichtweise der Handelsangestellten
5.2.3.3 Sichtweise der Unternehmen

6. Schlussfolgerung

Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Beschäftigungsquote - weibliche Bevölkerung - Anteil der erwerbsfähigen Frauen im Alter von 15-64 Jahren an der weiblichen Gesamtbevölkerung derselben Altersgruppe

Abbildung 2: Unternehmen des Einzelhandels in Deutschland nach Wirtschaftsgruppen

Abbildung 3: Beitrag der Unternehmen zum Gesamtumsatz des Einzelhandels nach Beschäftigtengrössenklassen

Abbildung 4: Die zehn umsatzstärksten Warengruppen im Einzelhandel

Abbildung 5: Prozentualer Anteil von Nachfragern nach Produkten und Dienstleistungen unter freien Berufen, Unternehmern und abhängig Beschäftigten an allen Personen der jeweiligen Berufsgruppen

Abbildung 6: Prozentualer Anteil von Nachfragern nach Produkten und Dienstleistungen unter drei verschiedenen Altergruppen an allen Personen der jeweiligen Altersgruppe

Abbildung 7: Der Akt vom Bedarf bis zum Kauf

Abbildung 8:Verteilung der Ausgaben auf die Wochentage

Abbildung 9: Bekanntheit der geöffneten Läden nach 20h (IfH)

Abbildung 10: Versandhandelsumsatz mit Waren seit 1980 in Mrd. Euro (bvh)

Abbildung 11: Auszahlungsmatrix des spieltheoretischen Modells

Abbildung 12: Aufwendungsarten im Einzelhandel

Abbildung 13: Aufwendungsarten im Einzelhandel - ohne Bezüge von Handelswaren

Abbildung 14: Veränderung der Einzelhandelsumsätze in Deutschland

Abbildung 15: Verbraucherpreise in Deutschland

Abbildung 16: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Einzelhandel

Abbildung 17: Beschäftigungsumfang im Handel

Abbildung 18: Beschäftigungsumfang im Einzelhandel II

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Haushalte in Deutschland (in tausend)

Tabelle 2: Entwicklung der Reallöhne in Deutschland

Tabelle 3: Entwicklung der Sparquote in Deutschland

Tabelle 4: Entwicklung des BIP in Deutschland

Tabelle 5: Entwicklung der Arbeitslosenquote in Deutschland

Tabelle 6: Meinung der Befragten zur Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten je nach Einkommensgruppe

Tabelle 7: Strukturdaten Einzelhandel in Deutschland

Tabelle 8: Das Stimulus-Organism-Response-Modell

Tabelle 9: Meinung der Befragten zur Liberalisierung der Öffnungszeiten nach Altersgruppe

Tabelle 10: Einkaufsabsichten nach 20h (IfH-2007)

Tabelle 11: Möglichkeit des Einkaufs an üblicherweise besuchten Standorten nach 20 Uhr (IfH)

Tabelle 12: Beschäftigungsumfang im Einzelhandel

Tabelle 13: Struktur und Leistungszahlen des Lebensmittel-Einzelhandels 2005-2007 (jeweils Jahresbeginn) Nach Einzelhandelstypen (AC Nielsen)

Tabelle 14: Öffnungszeiten der Geschäfte an verschiedenen Standorten

Tabelle 15: Auswirkungen der Liberalisierung von Ladenöffnungszeiten in diversen OECD-Ländern

Tabelle 16: Wirtschaftspolitische Erleichterungen für kleine Einzelhandelsunternehmen

1. Einleitung und Aufbau der Arbeit

In der ökonomischen Definition ist das Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage die Voraussetzung für das Entstehen eines Marktes, welcher wiederum das Kernstück der Marktwirtschaft bildet.

In der Realität des Einzelhandels können Angebot und Nachfrage nur dann zusammentreffen, wenn die Geschäfte geöffnet haben.

Somit kommt den Ladenöffnungszeiten in ökonomischer Hinsicht grundsätzlich eine wichtige Bedeutung zu. Aber auch auf Ebene des einzelnen Unternehmens sind die Öffnungszeiten eine wichtige Variable im betrieblichen Entscheidungsprozess, da sie sich direkt auf Umsatz und Kosten auswirken. Für den einzelnen Konsumenten wiederum stellen Öffnungszeiten eine externe Restriktion seiner Einkaufsmöglichkeiten dar.

Während in der Vergangenheit sowohl in Deutschland als auch in anderen Ländern die Ladenöffnungszeiten durch Gesetze reguliert und eingeschränkt wurden, sind sie nunmehr insbesondere in Deutschland weitgehend liberalisiert.

Dieses Thema fand ein breites Medienecho, im Mittelpunkt standen allerdings hauptsächlich die Standpunkte einzelner Interessengruppen und subjektive Erwartungen. Es ist auffällig, dass trotz teilweise intensiver Diskussionen nur relativ wenige umfassende ökonomische oder betriebswirtschaftliche Studien vorliegen, die sich mit dem Thema Liberalisierung von Öffnungszeiten auseinandersetzen.

Die vorliegende Arbeit unternimmt es, die Bedeutung der Ladenöffnungszeiten aus einzel- und gesamtwirtschaftlicher Sicht zu analysieren. Die grundlegende Frage lautet, ob liberalisierte Öffnungszeiten beschränkten Öffnungszeiten überlegen sind, beziehungsweise für welche Gruppen (Unternehmen, Konsumenten, Gesamtwirtschaft) dies zutrifft. Eine Liberalisierung stellt immer eine Veränderung der Umwelt dar, auf die die betreffenden Akteure reagieren müssen. Deswegen ist es zunächst notwendig, einerseits die Umwelt zu definieren und die entsprechenden Veränderungen zu identifizieren. Anschließend muss das Verhalten der Akteure analysiert werden. Hierzu wird zunächst in Kapitel 2 der Einzelhandel in Deutschland detailliert untersucht, mit einem Schwerpunkt auf der globalen Einzelhandelsumwelt. Dadurch wird der allgemeine Rahmen, in dem die Ladenöffnungszeiten eine Variable darstellen, präzisiert, und die anderen Faktoren, die auf die wirtschaftlichen Entscheidungen der Einzelhändler einwirken, identifiziert.

Anschließend wird in Kapitel 3 die Bedeutung von Ladenöffnungszeiten für Konsumenten untersucht, wobei zwischen dem beobachtbaren Konsumverhalten und den internen Abläufen der Kaufentscheidungsfindung unterschieden wird. Das Kapitel wird mit einer Analyse der Auswirkungen unterschiedlicher Öffnungszeiten auf Konsumenten abgeschlossen. In Kapitel 4 steht die Bedeutung der Öffnungszeiten für Unternehmen im Mittelpunkt. In einer detaillierten Analyse werden die drei Fälle von relevanten Öffnungszeitenregulierungen unterschieden: Verkürzung, diskriminierende Liberalisierung[1] und vollständige Liberalisierung, wobei der Schwerpunkt auf der vollständigen Liberalisierung liegt. So werden unter anderem die Auswirkungen auf die Kosten und die Marketing-Mix-Instrumente untersucht und ein spieltheoretisches Modell zur Analyse der Entscheidungen bei Einführung der Liberalisierung herangezogen. In Kapitel 5 wird die Bedeutung der Ladenöffnungszeiten und deren Liberalisierung aus aggregierter, gesamtwirtschaftlicher Sicht analysiert. Dieses Kapitel wird mit einer Auswertung diverser Studien eröffnet, die vor der Liberalisierung erstellt wurden und bestimmte Ergebnisse prognostizierten. Diese Prognosen werden im zweiten Abschnitt tatsächlichen, empirischen Beobachtungen gegenübergestellt.

Kapitel 6 schließt die Arbeit mit Schlussfolgerungen ab.

Hinsichtlich der herangezogenen statistischen Daten liegt der Schwerpunkt der Arbeit auf Deutschland, jedoch besitzen die theoretischen Überlegungen universelle Gültigkeit.

2. Einzelhandel in Deutschland

Unter Handelsunternehmen versteht man Unternehmen, deren primäre Geschäftstätigkeit darin besteht, auf eigene Rechnung mit Gewinnabsicht Produkte einzukaufen und diese unverändert weiterzuverkaufen[2].

Einzelhandelsunternehmen haben private Nachfrager als Kunden, und sind eine Form von Vertriebsorganen, die eine direkte Beziehung zum Konsumenten knüpfen, um Produkte zu verkaufen.

Einkaufen ist Teil der täglichen Aktivität von Haushalten, wobei die individuellen Entscheidungen von vielen Faktoren abhängen, wie beispielsweise Bedarf, Zeit und Budget.

Die Bedeutung von Ladenöffnungszeiten in einer Gesellschaft ist mit der globalen Umwelt und den Einzelhandelsbranchen verbunden.

Die Ladenöffnungszeiten sind eine begrenzte zeitliche Möglichkeit für die Konsumenten bzw. die Endverbraucher, Kontakt mit dem Unternehmen aufzunehmen, um Produkte einzukaufen.

Im folgenden Abschnitt sollen die globale Einzelhandelumwelt sowie die Einzelhandelsbranchen in Deutschland analysiert werden.

2.1. Analyse der globalen Einzelhandelsumwelt

Bei der Umwelt, die vom Einzelhandelsunternehmen nicht beeinflusst werden kann[3], unterscheidet man zwischen der Makroumwelt und der Mikroumwelt.

Die globale Umwelt des Einzelhandels beinhaltet die gesellschaftliche Entwicklung, die gesamtwirtschaftliche Entwicklung, die technologische Entwicklung, sowie Ladenöffnungszeitengesetze, die alle zur Makroumwelt zusammengefasst werden, und auf Seiten der Mikroumwelt die Kunden, die Wettbewerber und die Marktcharakteristika.

2.1.1 Die Makroumwelt des Einzelhandels

Unter Makroumwelt versteht man diejenigen Kräfte, die von Außen einwirken und nicht kontrollierbar[4] sind. Genauer gesagt sind dies diejenigen Entwicklungen in der Gesellschaft, die die Einkaufsgewohnheiten und das Konsumentenverhalten beeinflussen können. Es handelt sich hierbei insbesondere um die gesellschaftliche Entwicklung, die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und die technologische Entwicklung.

2.1.1.1 Die gesellschaftliche Entwicklung

Der Anteil der Frauen in Erwerbtätigkeit stieg in Deutschland im letzten Jahrhundert kontinuierlich. Die folgende Abbildung verdeutlicht diesen Trend anhand eines Zeitraums von 12 Jahren für Deutschland und die Europäische Union sowie 7 Jahren für die Türkei.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Beschäftigungsquote - weibliche Bevölkerung - Anteil der erwerbsfähigen Frauen im Alter von 15-64 Jahren an der weiblichen Gesamtbevölkerung derselben Altersgruppe[5]

In Deutschland waren 2006 62,6% der Frauen im Alter von 15 - 64 berufstätig, bei steigender Tendenz. Die Quote liegt über derjenigen der EU-25 von 57,4%.

Im Vergleich zu Ländern wie der Türkei, wo 2006 lediglich 23,9 % der Frauen berufstätig waren, gehört Deutschland zu den Ländern mit einer hohen Frauenerwerbstätigkeit. Dies beeinflusst unmittelbar die Beteiligung der Frauen an den Haushaltsausgaben.

Neben dem zur Verfügung stehenden Budget ist für die Einkaufsmöglichkeit besonders die verfügbare Zeit relevant. Die Beschränkung der Ladenöffnungszeiten beschränkt auch die Verbraucherfreiheit, besonders wenn es sich um Bedürfnisse handelt, die ständig befriedigt werden müssen. Je höher nun der Anteil Berufstätigen an der Bevölkerung ist, desto weniger Zeit steht den Betroffenen zum Einkaufen zur Verfügung. Oder anders ausgedrückt: jede Stunde, die gearbeitet wird, kann nicht für Einkäufe verwendet werden, auch bei aggregierter volkswirtschaftlicher Betrachtung.

Eine weitere Markoeinflußgröße ist die Struktur der Bevölkerung, insbesondere die Anzahl der Haushalte und deren Größe. Die Anzahl der Personen, die in einem Haushalt leben, spielt eine große Rolle bei der Organisation und Durchführung der Einkäufe. Eine Familie mit Kindern (3 und mehr Personen im Haushalt) hat ein anderes Zeitbudget und andere Bedürfnisse als Einpersonenhaushalte. Ein wichtiger Aspekt ist die Anzahl der berufstätigen Haushaltsmitglieder. Wenn beispielsweise beide Elternteile berufstätig sind, bestehen zeitlich gesehen weniger Einkaufsmöglichkeiten als wenn nur eine Person arbeitet.

Um die Situation in Deutschland näher zu analysieren, zeigt die folgende Tabelle die Anzahl der Haushalte nach Haushaltstypen[6]:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Haushalte in Deutschland (in tausend)

In 2003 beträgt die Anzahl der Haushalte 38.9 Mio., im Vergleich dazu 2006 39.8 Mio. Dass die Anzahl der Haushalte in diesem Zeitraum um 2,11% stieg liegt nicht daran, dass die Bevölkerung wächst, sondern dass die Anzahl von Einpersonenhaushalten von 2003 bis 2006 um 7,1 % und die Anzahl von 2-Personenhaushalt um 1,6% gestiegen ist.

Andererseits schrumpft die Anzahl von 3-Personenhaushalten und 4-Personenhaushalten um jeweils 1,9 % und 3,7 %. Die größte Änderung kann bei den Haushalten mit 5 und mehr Personen beobachtet werden, deren Anzahl im selben Zeitraum um 8,6 %gesunken ist.

Die unmittelbaren Auswirkungen dieser Entwicklung auf die Einkaufsmöglichkeiten sind sehr deutlich, wenn man die steigende Anzahl von 1- und 2- Personenhaushalten vor dem Hintergrund der Berufstätigkeit betrachtet. Bei berufstätigen Personen verschmälert sich tendenziell die Einkaufszeit und die Bedeutung von flexiblen Ladenöffnungszeiten steigt wesentlich.

2.1.1.2 Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung

Das Konsumverhalten wird stark von der gesamtwirtschaftlichen Situation und Entwicklung beeinflusst. Wie viel Geld ein Endverbraucher für seinen Konsum ausgibt bzw. ausgeben kann, hängt in erster Linie von seinem verfügbaren Reallohn (inflationsbereinigt) ab. Dieser entwickelte sich im Zeitraum 1997 bis 2006 wie folgt[7]:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Entwicklung der Reallöhne in Deutschland

Die Reallöhne in Deutschland weisen während des betrachteten Zeitraums weitgehend ein leichtes Wachstum auf, das sich aber stellenweise abschwächt und 2006 negativ wird.

Während das reale Netto-Arbeitnehmerentgelt die technische Budgetbeschränkung des Konsumenten darstellt[8], trifft der Konsument in der Realität die Entscheidung, wie er sein verfügbares Einkommen verwendet, insbesondere ob er es konsumiert oder spart. Derjenige Anteil, der gespart wird (Sparquote), fließt nicht direkt dem Einzelhandel zu. Die Sparquote[9] weist folgende Entwicklung auf:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3: Entwicklung der Sparquote in Deutschland

Man sieht, dass die Sparquote im Zeitablauf keineswegs konstant bleibt, sondern deutlichen Schwankungen unterliegt. Diese Schwankungen sind wahrscheinlich nicht immer auf rein rationale Beweggründe zurückzuführen, sondern hängen auch mit Zukunftserwartungen zusammen, die von anderen ökonomischen Daten beeinflusst werden. Eine nicht zufrieden stellende wirtschaftliche Entwicklung oder entsprechende Medienberichte können Ängste um die Erhaltung des eigenen Wohlstands verursachen und die Sparquote im Rahmen einer „Vorbereitung auf schlechte Zeiten“ erhöhen. In diesem Zusammenhang wird von den Konsumenten die Wachstumsrate des Bruttoinlandsproduktes (BIP)[10] beachtet. Die Veränderung zum Vorjahr[11] betrug von 1997 bis 2006:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 4: Entwicklung des BIP in Deutschland

Es ist zu beachten, dass bei jeweiligen Preisen Wachstumsraten unterhalb von 2% inflationsbereinigt quasi keinem Wachstum entsprechen. Dies könnte ein Grund für die Erhöhung der Sparquote ab 2004 sein. Wenn Konsumenten sich aufgrund eines als zu gering empfundenen Realeinkommens oder der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung dafür entscheiden, ihren Konsum zugunsten der Ersparnisse einzuschränken, hat dies direkte Auswirkungen auf die Einzelhändler[12]. In diesem Fall sind es aus ökonomischer Sicht zuerst die Luxusgüter, auf deren Konsum verzichtet wird[13]. Eine weitere Größe, die für in diesem Zusammenhang für Konsumenten wichtig ist, ist die Entwicklung der Arbeitslosenquote[14].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 5: Entwicklung der Arbeitslosenquote in Deutschland

Im betrachteten Zeitraum bewegte sich die Arbeitslosenquote einerseits auf einem relativ hohen Niveau, andererseits war von 2002 an sogar ein Wachstum zu verzeichnen. Da eine solche Entwicklung bei den Arbeitnehmern Ängste um den eigenen Arbeitsplatz hervorruft, kann sie als ein erklärender Faktor für die Erhöhung der Sparquote herangezogen werden. Dies ist für Einzelhändler aus zweierlei Gründen eine nachteilige Entwicklung. Einerseits wird durch die Erhöhung der Sparquote grundsätzlich weniger konsumiert. Der Einzelhandel muss Anstrengungen unternehmen, um überhaupt die Umsätze stabil zu halten, geschweige denn zu erhöhen. Andererseits führt eine Erhöhung der Arbeitslosigkeit zu einem starken Kaufkraftverlust bei den Betroffenen. Insbesondere bei langfristiger Arbeitslosigkeit ist es nicht mehr möglich, den Konsum aus Zeiten der Erwerbstätigkeit aufrechtzuerhalten, was sich direkt auch auf den Einzelhandel auswirkt.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in den letzten zehn Jahren dem Einzelhandel relativ ungünstige Rahmenbedingungen für ein Umsatzwachstum bot.

2.1.1.3 Die technologische Entwicklung

Auf den ersten Blick mag die allgemeine technologische Entwicklung nur am Rande mit der Makroumwelt eines Einzelhandelsunternehmens zu tun haben. Schließlich werden die zu verkaufenden Produkte nicht vom Handelsunternehmen produziert. Jedoch erfordern innovative Produkte auf Unternehmensseite einen erhöhten Vermarktungsaufwand, um ihren Bekanntheitsgrad zu erhöhen. Der (potenzielle) Kunde hingegen muss Zeit investieren, um sich über das Produkt zu informieren und sich eine Meinung zu bilden. Muss beim Kunden das Bedürfnis nach dem Produkt erst erzeugt werden, so ist der individuelle Zeitaufwand für die Verkäufer ebenfalls höher, als bei bereits bekannten Produkten. Je höher nun der notwendige Zeitaufwand ist, bis ein Verkauf getätigt werden kann, umso mehr gewinnen längere Öffnungszeiten an Bedeutung. Dies gilt insbesondere bei hoch entwickelten, erklärungsbedürftigen Produkten wie beispielsweise Elektronik oder Software. Da hoch entwickelte, erklärungsbedürftige Produkte zumindest in ihrer Einführungsphase eher dem Hochpreissegment zuzuordnen sind, stammen potenzielle Kunden tendenziell aus höheren Einkommensschichten. Diese wiederum sind in ihren zeitlichen Einkaufsmöglichkeiten aufgrund ihrer Berufstätigkeit stark eingeschränkt, was die Bedeutung von Ladenöffnungszeiten nochmals erhöht.

2.1.2 Die Mikroumwelt des Einzelhandels

Das Ziel jedes Handelsunternehmens ist während der Öffnungszeiten Kunden zu gewinnen und Umsatz zu erzielen. Je nach Branchen, Produkt, Saison und Zielgruppe ändern sich die optimalen Öffnungszeiten.

„Die Mikroumwelt besteht aus jenen Gruppen, die in einer engen Beziehung zum Unternehmen stehen. Man bezeichnet diese Gruppen auch als Interessensgruppen (Stakeholder).“[15]

Dazu zählen unter anderem Wettbewerber, Kunden und Mitarbeiter.

Grundsätzlich werden auch weitere Gruppen, wie beispielsweise Anteilseigner, Schuldner, Gläubiger und Lieferanten zur Mikroumwelt eines Handelsunternehmens gezählt; da diese jedoch nicht direkt durch Ladenöffnungszeiten betroffen sind, sollen sie an dieser Stelle ausgelassen werden.

2.1.2.1 Kunden/Zielgruppen

Wer sind unsere Kunden? Wann können sie einkaufen? Wie können wir mehr Kunden erreichen? Wie sehen die optimalen Öffnungszeiten aus? Diese Fragen werden immer wieder von Handelsunternehmen gestellt. Um richtige Antworten auf diese Fragen zu finden, ist es wichtig zu wissen, wann die Leute Zeit haben, einkaufen zu gehen. In den USA nennt man die Leute, die nach dem Feierabend um 17h einkaufen gehen „After Five Shopper“; es sind dies Leute, die normalerweise längere Ladenöffnungszeiten verlangen und über ein überdurchschnittliches Einkommen verfügen[16].

Eine Befragung aus dem Jahre 1999 in Deutschland[17] zeigt, dass 55% der Konsumenten die Verlängerung der Öffnungszeiten begrüßen und nutzen.

Für eine Abschaffung der Beschränkungen zwischen Montag und Samstag sprachen sich 45% der Befragten aus, 36% waren dagegen.

Eine Öffnung der Läden am Sonntag wurde von 46% befürwortet und von 44% abgelehnt.

Eine andere Umfrage von Dialego 2006[18] hat gezeigt, dass die Befürwortung einer Freigabe der Ladenöffungszeiten mit dem Einkommen steigt.

Die gestellte Frage lautete: „Wie finden Sie es alles in allem, dass die Ladenschlusszeiten in Deutschland freigegeben werden/bereits freigegeben wurden?“

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 6: Meinung der Befragten zur Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten je nach Einkommensgruppe

Die Tabelle zeigt, dass die Befragten mit einem Einkommen über 5000€ die Gruppe mit der stärksten Zustimmung zur Liberalisierung darstellen.

2.1.2.2 Der Wettbewerb

Wenn man über den Wettbewerb redet, ist der Standort von Läden von Bedeutung. Es liegt in der Natur des Einzelhandels, dass je nach Standort der einzelne Laden sich in einer unterschiedlichen Marktform wieder finden kann. So ist es denkbar, dass ein Tante-Emma-Laden in einem abgelegenen ländlichen Gebiet nahezu eine Monopolposition genießen kann, während die Konkurrenz in städtischen Ballungsgebieten deutlich schärfer ist. Zudem ist die Branche bzw. Spezialisierung des Handelsunternehmens von Bedeutung. Bei einer ausreichend hohen Spezialisierung (Nischenstrategie) kann auch bei räumlicher Nähe zu Vertretern derselben Branche eine Art Monopolsituation genossen werden, wenn auch zeitlich befristet[19]. Da Läden, die in einer Monopolsituation oder vergleichbarem operieren, die Öffnungszeiten nicht als Instrument im Kampf um Marktanteile verwenden können/müssen, soll im Folgenden von der Annahme des vollständigen Wettbewerbs ausgegangen werden.

Die Wettbewerber sind die Anbieter vergleichbarer Produkte oder Dienstleistungen. Neben dem Sortiment und dem Preis sind die Ladenöffnungszeiten ein Wettbewerbsinstrument. Die Konkurrenten verhalten sich als Anpasser und entscheiden über Ihren eigene Öffnungszeiten als Reaktion auf die Entscheidung der Konkurrenten. Dieser Aspekt wird in Abschnitt 4.1.3.1 aus spieltheoretischer Sicht detaillierter diskutiert.

Für jedes Unternehmen es ist wichtig zu wissen, wer die Wettbewerber sind, und wie die Wahrscheinlichkeit eines Eintrittes neuer Wettbewerber ist. Eine Stärken/Schwächen-Analyse kann ein erster Schritt der Situations- und Gefahreneinschätzung sein.

Doch das grundlegende Problem ist, für Konsumenten attraktiv zu werden und zu bleiben.

Jedes Unternehmen versucht Fragen folgender Art zu beantworten:

- Wer kauft? à Kundenprofile
- Wie wird eingekauft? à Informationssuche
- Wann wird eingekauft? à während der Ladenöffnungszeiten
- Wo wird eingekauft? à Geschäftsstandort
- Warum wird eingekauft? à Wettbewerbsvorteile des Geschäftes

Es ist ersichtlich, dass Ladenöffungszeiten ein Wettbewerbsinstrument wie jedes andere sind.

Nun stellt sich die Frage, welche Effekte mit einer Variation der Öffnungszeiten erteilt werden können und welche Vor- und Nachteile daraus entstehen können. Darauf aufbauend muss sich jedes Unternehmen grundsätzlich für eine der folgenden Strategierichtungen entscheiden: defensiv oder offensiv. Auf die grundlegende Marketingstrategie hat allerdings nicht nur die Frage der Öffnungszeiten einen Einfluss, sondern eine Reihe weiterer Faktoren, wie beispielsweise der Standort, die Branche, das Sortiment und die Wettbewerber.

Der Wettbewerb als Bestandteil der Mikroumwelt beeinflusst die optimalen Öffnungszeiten für die Unternehmen. In Abschnitt 4.1.3.1 wird anhand einer spieltheoretischen Analyse erklärt, wie Unternehmen über ihre Ladenöffnungszeiten entscheiden, unter anderem in Abhängigkeit von ihrem Standort.

2.1.2.3 Die Mitarbeiter

Die Mitarbeiter im Einzelhandel stellen den dritten Teilbereich der Mikroumwelt dar. Jedes Unternehmen verfügt über eine gewisse Anzahl von Mitarbeitern, die entweder in kundennahen Bereichen wie Kasse und Beratung arbeiten, oder im internen Bereich wie Wareneinräumung oder Reinigung. Die detaillierten Tätigkeiten unterscheiden sich je nach Branche.

Der Einzelhandel ist relativ zur Wertschöpfung ein sehr personalintensiver Wirtschaftszweig. Somit ist die Bedeutung der Mitarbeiter für jedes einzelne Unternehmen sehr hoch, sowohl hinsichtlich der Kosten, als auch hinsichtlich der Qualifikation. Letzteres ist insbesondere dann wichtig, wenn die umzusetzende Marketingstrategie komplex oder die Kunden anspruchsvoll sind.

Somit ist es wichtig, die Struktur des Einzelhandels, die Form der Beschäftigung, die Qualifikation sowie die Profile der Mitarbeiter zu analysieren.

Im Jahr 2005 beträgt der Anteil der Frauen an den im Einzelhandel Beschäftigten

72 %[20].

Bei der Beschäftigungsform unterscheidet man zwischen Vollzeit, Teilzeit und geringfügiger Beschäftigung. Die jeweiligen Anteile betragen im Jahr 2004[21]:

Vollzeit: 49,0 %

Teilzeit: 24,7 %

Geringfügige Beschäftigung: 26,3 %

Die häufigste Art der Beschäftigung ist Vollzeit, aber eine Veränderung der Ladenöffnungszeiten kann aus Gründen der dann notwendigen Flexibilität einen erhöhten Einsatz der anderen Beschäftigungsformen erfordern.

Neben der Beschäftigungsart ist die Qualifikation der Mitarbeiter ein relevanter Faktor für den Einzelhandel. In Westdeutschland fiel die Aufteilung zwischen gering qualifizierten und Arbeitskräften mit abgeschlossener Berufsausbildung 2002 folgendermaßen aus[22]:

gering Qualifizierte: 20,9 %

mit Berufsausbildung: 78,8 %

Der Anteil der Arbeitskräfte mit Berufsausbildung ist somit nahezu viermal höher als derjenige der gering qualifizierten.

Die Bedeutung der geringfügig Beschäftigten ist während der Spitzenzeiten im Verkauf hoch, besonders in kundenfrequenzsensiblen Bereichen (Kasse, Beratung und Bedienung). Die Problematik, die sich Unternehmen im Zusammenhang mit den geringfügig Beschäftigten stellt, ist die Tatsache, dass sie oft über keine oder nur wenig Waren- und Betriebskenntnisse verfügen. Dies kann zur Senkung der Kundenzufriedenheit führen.

Es bleibt eine interne Entscheidung der Unternehmen, inwieweit sie in die Ausbildung der geringfügig Beschäftigten hinsichtlich Warenkenntnissen und Kundenkontakten investieren.

Bei Minijobbern handelt es sich mehrheitlich um junge Zuverdiener/innen, insbesondere Studierende und Schüler[23].

Die Mitarbeiter sind in die Kosten der Unternehmen miteinbezogen. Die Ladenöffnungszeiten beeinflussen die Entscheidung, mehr oder weniger Personal einzustellen, abhängig von der Anzahl der Verkaufsstunden.

Das Ziel jedes Unternehmen ist es, die Kosten zu minimieren, wobei die Mitarbeiterlöhne einen Teil der Kosten darstellen.

Der Einsatz von Arbeitskräften in der Spätschicht oder in Form von Überstunden ist für das Unternehmen mit zusätzlichen Kosten verbunden.

Eine Diskussion dieser Thematik erfolgt in Abschnitt 4.1.3.2.

2.1.3 Die Ladenöffnungszeitengesetze

Die Funktion des Ladenschlussgesetzes ist eine Regelung der maximalen wöchentlichen Ladenöffnungszeiten für den Einzelhandel[24].

Das grundlegende Ladenschlussgesetz trat im Jahr 1956 in Kraft (BGBl. I S. 875)[25].

Geschäfte durften nun Montags bis Freitags von 7 bis 18.30 Uhr und Samstags bis 14 Uhr geöffnet sein. Diese Beschränkung der Ladenöffnungszeiten diente sowohl dem Schutz der Ladeninhaber vor übermäßiger Konkurrenz, als auch dem Schutz der Angestellten vor zu langen Arbeitszeiten:

„Ohne eine Regelung des Ladenschlusses ist es nicht möglich, die Angestellten in den Verkaufsstellen vor zu langen Arbeitszeiten an Werktagen und vor verbotener Sonntagsbeschäftigung zu schützen“[26].

Am 1. November 1996 erfolgte eine Gesetzesrevision, so dass die Läden von Montag bis Freitag bis 20h und am Samstag bis 16h öffnen konnten.

Die Gestaltungsfreiheit der Unternehmen und die Souveränität der Kunden soll gefördert werden“[27]. Hier sieht man, dass zwischen 1956 und 1996 die Gesetze zugunsten der Konsumenten geändert wurden und die sozialpolitische Funktion des Arbeitsnehmerschutzes abgenommen hat.

Eine abermalige Neufassung am 02. Juni 2003 bringt eine Verlängerung der Öffnungszeiten am Samstag um vier Stunden, d.h. bis 20 Uhr[28].

Am 7.Juli 2006 stimmte der Bundesrat der Änderung des §23 SGB IV zu[29]., und machte damit das Ladenschlussgesetz zur Ländersache.

Grund für diese Liberalisierung war die Absicht, die Handlungsfreiheit und die Konsumentensouveränität nicht zu begrenzen.

Die neuen Gesetze ermöglichten es den Bundesländern, eigene Regelungen bezüglich der Ladenöffnungszeiten zu schaffen.

15 von 16 Bundesländern haben zum Zeitpunkt der Erstellung der vorliegenden Arbeit eigene Gesetze erlassen; einzig Bayern fällt weiterhin ausschließlich unter das Bundesgesetz[30].

Bezüglich der Sonntage gelten folgende Regelungen. Im Allgemeinen bis zu vier Sonntage im Jahr, in Brandenburg bis zu sechs Sonntage im Jahr, in Berlin bis zu zehn. Hierbei sind die Geschäftszeiten auf jeweils fünf oder sechs Stunden begrenzt.

Von Montag bis Samstag gilt überwiegend das 6x24-Gesetz, bis auf einige Ausnahmen in einigen Ländern.

Ein wichtiger Zweck der Liberalisierung ist, dass die Ladenöffnungszeiten die Lebensbedürfnisse der Konsumenten zu decken. Die zweite Bedeutung ist, dass die Nachfrage und das Angebot aufeinander abgestimmt werden können[31].

Die Ladenöffnungszeitengesetze können sowohl der Makroumwelt als auch der Mikroumwelt zugeordnet werden. Der Makroumwelt, weil Sie vom Staat ohne Einfluss des einzelnen Unternehmens festgelegt werden und eine Nichtbefolgung sanktioniert wird, der Mikroumwelt, weil die Läden selber entscheiden können, inwieweit sie die ihnen von den Gesetzen gegebenen Möglichkeiten ausschöpfen und ihre Öffnungszeiten optimieren.

Dieser Überblick über die Ladenöffnungszeitengesetze zeigt die Entwicklung ihrer gesellschaftlichen Wahrnehmung und Funktion. Im Jahr 1956 diente das Gesetzt einerseits zum Schutz vor Wettbewerb insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, andererseits zum Schutz der Mitarbeiter. Im Jahr 2006 dient das Gesetz zum Schutz von Handelunternehmensfreiheit und Konsumentensouveränität, also zum Schutz des Wettbewerbs. Diese Änderung hat einen Einfluss auf die Wettbewerber, Konsumenten und Mitarbeiter, also auf die Mikroumwelt, welche in Kapitel 2.1.2 diskutiert wurde.

2.2 Branchen

Der Bedarf der Konsumenten ist nicht nur auf Lebensmittel beschränkt. Neben dem Bedarf an Essen muss auch der Bedarf an anderen Produkten täglich oder zumindest regelmäßig gedeckt werden. Hierunter fallen neben Kosmetik- auch Drogerieartikel und Kleidung.

Je nach Produktkategorie erreichen die Produkte den Endverbraucher über verschiedene Branchen. Diese sollen im Folgenden systematisiert werden.

Was versteht man unter Einzelhandelsprodukten? Es sind Produkte, die in haushaltsüblichen Mengen direkt an den Endverbraucher verkauft werden, zum Zweck des Konsums. Die folgende Darstellung der Einzelhandelsbranchen[32] hat eine allgemeine Gültigkeit, d.h. in allen Ländern[33] gibt es Bedarf an solchen Produkten.

- Lebensmittel
- Bekleidung
- Herrenmoden
- Damenmoden
- Vollsortiment/Mischbetrieb
- Schuhe
- Papier- und Bucheinzelhandel
- Papier-, Büro-, Schreibwaren
- Bücher und Zeitschriften
- Uhren- und Schmuck
- Eisenwaren, Bau- und Heimwerkerbedarf
- Farben und Lacke
- Baumarkt/Vollsortiment
- Baustoffe
- Radio-, Elektro-, EDV- und Fotoeinzelhandel
- Drogerien und Parfümerien
- Drogerie
- Fachparfümerie
- Möbel/Raumausstattung (inkl. Beleuchtung)
- Spielwaren
- Sportartikel
- Lederwaren

2.3 Branchenstrukturen

Im vorliegenden Abschnitt soll anhand diverser Darstellungen der grundlegende Aufbau des Einzelhandels in Deutschland dargelegt werden. Sämtliche Daten[34] beziehen sich auf das Jahr 2003.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Unternehmen des Einzelhandels in Deutschland nach Wirtschaftsgruppen

Die in Abbildung 2[35] so dominant erscheinende Kategorie „sonstiger Facheinzelhandel“ wird u.a. unterteilt in Einzelhandel mit Bekleidung, Schuhen, Möbeln, Elektronik und Büchern.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Beitrag der Unternehmen zum Gesamtumsatz des Einzelhandels nach Beschäftigtengrößenklassen

Wie aus Abbildung 3[36] hervorgeht, wird der mit Abstand größte Teil des Gesamtumsatzes von Unternehmen mit zehn oder mehr Beschäftigten generiert. Dies könnte ein Hinweis auf zunehmende Skalenerträge sein.

Hinsichtlich der Warengruppen, die den höchsten Umsatz generieren, ergibt sich folgendes Bild[37].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Die zehn umsatzstärksten Warengruppen im Einzelhandel

Es fällt auf, dass Lebensmittel, sofern man die einzelnen Kategorien aufaddiert, die mit Abstand umsatzstärkste Kategorie ausmachen.

Die folgende Tabelle 7[38] enthält eine Reihe allgemeiner Strukturdaten des Einzelhandels.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 7: Strukturdaten Einzelhandel in Deutschland

Von den Kategorien mit spezifischer Nennung (also abgesehen von „verschiedener Art“ und „anderweitig nicht genannt / a.n.g.“) verfügt der Lebensmittelhandel über die größte Anzahl der Geschäfte, aber über eine verhältnismäßig geringe Anzahl von Beschäftigten. Auch in den anderen Kategorien fallen Unterschiede hinsichtlich der Beschäftigtenzahl pro Unternehmen auf. Dies spiegelt unter anderem die Erklärungsbedürftigkeit der einzelnen Produktkategorien wider. Je erklärungsbedürftiger die angebotenen Produkte sind, desto mehr Mitarbeiter müssen in der Kundenberatung eingesetzt werden. Im Lebensmittelhandel hingegen dominiert das Selbstbedienungsprinzip.

Nach diesem Überblick über die globale Einzelhandelsumwelt und grundlegende Strukturen sollen im Folgenden die Auswirkungen der Ladenöffnungszeiten auf Konsumenten und Unternehmen dargelegt werden.

[...]


[1] Einige Einzelhändler haben die Möglichkeit, länger zu öffnen als andere.

[2] Vgl. Homburg, Christian; Krohmer, Harley: Marketingmanagement, Wiesbaden 2003, S. 850

[3] Solange man eine polypolistische Marktstruktur annimmt, an der das einzelne Unternehmen lediglich einen geringen Anteil hat. Es wäre beispielsweise denkbar, dass extrem grosse Einzelhandelsunternehmen wie Wal-Mart einzelne Bereiche der für sie relevanten Umwelt beeinflussen können.

[4] Vgl. z.B. http://de.mimi.hu/marketing/makroumwelt.html, o.O., o.S.

[5] Vgl. Eurostat: Beschäftigungsquote, weibliche Bevölkerung 2007, eigene Darstellung

[6] Vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland: Haushalte in Deutschland, eigene Zusammenstellung

[7] Vgl. Statistisches Bundesamt: Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen des Bundes; eigene

Berechnungen und Zusammenstellung

[8] Vereinfacht gesagt. Transferzahlungen und Verschuldung werden an dieser Stelle zur Vereinfachung aussen vor gelassen.

[9] Vgl. Statistisches Bundesamt: Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen des Bundes; eigene Berechnungen: die Sparquote wurde als Quotient aus dem in der Volkswirtschaft gesparten Betrag und dem in der Volkswirtschaft verfügbaren Einkommen errechnet.

[10] Vgl. Statistisches Bundesamt: Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen des Bundes;

[11] In jeweiligen Preisen; eigene Zusammenstellung

[12] Selbstverständlich wird nicht alles, was nicht gespart wird, im Einzelhandel ausgegeben. Andere Ausgaben umfassen z.B. Reisen, Miete, Gesundheit etc. Allerdings ist es immer noch ein grosser Anteil des Haushaltsbudgets, der für Konsum im Einzelhandel vorgesehen ist.

[13] Für eine ausführliche ökonomische Herleitung vgl. Breyer (2005): Mikroökonomik-Eine Einführung, Berlin

[14] Vgl. Bundesagentur für Arbeit: Arbeitsmarktstatistik; Arbeitslosenquote aller zivilen Erwerbspersonen (1997-2006), eigene Zusammenstellung

[15] Vgl. z.B. http://www.wiwi-treff.de/home/mlexikon.php?mpage=beg/intumwelt.htm. o.S.

[16] Vgl. Randi Lavik: Changing Demand for Opening Hours in Norway, Netherlands 1988

[17] Vgl. Halk, Karin ; Uwe C. Täger: Wie wirkt das neue Ladenschlußgesetz auf den Einzelhandel?, Schnelldienst 1999 o.S.

[18] In Anlehnung an Dialego: Ladenschlusszeiten 2006, Eine Befragung der Dialego AG., S. 7

[19] Für eine weitergehende Analyse der einzelnen Marktformen vgl. Breyer (2005): Mikroökonomik-Eine Einführung, a.a.O.

[20] Vgl. Voss-Dahm Dorothea: Verdrängen Minijobs ,,Normale“ Beschäftigung? Institut für Arbeit und Technik – Gelsenkirchen 2005, S. 234

[21] Vgl. Kalina, Thorsten;Voss-Dahm, Dorothea: Mehr Minijobs = Mehr Bewegung auf der Arbeitsmarkt? Wissenschaftszentrum, Nordrhein-Westfalen 2005-07 – IAT Report, S. 2

[22] Vgl. Kalina, Thorsten;Voss-Dahm, Dorothea (2005): a.a.O., S. 6

[23] Vgl. Voss-Dahm Dorothea (2005): a.a.O., S. 239

[24] Vgl. Bundesministerium der Justiz: http://www.gesetze-im-internet.de/ladschlg/ o.S.

[25] Vgl. Stehen, Jürgen: Das Ladenschlussgesetz – Ladenhüter des Einzelhandels? Kiel, 1987, S. 3 f.

[26] Vgl. Deutscher Indurstrie- und Handelskammertag : Stellungsnahme zum Regulierungsentwurfs des Ladenschlussgesetzes 2002, o.S.

[27] Vgl. Merz, Joachim et al.: wann werden Serviceleistungen nachgefragt? (FFB), Leuphani Universität Lüneburg 2007, S. 5

[28] Vgl. Bundesministerium der Justiz/Ladenöffnungszeiten 2007, o.S.

[29] Vgl. Handelsverband BAG Montags-Briefing vom 17.07.2006, o:S.

[30] Vgl. Kaapke, Andreas, et al.: Nutzung und Auswirkung liberalisierter Ladenöffnungszeiten, Institut für Handelsforschung, 2007, S. 156

[31] Vgl. Merz, Joachim et al. a.a.O., S. 1

[32] Vgl. KMU Forschnung Austria – Einzelhandelbranchen, o.S.

[33] Alle Länder, die den Entwicklungsstand einer „Industrie- oder Dienstleistungsgesellschaft“ erreicht haben.

[34] Roßmann, Weit et. al. (2003): Strukturdaten des Einzelhandels, o.S.;

[35] Roßmann, Weit et. al. (2003): o.O., o.S., eigene Darstellung

[36] Roßmann, Weit et. al. (2003): o.O., o.S.

[37] Roßmann, Weit et. al. (2003): o.O., o.S., eigene Darstellung

[38] Roßmann, Weit et. al. (2003): o.O., o.S., eigene Zusammenstellung

Ende der Leseprobe aus 68 Seiten

Details

Titel
Die Bedeutung der Ladenöffnungszeiten aus einzel- und gesamtwirtschaftlicher Sicht
Hochschule
Universität Konstanz
Note
2.7
Autor
Jahr
2008
Seiten
68
Katalognummer
V134900
ISBN (eBook)
9783640421039
ISBN (Buch)
9783640420742
Dateigröße
852 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ladenöffnungszeiten, Liberalisierung, Deutschland, Reform
Arbeit zitieren
Jeanne d'Arc Sankari Slodowicz (Autor:in), 2008, Die Bedeutung der Ladenöffnungszeiten aus einzel- und gesamtwirtschaftlicher Sicht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/134900

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