Freges Definition der Zahl in Grundlagen der Arithmetik


Hausarbeit, 2008

20 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Hinführung zu Freges Definition der Zahl
2.1 Grundsätze seiner Untersuchung

3 Definition der Zahl
3.1 Leibnizscher Definitionsversuch der Zahl
3.2 Erster Definitionsversuch der Zahl
3.2.1 Definition der Zahl als Aquivalenzklasse
3.2.2 Das Scheitern der Definition
3.3 Zweiter Definitionsversuch der Zahl
3.3.1 Die Definition der Zahl
3.3.2 Bestimmung einzelner Zahlen

4 Schlussbetrachtungen

5 Bibliographie

1 Einleitung

Seit Anfang des 19. Jahrhunderts hahen Mathematiker an der Grundlage der höheren Mathematik gearheitet und versucht Grundhegriffe der Analysis durch Begriffe der Arithmetik darzustellen.

Mit der Begri ff sschrift schuf der deutsche Mathematiker, Logiker und Philo-soph Friedrich Ludwig Gottloh Frege einen formalen Apparat, der in seinen Grundideen die gesamte moderne Logik prägte, somit kann das logizistische Programm und dessen These von der Reduzierharkeit der Arithmetik auf die Logik als Neuentwicklung gegenüher der traditionellen Logik aufgefasst wer-den.

Die Arithmetik ist nehen der Geometrie einer der Grundhausteine der Mathe-matik. Trotz der Fundamentalität jenes Gehietes für eine ganze Wissenschaft, hlieh die Frage nach der Beschaffenheit der Gegenstände der Arithmetik, den Zahlen nämlich his zur Zeit Freges einer präzisen Antwort schuldig. Die Ursa-chen für diesen Missstand waren dem Autor der C rund i agen der Arithmetik , welche 1884 erstmalig veröffentlicht wurden, hekannt:

,, Für so frei von jeder Schwierigkeit hä i t man den Begri ff der posi-tiven ganzen Zah i , dass er für Kinder wissenschaft i ich erschöpfend behande i t werden könne [...]. "1

,, Dieser Begri ff ist ja, wie sie meinen, in den E i ementarbüchern hinreichend behande i t und damit für das ganze Leben abgetan. Wer g i aubt denn über eine so einfache Sache noch etwas i ernen zu kön-nen! "2

Frege will mit seiner Definition der Zahlen erreichen, dass Begriffe und Sät-ze der Arithmetik sich lückenlos auf die Logik zurückführen lassen, um der Mathematik die Rückkehr zur ,, euk i idischen Strenge "3 zu ermöglichen. Da-zu muss er inshesondere die Peano-Axiome4 mit logischen Mitteln herleiten.

Frege schuf die Logik der zweiten Stufe, die auch Quantisierungen über Prädi-kate, z.B. ∀ F, a : F ( a ) erlaubt, ,, ein von Frege ohne jedes historische Vorbild gescha ff ene Logikkalkül "5, welches erstmals mit seiner Begri ff sschrift einen formalen Apparat konstruierte, der in seinen Grundideen die gesamte mo-derne Logik prägte.

Dieser Aufsatz soll die Definition der Zahl, sowie sie von Frege in den C rund-lagen der Arithmetik dargelegt wurde, in kommentierter und verständlicher Weise wiedergeben. Dazu soll zunächst geklärt werden, auf welchen Prämis-sen der Autor aufbaut. In der Darstellung von Freges ,,kritischem' Teil, der die zweite Hälfte der C rundlagen ausmacht, wird unter anderem zu zeigen sein, wie die im vorherigen Teil entwachsenen Definitionsversuche und ihr je-weiliges Scheitern zu einer für ihn endgültigen Definition in §68 führen. Dafür muss zuvor der Anzahlbegri ff geklärt werden, da dieser für den weiteren Ver-lauf eine notwendige Bedingung darstellt.

Die Arbeit schlieÿt mit einer kritischen Auseinandersetzung, der den Erfolg Freges bewerten soll.

2 Hinführung zu Freges Definition der Zahl

In dem folgenden Abschnitt soll nun eine Situierung von Freges Schrift, wie es auch bei ihm selbst geschieht, im Bereich philosophischer Fragen erfolgen.

2.1 Grundsätze seiner Untersuchung

Zur Vorgehensweise stellt Frege klar, dass seine Betrachtungen nicht alleine auf dem Feld der Mathematik stattfinden können, sondern auch philosophi-sche Aspekte in sich tragen. Hierbei ist es ihm wichtig, auf dem Gebiet der Logik zu bleiben und psychologische Aspekte auÿen vor zu lassen. Zum Ab-schluss der Einleitung stellt Frege drei C runds ö tze6 seiner Untersuchung vor:

1. ,, es ist das Psychologische von dem Logischen, das Subjective von dem Objectiven scharf zu trennen; "

Was für Frege nicht bedeuten soll, dass alles Objektive logisch und alles Subjektive psychologisch ist, sondern dass das Psychologische, welches von Frege immer wieder kritisiert wird, als rein subjektiv vom Logischen als rein objektiv, unbedingt zu unterscheiden ist.7 Eine in den C rund-lagen breit diskutierte Frage ist daher diese, ob die Zahlen selbst, sub-jektiver oder objektiver Natur sind. Gottlob Frege versteht ,, unter Ob-jektivität eine Unabhängigkeit von unserem Emp fi nden, Anschauen und Vorstellen, von dem Entwerfen innerer Bilder aus den Erinnerungen frü-herer Emp fi ndungen, aber nicht eine Unabhängigkeit von der Vernunft. "8 ,,Dinge' können also, obgleich sie nicht handgreiflich oder direkt wahr-nehmbar sind, auch noch dann objektiv genannt werden, wenn sie erst durch eine Tat der Vernunft zu erkennen sind.

2. ,, nach der Bedeutung der Wörter muss im Satzzusammenhange, nicht in ihrer Vereinzelung gefragt werden; "

Mit dem so genannten Kontextprinzip geht Frege einigen sprachphiloso-phischen Schwierigkeiten aus dem Weg, welches bei der Analyse des Sin-nes der Zahlwörter wichtg wird. Diesem Grundsatz entsprechend genügt es, ,, wenn der Satz als C anzes einen Sinn hat; / denn J dadurch erhalten auch seine Teile ihren Inhalt.9 Da Zahlen selbst keine Aussagen sind, ist es wichtig die Zahl innerhalb eines Aussagesatzes zu betrachten, denn ,, nur in ihm haben die Wörter eigentlich eine Bedeutung. "10

3. ,, der Unterschied zwischen Begri ff und C egenstand ist im Auge zu behal-ten. "

Jene Unterteilung ist nicht nur die entscheidende Terminologie in Freges C rundlagen , sondern wiederum sprachphilosophisch Weg weisend. Hier-bei braucht etwas weder raum-zeitlich, noch wirklich oder handgreiflich zu sein. Schon die Möglichkeit, unter einen Begriff zu fallen, macht etwas zum Ding. Die Brücke zwischen Begriffen und Dingen wird von den Be-griffsumfängen geschlagen. Diese sind die Dinge, die unter einen Begriff fallen, jedoch selbst auch jeweils einen Begriff bilden. Für den weiteren Verlauf ist nun rnehr interessant, dass Zahlenaussagen zwar Aussagen fiber Begriffe sein sollen, die Zahlen jedoch selbständige Gegenstände sind.

Urn zu zeigen, welche Standpunkte hinsichtlich arithrnetischer Aussagen fiber-haupt rnöglich sind, nutzt Frege auÿerdern die kantische Unterscheidung von anaiytisch, synthetisch, apriori und aposteriori als grobe Einteilung. Fre-ges Deutung dieser Terrnini in den Crundiagen weicht in rnanchen Punk-ten von der kantischen ab, doch will er ,,damit natüriich nicht einen neuen Sinn hineiniegen, sondern nur das treffen, was frühere Schriftsteiier, ins-besondere Kant gemeint haben."11 Nach Frege betreffen jene Unterschei-dungen ,,nicht den Inhait des Urtheiis, sondern die Berechtigung zur Urt-heiisföiiung"12, denn rnit der Klassizierung eines Satzes als aposteriori oder anaiytisch, urteilt rnan nicht fiber die psychologischen oder irgendwelche an-deren Bedingungen - aufgrund deren der Inhalt des Satzes irn Bewusstsein gebildet werden konnte - sondern ,,darüber, worauf im tiefsten Crunde der Berechtigung des Fürwahrhaitens beruht."13 Urn diese Berechtigung aufzu-zeigen, hat rnan bei einer rnathernatischen Wahrheit ihren Beweis bis auf die Urwahrheiten zurfickzuffihren.

,,Stißftt man auf diesem Wege nur auf die aiigemeinen iogischen Ce-setze und auf Definitionen, so hat man eine anaiytische Wahrheit, [...]. Wenn es aber nicht mißgiich ist, den Beweis zu führen, ohne Wahrheiten zu benutzen, weiche nicht aiigemein iogische Natur sind, sondern sich auf ein besonderes Wissensgebiet beziehen, so ist der Satz ein synthetischer. Damit eine Wahrheit aposteriori sei, wird veriangt, daft ihr Beweis nicht ohne Berufung auf Thatsachen aus-komme; d.h. auf unbeweisbare Wahrheiten ohne Aiigemeinheit, die Aussagen von bestimmten Cegenstönden enthaiten. Ist es dagegen mißgiich, den Beweis ganz aus aiigemeinen Cesetzen zu führen, die seiber eines Beweises weder föhig noch bedürftig sind, so ist die Wahrheit apriori."14

Da die Konstruktion von analytisch-aposteriorischen Wahrheiten nicht mög-lich ist, da es sich um entgegengesetzte Wahrheiten handelt und wir es nach Meinung von Frege hier nicht mit empirischen Aussagen zutun haben, folg-lich aposeriori nicht möglich ist, können arithmetische Aussagen somit nur noch analytisch-apriori oder syntetisch-apriori sein. Wie noch zu zeigen ist, geht Frege davon aus, dass arithmetische Aussagen analytisch-apriori sind.

3 Definition der Zahl

Durch Anwendung des Kontextprinzips in § 46 betrachtet er die Verwendung der Zahlen in der Sprache. Der Satz ,,Das Spiel Skat hat 32 Karten' ist eine Aussage über den Begriff 'Karten des Spiels Skat sein' und keine Aussage über das Siel Skat oder dessen Karten. Auf den Begriff 'Karten des Spiels Skat sein' trifft der Begriff '32-zahlig sein' zu. Für Frege sind Begriffe, die sich auf Gegenstände beziehen (z.B 'Karten des Spiels Skat sein') Begri ff e erster Stufe und Begriffe die sich auf solche beziehen (z.B. '32-zahlig sein') Begri ff e zweiter Stufe . Durch diese Konstruktion löst sich zugleich das von Frege aufgeworfene Problem, dass die Anzahl von der Auffassung abhänge.15 Nachdem Frege die Meinungen ,,anderer Schriftsteller' widerlegt hat und den Leibnizschen Denitionsvorschlag untersucht, geht er zum konstruktiven Teil und damit zu seinen Denitionsversuchen, die hauptsächlich betrachtet wer-den soll.

[...]


1FREGE, GOTTLOB: Grndlagen der Arithmetik, S. 4. Textstellen der Grundlagen werden in Zukunft mit [GLA] abgekürzt.

2[GLA], S. 4

3[GLA], S. 13

4,,Präzise gefaJt lauten die Peano-Axiome wie folgt:
1. 0 ist eine natüliche Zahl.
2. Zu jeder natürlichen Zahl n gibt es genau einen Nachfolger Sn, der ebenfalls eine natürliche Zahl ist.[...]
3. Es gibt keine natürliche Zahl, deren Nachfolger 0 ist. [...]
4. Die Nachfolger zweier verschiedener natülicher Zahlen sind verschieden: [...]
5. Prinzip der vollständigen Induktion: Hat die Zahl 0 die Eigenschaft A und haben alle Nachfolger von m mit der Eigenschaft A ebenfalls die Eigenschaft A, dann haben alle natürlichen Zahlen n diese Eigenschaft." in ZOGLAUER, THOMAS: Einführung in die formale Logik für Philosophen, S. 113

5THIEL, CHRISTIAN: Einleitung der Herausgebers. In: [GLA], S. XIV

6[GLA], S. 10

7vgl. dazu THIEL, CHRISTIAN in: [GLA], S.XIV

8[GLA], S.41

9[GLA], S. 70

10[GLA], S. 70

11[GLA], S. 14 (Fufnote)

12[GLA], S. 14

13[GLA], S. 15

14[GLA], S. 15

15[GLA], S.60

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Freges Definition der Zahl in Grundlagen der Arithmetik
Hochschule
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald  (Philosophie)
Veranstaltung
Gottlob Frege, Grundlagen der Arithmetik
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
20
Katalognummer
V134945
ISBN (eBook)
9783640429776
ISBN (Buch)
9783640429547
Dateigröße
576 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Freges, Definition, Zahl, Grundlagen, Arithmetik
Arbeit zitieren
Saskia Nicolai (Autor:in), 2008, Freges Definition der Zahl in Grundlagen der Arithmetik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/134945

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