Das vorrangige Ziel dieser Arbeit besteht darin, herauszufinden, inwiefern rassistische Strukturen im Lehramtsstudium (re-)produziert werden, wie das Lehramtsstudium einen Schutz- und Empowermentraum für rassifizierte Studierende bieten kann und wie Rassismuskritik in der Lehrkräftebildung konkret verankert werden kann.
Der hohe Anteil an Schüler*innen mit sogenanntem Migrationshintergrund stellt in Deutschlands Klassenzimmern längst keine Seltenheit mehr dar. Im Zuge dieser Entwicklungen sind Forderungen nach mehr Lehrkräften ,mit Migrationshintergrund' seit einigen Jahren allgegenwärtig. Die bildungspolitischen Bemühungen zur Steigerung der Anzahl ebendieser Lehrkräfte haben jedoch nicht zum Ziel, etwa Kritik am (institutionellen) Rassismus im Schulsystem und Hochschulwesen zu üben. Vielmehr steht hinter jenen Forderungen die Erwartung, dass die Mitglieder dieser scheinbar neu entdeckten Berufsgruppe aufgrund der eigenen Zuwanderungsgeschichten optimal als Vorbilder, Dolmetscher*innen, Brückenbauer*innen, Integrationshelfer*innen und Problemlöser*innen in ,migrationsspezifischen' Belangen fungieren und somit zu einer besseren schulischen Atmosphäre beitragen.
Nahezu vollkommen unbeachtet bleibt bei alldem die Perspektive derer, über die gesprochen wird. Vor diesem Hintergrund hat Karim Fereidooni in seiner im Jahre 2016 veröffentlichten Studie die Diskriminierungs- und Rassismuserfahrungen von Referendar*innen und Lehrer*innen ,mit Migrationshintergrund' im deutschen Schulwesen analysiert. Fereidoonis Beweggründe waren dabei zum einen das bestehende Desiderat in der Forschung zu Lehrkräften ,mit Migrationshintergrund' sowie die Leerstelle zwischen den bildungspolitischen Forderungen nach einer antidiskriminierenden Haltung aller Lehrer*innen und den tatsächlichen Inhalten der Lehrkräftebildung.
Die eben genannten Beweggründe Fereidoonis sind auch der Impuls für die vorliegende Arbeit. Die kontinuierliche Dethematisierung von Rassismus findet nicht nur in Schulen, sondern auch bereits in akademischen Institutionen statt, in denen eigentlich die Grundlagen für das professionelle Handeln von Lehrkräften gebildet werden sollen. In diesem Sinne liegt der Fokus dieser Arbeit auf der ersten Phase der Lehrer*innenbildung und richtet den Blick auf die Perspektiven Schwarzer Lehramtsstudierender und Lehramtsstudierender of Color.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1 Aufbau der Arbeit
- 1.2 Anmerkungen zu Schreibweisen
- 1.3 Selbstpositionierung
- 2. Rassismus in Theorie und Praxis
- 2.1 Entstehungskontext und Geschichte des Rassismus
- 2.2 Kontinuitätslinien: Rassismus heute
- 2.3 Ebenen und Erscheinungsformen von Rassismus
- 2.3.1 Struktureller / Institutioneller Rassismus
- 2.3.2 Individueller Rassismus
- 2.4 Rassismuskritik und Intersektionalität
- 3. Mechanismen der Ungleichheit: Rassismus(kritik) im Lehramtsstudium
- 3.1 Vorgaben für die Lehrkräftebildung und das Berliner Hochschulgesetz
- 3.2 Erfahrungen und Perspektiven BIPOC-Studierender im Lehramtsstudium
- 3.2.1 Forschungsstand
- 3.2.2 Methodisches Vorgehen
- 3.2.3 Bedeutsamkeit subjektorientierter Forschung
- 3.2.4 Datenanalyse
- 3.2.4.1 Akademische Akteur*innen und Wissensarchive
- 3.2.4.2 (Selbst-)Verortung im akademischen Raum
- 3.2.4.3 Direkte und indirekte Rassismuserfahrungen
- 3.2.4.4 Psychische und physische Auswirkungen der Rassismuserfahrungen
- 3.2.4.5 Akademische (De-)Thematisierungspraktiken von Rassismus
- 3.2.4.6 Reformvorschläge
- 3.2.5 Reflexion und Zusammenfassung der Untersuchung
- 4. Perspektivwechsel: Forderungen an die Lehrkräftebildung
- 4.1 Rassismuskritische Kompetenzbildung
- 4.2 Institutionalisiertes Empowerment
- 4.3 Kritische Weißseinsforschung
- 4.4 Diversifizierung des Curriculums
- 4.5 Rassismuskritische Professionalisierung des Hochschulpersonals
- 4.6 Antirassismusbeauftragte*r
- Rassismus in Theorie und Praxis
- Erfahrungen und Perspektiven BIPOC-Studierender im Lehramtsstudium
- Mechanismen der Ungleichheit im Lehramtsstudium
- Forderungen an die Lehrkräftebildung
- Rassismuskritische Kompetenzbildung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Masterarbeit befasst sich mit der Situation von Schwarzen Menschen und People of Color im Lehramtsstudium. Sie analysiert die Herausforderungen, denen BIPOC-Studierende im Kontext der Lehrkräftebildung ausgesetzt sind, und untersucht die Notwendigkeit einer rassismuskritischen Lehrkräftebildung.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Kontext der Masterarbeit dar und beleuchtet die aktuelle Situation von Lehrkräften mit Migrationshintergrund. Kapitel 2 untersucht den Rassismus in Theorie und Praxis, beleuchtet seinen Entstehungskontext und seine Geschichte sowie seine Kontinuitätslinien bis in die Gegenwart. Die verschiedenen Ebenen und Erscheinungsformen von Rassismus werden analysiert, darunter der strukturelle / institutionelle und der individuelle Rassismus. Kapitel 3 beschäftigt sich mit den Erfahrungen und Perspektiven von BIPOC-Studierenden im Lehramtsstudium. Die Datenanalyse umfasst Themen wie (Selbst-)Verortung im akademischen Raum, direkte und indirekte Rassismuserfahrungen, sowie die psychischen und physischen Auswirkungen von Rassismuserfahrungen.
Schlüsselwörter
Rassismus, Lehrkräftebildung, BIPOC, Intersektionalität, Diversität, Inklusion, struktureller Rassismus, individueller Rassismus, Empowerment, Weißseinsforschung, Antirassismus, Hochschulwesen, Bildungsgerechtigkeit, Erfahrungsforschung.
- Quote paper
- Saphira Lopes (Author), 2022, Allein im System: Schwarze Menschen und People of Color im Lehramtsstudium, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1351039