Mitte April 2004 berichtete die „Süddeutsche Zeitung“ kritisch über ALDI. Dabei ging es um die schlechte und veraltete Personalpolitik des Discounters. Wenige Tage nachdem der Artikel erschienen war, stoppte ALDI alle Anzeigenaufträge für die „Süddeutsche Zeitung“. Dieser Anzeigenstopp verursachte einen Verlust von Anzeigenerlösen von etwa 1,5 Millionen Euro. Offiziell bestritt ALDI einen Zusammenhang zwischen der Anzeigenrücknahme und dem Artikel und sprach von einem geänderten Werbekonzept. Man wolle nur noch Anzeigen in kostenlosen Wochenblättern schalten. Diese Aussage hat sich allerdings als falsch erwiesen, da man nach wie vor Anzeigen des Discounters in kostenpflichtigen Tageszeitungen finden konnte. Das Verhalten von ALDI ist zwar nicht verboten, trotzdem wird an diesem Beispiel die Abhängigkeit der Zeitung vom Anzeigenkunden deutlich. Der Zusammenhang zwischen dem kritischen Artikel und der Anzeigenrücknahme ist unübersehbar.
Die freie und unabhängige Berichterstattung ist eine der Grundvoraussetzungen für guten Journalismus. Da es sich bei Printerzeugnissen um Verbundprodukte handelt, die sich sowohl aus Vertriebserlösen als auch aus Anzeigenerlösen finanzieren, stellt sich die Frage, inwieweit freie und unabhängige Berichterstattung noch möglich ist, wenn die finanzielle Abhängigkeit der Zeitungen und Zeitschriften von werbenden Unternehmen immer mehr zunimmt.
Eine klare inhaltliche und visuelle Trennung von redaktionellen Beiträgen und Anzeigen ist Voraussetzung, um dem Leser von der Unabhängigkeit der Journalisten von der Werbewirtschaft zu überzeugen und damit eines der grundlegenden Prinzipien des Journalismus. Die Einhaltung dieses Trennungsgrundsatzes wird jedoch durch die immer weiter zunehmende ökonomische Abhängigkeit der Zeitungen und Zeitschriften von den Anzeigenerlösen erschwert. Zudem gibt es, trotz einer Vielzahl von Gesetzen und Richtlinien, bisher kaum Instanzen, denen es möglich ist, Vergehen gegen den Trennungsgrundsatz strafrechtlich zu verfolgen.
Den Wirtschaftsjournalisten wird im Zusammenhang mit der Abhängigkeit von werbenden Unternehmen eine besondere Stellung zugesprochen. Daher gibt es für sie auch spezielle Regelungen.
Im Folgenden möchte ich der Frage nachgehen, inwiefern die Abhängigkeit der Zeitungen und Zeitschriften von ihren Anzeigenkunden die Berichterstattung beeinflusst und inwieweit es bezüglich der Auswirkungen dieser Abhängigkeit einschränkende Gesetze und Regelungen gibt.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Abhängigkeit der Zeitung und Zeitschriften von Anzeigenkunden
- 2.1 Erlöse aus Anzeigen
- 2.2 Anzeigen - Auflagen - Spirale
- 3 Der Trennungsgrundsatz
- 3.1 Bedeutung des Grundsatzes für Zeitungen und Zeitschriften
- 4 Gesetze und Richtlinien zur Trennung von Redaktion und Werbung
- 4.1 Gesetze
- 4.2 Richtlinien
- 5 Sonderfall Wirtschaftsjournalismus
- 5.1 Die besondere Position der Wirtschaftsjournalisten
- 5.2 Gesonderte Regelungen für Wirtschaftsjournalisten
- 5.3 Verhaltenskodex
- 6 Veränderungen im Verhältnis zwischen Redaktion und Werbung
- 6.1 Zeitungen
- 6.2 Zeitschriften
- 7 Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Abhängigkeit von Zeitungen und Zeitschriften von Anzeigenkunden und die Auswirkungen dieser Abhängigkeit auf die redaktionelle Unabhängigkeit. Es wird der Trennungsgrundsatz zwischen Redaktion und Werbung beleuchtet und analysiert, inwieweit Gesetze und Richtlinien diesen Grundsatz schützen. Die besondere Situation des Wirtschaftsjournalismus wird ebenfalls betrachtet.
- Abhängigkeit von Printmedien von Anzeigenkunden
- Der Trennungsgrundsatz zwischen Redaktion und Werbung
- Gesetze und Richtlinien zum Schutz der redaktionellen Unabhängigkeit
- Die Rolle des Wirtschaftsjournalismus
- Veränderungen im Verhältnis zwischen Redaktion und Werbung
Zusammenfassung der Kapitel
1 Einleitung: Die Einleitung präsentiert anhand eines Beispiels (ALDI und Süddeutsche Zeitung) die Problematik der Abhängigkeit von Printmedien von Anzeigenkunden und deren mögliche Auswirkungen auf die redaktionelle Unabhängigkeit. Sie führt in die zentrale Fragestellung ein: Inwieweit beeinflusst die finanzielle Abhängigkeit die Berichterstattung und welche einschränkenden Gesetze und Regelungen existieren?
2 Abhängigkeit der Zeitung und Zeitschriften von Anzeigenkunden: Dieses Kapitel beleuchtet die zunehmende Abhängigkeit von Printmedien von Anzeigenerlösen im Laufe der Jahrzehnte. Es analysiert die Entwicklung der Erlöse aus Anzeigen, den Einfluss konjunktureller Schwankungen und die "Anzeigen-Auflagen-Spirale", die Marktführer begünstigt, kleinere Blätter aber benachteiligt. Der Rückgang der Anzeigenerlöse aufgrund schwacher Konjunktur und Konkurrenz durch Internetplattformen wird ebenfalls thematisiert.
3 Der Trennungsgrundsatz: Dieses Kapitel fokussiert den Trennungsgrundsatz zwischen Redaktion und Werbung als essentielles Prinzip für die Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit journalistischer Berichterstattung. Es wird erläutert, wie die zunehmende Abhängigkeit von Anzeigenkunden diesen Grundsatz gefährdet und zu einer Zunahme redaktioneller Werbebeiträge führen kann. Die möglichen negativen Folgen dieses Vorgehens für den Verlag werden ebenfalls diskutiert.
Schlüsselwörter
Printmedien, Anzeigenkunden, Anzeigenerlöse, redaktionelle Unabhängigkeit, Trennungsgrundsatz, Wirtschaftsjournalismus, Gesetze, Richtlinien, Konjunktur, Internet, Anzeigen-Auflagen-Spirale.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Dokument: Abhängigkeit von Printmedien von Anzeigenkunden
Was ist das zentrale Thema des Dokuments?
Das Dokument untersucht die Abhängigkeit von Zeitungen und Zeitschriften von Anzeigenkunden und die Auswirkungen dieser Abhängigkeit auf die redaktionelle Unabhängigkeit. Es analysiert den Trennungsgrundsatz zwischen Redaktion und Werbung, relevante Gesetze und Richtlinien sowie die besondere Situation des Wirtschaftsjournalismus.
Welche Aspekte der Abhängigkeit von Anzeigenkunden werden behandelt?
Das Dokument beleuchtet die Entwicklung der Anzeigenerlöse über die Jahre, den Einfluss konjunktureller Schwankungen und die „Anzeigen-Auflagen-Spirale“. Es thematisiert den Rückgang der Anzeigenerlöse aufgrund der schwachen Konjunktur und der Konkurrenz durch Internetplattformen.
Was ist der Trennungsgrundsatz und welche Bedeutung hat er?
Der Trennungsgrundsatz zwischen Redaktion und Werbung ist ein essentielles Prinzip für die Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit journalistischer Berichterstattung. Das Dokument analysiert, wie die Abhängigkeit von Anzeigenkunden diesen Grundsatz gefährdet und zu einer Zunahme redaktioneller Werbebeiträge führen kann. Die möglichen negativen Folgen für den Verlag werden ebenfalls diskutiert.
Welche Gesetze und Richtlinien zum Schutz der redaktionellen Unabhängigkeit werden behandelt?
Das Dokument behandelt sowohl Gesetze als auch Richtlinien, die den Trennungsgrundsatz schützen sollen. Es untersucht, inwieweit diese den Einfluss von Anzeigenkunden auf die redaktionelle Unabhängigkeit effektiv begrenzen können.
Welche Rolle spielt der Wirtschaftsjournalismus?
Der Wirtschaftsjournalismus wird als Sonderfall betrachtet, da er oft besonders eng mit der Wirtschaft und potenziellen Werbekunden verflochten ist. Das Dokument analysiert die besondere Position der Wirtschaftsjournalisten, gesonderte Regelungen für sie und die Bedeutung eines Verhaltenskodex.
Welche Veränderungen im Verhältnis zwischen Redaktion und Werbung werden beschrieben?
Das Dokument beschreibt Veränderungen im Verhältnis zwischen Redaktion und Werbung sowohl für Zeitungen als auch für Zeitschriften im Kontext der digitalen Transformation und des Rückgangs der Printwerbung.
Welche Kapitel umfasst das Dokument und worum geht es in jedem Kapitel?
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Welche Zielsetzung verfolgt das Dokument?
Das Dokument zielt darauf ab, die Abhängigkeit von Printmedien von Anzeigenkunden und deren Auswirkungen auf die redaktionelle Unabhängigkeit zu untersuchen. Es analysiert den Schutz des Trennungsgrundsatzes durch Gesetze und Richtlinien und beleuchtet die besondere Situation des Wirtschaftsjournalismus.
- Citation du texte
- M.A. Uta Leonhardt (Auteur), 2004, Journalismus heute: Die Trennung von Redaktion und Werbung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/135155