„Theoretische und methodologische Ausdifferenzierungen“ in Hinblick auf die intersectionality -Debatte – das klingt kompliziert und schwer zu erklären. Ich möchte in dieser Ausarbeitung einmal versuchen, das Thema leichter verständlich zu formulieren. Gelegentlich werde ich daher zur Veranschaulichung zusätzliche Erklärungen und Beispiele einfügen.
Zunächst soll eine Begriffsklärung und ein Abriss der Entwicklung der intersectionality erfolgen. Dann werde ich auf die drei Ebenen der Komplexität des Themas nach Leslie McCall eingehen. Danach folgt die Erläuterung meines Haupttextes von Cornelia Klinger und Gudrun-Axeli Knapp. Am Schluss steht ein Fazit.
Aufbau:
1. Vorgehen
2. Hintergrund
3. Drei Ebenen der Komplexität (nach McCall)
4. Der Ansatz Klinger/Knapps
5. Intersektionalität in der Ungleichheitssoziologie
6. Intersektionalität als Mittel zur gesellschaftstheoretischen Reflexion
7. Achsen der Ungleichheit
8. Fazit
1) Vorgehen
„Theoretische und methodologische Ausdifferenzierungen" in Hinblick auf die intersectionality - Debatte — das klingt kompliziert und schwer zu erklären. Ich mochte in dieser Ausarbeitung einmal versuchen, das Thema leichter verständlich zu formulieren. Gelegentlich werde ich daher zur Veranschaulichung zusätzliche Erklärungen und Beispiele einfiigen.
Zunachst soll eine Begriffsklarung und ein Abriss der Entwicklung der intersectionality erfolgen. Dann werde ich auf die drei Ebenen der Komplexitat des Themas nach Leslie McCall eingehen. Danach folgt die Erlauterung meines Haupttextes von Cornelia Klinger und Gudrun-Axeli Knapp. Am Schluss steht ein Fazit.
2) Hintergrund
Der Begriff intersectionality wurde gepragt von Kimberle Crenshaw, einer US-amerikanischen Juristin. Gudrun-Axeli Knapp fiihrte ihn unter dem Stichwort „Intersektionalitat" in ihrem 2005 veröffentlichten Artikel „HHIntersectionalityHH - ein neues Paradigma feministischer Theorie? Zur transatlantischen Reise von HHRace, Class, GenderHH" in die deutsche Debatte ein. Intersections, von denen Crenshaw spricht, meinen hierbei „Kreuzungen" der verschiedenen Achsen der Differenz, aus denen Ungleichbehandlungen und Dikriminierung hervorgehen können, vergleichbar mit StraBenkreuzungen, an denen StraBen eine Verbindung miteinander eingehen, jedoch auch weiterhin als StraBen existieren. Man spricht bei einer Kreuzung nicht von „zwei StraBen", sondern von „einer Kreuzung" (intersection). So bleiben auch die Achsen der Trias und ebenso ihre Forschungszweige class-, gender-, und race-studies. Ziel ist dabei nicht die Aufsummierung zweier (oder mehrerer) Kreuzungen, nach dem Motto: „Eine schwarze Frau wird genau doppelt so viel diskriminiert wie eine weiBe Frau", sondern eine verhaltnisgemaBe Betrachtung ihrer besonderen Auspragung.
Crenshaw machte in ihrem Essay „Demarginalizing the Intersection of Race and Sex: A Black Feminist Critique of Antidiscrimination Doctrine, Feminist Theory, and Antiracist Politics" darauf aufmerksam, dass in Rechtsgebungen, die Diskriminierungen in der Einstellungspolitik groBer Firmen, Schlupflöcher bestehen, die die Nicht-Einstellung schwarzer Frauen zulieBen. In Stellungnahmen der betroffenen, angeklagten Firmen, zum Beispiel General Motors, heiBt es : Tatsachlich werden Frauen eingestellt (und zwar weiBe) und es werden auch Schwarze eingestellt (namlich Manner), doch um die Rechte derer, die von beiden Achsen der Differenz betroffen sind, die schwarzen Frauen, kiimmert sich niemand. Sie fallen vollstandig aus dem Raster. Hier könnte die Politik der „ intersections", die Crenshaw proklamiert greifen, die eben auch „mehrfach Betroffene", in ihrem Fall noch besonders farbige Frauen, in den Blick nimmt.
Ein ahnlicher Ansatz ist schon beim „Black Feminist Statement" des Bostoner Combahee River Collective, einer Organisation schwarzer, lesbischer Frauen, erkennbar. Hier ist von den Schwierigkeiten mit einer Uberkreuzung von „ implications of race and class as well as sex"1 (s. Quelle S. 17) die Rede. Das Combahee River Collective bedient sich allerdings einer anderen politischen Methodik, als sie später, unter anderem von Crenshaw vorgeschlagen wird : Es geht hierbei um das sogenannte „ consciosness raising", also einer eher subjektiv und an der einzelnen Person erfahrbaren Methode. Hiernach ist die eigene gesellschaftliche Situation ausschlieBlich durch eigene Erfahrung vermittelbar. Ein „sich in die Situation von anderen, z. B. schwarzen Frauen, hinein versetzen" ist nicht möglich, solange man nicht selbst eine diskriminierte schwarze Frau ist. So geht dann auch der Kampf gegen (Mehrfach-) Diskriminierung schwarzer Frauen von eben diesen schwarzen Frauen aus.
3) Drei Ebenen der Komplexität (nach McCall)
In ihrem Text „ The Complexity of Intersectionality" geht Leslie McCall auf drei Ebenen der Komplexität ein, die auftreten, wenn man das Problem der mehrachsigen Benachteiligung. Sie zeigen drei Herangehensweisen an die Problematik auf, auf die sich auch in späteren Diskussionen zu dem Thema oft bezogen wird. Diese Ebenen lassen sich wie folgt darstellen:
a) Antikategoriale Ebene — Das Ziel ist die langfristige Abschaffung (Dekonstruktion) aller Differenzkategorien sowie deren Inhalte. Dies sei notwendig, da die soziale Individuum komplex und daher nicht in starren Kategorien fassbar sei.
b) Interkategoriale Ebene - Bestehende Analysekategorien (zum Beispiel Hautfarbe, sozialer Status etc.) sollen adaptiert und auf das Forschungsfeld der Intersektionalität angewandt werden. Daraufhin sollen Wechselwirkungen zwischen eben diesen Kategorien erkennbar werden und im Blickpunkt der Forschung stehen. Diese Ebene stellt laut Klinger und Knapp das eigentliche methodische Ziel der Arbeit mit der Intersektionalität dar.
c) Intrakategoriale Ebene - Hier wird eine bestehende Kategorie auf ihren Inhalt hin untersucht, z. B. im Forschungsfeld der gender studies. Gleichzeitig wird diese Kategorie auf einer antikategorialen
[...]
1 Sex steht hier statt gender, da das Combahee River Collective in einer „vor-konstruktivistischen" Zeit stammt, als die Unterscheidung dieser Begriffe in der theoretischen Diskussion noch nicht determiniert war. Da sich das Collective aber gegen Biologismen in Bezug auf Geschlecht wehrt (siehe z. B. S. 17), kann der Begriff sex in diesem Kontext heute durch gender ersetzt werden.
- Quote paper
- Julia Bohlmann (Author), 2008, Intersektionalität - Theoretische und methodologische Ausdifferenzierungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/135215