Transsexualität. Wenn Körper und Seele nicht zusammenpassen


Hausarbeit, 2008

21 Seiten, Note: 1,8


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Geschichtliche Entwicklung

3. Begriffliche Entwicklung und Konsequenzen für Betroffene

4. Begriffserklärung

5. Formen von Transsexualismus

6. Ursachen von Transsexualismus

7. Verlauf von Transsexualismus

8. Behandlung
a. Diagnose
b. Differentialdiagnostische Abgrenzung
c. Psychologische Behandlung
d. Hormonbehandlung
e. Geschlechtsangleichende Operation

9. Das Transsexuellengesetz

10. Schlussbemerkung

11. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Kim P. ist 14 Jahre alt, sie trägt ein bauchfreies Top, bestickte Jeans und leichten Lidschatten. Sie hat lange blonde Haare und träumt davon später einmal als Modemacherin nach Paris zu gehen. Ihr Zimmer unter dem Dach ist ein Mädchenparadies in Rosa, mit Schminktischchen, Modezeitschriften und einer eigenen Schaufensterpuppe. Doch so normal und einfach, wie sich alles anhört, ist es nicht. Kim ist vor 14 Jahre als Junge zur Welt gekommen, als Tim. Ihr ganzer Körper, Chromosomen, Hormone ist alles eindeutig männlich. Nur Kim war von Anfang an klar, dass sie im falschen Körper gelandet ist. Schon im Alter von zwei Jahren zog Tim die Kleider seiner älteren Schwester an und spielte lieber mit Puppen. Die Eltern dachten es gehe vorüber, doch mit vier Jahren rannte Tim in sein Zimmer und drohte sich „das Ding“ abzuschneiden. Fortan hieß Tim zu Hause Kim. Als die Pubertät einsetzte wurde Kim panisch. Sie hatte Angst davor eine von diesen Frauen mit männlichen Gesichtszügen, Bartwuchs und tiefer Stimme zu werden. Die Eltern erkannten ihre Not und ließen sich zwei unabhängige Gutachten erstellen, welche die Transsexualität ihres Kindes bestätigten. Im Hamburger Endokrinologikum wird Kim heute von Dr. Achim Wüstenhof behandelt. Mit Spritzen wird die männliche Pubertät gestoppt und Hormone sorgen für eine weibliche Veränderung des Körpers. Schließlich bekommt sie auch den Namen Kim gesetzlich anerkannt. Ihr größter Wunsch ist es die Veränderung vom Mann zur Frau perfekt zu machen. Allerdings ist eine geschlechtsangleichende Operation aus rechtlichen Gründen erst mit 18 Jahren möglich.

Das oben beschriebene Beispiel ist keine Seltenheit. Laut Weltgesundheitsorganisation nennt man das, was Kim durchlebt, Transsexualismus. Nach dem ICD-10, der „Internationalen Klassifizierung von Krankheiten“, ist es eine Form der Geschlechtsidentitätsstörung und wird den sexuellen Störungen zugeordnet. Die Kinder fallen dadurch auf, dass sie Spielzeug, Aktivitäten und Kleidung des jeweils anderen Geschlechts bevorzugen und in dem Zuge auch alles ablehnen, was mit ihrem biologischen Geschlecht in Verbindung steht. Kinder wie Tim fühlen sich dem falschen Geschlecht angehörig. Ihre Seele passt nicht zu ihrem Körper.

Doch was ist Transsexualismus eigentlich? Wen betrifft es und warum? Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es? All das sind Fragen, die ich in dieser Arbeit behandeln möchte.

2. Geschichtliche Entwicklung

Das Phänomen „Transsexualität“ ist keine Erscheinung unserer modernen Gesellschaft. Im Gegenteil, sie war zu allen Zeiten und in verschiedenen Kulturen mehr oder weniger relevant. Schon aus der Antike sind uns Menschen, welche die Geschlechtsrolle wechselten, bekannt. Die Geschlechtsumwandlung galt zu der Zeit als ein Mysterium, dem Respekt und Hochachtung entgegengebracht wurde. „In der griechischen Mythologie wird zum Beispiel von dem blinden Seher Teiresias erzählt, der sich als junger Mann wie durch ein Wunder in eine Frau verwandelte und später wieder in einen Mann. So machte er die sexuellen Erfahrungen des Mannes und der Frau, was ihm zu hohem Ansehen verhalf.“ (Haeberle, E.J.: Transsexualität. In: B. Kamprad und W. Schiffels (Hrsg.): Im falschen Körper. Alles über Transsexualität. Zürich 1991. S. 12-16.) Auch der Mythos über die Geburt der Göttin Aphrodite weist auf einen transsexuellen Hintergrund hin: nach den Schriften Hesoids um 700 v. Christus wurde Uranus (Gott des Himmels) zum Tyrann, der Gaia (Göttin der Erde) und ihre gemeinsamen Kinder umbringen wollte. Gaia schuf eine Sichel mit welcher ihr Sohn Kronos seinen Vater entmannte und die abgeschnittenen Geschlechtsteile ins Meer warf. Aus diesem Meer entstieg Aphrodite in vollkommener Weiblichkeit. (Stalla 2006: 14)

Im römischen Reich änderte sich der Umgang mit transgender Individuen. In Kunst und Philosophie verherrlichte man das Prinzip, dass Menschen die bei ihrer Geburt von der traditionellen Geschlechterteilung in Mädchen und Jungen abwichen, ein fatales Omen wären. Diese sogenannten „monstra“ wurden daraufhin in einem Reinigungszeremoniell getötet.

In der abendländischen Kultur galt es als oberste Priorität die zwei traditionellen Geschlechter aufrechtzuhalten. Auf der Grundlage, dass sich das Geschlecht eines Menschen aus der körperlichen Erscheinung bzw. aus den Genitalien ermitteln ließe, wurde im 6.Jhd. ein Gesetz erlassen das im Falle einer genitalen Uneindeutigkeit bei der Geburt eine Zuordnung nach überwiegenden Merkmalen beschloss.

Diese Vorgehensweise führte allerdings auch nicht immer zu eindeutigen Entscheidungen. So wurde im Mittelalter eine weitere Lösung erarbeitet: sollte ein Kind mit nicht eindeutigem Geschlecht geboren werden darf der Vater bei der Taufe ein vorläufiges Geschlecht festlegen. Im heiratsfähigen Alter darf die betroffene Person sich dann selber für ein Geschlecht entscheiden. In einem „promissorischen Eid“ musste sich die Person zu dem gewählten Geschlecht bekennen und dem anderen abschwören. Ein Bruch dieses Eides wurde bis ins 17. Jhd. als Sodomie mit dem Tode bestraft. (Stalle 2006:15) Was die Begrifflichkeit anbelangt wurde allerdings lange nicht zwischen Transvestitismus, Transsexualität, Hermaphroditismus oder Homosexualität unterschieden.

Diese Prozedur wurde im 18. Jhd. Von der Vorstellung abgelöst es gäbe nur ein wahres Geschlecht das herauszufinden war und das war entweder männlich oder weiblich. Das Phänomen des Hermaphroditismus wurde nun als „Pseudo-Hermaphroditismus“ in das System der zwei Geschlechter eingeteilt. Unterteilt wurde dabei in Zwitter männlichen Geschlechts und weiblichen Geschlechts. Diese Kategorisierung brachte aber auch nicht die gewünschte Genauigkeit, worauf ein drittes Geschlecht eingeführt, das der Zwitter. Durch das immer noch bestehende Problem einer genauen juristisch-medizinischen Bestimmbarkeit folgte das Bürgerliche Gesetzbuch in Deutschland von 1900 der medizinischen Erkenntnis, dass es keine Hermaphroditen gäbe. Das Geschlecht der Zwitter wurde wieder abgeschafft und das Schema der zwei Geschlechter wurde weitergeführt.

Bis ins heutige 21. Jhd. konnte trotz Fortentwicklung in der Medizin keine Lösung des Problems gefunden werden.

Nicht in allen Kulturen wird von dem Bestehen von zwei natürlichen Geschlechtern ausgegangen. Aus indianischen Überlieferungen kann man schließen, dass transsexuelle Stammesmitglieder existiert haben. Unter anderem ist von We´wha die Rede, einem der größten und stärksten Männer eines Stammes im Südwesten von Nordamerika, der von 1849-1896 gelebt hat. Trotz biologisch eindeutiger Merkmale zog er es vor sich als Frau zu kleiden und zu leben. Als Knabe wurde er in den religiösen Männerbund aufgenommen, als Erwachsener trug er Frauenkleider, webte und töpferte.

Berichte aus dem Jahr 1540 erzählen von dem Stamm der Yuma in Anicanda in dem es immer vier sog. Weibmänner gab. Starb einer dieser Weibmänner musste die erste Frau, die einen Jungen gebar, ihren Sohn abgeben. Er wurde daraufhin als Frau aufgezogen, trug Frauenkleider, verrichtete Frauenarbeit und durfte nur mit Männern verkehren

Aus Indien sind zum Beispiel auch die Eunuchen bekannt. Junge Männer lassen sich ihre Genitalien entfernen, legen ihre bisherige Geschlechterrolle ab und nehmen daraufhin eine Art mythisches drittes Geschlecht an. Ihnen werden übermenschliche Fähigkeiten nachgesagt wodurch sie in weiten Teilen Indiens verehrt und gefürchtet werden.

Aus den verschiedenen Überlieferungen lassen sich ganz unterschiedliche Formen des Geschlechtswechsels erkennen. Die wesentlichen Veränderungen umfassen eine Übernahme der gesellschaftlichen Rolle des jeweils anderen Geschlechts, z.B. das Tragen der gegengeschlechtlichen Kleidung, die Veränderung der Stimmhöhe und Gangart und die Übernahme traditionell gegengeschlechtlicher Arbeiten.

3. Begriffliche Entwicklung und Konsequenzen für Betroffene

Bis ins 20. Jahrhundert wurden Geschlechtsidentitätsstörungen nicht näher differenziert. Es wurde nicht zwischen Transvestiten, Intersexuellen, Homosexuellen oder Transsexuellen unterschieden.

Erst im Jahr 1910 prägte der deutsche Arzt und Sexualforscher Magnus Hirschfeld die Bezeichnung „Transvestitismus“ für Menschen, die sich gelegentlich bzw. regelmäßig als Angehörige des anderen Geschlechts verkleiden. Er unterschied dabei nicht zwischen sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität.

In seinem sexualwissenschaftlichen Resumee „Geschlechtskunde“ beschreibt Hirschfeld den Wunsch nach einer Geschlechtsumwandlung als eine extreme Form von Transvestitismus. Er prägte dafür den Begriff „seelischer Transsexualismus“ und beschrieb damit Menschen, die sich nicht nur durch Kleidung sondern auch körperlich versuchen dem jeweils anderen Geschlecht anzupassen. Er verwendete die Begriffe Transvestitismus und Transsexualismus allerdings synonym. (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Transsexualität) Erst 1949 wird der Begriff „psychopathia transsexualis“ von Cauldwell geprägt. Durch Hirschfelds umfangreiche Erfahrungen auf dem Gebiet der Sexualforschung lockerte sich die streng pathologisierte Definition erstmals. Eine darausfolgende Neuerung war der Transvestitenschein, der auf Grund ärztlicher Gutachten behördlich ausgestellt wurde und dem Betroffenen das Tragen der Kleidung des jeweils anderen Geschlechts erlaubte. 1920 wurde es Transvestiten erlaubt ihren Namen auf Antrag in einen geschlechtsneutraleren Namen umzuwandeln, zum Beispiel wurden aus Anton oder Antonia der Name Toni.

Im Jahr 1953 trennte Harry Benjamin in seinem Artikel „ Transvestitism and Transsexualism“ die beiden Bezeichnungen voneinander und etablierte sie 1966 als eigenständige Phänomene in der Sexualwissenschaft mit seinem Buch „The Transsexual Phenomenon“.

In den 1950iger Jahren konnten Transsexuelle erstmal eine gegengeschlechtliche Hormontherapie erhalten. Viele der Betroffenen wurden in dieser Zeit von Harry Benjamin betreut, der im Gegensatz zu seinen Kollegen Transsexualismus nicht als eine psychische Erkrankung ansah. Für ihn stand vielmehr fest, dass das körperliche Geschlecht der Betroffenen wirklich von ihrer Geschlechtsidentität abweicht. 1952 erreichte die Amerikanerin Christine Jörgensen hohen Bekanntheitsgrad, als erste Transsexuelle, die eine geschlechtsangleichende Operation erhalten hatte (Mann-Frau). Da religiöse Gruppen solche Operationen verabscheuten und Druck auf die Krankenhäuser ausübten, mussten Transsexuelle zur chirurgischen Geschlechtsanpassung zunächst ins Ausland reisen. So wurde auch Christine Jörgensen in Dänemark behandelt. 1966 wurde dann im amerikanischen Baltimore die erste Gender Identity Clinic im John Hopkins Medical Center eingerichtet, in der seitdem auch geschlechtsangleichende Maßnahmen durchgeführt werden durften.

[...]

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Transsexualität. Wenn Körper und Seele nicht zusammenpassen
Hochschule
Universität Leipzig
Note
1,8
Autor
Jahr
2008
Seiten
21
Katalognummer
V135278
ISBN (eBook)
9783640431410
ISBN (Buch)
9783640431526
Dateigröße
552 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Transsexualität, Wenn, Körper, Seele
Arbeit zitieren
Franziska Hofmann (Autor:in), 2008, Transsexualität. Wenn Körper und Seele nicht zusammenpassen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/135278

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