Die Entwicklung des AEG-Konzerns während der Weltwirtschaftskrise und dem Wirtschaftsaufschwung der NS-Zeit


Hausarbeit, 2009

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


1. Gegenstand

Thema dieser Hausarbeit ist die Entwicklung des Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft (AEG) während der Weltwirtschaftskrise und dem Wirtschaftsaufschwung der NS-Zeit. Die AEG war ein von Emil Rathenau am 19. April 1883 gegründetes Elektrizitätsunternehmen, das sich zunächst auf die Produktion von Glühlampen konzentrierte, über viele Jahre hinweg aber stark innerhalb der Elektroindustrie expandierte und seine Produktionsbereich ausdehnte; so wurde es vorübergehend eines der führenden Unternehmen in der elektrotechnischen Industrie, sowohl in Deutschland als auch weltweit.[1]

Ich werde mich in dem Zeitraum der Weltwirtschaftskrise und des Aufschwungs während des nationalsozialistischen Deutschlands, wobei die Ausführungen auf die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg beschränkt bleiben, im wesentlichen auf die Frage konzentrieren, mit welche Strategien der Konzern versuchte, sich an die sich verändernden Bedingungen anzupassen. Hierbei zu erwähnen ist noch, dass ich in einigen meiner Ausführungen auch auf den Siemenskonzern eingehen werde, da dieser, zusammen mit der AEG, eine Art Monopolstellung in der deutschen Elektroindustrie inne hatte.

Zunächst möchte ich kurz die Situation des Konzerns nach dem Ende des Ersten Weltkriegs bis zum Ausbruch der Weltwirtschaftskrise im Jahre 1929 darstellen. Im folgenden Punkt werde ich die Auswirkungen dieser und die Strategien, aus der Krise möglichst unbeschadet wieder herauszukommen beleuchten und schließlich den Wiederaufstieg des ehemaligen Weltkonzerns AEG in der nationalsozialistischen Phase der deutschen Geschichte betrachten.

2. Die Position der AEG in der Weimarer Zeit

2.1.Die Folgen des Ersten Weltkriegs

Seit der Jahrhundertwende war die AEG der führende Rüstungskonzern in Deutschland; er hatte – zusammen mit Siemens & Halske – eine Monopolstellung inne[2] und war auch auf dem globalen Markt ein führendes Elektrizitätsunternehmen.[3] Diese Position musste die deutsche Elektroindustrie, und damit auch der Berliner Konzern, allerdings während und nach dem Ersten Weltkrieg einbüßen und an die USA abgeben (Abb. 1).[4] Vor allem der Aufbau einer eigener Elektroindustrie in den anderen Ländern, womit eine stärkere ausländische Konkurrenz einher ging, und die zahlreichen Einschränkungen des Versailler Vertrages,[5] die deutsche Unternehmen hinzunehmen hatten, waren dafür verantwortlich.[6] Zudem war die Industrie von wissenschaftlichen Forschungen im Ausland während des Krieges abgeschnitten, so dass bestimmte Anforderungen anfangs überhaupt nicht erfüllt werden konnten, und auch der Mangel Rohstoffen, der in den Gebietsverlusten, ebenfalls durch den Versailler Friedensvertrag festgeschrieben, begründet war, war eines der größten Probleme: In den verlorenen Gebieten befanden sich etwa 50 Prozent der Eisenhüttenwerke und 40 Prozent der Stahl- und Walzwerke, die von der deutschen Elektroindustrie genutzt wurden.[7] Die Zahlen machen deutlich, dass diese Verluste die Rohstoffersorgung, nicht nur die der AEG, stark erschütterten und durch Importe nicht so leicht ausgeglichen werden konnten. Um im Ausland wieder Fuß fassen zu können, wären jedoch kurze Lieferzeiten und günstige Angebote nötig gewesen, die unter diesen Umständen nicht möglich waren.[8] Allerdings ging die innerdeutsche Nachfrage stark zurück: zum einen waren plötzlich die beiden Hauptabnehmer der Elektricitäts-Gesellschaft, die Heeresverwaltung und die Rüstungsindustrie, nicht mehr vorhanden, zum zweiten war die zukünftige inländische Nachfrage kaum abzuschätzen und es war nicht klar, ob die während des Krieges stark erweiterten Kapazitäten ausgelastet werden würden.[9] Dennoch ist die Konzernleitung in Hinblick auf die Zukunft optimistisch und begrüßte, dass die Produktion nicht mehr von Kriegsnotwendigkeiten abhängig war.[10]

2.2.Der Wiederaufbau des Konzerns bis zum Ausbruch der Weltwirtschaftskrise

Dass dieser Optimismus keineswegs unbegründet war, zeigt sich in den Wiederaufbaubestrebungen des Konzerns und den erneuten Erfolgen in der Weimarer Republik.

Schon von seiner Geburt an verkörperte der Firma AEG mehr als nur ein einziges Unternehmen. Durch den Kauf von zahlreichen Beteiligungen hatte sie sich schnell unterschiedliche Tochter- und Enkelunternehmen unter ein gemeinsames Kapitaldach einverleibt:[11] bereits 1912 war die AEG an 187 Firmen und Gesellschaften beteiligt.[12] Mit dieser Strategie fuhr sie auch nach dem Krieg fort. Zugute kam ihr dabei die rasante Geldentwertung im Jahre 1923. Durch die Hyperinflation konnten viele Gesellschaften vergleichsweise günstig aufgekauft werden; das Geld bezog die AEG aus den Profiten, die sie im Krieg erzielt hatte. Auch sogenannte „Interessengemeinschaften“, die geschlossen wurden, um die Steuerbelastungen von Unternehmenszusammenschlüssen zu umgehen, wurden eingegangen. So schaffte es die AEG zahlreiche Rohstoffvorkommen unter ihre Kontrolle zu bekommen und das große Problem der Rohstoffversorgung zu lösen.[13]

Auch der Wiederaufbau der Auslandsorganisationen wurde mit der Materialsicherung durch Aufkäufe anderer Firmen finanziert. Um hier allerdings konkurrenzfähig zu bleiben und wenigstens eine Annährung an die Monopolstellung der Vorkriegszeit zu erreichen, musste der technologische Vorsprung, den sich die ausländischen Konkurrenzunternehmen erarbeitet hatten, ausgeglichen werden. Dies geschah durch Vorkriegsabkommen mit der ehemaligen Mutterfirma General Electric Co.[14], die erneuert werden konnten.[15] Dennoch konnte die führende Position des Monopols AEG/Siemens auf dem Weltmarkt nicht mehr aufgeholt werden; nur bei einigen Produkten konnten sie ihre Vorherrschaft noch behaupten.[16] Die neu aufgekommenen, kleinen Betriebe, die für die beiden großen Unternehmen durch eine hohe Spezialisierung eine ernsthaft Konkurrenz bedeutenden, wurden durch Gemeinschaftsgründungen von AEG/Siemens vom Markt verdrängt.[17] Diese gaben schon allein von ihrer Größe her den kleinen Firmen keine Chance auf dem Markt. Andere, die trotz dieser massiven Expansion nicht aufgaben, wurden aufgekauft und dadurch neue Märkte erobert oder ausgebaut; so sollte die Monopolstellung auf möglichst viele Einzelmärkte ausgedehnt werden.[18]

Mit dieser Strategie wurde die Hyperinflation des Jahres 1923 überwunden und die AEG ging gestärkt aus ihr hervor. Nicht zu vernachlässigen ist hierbei allerdings die konjunkturelle Erholung, die nach der Inflation in ganz Deutschland einsetzte und somit auch der AEG einen nicht zu unterschätzenden Vorteil brachte.[19] Schließlich war die alte Führungsposition mit dem Abschluss der Konzentrationswelle 1928 wieder aufgebaut;[20] zudem war sie mit einem Wandel der Geschäftsstruktur einhergegangen. Eine Trennung vom Dienstleistungssektor der Elektroindustrie, der Elektrizitätswirtschaft, war vollzogen worden und die AEG konzentrierte sich nun auf ihr Kerngeschäft, nämlich der elektrotechnischen Industrie und baute in diesem Geschäftsbereich vornehmlich Großkraftwerke und Anlagen zur Energieversorgung.[21] Zudem führte der Konzern als einer der ersten im Jahr 1925 die Fließfertigung, zunächst nur im Berliner Zählerwerk, ein. Durch diese Arbeitsform konnte die AEG höhere Gewinne durch höhere Produktion und gesunkene Kosten erzielen, so dass die Fließbandarbeit bis 1928 im gesamten Unternehmen Standard war.[22] Dieser Umorientierung ist wohl, neben den diversen Aufkäufen, zu verdanken, dass der Umsatz des AEG-Konzerns im Geschäftsjahr 1927/28 die 500 Millionen Reichsmark-Grenze überschritt.[23]

3. Die AEG während der Weltwirtschaftskrise

3.1.Die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise auf die Elektroindustrie und die AEG Auch im Jahr 1929 steigerte der Konzern seine Umsätze erneut um 15 % auf über 580 Millionen Reichsmark[24] während gleichzeitig die Beschäftigtenzahl schrumpfte. Durch die starke Rationalisierung der Produktionsprozesse und dem Rückgang der Stadt des Hauptsitzes der Beschäftigten wurde allerdings eine Basis für die Krise, die auch die AEG im gleichen Jahr treffen sollte, geschaffen.[25]

[...]


[1] AEG (Hrsg.): 75 Jahre AEG. Berlin 1958, S.7f.

[2] Da die Elektroindustrie wenig entwickelt war, gab es neben der AEG nur einen anderen großen Konkurrenten: Siemens & Halske, das spätere Siemens. Da ein Konkurrenzkampf beiden mehr geschadet als genutzt hätte, unterzeichneten sie Verträge, in denen ihre jeweiligen Gebiete abgegrenzt wurden. Vgl. FELDENKIRCHEN, Wilfried: Siemens – Von der Werkstatt zum Weltunternehmen. München 1997, S.103.

[3] HAUTSCH, Gert: Der Elektrokonzern AEG-Telefunken – Untersuchungen zum Verhältnis von Wirtschaft und Politik am Beispiel eines westdeutschen Großunternehmens. Bremen 1982, S.28.

[4] Vgl. Abbildung 1 im Anhang.

[5] LEIBROCK, Otto (Hrsg.): Deutschland und die Weltwirtschaft. Berlin/Frankfurt am Main 1954, S.9.

[6] Deutsche Unternehmen hatten u.a. den Vertragspartnern die einseitige unbedingte Meistbegünstigung zu gewähren; dies verhinderte den Abschluss günstiger Verträge auf Seiten der deutschen Industrie. Die Einschränkungen wurden erst im Jahr 1925 aufgehoben.

[7] HAUTSCH: Der Elektrokonzern AEG-Telefunken, S.28.

[8] KASSERRA, Manfred: Die elektrotechnischen Fachverbände. Erlangen/Nürnberg 1967, S.21.

[9] Ebd., S.21.

[10] http://www.gerdflaig.de/AEG_Geschichte/AEGindex.htm.

[11] Vgl. Abbildung 2 im Anhang.

[12] HAUTSCH: Der Elektrokonzern AEG-Telefunken, S.19.

[13] Unter anderem aufgekauft wurden: Kupferwerke Deutschland AG (1918), Elektro- Stahl- und Walzwerke (1918), Anteile der Felten & Guillaume Carlswerke AG und Kuhn, Loeb & Co. Guggenheim & Co. (1920). „Interessengemeinschaften“ entstanden mit den Linke-Hoffmann-Lauchhammer-Werken in Breslau und der Oberschlesischen Eisenindustrie AG (1923). Vgl. HAUTSCH: Der Elektrokonzern AEG-Telefunken, S.28 – 29.

[14] Die Edison Company hatte der französischen Filiale „Compagnie Continentale Edison” die Auswertung der Patente für den europäischen Raum überlassen. Diese gründete im 1883 die Tochtergesellschaft „Deutsche Edisongesellschaft für angewandte Elektrizität“, die später in die „Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft“ umbenannt wurde. Edison Co. wurde später zu General Electric Co. Vgl. HAUTSCH: Der Elektrokonzern AEG-Telefunken, S.7 – 8.

[15] ZIPFEL, Astrid: Public Relations in der Elektroindustrie – Die Firmen Siemens und AEG 1847 bis 1939. Köln 1997, S.25.

[16] Diese Produktbereiche waren: elektromedizinische Apparate, Kraftfahrzeugelektrik, Messinstrumente, Elektrowärmegeräte und elektrotechnische Kohleerzeugnisse. Vgl. HAUTSCH: Der Elektrokonzern AEG-Telefunken, S.30.

[17] KASSERRA: Fachverbände, S.28 – 29.

[18] STRUNK, Peter: Die AEG – Aufstieg und Niedergang einer Industrielegende. Berlin 2000, S.48.

[19] Ebd., S.50.

[20] HAUTSCH: Der Elektrokonzern AEG-Telefunken, S.31.

[21] STRUNK: AEG, S.50 – 51.

[22] Dass es durch die extreme Rationalisierung zu einer Überproduktion kommen konnte und dadurch die Weltwirtschaftskrise 1929 noch verstärkt wurde, erkannt man zunächst nicht. Allerdings sagt der Geschäftsführer Felix Deutsch 1928: „Ich schätze die industrielle Kapazität der Welt um mindestens 40 – 50 Prozent größer als vor dem Kriege. Das bedeutet eine sehr viel größere Produktion gegenüber einer außerordentlich verringerten Kaufkraft [...]“, womit er die ein Jahr später folgende Krise wohl schon zu erahnen glaubte. Vgl. HAUTSCH: Der Elektrokonzern AEG-Telefunken, S.34.

[23] STRUNK: AEG, S.50.

[24] Laut dem Geschäftsbericht der AEG des Geschäftsjahres 1928/29 war diese Umsatzsteigerung allerdings „weniger auf eine Besserung der allgemeinen Wirtschaftslage zurückzuführen, als auf die größere Konkurrenzfähigkeit ihrer Erzeugnisse.“. Vgl. http://www.gerdflaig.de/AEG_Geschichte/ AEGindex.htm.

[25] Die dadurch hervorgerufenen relative Überproduktion war natürlich nicht nur bei der AEG, sondern bei vielen Unternehmen der damaligen Zeit vorhanden.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die Entwicklung des AEG-Konzerns während der Weltwirtschaftskrise und dem Wirtschaftsaufschwung der NS-Zeit
Hochschule
Universität Mannheim  (Fakultät für Volkswirtschaftslehre)
Veranstaltung
Deutsche Unternehmen in der Zwischenkriegszeit – Unternehmensstrategien zwischen Hyperinflation und Nationalsozialismus
Note
1,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
18
Katalognummer
V135442
ISBN (eBook)
9783640437566
ISBN (Buch)
9783640437719
Dateigröße
626 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
AEG, Weltwirtschaftskrise, Nationalsozialismus, Wirtschaft, Wirtschaftsaufschwung, Elektrizitätsunternehmen, Elektroindustrie, Weimarer Republik
Arbeit zitieren
Britta Düvelmeyer (Autor:in), 2009, Die Entwicklung des AEG-Konzerns während der Weltwirtschaftskrise und dem Wirtschaftsaufschwung der NS-Zeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/135442

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