Diese Arbeit geht von folgendem fiktiven Szenario aus: Ein deutscher Staatsangehöriger ist in einem regulären Angestelltenverhältnis als Arbeitnehmer (AN) in einem Unternehmen beschäftigt, welches als juristische Person des Privatrechtes in Form einer Kapitalgesellschaft organisiert ist. Eine Konkretisierung der Branche, des Berufes oder Stellung im Betrieb erfolgt hierbei nicht. Der AN befindet sich darüber hinaus weder im Betriebsrat seines Unternehmens, noch gehört er einer besonders schutzwürdigen Gruppe von Arbeitnehmern an (z.B. Schwerbehinderte). Aufgrund der privaten Teilnahme an einer friedlichen und zuvor genehmigten Corona Demonstration hat der Arbeitgeber (AG) eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen und der AN hat diese Kündigung rechtlich angefochten.
Da der Schwerpunkt der Arbeit auf einer inhaltlichen Auseinandersetzung über die Rechtmäßigkeit der außerordentlichen Kündigung liegt, wird ferner vorausgesetzt, dass sämtliche formalen Wirksamkeitserfordernisse an die Aussprache der Kündigung erfüllt sind. Insofern werden diese im Rahmen der Arbeit zwar erwähnt, allerdings nicht geprüft. Gleiches gilt für die Aussprache der Kündigungsschutzklage, bei welcher ebenfalls vorausgesetzt wird, dass von Seiten des AN sämtliche formalen Voraussetzungen erfüllt wurden. Aus diesem Grund wird auf eine separate Darstellung des Kündigungsschutzgesetzes verzichtet. Ein Verweis auf das Kündigungsschutzgesetz erfolgt allerdings an entsprechender Stelle bei der Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen und Gründen für die außerordentliche Kündigung.
Die Darstellung der außerordentlichen Kündigung beschränkt sich ihrerseits auf eine ausführliche Betrachtung der verhaltensbedingten Kündigung, weil vorliegend nur diese in Erwägung gezogen werden kann. Insofern wird auf eine Darstellung der personenbedingten und betriebsbedingten Kündigung, sowie der sog. Druckkündigung verzichtet. Die Arbeit gliedert sich insgesamt in sechs inhaltliche Schwerpunkte. Da sich AN und AG vorliegend beide auf ihre spezifischen Grundrechte berufen, besteht der erste Teil der Arbeit in einer allgemeinen Einführung in den Themenkomplex der Grundrechtslehre. Der Fokus liegt dabei allerdings auf der Beantwortung der Frage, welche Wirkung die Grundrechte in privaten Rechtsbeziehungen entfalten und nach welchen rechtlichen Grundsätzen diese ausgestaltet werden müssen.
Inhaltsverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis
- A. Einleitung
- I. Fragestellung und Relevanz
- II. Vorgehensweise, Methodik und Ziel
- B. Die Grundrechte im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland
- I. Der Schutzbereich der Grundrechte
- 1. Sachlicher Schutzbereich
- 2. Persönlicher Schutzbereich
- II. Funktion der Grundrechte
- 1. Objektiv-rechtliche Dimension der Grundrechte
- a) Mittelbare Drittwirkung
- b) Staatliche Schutzpflicht
- 2. Zentrale Merkmale der objektiv-rechtlichen Dimension der Grundrechte
- a) Grundrechte als Anspruchsrechte
- b) Das Untermaβverbot
- c) Praktische Konkordanz
- 3. Zwischenfazit
- III. Grundrechtskonkurrenz und Grundrechtskollision
- 1. Grundrechtskonkurrenz
- a) Spezialität und Subsidiarität
- b) Idealkonkurrenz
- 2. Grundrechtskollision
- 3. Zwischenfazit
- C. Die außerordentliche Kündigung
- I. Objektiv-Rechtliche Dimension des außerordentlichen Kündigungsrechts
- II. Wirksamkeitsvoraussetzungen der außerordentlichen Kündigung
- III. Inhaltliche Voraussetzungen der außerordentlichen Kündigung
- 1. Wichtiger Grund
- a) Verhaltensbedingte Kündigung
- b) Ultima Ratio Prinzip
- 2. Interessenabwägung
- 3. Prognoseprinzip
- IV. Zwischenfazit
- D. Das Grundrecht des Arbeitgebers auf Unternehmensfreiheit und Sicherung des eigenen Betriebes nach Art. 12 GG
- I. Schutzbereich des Art. 12 GG
- 1. Sachlicher Schutzbereich
- a) Der Begriff des Berufes
- b) Geschützte Verhaltensweisen
- 2. Persönlicher Schutzbereich
- 3. Eröffnung des Schutzbereiches für die Kündigung wegen der Teilnahme an einer Corona Demonstration
- II. Unternehmensfreiheit im Arbeitsrecht - Grundrechtskonkurrenz zwischen Art. 12 und 14 GG
- III. Zwischenfazit
- E. Das Grundrecht des Arbeitnehmers auf Meinungsäußerung aus Art. 5 GG
- I. Schutzbereich
- 1. Sachlicher Schutzbereich
- a) Der Begriff der Meinung
- aa) Abgrenzung von Tatsachenbehauptung
- bb) Schmähkritik
- b) Geschütztes Verhalten
- 2. Persönlicher Schutzbereich
- 3. Eröffnung des Schutzbereiches für die Teilnahme an einer Corona Demonstration
- II. Meinungsfreiheit im Arbeitsrecht
- 1. Meinungsäußerung im Betrieb
- 2. Meinungsäußerung außerhalb des Betriebes
- III. Zwischenfazit
- F. Das Grundrecht des Arbeitnehmers auf Versammlungsfreiheit aus Art. 8 GG
- I. Schutzbereich
- 1. Sachlicher Schutzbereich
- a) Zusammenkunft mehrerer Personen
- b) Verfolgung eines bestimmten Zweckes
- c) Versammlungsort
- d) Versammlungsspezifische Verhaltensweisen
- 2. Persönlicher Schutzbereich
- 3. Eröffnung des Schutzbereiches für die Teilnahme an einer Corona Demonstration
- II. Die Versammlungsfreiheit in der Corona Pandemie
- 1. Besonderheiten der Versammlungsfreiheit in der Corona Pandemie
- 2. Versammlungseinschränkungen in der Corona Pandemie
- 3. Die Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis
- a) Rücksichtsnahmepflichten des Arbeitnehmers in der Pandemie
- b) Fürsorgepflichten des Arbeitgebers in der Pandemie
- III. Zwischenfazit
- G. Das Grundrecht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit des Arbeitnehmers aus Art. 5 und 8 GG in Kollision zum Grundrecht des Arbeitgebers auf freie Unternehmensführung und Sicherung des eigenen Betriebes aus Art. 12 GG
- I. Grundrechtskollision und praktische Konkordanz
- II. Rechtmäßigkeitsprüfung der außerordentlichen Kündigung aufgrund der Teilnahme an einer Corona Demonstration
- 1. Vorliegen eines,,an sich“ wichtigen Kündigungsgrundes
- 2. Interessenabwägung
- a) Reputationsschäden
- b) Gefährdung des Betriebsverlaufes
- c) Gefährdung des Betriebsfriedens
- d) Verschulden des Arbeitnehmers
- e) Verhalten des Arbeitnehmers auf der Demonstration
- f) Sonstige Abwägungskriterien
- 3. Rechtmäßigkeit der außerordentlichen Kündigung
- a) Abmahnung
- b) Ordentliche Kündigung
- c) Versetzung in das Homeoffice
- III. Zwischenfazit
- H. Zusammenfassung und Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Rechtslage und die rechtlichen Rahmenbedingungen für die außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses aufgrund der Teilnahme eines Arbeitnehmers an einer Corona-Demonstration. Dabei wird insbesondere die Abwägung von Grundrechten des Arbeitnehmers, wie der Meinungs- und Versammlungsfreiheit, mit den Grundrechten des Arbeitgebers auf Unternehmensfreiheit und Sicherung des eigenen Betriebes untersucht.
- Abwägung von Grundrechten des Arbeitnehmers und Arbeitgebers
- Rechtliche Folgen der Teilnahme an einer Corona-Demonstration für das Arbeitsverhältnis
- Die Rolle des Prognoseprinzips bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung
- Die Bedeutung des Ultima Ratio Prinzips im Arbeitsrecht
- Anwendung der Grundrechtskonkurrenz und -kollision im Kontext der Corona-Pandemie
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Dieses Kapitel führt in die Fragestellung und die Relevanz der Arbeit ein. Es stellt die methodische Vorgehensweise und die Ziele der Untersuchung dar.
- Die Grundrechte im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland: In diesem Kapitel werden die Grundrechte im Grundgesetz und deren Schutzbereich sowie Funktion erläutert. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der objektiv-rechtlichen Dimension der Grundrechte und der damit verbundenen Anspruchsrechte, dem Untermaβverbot und der praktischen Konkordanz. Zudem wird die Thematik der Grundrechtskonkurrenz und -kollision behandelt.
- Die außerordentliche Kündigung: Dieses Kapitel befasst sich mit dem Rechtsinstitut der außerordentlichen Kündigung. Es werden die Wirksamkeitsvoraussetzungen und die inhaltlichen Voraussetzungen für eine wirksame Kündigung, wie der „wichtige Grund“, das Prognoseprinzip und das Ultima Ratio Prinzip, erläutert.
- Das Grundrecht des Arbeitgebers auf Unternehmensfreiheit und Sicherung des eigenen Betriebes nach Art. 12 GG: Dieses Kapitel analysiert das Grundrecht des Arbeitgebers auf Unternehmensfreiheit und Sicherung des eigenen Betriebes. Es werden der Schutzbereich des Art. 12 GG und dessen Anwendung im Arbeitsrecht, insbesondere im Hinblick auf die Grundrechtskonkurrenz mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung, beleuchtet.
- Das Grundrecht des Arbeitnehmers auf Meinungsäußerung aus Art. 5 GG: Dieses Kapitel befasst sich mit dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung des Arbeitnehmers. Es werden der Schutzbereich des Art. 5 GG und dessen Bedeutung im Arbeitsverhältnis, insbesondere in Bezug auf die Meinungsäußerung im und außerhalb des Betriebes, untersucht.
- Das Grundrecht des Arbeitnehmers auf Versammlungsfreiheit aus Art. 8 GG: Dieses Kapitel analysiert das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit des Arbeitnehmers. Es werden der Schutzbereich des Art. 8 GG und die Besonderheiten der Versammlungsfreiheit in der Corona-Pandemie, einschließlich der Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis, behandelt.
- Das Grundrecht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit des Arbeitnehmers aus Art. 5 und 8 GG in Kollision zum Grundrecht des Arbeitgebers auf freie Unternehmensführung und Sicherung des eigenen Betriebes aus Art. 12 GG: Dieses Kapitel befasst sich mit der Kollision der Grundrechte des Arbeitnehmers auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit mit dem Grundrecht des Arbeitgebers auf freie Unternehmensführung. Es untersucht die rechtliche Prüfung der Rechtmäßigkeit einer außerordentlichen Kündigung aufgrund der Teilnahme an einer Corona-Demonstration.
Schlüsselwörter
Grundrechte, Grundgesetz, Arbeitsrecht, außerordentliche Kündigung, Corona-Pandemie, Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Unternehmensfreiheit, Grundrechtskonkurrenz, Grundrechtskollision, Prognoseprinzip, Ultima Ratio Prinzip, Praktische Konkordanz
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- Anonym (Author), 2023, Die außerordentliche Kündigung nach der privaten Teilnahme an einer Corona-Demonstration. Eine Prüfung der Rechtmäßigkeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1355139