Ursprung des Serapis


Hausarbeit, 2007

16 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Zum Verständnis des Serapis
2.1 Synkretismus
2.2 Apis -/ Osiris - Apis - Theologie

3. Ursprung des Gottes Serapis
3.1 Abstammung des Serapis
3.2 Welcher Teil der Bevölkerung wird angesprochen?
3.3 Äußeres Erscheinungsbild
3.4 Verbreitung

4. Ägyptische Ausformungen des Serapis

5. Schlussbetrachtungen

6. Literaturverzeichnis

Quellen

Zeitschriften und Sammelbände

Monographien

Überblickswerke

1. Einleitung

Mit der Eroberung des Persischen Reichs durch Alexander den Großen trafen in Ägypten zwei antike Hochkulturen direkt aufeinander. Die Eroberung stellte jedoch nicht den ersten Kontakt der beiden Völker da. Es ist belegt, dass bereits in den vorangegangenen Jahrhunderten ein reger Austausch zwischen den Kulturen stattfand. So spielte etwa der griechische Handelsposten Naukratis, der in Ägypten schon lange vor der Eroberung Alexanders angelegt worden war, für den Handel, wie etwa den der Insel Samos oder der Stadt Mytilene, eine gewichtige Rolle.[1] Auch Herodot berichtet bereits ein Jahrhundert vor den Alexanderzügen über eine kulturelle Verbundenheit und eine Art Freundschaft, die zwischen den beiden Völkern des östlichen Mittelmeeres bestand.[2] Doch seit der Machtübernahme in Ägypten durch den Makedonen Alexander und seinen Nachfolger, den Satrap und späteren König Ptolemaios I. Soter wurde es nötig, direkte kulturelle Schnittpunkte der beiden Völker zu schaffen. Es musste ein verbindendes Element gefunden werden, um eine friedliche Koexistenz zwischen den griechischen Eroberern und den eroberten Ägyptern zu gewährleisten. Dass für diese Aufgabe von den damaligen Führern die Religion gewählt wurde, erscheint in Anbetracht der engen Verwandtschaft der griechischen und ägyptischen Religion nahe liegend, zumal diese Verbundenheit schon in der Antike weitgehend akzeptiert und von keiner Seite in Frage gestellt wurde.[3] In Memphis, der alten ägyptischen Krönungsstadt, gab es zudem ortsansässige Griechen, die bereits vor der Eroberung durch Alexander die hiesigen Gottheiten verehrten.[4] Die Ausgangslage, einen erfolgreichen neuen hellenistischen Kult in Ägypten einzuführen, schien demnach durchaus gegeben zu sein. Doch blieb der Kult des Serapis als neue zentrale Gottheit des Ptolemäerreiches lange Zeit im Hintergrund. Erst 300–400 Jahre nach seiner Einführung, zu Beginn der Kaiserzeit, sollte der Kult seine größte Blütezeit erleben.[5]

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach dem Grund für den Erfolg des Serapis. In einer Welt, die eine so hohe Anzahl an Göttern kannte wie die ägyptische, schaffte es eine neue, in weiten Teilen fremde Gottheit, die Bedeutung aller anderen in den Schatten zu stellen. Serapis Erfolg lag nicht nur an der Verbreitung in Ägypten, sondern vor allem auch an seiner Bekanntheit weit über die Grenzen des Landes hinaus, was - bis auf den Kult der Isis[6] - keiner anderen ägyptischen Gottheit zuteil wurde. In dieser Arbeit sollen die Faktoren herausarbeiten werden, die zu dieser allgemeinen Akzeptanz des Serapis in der antiken Welt geführt haben. Dazu werden zunächst Teilaspekte und religiöse Eigenarten der ägyptischen Mythologie behandeln, die wichtig für das Verständnis der Figur des Serapis sind. Anschließend soll auf den Ursprung des Serapis eingegangen werden, um danach ein abschließendes Bild der Verbreitung zu erhalten.

2. Zum Verständnis des Serapis

Es bedarf einiger Vorüberlegungen, um die Initialisierung und die Ausbreitung des Serapiskultes verständlicher zu gestalten. Besonders die Figur des Apis - Stieres muss durch sein vielschichtiges Auftreten für die Betrachtung des Serapis aufgearbeitet werden. Außerdem muss man auf die Funktionsweise des Synkretismus, einem entscheidenden Moment der ägyptischen Religion, eingehen, da dies für das Verständnis der neu eingeführten Gottheit unerlässlich ist.

2.1 Synkretismus

Beim Synkretismus handelt es sich um eine Neuerschaffung einer Gottheit aus bereits bestehenden. Zwei oder auch mehrere Gottheiten werden in einer neuen Gottheit zusammengefasst, wobei die Urformen weiterhin bestehen bleiben und so die Form jederzeit wieder getrennt werden kann. Deshalb ist die Reihenfolge der genannten Götter von entscheidender Bedeutung. Der Unterschied zwischen den Bezeichnungen Osiris - Apis und Apis - Osiris ist in der ägyptischen Mythologie besonders wichtig und muss in jedem Fall differenziert betrachtet werden. Es ergeben sich durchaus unterschiedliche Ergebnisse, je nachdem, ob Apis in Osiris oder Osiris in Apis eingeht. Die Charakteristika der Formen variieren je nach Reihenfolge der Namen. „Hier fühlt man sich geradezu an die Kettenglieder chemischer Formeln erinnert, und wie jene können auch die synkretischen Verbindungen jederzeit wieder in ihre Bestandteile aufgelöst werden, können die einzelnen Glieder neue, ganz andere Verbindungen eingehen, ohne ihre Eigenart aufzugeben.“[8] So ist auch Diodoros zu verstehen: „Osiris aber haben schon die einen für Sarapis, für Dionysos, Pluton, Ammon, manche auch schon für Zeus und einige sogar für Pan gehalten.“[9] Damals versuchte man, die griechische Entsprechung für den Gott Osiris zu finden, doch kann dies nicht gelingen, da der Osiris in mannigfaltiger Form auftritt. Darüber hinaus kann der Osiris, wie alle großen Gottheiten, mit vielen Namen angerufen werden. Deshalb trägt er auch den Beinamen „Mit vielen Namen“[10], was eine Zuordnung zur griechischen Entsprechung wohl noch erschwert hat. Die für uns an dieser Stelle entscheidende Figur bleibt die des Osiris – Apis. Diese Form wird durch die Hellenen durch Einführung des Serapis „geglättet“ und es entsteht eine eindeutig erkennbare, selbstständige Gottheit. Während es bei der ägyptischen Form immer die Möglichkeit der Wiederverselbstständigung der Einzelgottheiten gibt, ist dies hier nicht mehr gegeben.[11] Die Namensgebung für eine synkretische Form eines neuen Gottes wird als „unägyptisch“ angesehen und den griechischen Eroberern zugeschrieben.[12][7]

Zu erwähnen wäre noch, dass das Eingehen in den Osiris mit dem Tod gleichgesetzt wird. Die Form des Osiris - Apis bedeutet, dass der Apis gestorben und mit seinem Tod in den Totengott Osiris eingegangen ist.[13] Hierbei ist der Tod jedoch nicht als endgültig anzusehen, sondern steht für einen Kreislauf, da der Apis in den Apis - Stieren wiedergeboren wird. Das verweist auf die relative Bedeutungslosigkeit der Form des Osiris - Apis gegenüber der des Apis - Osiris in der ägyptischen Bevölkerung. Die Widerbelebung ist hingegen ein sehr wichtiges Element der ägyptischen Mythologie und lässt sich bei vielen Gottheiten, wie in den Mysterien des Osiris,[14] wieder finden.

2.2 Apis -/ Osiris - Apis - Theologie

Durch die nachgewiesene Gleichsetzung des Namens Osiris - Apis mit Osirapis[15], der wiederum mit dem Namen Serapis gleichgesetzt wurde, kann man von einer engen Verbundenheit, wenn nicht gar von einer Gleichheit der beiden Gottheiten ausgehen.[16] Auf Gründungsplaketten, die bei Tempelweihungen in Fundamenten deponiert wurden, sind die Namen der Gottheiten in zwei Sprachen überliefert. Auf diesen Plaketten werden die Namen Serapis und Osirapis gleichgesetzt und belegen eindeutig, dass sich die beiden Gottheiten im Griechischen und Ägyptischen entsprechen.[17] Auf diese Weise kann die Existenz des Serapis in einer Form des Osiris - Apis bereits vor der Stiftung durch Ptolemaios I. belegt werden. In Memphis wird zu dieser Zeit jedoch die Gottheit Apis - Osiris verehrt,[18] die mit Osiris und Apis eine synkretische Form einging, also eine dritte Gottheit geschaffen hat. Der Apis - Stier ist eine weitere Gottheit, die mit ihrem Tod in den Osiris eingeht. Es ist davon auszugehen, dass die wichtigere Gottheit der Apis – Osiris war und dieser in Memphis weit mehr Verehrung fand, als der Osiris – Apis.[19] Durch vermutliche Fehler in der Übersetzung ägyptischer Texte könnten die Grenzen zwischen den verschiedenen Erscheinungsformen des Apis heute nicht mehr erkennbar sein, was eine sichere Bestimmung der Abstammung des Serapis aus der alten Hauptstadt Memphis unmöglich macht.[20] Als gesichert gilt jedoch die Existenz eines Osiris - Apis - Tempels auf dem Rhakotis - Hügel, an der Stelle, an der später Alexandria gegründet werden sollte und in dem Serapis Verehrung fand. Soldaten, die zum „Schutz der Autarkie“[21] Ägyptens dort angesiedelt worden waren, hatten hier wohl ihre Kultstätte. Mayer spekuliert hier auf ein ägyptisches Dorf und in Folge dessen auch auf einen ägyptischen Stadtteil in Alexandria: Rhakotis.[22] In den ägyptischen Heeren des Alten Reiches dienten jedoch vorwiegend ausländische Söldner, darunter sehr viele Griechen[23]. Also muss es sich nicht zwangsläufig um eine ägyptische Besiedlung gehandelt haben. Somit könnte der Tempel des Osiris - Apis auch ausschließlich von griechischen Söldnern genutzt worden sein. Dies muss leider Spekulation bleiben, jedoch zeigt sich eindeutig die Möglichkeit, dass der Osiris - Apis - Kult in griechischen Kreisen weit verbreiteter war als in ägyptischen. Dies lässt den Osiris - Apis weiterhin als Urform des Serapis bestehen, jedoch könnte dies die geringe Verehrung des Serapis durch die ägyptische Bevölkerung in der Anfangszeit der Stiftung des Kultes erklären.

3. Ursprung des Gottes Serapis

Um die Einführung des Serapiskultes ranken sich viele Legenden. So behaupten einige Quellen, dass er eine Erschaffung Alexander des Großen sei, nachdem Ägypten um das Jahr 332 v. Chr.[25] erobert worden war. Andere Quellen sehen den Ursprung in der Zeit Ptolemaios II. Philadelphos (282–246 v. Chr.)[26] oder Ptolemaios III. Euergetes (246–222/221 v. Chr.)[27] und die Herkunft seines Bildnisses in Babylon, während andere wiederum Memphis als Ursprungsheimat ausgemacht haben. Dies ist einer Vielzahl von Überlieferungen verschiedener Schreiber der damaligen Zeit zu verdanken, die sich nicht immer einig waren und sich in ihren Darstellungen häufig widersprachen.[28] Zunächst soll hier die momentan in der Forschung aktuellste Variante der Ursprungsgeschichte des Serapis vorgestellt werden.[29] [24]

[...]


[1] vgl. Mayer: Serapis - Göttliche Integrationshilfe, Ein neuer Gott als Mittler zwischen zwei Hochkulturen, S. 27 – siehe dazu auch Gehrke: Jenseits von Athen und Sparta, Das Dritte Griechenland und seine Staatenwelt, S. 119, S. 123 – Assmann: Weisheit und Mysterium, S. 13ff.

[2] vgl. Herodot: Historien, II, 42.

[3] vgl. ebd.

[4] vgl. Hölbl: Geschichte des Ptolemäerreichs, S. 93.

[5] vgl. Mayer: Serapis - Göttliche Integrationshilfe, S. 28.

[6] Der Erfolg der Isis lag ebenfalls an der Hellenisierung ihres Kultes. Vgl. Schmidt: Serapis - ein neuer Gott für die Griechen in Ägypten, S. 291.

[7] Siehe auch Kaper: Synkretische Götterbilder in hellenistischer und römischer Zeit, S. 305f. – Hornung: Der Eine und die Vielen, S. 82ff.

[8] Hornung: Der eine und die Vielen, S. 88.

[9] Diodoros: Griechische Weltgeschichte, I, 25, 2.

[10] vgl. Hornung: Der Eine und die Vielen, S. 77.

[11] siehe hierzu ebd. S. 83.

[12] vgl. ebd. S. 88f.

[13] vgl. ebd. S. 87.

[14] vgl. Scharft: Die Ausbreitung des Osiriskultes in der Frühzeit und während des alten Reiches, S. 24ff.

[15] vgl. Protrepticus 48, 6.

[16] vgl. Mayer: Serapis - Göttliche Integrationshilfe, S. 29.

[17] ebd. S. 30.

[18] vgl. Bonnet: Lexikon der Ägyptischen Religionsgeschichte, S. 47f, S. 447. – Diodoros I. 85, 1 – Schmidt: Serapis - ein neuer Gott für die Griechen in Ägypten, S. 291f.

[19] vgl. Bonnet: Lexikon der ägyptischen Religionsgeschichte, S. 48.

[20] vgl. ebd. S. 48.

[21] Mayer: Serapis - Göttliche Integrationshilfe, S. 32.

[22] vgl. ebd.

[23] vgl. Schmidt: Serapis- ein neuer Gott für die Griechen in Ägypten, S. 292.

[24] Vor der Kaiserzeit wurde Serapis als Sarapis bezeichnet. Vgl. Bonnet: Lexikon der Ägyptischen Religionsgeschichte, S. 649.

[25] vgl. dtv – Atlas Weltgeschichte, S. 65.

[26] vgl. Hölbl: Geschichte des Ptolemäerreiches, S. 32.

[27] vgl. Schmidt: Serapis – ein neuer Gott für die Griechen in Ägypten, S. 293.

[28] Antike Literatur über Serapis.: Tacitus, Hist. 81f. 83. 84. – Plinius, N. H. 37, 5. – Plutarch, Alex. 76 – de Iside 28, 29 – de soll. anim. 36 – Arrian, Anab. 3, 1, 5; 7, 26, 2. – Pausanias 1, 18, 4. – Diodor 1, 25, 2. – Eustathios zu Dionysios Perieg. 255. – Origenes 5, 38. – Macrobius, sat. 1, 16, 17f. 20. – Strabo 17, 1, 2, 3, 10, 17, 23. – Clem. Alex. Protr. 4, 48 S.42. – Nymphodorus bei Clem. Alex. Strom. 1, 106, 6 (F. H. G. 2, p. 380 frg. 20). – Suidas, s. v. ∑arapiz. Palladus (Anth. Graee. Pal.) 174. (aus Roscher: Lexikon der griechischen und römischen Mythologie, Sp. 338)

[29] Hier soll nur auf die wahrscheinlichste Entstehung des Serapiskultes eingegangen werden. Es existiert eine Vielzahl an Varianten und Möglichkeiten der Entstehung, auf die ich hier nicht im Einzelnen eingehen kann. Einen kurzen Überblick der verschiedenen Varianten liefert Bonnet: Lexikon der Ägyptischen Religionsgeschichte, S. 649ff. – Roscher: Lexikon der griechischen und römischen Mythologie, Band IV, Sp. 338ff. – Huß: Der makedonische König und die ägyptischen Priester, S. 61ff.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Ursprung des Serapis
Hochschule
Technische Universität Chemnitz  (Europäische Geschichte)
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
16
Katalognummer
V135533
ISBN (eBook)
9783640441419
ISBN (Buch)
9783640441587
Dateigröße
453 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ursprung, Serapis
Arbeit zitieren
Christian Schultze (Autor:in), 2007, Ursprung des Serapis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/135533

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