Diese Arbeit will den Anstoß dazu geben, die aufgezeigten Lücken in der wissenschaftlichen Literatur über Militär, Staat und Gesellschaft in der DDR zu schließen. Sie stellt eine ausgewählte Sammlung der wichtigsten Begriffe des Bereichs Militärgeschichte der DDR dar, soll eine erste Orientierung im Thema bieten und den Einstieg erleichtern. Gleichzeitig dient sie als Gedankenstütze für alle jene, die sich eingehend mit der Materie beschäftigen, um so die wichtigsten Daten und Zahlen aller mit der Militarisierung der Gesellschaft verbundenen Organisationen möglichst schnell zur Hand zu haben. Die einzelnen Artikel enthalten das Mindestmaß an Information und beschreiben in einem geschichtlichen Abriss die Entwicklung der Organisationen bzw. definieren Begrifflichkeiten aus der Partei-, Militär- oder Soldatensprache. Zum besseren Verständnis steht dem Lexikon ein kurzer Überblick über die bewaffneten Organe der DDR voran. Abgerundet wird die Arbeit durch eine Bibliographie, die die benutzte Literatur wiedergibt und alle relevanten Titel zu den jeweiligen Themen enthält. Diese repräsentieren in den meisten Fällen den derzeitig aktuellsten Stand der Forschung. Der Autor versteht diese Arbeit als Gegenentwurf zu der Masse an verschiedenen Wörterbüchern und Lexika, die in der DDR erschienen sind und die unter anderem als ideologischer Unterbau für die Wehrerziehung und Wehrhaftmachung der Bevölkerung dienten.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Die Bewaffneten Organe der DDR
III. Wörterbuch
Abteilung für Sicherheitsfragen im ZK der SED
Abschnittsbevollmächtigter (ABV)
Antifaschistischer Schutzwall
Armeeangehörige(r) (AA)
Armeesportvereinigung »Vorwärts« (ASV)
Asche
Bausoldat(en)
Bereitschaftspolizei / Bereitschaften der Volkspolizei
Berufskader
Berufsoffizierbewerber (BOB) / Berufsunteroffizierbewerber (BUB)
Bewerberkollektiv für militärische Berufe
Bezirk / Bezirkseinsatzleitung (BEL)
Deutsche Grenzpolizei (DGP)
Deutsches Rotes Kreuz der DDR (DRK)
Deutsche Volkspolizei (DVP)
Dienst-, Arbeits- und Lebensbedingungen (DALB)
Dienstgradgruppen in der NVA
Diensthabendes System der Luftverteidigung (DHS)
Diensthalbjahr (DHJ)
Einheit
EK-Bewegung
Entlassungskandidat (EK)
Erweiterte Oberschule (EOS)
Erziehung zum Hass
Fähnrich (Fä)
Fluktuation
Freie Deutsche Jugend (FDJ)
Freier Deutscher Gewerkschaftsbund (FDGB)
Freiwillige Helfer der Grenztruppen (FHG)
Freiwillige Helfer der Volkspolizei
Freiwilliges Reservistenkollektiv
Freunde
Gefechtsbereitschaft
Genosse
Gesellschaft für Sport und Technik (GST)
Gesellschaftlicher Mitarbeiter für Sicherheit (GMS)
Grenzregime der DDR
Grenztruppen (GT)
Grundwehrdienstleistender (GWDL) 29 Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland (GSSD) / Westgruppe der Truppen
(WGT)
Hauptabteilung I des MfS (HA I)
Hauptfeldwebel
Hinterland
Inoffizieller Mitarbeiter des MfS (IM)
Kader
Kampfgruppen der Arbeiterklasse (auch Betriebskampfgruppen)
Kasernierte Volkspolizei (KVP)
Klassenauftrag
Klassenfeind / Klassenkampf
Kommandant
Kommandeur
Kontaktperson / Kontakttätigkeit (KKG)
Kontrolldurchlass (KDL)
Kreis / Kreiseinsatzleitung (KEL)
Landstreitkräfte (LaSK)
Luftstreitkräfte / Luftverteidigung (LSK / LV)
Medizinischer Punkt / Med. Punkt
Militärbezirk (MB)
Militärhandelsorganisation (MHO)
Militärische Disziplin und Ordnung (MDO)
Militarismus / Militarisierung (nach DDR-Definition)
Militärpolitische Öffentlichkeitsarbeit (MPÖ)
Militärpolitisches Kabinett
Militärreform
Ministerium für Abrüstung und Verteidigung (MfAV)
Ministerium für Nationale Verteidigung (MfNV)
Ministerium für Staatssicherheit (MfS)
Ministerium für Volksbildung (MfVb)
Nachwuchsgewinnung
Nachwuchssicherung
Nationale Volksarmee (NVA)
Nationaler Verteidigungsrat (NVR)
Negative Traditionspflege
Nomenklatur
Nomenklaturkader
Norm
Oberoffizier
Objekt
Ortsunterkunft (OU)
Park
Patenschaft
Pioniermanöver
Politische Hauptverwaltung (PHV)
Politisch Ideologische Diversion (PID)
Politische Untergrundtätigkeit (PUT)
Polytechnische Oberschule (POS)
Produktionsgenossenschaft des Handwerks (PGH)
Rat des Bezirkes (RdB)
Rat des Kreises (RdK)
Reservisten
Schwedt (an der Oder)
Sichtagitation
Soldat(en)
Sozialistischer Wettbewerb
Sozialistische Persönlichkeit
Sozialistische Soldatenpersönlichkeit
Stabsoffizier(e)
System der sozialistischen Landesverteidigung
Teilstreitkraft
Traditionszimmer
Truppenteil
Unteroffizier auf Zeit (UaZ) / Soldat auf Zeit (SaZ)
Verband
Volkseigener Betrieb (VEB)
Volksmarine (VM)
Wachregiment Feliks E. Dzierzynski (WR)
Waffenbrüderschaft
Waffengattung
Wehrausbildungslager
Wehrbezirkskommando (WBK)
Wehrerziehung, sozialistische Wehrerziehung (SWE)
Wehrkreiskommando (WKK)
Wehrkunde
Wehrpflicht
Wehrunterricht
Zentralkomitee der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (ZK der SED)
Zivilverteidigung (ZV)
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Anhang und Bildteil
I. Einleitung
Die DDR war nach bisherigem Forschungsstand die am meisten militarisierte Gesellschaft der Welt1. Daher ist ohne Kenntnis der Zusammenhänge und Strukturen der bewaffneten Organe des SED-Regimes auch das Gesamtgebilde DDR kaum zu verstehen oder gar zu vermitteln2. Zu sehr war die gesamte Gesellschaft von militärischen oder paramilitärischen Organen durchdrungen und von den Sicherheitsvorstellungen des SED-Regimes nach Innen und Außen bestimmt. Uniformen prägten das alltägliche Leben fast jeden DDR-Bürgers3.
Dass das Wissen um diesen Charakterzug des DDR-Staates, ebenso wie über das System DDR an sich, immer mehr zu verblassen beginnt und kaum Informationen in Gestalt zuverläs-siger Fakten hinzugewonnen werden, zeigte erst kürzlich eine Studie, die unter Jugendlichen im Alter von 16 bis 17 Jahren in vier verschiedenen Bundesländern im Osten und Westen Deutschlands durchgeführt wurde4. Dies ist einerseits in einer fehlenden Vermittlung durch die Schule begründet sowie besonders im Osten Deutschlands in der Weitergabe eines positi-ven, unkritischen DDR-Bildes durch Eltern und Verwandte. Zusätzlich wird die Geschichte der DDR in Schulbüchern nur am Rande behandelt, eine Darstellung ihrer militärischen und paramilitärischen Formationen fehlt völlig. Lediglich das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) wird immer wieder thematisiert5.
Doch nicht nur unter Schülern ist das Wissen über die zweite deutsche Diktatur beschränkt oder lückenhaft, auch unter Studierenden ist dieser Fakt immer wieder festzustellen. Vor al-lem zum militärischen Apparat und der alle Lebensbereiche erfassenden und beeinflussenden Militarisierung fehlen vielen der Zugang und die Fakten6. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass in für das Studium relevanten wissenschaftlichen Überblickswerken zur Geschichte der DDR die bewaffneten Organe kaum Berücksichtigung finden7. Selbst die großen paramilitärischen Organisationen wie die Kampfgruppen der Arbeiterklasse, die Zivilverteidigung oder die Ge-sellschaft für Sport und Technik werden übergangen. Häufig werden die bewaffneten Organe bzw. die Militarisierung in der DDR mit der NVA und den Grenztruppen gleichgesetzt8, eine die Realität auf fatale Weise verkürzende Sichtweise. Es scheint, als würde die Behandlung der militärischen Formationen in Staat und Gesellschaft der DDR sei es aus Scheu vor einer Auseinandersetzung mit ihr oder aus mangelndem Bewusstsein um ihre Bedeutung in erster Linie der amtlichen Militärgeschichtsschreibung und einigen wenigen >>zivilen<< Wissen-schaftlern der universitären Forschung überlassen9. Eine Ausnahme bildet auch hier wieder das MfS, zu dem verschiedene Institutionen und Autoren eine Vielzahl von Veröffentlichun-gen vorgelegt haben10.
Obwohl, wie Heiner Bröckermann, Torsten Diedrich, Winfried Heineman, Matthias Rogg und Rüdiger Wenzke in einem Aufsatz darstellen11, Universitäten und Öffentlichkeit militärge-schichtlichen Themen zunehmend Interesse entgegen bringen, scheint die Randlage der DDR-Militärgeschichte bzw. der NVA-Forschung in der Bundesrepublik Deutschland, die Bruno Thoß Mitte der 90iger Jahre feststellte12, also noch immer nicht vollends überwunden. Mili-tärgeschichtliche Aspekte und Themen werden nach wie vor nur vereinzelt in die Gesamtge-schichte der DDR eingebettet etwa in Darstellungen des Juniaufstandes 1953, des Mauer-baues 1961 oder des Prager Frühlings 1968 oder sie werden knapp unter dem weitgefassten Begriff Militarisierung der Gesellschaft abgehandelt. Diese Feststellung ist insofern überra-schend, als gerade das >>System der sozialistischen Landesverteidigung<< sehr anschaulich den Versuch des SED-Regimes zeigt, sich über eine Vielzahl von Organisationen Zugriff auf die Bevölkerung zu verschaffen, diese zu indoktrinieren und nach den Machtinteressen der Partei zu steuern.
Wer sich ernsthaft mit dem Thema Militär und Gesellschaft in der DDR auseinandersetzen und sich zu diesem Zweck ein Minimum an Informationen über die wichtigsten Organisatio-nen des SED- Staates aneignen möchte, stößt bereits im Bereich der Handbücher auf Grenzen. Zwar bieten die vorhanden Lexika und Wörterbücher nach wie vor wichtige Grundinformati-onen zum System DDR. Viele besitzen jedoch einen begrenzten Fokus, der die bewaffneten Organe, die militärischen und paramilitärischen Organisationen, lediglich oberflächlich oder lückenhaft behandelt. Zudem entsprechen die Publikationen mittlerweile in einigen Teilen nicht mehr dem aktuellen Stand der Forschung13. Zur Erläuterung von Begriffen aus dem gleich. Dies ist höchst unverständlich da er sogar das Standardwerk (Diedrich/Wenzke, Die getarnte Armee) als Gesamtdarstellung angibt.
»Kaderwelsch«14, der Sprache in Partei und Militär, steht bisher nur das Wörterbuch von Birgit Wolf zur Verfügung. Da ihm jedoch ein wissenschaftlicher Apparat fehlt und die Mehr-zahl der Begriffe nicht belegt ist, ist es nur eingeschränkt zu Forschungs- und Studienzwecken nutzbar15. Zusätzlich liegt sein Schwerpunkt eher auf der Alltagssprache in der DDR, auch wenn der Sprachgebrauch der SED mit eingeschlossen ist16.
Diese Arbeit will den Anstoß dazu geben, die aufgezeigten Lücken in der wissenschaftlichen Literatur über Militär, Staat und Gesellschaft in der DDR zu schließen. Sie stellt eine ausge-wählte Sammlung der wichtigsten Begriffe des Bereichs Militärgeschichte der DDR dar, soll eine erste Orientierung im Thema bieten und den Einstieg erleichtern. Gleichzeitig dient sie als Gedankenstütze für alle jene, die sich eingehend mit der Materie beschäftigen, um so die wichtigsten Daten und Zahlen aller mit der Militarisierung der Gesellschaft verbundenen Or-ganisationen möglichst schnell zur Hand zu haben. Die einzelnen Artikel enthalten das Min-destmaß an Information und beschreiben in einem geschichtlichen Abriss die Entwicklung der Organisationen bzw. definieren Begrifflichkeiten aus der Partei-, Militär- oder Soldatenspra-che. Zum besseren Verständnis steht dem Lexikon ein kurzer Überblick über die bewaffneten Organe der DDR voran. Abgerundet wird die Arbeit durch eine Bibliographie, die die benutz-te Literatur wiedergibt und alle relevanten Titel zu den jeweiligen Themen enthält. Diese rep-räsentieren in den meisten Fällen den derzeitig aktuellsten Stand der Forschung.
Der Autor versteht diese Arbeit als Gegenentwurf zu der Masse an verschiedenen Wörterbü-chern und Lexika, die in der DDR erschienen sind und die unter anderem als ideologischer Unterbau für die Wehrerziehung und Wehrhaftmachung der Bevölkerung dienten17.
II. Die Bewaffneten Organe der DDR
Der Militär- und Sicherheitsapparat der DDR verfügte neben der Nationalen Volksarmee (NVA) und den Grenztruppen (GT) über eine Vielzahl militärischer, militärisch organisierter oder paramilitärischer Organisationen, die alle mehr oder weniger offen zur Abwehr innerer und äußerer Feinde vorgesehen waren. Zu ihnen zählten die Einheiten des Ministeriums des Innern (MdI) Deutsche Volkpolizei (DVP), Bereitschaftspolizei, Transportpolizei (6 400 Angehörige)18 und die Einheiten des Ministeriums für Staatssicherheit mit seinem militäri-schen Arm, dem Wachregiment >>Felix Dzierzynski<<, ebenso wie die Zollverwaltung der DDR (10 000 Angehörige)19. Ebenfalls zu den bewaffneten Organen zu zählen sind die para-militärischen Kampfgruppen der Arbeiterklasse, da sie bereits in Friedenszeiten über Waffen verfügten. Als unterstützende bzw. entlastende Massenorganisationen gehörten zusätzlich die Zivilverteidigung (ZV), die Gesellschaft für Sport und Technik (GST) und das Deutsche Rote Kreuz der DDR (DRK) zum Sicherheitsapparat des SED-Regimes. Teilweise waren diese Organisationen militärisch strukturiert und sollten im Konfliktfall nachgeordnete militärische Aufgaben, wie Sanitätsdienst, wahrnehmen. Alle genannten Organisationen waren Teil des >>Systems der sozialistischen Landesverteidigung<<20 und dienten der Mobilisierung der Be-völkerung zur Sicherung der Machtinteressen der SED nach innen und außen.
Insgesamt waren in den bewaffneten Organen der DDR über 430 000 Männer und Frauen als hauptamtliche Mitarbeiter beschäftigt, dazu kommen die hauptamtlichen Mitarbeiter der Mas-senorganisationen. Summa summarum ist davon auszugehen, dass rund zwei Millionen DDR-Bürger in irgendeiner Weise als mehr oder weniger freiwillige oder hauptamtliche Mitar-beiter in einer der militärischen, paramilitärischen oder das Militär unterstützende Organisati-onen eingebunden waren. Hinzu kommen noch die freiwilligen Helfer der Volkspolizei und der GT sowie die inoffiziellen Mitarbeiter des MfS, die aber aufgrund der nicht ganz eindeu-tigen gleichzeitigen Zuordnung zu einem der bewaffneten Organe in der Rechnung fehlen. Das bedeutet, dass gut ein Fünftel der 9 475 000 erwerbstätigen DDR-Bürger im Sicherheits-apparat der DDR erfasst war, mehr als zehn Prozent der Gesamtbevölkerung21. Zu berück-sichtigen ist hier natürlich, dass in erster Linie die männliche Bevölkerung von dem umfas-senden Versuch einer Militarisierung betroffen war, da nur auf sie die Wehrpflicht angewandt wurde. Mit dem DRK, dem Luftschutz und seiner Nachfolgeorganisation, der Zivilverteidi- gung, wurde dagegen explizit der weibliche Teil der Bevölkerung angesprochen. Diese Auf-teilung hatte zwei Vorteile: Einerseits konnten so die Männer bevorzugt zum Dienst in den eigentlichen bewaffneten Organen herangezogen werden, sodass der Staat keine wehrfähigen, männlichen Bürger für unbewaffnete Unterstützungs- und Sanitätsdienste abstellen musste. Anderseits konnten aber auch die Frauen über den Einsatz bei ZV und DRK im Sinne der Staatspartei organisiert, indoktriniert und konditioniert werden22.
Bei der Herausbildung und Entwicklung der bewaffneten Organe spielen die politischen und militärischen Krisen in der DDR eine herausragende Rolle. Die Jahre 1953, 1961 und 1968 sind die maßgeblichen Wegmarken in der Militärgeschichte der DDR23. Doch auch internati-onale Ereignisse und Krisen beeinflussten die Entwicklung. Dazu zählen etwa der Aufstand in Ungarn und die Suezkrise 195624, der Sechs-Tage-Krieg im Nahen Osten 1967, die Solidar-nosc-Bewegung in Polen 1980/81 und die Aufrüstungsphase zu Beginn der 80er Jahre25. All diese Ereignisse führten jeweils zu einem Wandel in der Sicherheitsarchitektur der DDR, der meist mit einer Verschärfung der Militarisierung und dem Ausbau der militärischen Macht einherging. Erst im Zuge des politischen und militärischen Reformkurses in der UdSSR unter Gorbaèev und dem damit einhergehenden Übergang zu einer neuen, defensiven Militärdoktrin innerhalb des Warschauer Paktes 1987 setzte zwangsweise auch in der DDR ein Umdenken ein, da u.a. das bisher propagierte Feindbild verloren ging. Der Wandel im sicherheitspoliti-schen System der DDR erfolgte langsam, Anfang 1989 wurde eine einseitige Truppenreduzie-rung verkündet26. Den Sturz des Regimes konnte dies jedoch nicht aufhalten. In der größten Krise des Regimes offenbarte sich im Herbst 1989 die innere Erosion des Sicherheitsappara-tes, der den Sturz der SED nicht aufhalten konnte27.
Mit dem Ende des SED-Regimes ab November 1989 kam auch das Ende seiner bewaffneten Organe. Ein Teil der Angehörigen, etwa der NVA, der GT und der DVP, wurde ab dem 3. Oktober 1990 in bewaffnete Organe der Bundesrepublik Deutschland übernommen.
III. Wörterbuch
Alle Begriffe in diesem Nachschlagewerk beziehen sich auf die Deutsche Demokratische Republik und den dazugehörigen Partei- und Staatsapparat, deshalb wurden Verweise darauf meist weggelassen. Abkürzungen, die im Verzeichnis nicht erläutert werden, sind im Abkür-zungsverzeichnis aufgelistet. Die in den Artikeln zitierten Abbildungen (Abb.), Organigram-me und Karten befinden sich im Anhang am Ende der Arbeit.
Abteilung für Sicherheitsfragen im ZK der SED
(auch: Sicherheitsabteilung)
Spezielles Gremium innerhalb des Apparates des - ZK der SED, zur Durchsetzung der Poli-tik und Beschlüsse der SED für die bewaffneten Organe. Es leitete und kontrollierte die ar-meeinternen Polit- und Parteiorgane und widmete sich fachlichen Fragen der Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Innerhalb der Abteilung gab es Sektoren, die für die verschiedenen Or-gane zuständig waren (Nationale Verteidigung, Staatssicherheit, Ministerium des Innern, Sport und Technik / GST, Sport). Fast die gesamte Kommunikation zwischen dem Parteiap-parat und dem - MfNV fand über die Leitung der Sicherheitsabteilung statt28. Eine der wich-tigsten Aufgaben der Abteilung war seit 1971 die Besetzung der - Kader in den Sicherheits-organen. Sämtliche Entscheidungen über Beförderungen zum Oberst oder höher wurden hier getroffen29.
Abschnittsbevollmächtigter (ABV)
Angehöriger der Schutzpolizei der - Deutschen Volkspolizei (DVP) auf der untersten Hie-rarchieebene. Der ABV nahm in einem festgelegten Abschnitt mit durchschnittlich 4 000 Einwohnern eine Vielzahl vorbeugender, ordnungssichernder und polizeilicher Aufgaben wahr. Er sollte eine enge Bindung zwischen DVP und Bevölkerung herstellen und Informati-onen über alle wirtschaftlichen, politischen und sozialen Belange in seinem Abschnitt sam-meln. Der ABV arbeitete dabei eng mit anderen regionalen Organisationen der Partei und mit Staatsorganen zusammen, um mit Hilfe der - freiwilligen Helfer der Volkspolizei nicht nur Ordnung und Sicherheit in seinem Abschnitt herzustellen, sondern zugleich zur Verwirkli- chung der politischen Ziele der SED beizutragen30. Das ABV-System war ein wichtiges Mittel der sozialen Überwachung durch den Staat, dessen sich auch das - MfS bediente31.
Antifaschistischer Schutzwall
Propagandistisch-euphemistische Bezeichnung für die am 13. August 1961 errichtete Berliner Mauer und die innerdeutsche Grenze vonseiten des SED-Regimes (- Grenzregime). Der Begriff wurde Mitte der 60er Jahre eingeführt und als Gegenstück zu der als >>feindlich<< emp-fundenen Bezeichnung Mauer gesetzt. Damit versuchte die SED-Propaganda, den eigentli-chen Grund für die Errichtung des >>Schutzwalles<< zu verschleiern, den zunehmenden Exodus der DDR-Bevölkerung in den Westen, und suggerierte das Bedrohungsbild eines bevorste-henden faschistisch-imperialistischen Angriffs durch die Bundesrepublik Deutschland und ihre westlichen Verbündeten32.
Armeeangehörige(r) (AA)
Alle aktiv in der - NVA dienenden Wehrpflichtigen, - Soldaten auf Zeit, - Unteroffiziere auf Zeit, Offiziere auf Zeit und Berufssoldaten. Die Angehörigen der - Grenztruppen hießen, unabhängig vom Dienstgrad »Angehörige der Grenztruppen« (AGT).
Armeesportvereinigung »Vorwärts« (ASV)
Militärsportorganisation der DDR, entstanden am 1. Oktober 1956 aus der militärsportlichen Vereinigung >>Vorwärts<< heraus, die im Zuge der verdeckten Aufrüstung bereits im November 1950 gegründet wurde. Die ASV war innerhalb der - NVA, der - GT und der - ZV zuständig für den Leistungs- und Freizeitsport und sollte für die >>Stärkung der militärischen Kampfkollektive<< sorgen. Die ASV war Mitglied des DTSB und unterwarf sich dessen Vor-gaben und Weisungen. Zum Aufbau der ASV, dem die militärische Struktur zugrunde lag, gehörten die Armeesportklubs (ASK), in denen Leistungssportler von der Kindheit an geför-dert wurden. Damit bildeten sie eine wichtige Stütze im System des DDR-Leistungssports. Die bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften erzielten sportlichen Erfolge der ASV sind jedoch teilweise auf den massiven Einsatz von Doping zurückzuführen.
Beinahe jeder Standort der NVA verfügte über einen ASV33.
Mitglieder: 244 300, davon 32 200 Kinder und Jugendliche (Stand Ende der 80er Jahre).
Asche
In der Soldatensprache der DDR häufig benutzter, allgemeiner Begriff für das Militär bzw. den Wehrdienst. Im Sinne von zur Asche gehen benutzt. Ähnlich verwendet wurde der Begriff Fahne. Meist bezogen auf die NVA und die GT. (Synonym mit Barras für die Bundeswehr)34
Bausoldat(en)
Wehrpflichtige, die aus religiöser, politischer oder pazifistischer Überzeugung den Dienst an der Waffe verweigerten. Ein waffenloser Dienst wurde 1964 auf Drängen der evangelischen Kirchen bei der - NVA eingeführt und die Bausoldaten wurden seitdem in sogenannten Baueinheiten zusammengefasst. Hauptsächlich wurden sie zum Bau von zivilen und militäri-schen Anlagen eingesetzt35. In den 1980er Jahren wurden die Baussoldaten in erster Linie zur Unterstützung der Volkswirtschaft in der Produktion und bei Großprojekten eingesetzt, bei-spielhaft dafür sind der Bau des Fährhafens Mukran und der Einsatz in der chemischen In-dustrie in Bitterfeld, Merseburg und Leuna36. Als äußeres Erkennungszeichen trugen Bausol-daten den Spaten auf der Schulterklappe37. Als nicht systemkonform eingestuft, waren sie bei der Berufs- und Studienwahl häufig Diskriminierungen ausgesetzt38.
Bereitschaftspolizei / Bereitschaften der Volkspolizei
(auch: VP-Bereitschaften)
Vollmotorisierte, kasernierte Einheiten des Ministeriums des Innern der DDR (MdI). 1955 aufgestellt als Reaktion auf den Volksaufstand vom 17. Juni 1953, waren sie zur Wiederher-stellung von Sicherheit und Ordnung (z.B. bei Großereignissen) und zur Niederschlagung von inneren Unruhen vorgesehen. Die Bereitschaften waren militärisch strukturiert, ausgebildet und ausgestattet. Neben Infanteriebewaffnung verfügten sie auch über Artillerie, Schützen-panzerwagen, Panzer- und Luftabwehrwaffen. So waren die Einheiten der Bereitschaftspolizei in der Lage, im Krisenfall - NVA und - Grenztruppen militärisch zu unterstützen. Seit 1962 bestanden 21 Bereitschaften, wovon 14 in den jeweiligen Bezirken eingesetzt werden sollten und sechs direkt dem MdI unterstellt waren.
Einsätze außerhalb ihres Aufgabenbereichs (z.B. in der Volkswirtschaft) führten seit Ende der 1970er Jahren zu einer nachlassenden Einsatzbereitschaft der Einheiten und verhinderte ihren erfolgreichen Einsatz während der Friedlichen Revolution im Herbst 198939.
Personalbestand: ca. 14 000 Mann (Stand 1989).
Berufskader
Alle länger dienenden Berufsunteroffiziere, - Fähnriche und Berufsoffiziere der - NVA und der - GT40. Maßgebend bei der Auswahl dieser Berufskader waren die Loyalität zu Staat und Partei, fachliche Kompetenz, häufig die Zustimmung seitens des - MfS und teilweise auch die >>richtige<< soziale Herkunft aus der >>Arbeiterklasse<<41.
Berufsoffizierbewerber (BOB) / Berufsunteroffizierbewerber (BUB)
Schüler und Lehrlinge, die sich frühzeitig für eine Karriere als Berufsunteroffizier bzw. Be-rufsoffizier verpflichteten. Sie wurden in sog. - Bewerberkollektiven zusammengefasst und für ihre spätere Laufbahn vormilitärisch ausgebildet.
Betriebskampfgruppen - Kampfgruppen der Arbeiterklasse
Bewerberkollektiv für militärische Berufe
Die FDJ-Bewerberkollektive für militärische Berufe dienten seit 1971 der Gewinnung von Nachwuchs für eine Karriere als Berufsunteroffizier, Fähnrich oder Berufsoffizier in der - NVA. Unter Führung der - FDJ wurden Gruppen für Schüler und Lehrlinge gebildet, die sich bereits bei Beginn der 10. Klasse oder der Lehre für den Soldatenberuf verpflichteten42. Diese Bewerberkollektive wurden in Schule und Ausbildung besonders gefördert und erhiel-ten politisch-ideologische und militärpolitische Schulungen. Die - GST stellte die vormilitä-rische Ausbildung der - BOBs und - BUBs sicher. Zusätzlich sollten Filmabende, Trup-penbesuche, Treffen mit - AA und Ähnlichem den Entschluss der Bewerber festigen43. Da der Beruf des Soldaten wenig attraktiv war, bestanden die Kollektive häufig aus leistungs-schwächeren Schülern44.
Bezirk / Bezirkseinsatzleitung (BEL)
Die DDR wurde mit der Verwaltungsreform vom 23. Juli 1952 zentralisiert und territorial in Bezirke aufgeteilt, die vorher bestehenden Länder wurden aufgelöst. Es existierten 14 Bezir-ke: Cottbus, Dresden, Erfurt, Frankfurt (Oder), Gera, Halle, Karl-Marx-Stadt, Leipzig, Magdeburg, Neubrandenburg, Potsdam, Rostock, Schwerin, Suhl und, den Bezirken gleichgestellt, Berlin Hauptstadt der DDR45, welches de jure bis 1990 unter alliierter Hoheit stand. Ein Bezirk bestand aus mehreren - Kreisen. Die Bezirke bildeten die größten Verwaltungsein-heiten und waren nach den jeweiligen Bezirkshauptstädten benannt. Die Bezirke wurden mit der Wiedereinführung der Länder und der Wahl von Länderparlamenten am 14. Oktober 1990 aufgelöst46.
Als Reaktion auf den Volksaufstand vom 17. Juni 1953 begann die Parteiführung der SED, Einsatzleitungen zur zentralen Kontrolle der militärischen und polizeilichen Gewalten aufzu-bauen. Dies geschah auf der Ebene der Bezirke und Kreise, wo ab 1954 Bezirks- und Kreis-einsatzleitungen entstanden, die im Spannungs- oder Krisenfall für die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit zuständig waren. Von den BEL sollten dann, ab 1960 zentral vom - Nati-onalen Verteidigungsrat aus geleitet, alle bewaffneten Organe und Massenorganisationen auf Bezirksebene gesteuert werden47.
Deutsche Grenzpolizei (DGP)
Bewaffnetes Organ zur Überwachung, Sicherung und Kontrolle der Grenzen der SBZ und später der DDR (- Grenzregime). Aufgestellt ab November 1946 auf Befehl der SMAD als Hilfsorgan zur Unterstützung der sowjetischen Armee bei der Grenzsicherung48. Ab 1948 zentral der Deutschen Verwaltung des Innern (DVdI), nach Gründung der DDR im Oktober 1949 dem MdI unterstellt. Von August 1952 bis Juni 1953 unterstand die DGP kurzzeitig dem - MfS.
Der massive Ausbau der Grenzanlagen an der deutsch-deutschen Grenze ab 1952 führte zur Aufrüstung der DGP und sie erhielt zunehmend militärischen Charakter. Ab Dezember 1955 übernahm die DGP die alleinige Überwachung und Kontrolle der Grenzen der DDR. Durch einen Staatsvertrag mit der UdSSR, hatte die DDR am 20. September 1955 eine gewisse Sou-veränität erlangte. Dazu wurde die DGP nach sowjetischem Vorbild in eine militärisch struk- turierte und funktionierende Grenztruppe umgewandelt und in den folgenden Jahren mit schweren Waffen, Panzern und Artillerie ausgestattet. Sie sollte nun auch die vorderste militä-rische Verteidigung im Falle eines Krieges sicherstellen und dazu eng mit der - KVP und ab 1956 mit der - NVA zusammenarbeiten. Zusätzlich war die DGP auch für einen Einsatz im Inneren vorgesehen. Als die DDR mit dem Mauerbau am 13. August 1961 zur militärischen Grenzsicherung überging, wurde die DGP am 12. September 1961 als - Grenztruppen der DDR dem - MfNV unterstellt.
Trotz einer strengen Kaderauswahl seitens der SED nach politischer Zuverlässigkeit der An-gehörigen der DGP und der Einführung eines Politoffizierssystems, hatte die DGP bis zu ih-rem Ende hohe Desertationsraten zu verzeichnen49.
Personalbestand: 38 318 (Stand September 1961)50
Deutsches Rotes Kreuz der DDR (DRK)
Massenorganisation der DDR für Gesundheitsschutz und -vorsorge und Katastrophenschutz. Nach Verbot und Auflösung der Vorgängerorganisation in der SBZ im September 194551 wurde das DRK in der DDR erst im Oktober 1952 im Zuge der Militarisierung der DDR auf Anweisung des sowjetischen Staatsführers Josif Stalin neugegründet52. Anschließend begann der Aufbau einer flächendeckenden Organisationsstruktur auf der Kreis- und Bezirksebene mit untergeordneten Grundorganisationen in Betrieben, LPGs und Wohngebieten. Neben den typischen Aufgaben im Gesundheits- und Sozialwesen (z.B.: Rettungsdienst, Blutspendewe-sen, Seuchenschutz, hygienische Vorsorge, Krankenpflege usw.) wurde das DRK eng in den Sicherheitsapparat des SED-Regimes eingebunden, mit der Maßgabe, die bewaffneten Organe zu unterstützen und die sanitätsdienstliche Betreuung sicherzustellen. Zu diesem Zweck wur-de das DRK paramilitärisch strukturiert und in Gruppen, Züge und Abteilungen bzw. Bereit-schaften organisiert, damit begann die zunehmende Militarisierung der Rotkreuzorganisation. Zusammen mit der - Zivilverteidigung, in welche die Rotkreuzorganisation ab 1968 fest eingebunden wurde, sollte das DRK den weiblichen Teil der Bevölkerung erfassen und sie für den Militärapparat nutzbar machen. In den 1980er Jahren wurde das DRK immer mehr zum festen Bestandteil des militärischen Unterstützungsapparates ausgebaut, indem Führungsposi-tionen mit ehemaligen Militärs besetzt wurden und das DRK in Manöver eingebunden wurde. Jedoch litt das DRK bis zum Schluss immer wieder an Ausrüstungs- und Personalmangel, sowie an mangelnder Loyalität und Motivation seiner Mitglieder. Der größte Teil der meist ehrenamtlichen Mitglieder und Helfer des DRK war parteilos. Lediglich die Führungskader bestanden überwiegend aus SED-Mitgliedern, sie sicherten damit den führenden Einfluss und die Kontrolle der Staatspartei über die Organisation. Das DRK der DDR war bis zum Ende dem SED-Staat gegenüber loyal und ein wichtiger Bestandteil des Militär- und Sicherheitsap-parates53.
Mitglieder: 705 000 (plus ca. 555 000 zahlende Förderer; Stand 1989)54
Deutsche Volkspolizei (DVP)
Organ des Ministeriums des Innern zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ord-nung innerhalb der DDR. Die DVP hatte in erster Linie die Interessen und Vorgaben des SED-Regimes zu schützen, dabei sollte sie die sozialistische Entwicklung der Gesellschaft unterstützen und überwachen. Dazu war die DVP integriert in den Militär- und Sicherheitsap-parat der DDR, galt jedoch als drittrangig unter den bewaffneten Organen55.
Als erstes bewaffnetes Organ kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in der SBZ auf-gestellt, wurde sie ab Mai 1949 auch offiziell >>Deutsche Volkspolizei<< genannt. Der DVP unterstanden neben der Schutz-, Verkehrs-, Transport-, - Bereitschafts- und Kriminalpolizei auch das Pass- und Meldewesen sowie die Feuerwehr und der Strafvollzug. Im Falle eines Inneren oder Äußeren Konfliktes waren die Angehörigen der Volkspolizei als Reserve für die - NVA vorgesehen und wurden daher auch militärisch ausgebildet, zusätzlich verfügte die DVP über 179 613 Maschinenpistolen und 5 478 Maschinengewehre (Stand 1971) für einen militärischen Einsatz56. Seit 1957 führte die DVP für ihre höheren Dienstgrade (Offiziere) die gleichen militärischen Bezeichnungen wie die NVA und die - GT, nur mit dem Zusatz >>der VP<<. Lediglich bei den Generalen fehlte dieser Zusatz57.
Personalbestand DVP: ca. 60 000 (plus ca. 14 500 Mann Feuerwehr / Strafvollzug) (Stand 1987).
Dienst-, Arbeits- und Lebensbedingungen (DALB)
In der parteiamtlichen Terminologie die Gesamtheit aller beruflichen, gesellschaftlichen und sozialen Vorraussetzungen, positiver und negativer Art, der Angehörigen der - NVA und der - Grenztruppen58.
Dienstgradgruppen in der NVA
Gruppe aller Angehörigen mehrerer bestimmter militärischer Ränge (Dienstgrade), die festge-legt waren. So bildeten alle - Stabsoffiziere z.B. die Dienstgradgruppe Stabsoffiziere. Der höchste Dienstgrad war >Marschall der DDR<, der jedoch nie verliehen wurde59.
Diensthabendes System der Luftverteidigung (DHS)
Integriertes Luftraumüberwachungssystem des Warschauer Paktes, in dem eine bestimmte Anzahl von Einheiten und Truppenteilen der - LSK / LV (z.B. Fla-Raketeneinheiten, Jagd-fliegerkräfte) in einer ständigen - Gefechtsbereitschaft gehalten werden mussten, um im Konfliktfall sofort einsetzbar zu sein60. Dies galt für die Defensive ebenso wie für die Offensive. Die Einheiten der LSK / LV waren seit Anfang 1962 in dieses System integriert und unterstanden seit 1963 dem Oberbefehlshaber der Luftverteidigung der UdSSR61.
Diensthalbjahr (DHJ)
Der 18-monatige Grundwehrdienst war aufgeteilt in drei DHJ. Jeweils zu Beginn eines DHJ wurden die neuen Wehrpflichtigen eingezogen. Gleiches gilt für die drei Jahre dienenden - Unteroffiziere und Soldaten auf Zeit, deren Dienst auf sechs DHJ verteilt war.
Einheit
Unterste Gliederungsform der Truppen in der - NVA und den - Grenztruppen der DDR, die zur Erfüllung taktischer Aufgaben die Unterstützung größerer Truppenkörper benötigte. Die weitere Gliederung war: Gruppe (oder Bedienung, Besatzung, Trupps), Zug, Kompanie (oder Batterie), Bataillon (oder Abteilung)62.
EK-Bewegung
Informelles Hierarchiesystem der dienstälteren über die dienstjüngeren - Soldaten und - Unteroffiziere auf Zeit in der - NVA und den - GT, die sich an der Zahl der in der Ar-mee verbrachten Tage orientierte und nach - Diensthalbjahren gestaffelt war. Wichtige Be-standteile dieser informellen Hierarchie waren feste Rituale und Symbole, die regional und von Einheit zu Einheit variieren konnten (Bsp.: Maßband, EK-Kalender). Die unteren DHJs waren dabei immer wieder Repressalien ausgesetzt, die unter Alkoholeinfluss zu Gewalttätig-keiten oder sexuellen Nötigungen ausufern konnten.
Die »EK-Bewegung« geht vermutlich zurück auf das dedovšina-System in der - Sowjetar-mee63 und trat erstmals mit Einführung der - Wehrpflicht ab 1962 in den DDR-Streitkräften, auf, vorerst noch vereinzelt. Ab 1966 war sie in fast allen Teilen der Streitkräfte anzutreffen. Innerhalb der Armee gingen die unmittelbar vorgesetzten Offiziere und Unteroffiziere meist nicht gegen Treiben der - EKs vor, teilweise wurde es gar zur Disziplinierung der Soldaten ausgenutzt. Die Armeeführung spielte das Thema »EK-Bewegung« meist herunter und sprach von einer sogenannten - »negativen Traditionspflege« oder »gestörten sozialistischen Bezie-hungen«, ansonsten wurde es tabuisiert. Für das Image der Streitkräfte innerhalb der Gesell-schaft wirkten sich die Berichte ehemaliger Wehrpflichtiger über das EK-System sehr negativ aus. Bis zum Ende des SED-Regime konnte das Problem nicht gelöst werden64.
Entlassungskandidat (EK)
In der - »EK-Bewegung« höchster Rang für alle Wehrpflichtigen im dritten - DHJ und für
- Unteroffiziere / Soldaten auf Zeit des sechsten DHJ. Aus diesem informellen »Rang« leite-
ten viele EKs ihre Sonderstellung gegenüber den Soldaten des ersten und zweiten DHJ ab65.
Erweiterte Oberschule (EOS)
Im Bildungssystem der DDR eine höhere Schule, eingeführt am 2. Dezember 1959, an der die Hochschulreife erlangt werden konnte. Anfangs umfasste die EOS vier Klassen, später jedoch nur die Klassen 11 und 12. Zugelassen wurden meist nur Schüler, welche die - POS mit sehr guten Leistungen absolviert hatten und über eine positive politische Grundeinstellung gegen-über dem SED-Staat verfügten. Zusätzlich wurden jene zugelassen, die sich bereits frühzeitig für eine Laufbahn als Berufsoffizier verpflichteten66.
Erziehung zum Hass
Ein wichtiges Element im hypertrophen, dualistischen Feindbild des SED-Regimes, in dem der imperialistische, faschistische Westen das Böse verkörperte und der friedensliebende, sozialistische Osten das Gute. Ziel war es, Kinder, Jugendliche und Erwachsene zum >>Hass gegen den imperialistischen Feind<< zu erziehen67. Diese Erziehung begann bereits im Kindergarten und setzte sich über die Schule in der dortigen - Wehrerziehung fort68. Dort war die >>Erziehung zum Hass<< ein integraler Bestandteil und auch bei der politischen Erziehung in den Streitkräften war sie von herausragender Bedeutung (Abb. 15). So war der >>Hass<< auf den imperialistischen Gegner Bestandteil der - sozialistischen Soldatenpersönlichkeit69.
Fähnrich (Fä)
Dienstgrad und - Dienstgradgruppe in der - NVA und den - Grenztruppen. 1973 einge-führt, war der Rang eingeordnet zwischen dem höchsten Unteroffiziersdienstgrad und dem niedrigsten Offiziersdienstgrad. Anfangs lag die Mindestdienstzeit bei 25 Jahren, später bei mindestens 15 Jahren70. Voraussetzung zu Erlangung des Dienstgrades Fä war der Abschluss der 10. Klasse und eine Facharbeiterausbildung, danach wurden die Bewerber auf verschiede-nen Wegen zum Fä mit Fachschulabschluss ausgebildet und anschließend in speziellen Dienststellungen verwendet. Die Fä bildeten das personelle Rückrat für besonders qualifizier-te Spezialverwendungen (z.B.: Leiter von Werkstätten, Leiter von Flugleitstellen, Waffen-meister etc.) und trugen teilweise auch Führungsverantwortung71.
FDJ-Bewerberkollektive - Bewerberkollektiv für militärische Berufe
Fluktuation
1. Armeeinterne Bezeichnung für den Verlust von Bewerbern als Berufs- oder Zeitsolda-ten. Hervorgerufen durch das schlechte Bild der - NVA in der Gesellschaft, vermit-telt durch ehemalige Wehrpflichtige und - Reservisten72.
2. Bezeichnung für den häufigen Wechsel der unteren Dienstgrade, bedingt durch die Dienstzeit von 18 bzw. 36 Monaten73.
Freie Deutsche Jugend (FDJ)
Sozialistische und einzige zugelassene Jugendorganisation in der DDR. GegrÜndet am 7. März 1946, anfangs Überparteilich und demokratisch, entwickelte sich die FDJ bis 1949 zur Massenorganisation der SED mit eindeutig marxistisch-leninistischer Orientierung. Anhänger anderer politischer Parteien wurden aus der Organisation herausgedrängt und teilweise ver-folgt74. Die FDJ sollte die Jugend im Sinne der SED politisch-ideologisch erziehen, beeinflus-sen und kontrollieren. Gleichzeitig diente die Jugendorganisation der Mobilisierung von Ju-gendlichen zum Aufbau der Wirtschaft und der paramilitärischen bzw. militärischen Organi-sationen (Bsp.: - GST, - KVP usw.) FÜr die SED war sie außerdem eine Kaderschmiede bzw. -reserve75. Das wichtigste Medienorgan der FDJ zur Verbreitung seiner politischen Bot-schaften war seit dem 12. Februar 1947 die Tageszeitung >>Junge Welt<<76.
Die formal freiwillige Mitgliedschaft in der FDJ begann im Alter von 14 Jahren. Zum Zeit-punkt der Jugendweihe erhielt man das blaue FDJ-Hemd, die >>Uniform<< der Jugendlichen. Die Meisten verließen die FDJ nach dem Ende der Ausbildung, es gab nach oben hin jedoch keine Altersgrenze. Nichtmitglieder mussten mit Benachteiligungen rechnen, ihnen wurde häufig der Zugang zur - EOS oder ein Studienplatz verwehrt77. Die FDJ versuchte, die Ju-gendlichen durch umfangreiche Programme und Veranstaltungen zur Freizeitgestaltung zu erreichen und zu binden. Dazu zählten Jugendklubs, Ferienlager, Kinder- und Jugendspartaki-aden, Singeklubs, der >>Buchclub 65<<, aber auch Arbeitsgemeinschaften, Discos, Abschluss-feiern u.Ä.78.
Der Einfluss der FDJ war besonders in Bildungseinrichtungen (Schulen, Ausbildungsbetrie-ben, Universitäten usw.) sehr groß. Eine der wichtigsten Aufgaben der FDJ war die DurchfÜh-rung und Förderung der sozialistischen - Wehrerziehung und die Werbung von Freiwilligen fÜr den Beruf des Offiziers oder Unteroffiziers in den bewaffneten Organen (- FDJ-Bewerberkollektive)79.
Innerhalb der Streitkräfte sollte die FDJ den FÜhrungsanspruch der SED auch unter den par-teilosen - Armeeangehörigen durchsetzen, dazu waren die Strukturen von FDJ und Armee eng verwoben. Die Jugendorganisation sollte neben der UnterstÜtzung der politisch-ideologischen und militärischen Erziehung und Ausbildung auch den - sozialistischen Wett- bewerb, die Kultur und Sportarbeit organisieren, was sie jedoch überforderte. In der Regel war die Arbeit der FDJ eher formal, ohne eine wirkliche Beteiligung der Mitglieder80. Ähn-lich lässt sich der generelle Einfluss der FDJ auf die Jugend der DDR in den 1980er Jahren zusammenfassen, er war gering trotz eines Organisationsgrades von 76 Prozent (Mitte 1989)81 aller Jugendlichen bis 25. Die Mitgliedschaft ähnelte eher einem Mitläufertum82. Nach dem Ende der DDR verschwand die einstige Massenorganisation in die Bedeutungslosigkeit und existiert heute politisch am äußeren linken Rand83.
Freier Deutscher Gewerkschaftsbund (FDGB)
Gewerkschaftliche Dachorganisation, in der alle Gewerkschaften und fast alle Berufstätigen in der DDR vertreten waren. Gegründet wurde der FDGB am 15. Juni 1945, ab 1950 wurde auch hier die führende Rolle der SED anerkannt und anschließend nicht mehr infrage gestellt. Der Gewerkschaftsbund sollte die Interessen seiner Mitglieder vor allem auf den Gebieten des Arbeitsschutzes, des Arbeitsrechtes und der Sozialpolitik vertreten. Er war jedoch kaum in der Lage, diese nachhaltig durchzusetzen, standen doch die Vorgaben der Wirtschafts- und Sozi-alpolitik der SED ihnen entgegen. Hinzu kam die sprichwörtliche Langsamkeit und Inkompe-tenz der Funktionäre. Eine herausragende Rolle spielte die Organisation vor allem bei der Vergabe von Ferienplätzen und Prämien, gleichzeitig verwaltete sie die Sozialversicherung. Als zahlenmäßig stärkste Massenorganisation und durch seine monopolartige Stellung diente der FDGB in erster Linie zur Mobilisierung der Bevölkerung und der Durchsetzung des Machtanspruches der SED84. Der Gewerkschaftsbund war auch in das - »System der sozia-listischen Landesverteidigung« eingebunden und leistete einen wichtigen Beitrag zur - sozi-alistischen Wehrerziehung. Dazu wurde 1972 eine Vereinbarung zur Wehrerziehung der Werktätigen zwischen dem Vorstand des FDGB mit dem - MfNV geschlossen. Aktiv betei-ligte sich der FDGB an der Nachwuchswerbung für die bewaffneten Organe, bei der Durch-führung von wehrsportlichen Veranstaltungen und der Unterstützung der vormilitärischen Ausbildung85.
Am 14. September 1990 wurde der FDGB aufgelöst, zuletzt waren in ihm 16 Einzelgewerk-
schaften organisiert86.
Mitglieder: ca. 9,5 Millionen (Stand 1987)87
Freiwillige Helfer der Grenztruppen (FHG)
Die freiwilligen Helfer der Grenztruppen bestanden aus politisch zuverlässigen Bewohnern des Grenzgebietes oder des unmittelbaren Umlandes, die in ihrer Freizeit die - Grenztruppen der DDR bei der Grenzüberwachung unterstützten. Häufig waren die FHG Reservisten der - NVA oder - GT. Sie waren ein wichtiger Bestandteil des - DDR-Grenzregimes und kontrollierten das Grenzhinterland mit Streifengängen und Beobachtungen. Gleichzeitig ver-sorgten sie GT und - MfS mit Informationen über Bewohner und Besucher des Grenzgebie-tes. Aufgestellt wurden sie im August 1952 zur Unterstützung der - DGP als Grenzpolizei-helfer, mit Gründung der Grenztruppen im September 1961 firmierten sie als FHG. Mit dem »Grenzgesetz« erhielt ihr Einsatz 1982 auch eine gesetzliche Grundlage. Die Grenzhelfer wa-ren mit einer Armbinde und ab 1961 mit Uniformen ausgestattet und den jeweiligen Grenz-kompanien zugeteilt. Der Einsatz wurde durch die Kompaniechefs geplant, durchgeführt und geleitet88.
Personalbestand: 5 565 Personen (Stand 30. November 1982)89
Freiwillige Helfer der Volkspolizei
Personen, die in ihrer Freizeit ehrenamtlich die - Deutsche Volkspolizei vor allem im Be-reich der Schutz- und Verkehrspolizei unterstützten. Sie waren meist politisch zuverlässig und trugen zur flächendeckenden Überwachung in der DDR bei90. Eingeführt wurden die Freiwil-ligen Helfer im September 1952, ab 1953 wurden sie innerhalb der DVP an das System der - ABV angebunden. In deren Zuständigkeit fielen Rekrutierung, Ausbildung und Koordinie-rung des Einsatzes der Helfer91.
Personalbestand: 150 00092
Freiwilliges Reservistenkollektiv
Grundlegende und wichtigste Organisationsform für gediente - Reservisten in der DDR nach Einführung der - Wehrpflicht 196293. Die Bildung dieser Kollektive wurde ab 1964 flächen-deckend angeordnet und erfolgte auf der Ebene von Betrieben, Genossenschaften, Hochschu-len, staatlichen Organen und gesellschaftlichen Einrichtungen, sowie in Städten und Gemein-den. Die Kollektive sollten zur Erhaltung der Kampfkraft und zur weiteren politischen und militärischen Schulung der Reservisten beitragen. Dazu sollten ihre Mitglieder sich aktiv an der - Nachwuchsgewinnung und sicherung, der - Wehrerziehung, beim Wehrsport und der Vermittelung der Militärpolitik der DDR beteiligen.
Die Reservistenkollektive, die zwischen zehn und mehreren Hundert Mitglieder hatten, waren unterteilt in Reservistengruppen und Reserveoffizieraktiv, geleitet wurden sie meist von ei-nem Reserveoffizier, der für zwei Jahre vom Leiter der jeweils zuständigen - WKK ernannt wurde. In der 1980er Jahren bestanden über 10 000 dieser >>freiwilligen<< Kollektive, die mit dem Ende des SED-Staates ebenfalls zerfielen94.
Freunde
Euphemistische Bezeichnung für Angehörige der - Sowjetarmee, die innerhalb der - NVA als das große Vorbild angesehen werden sollten und an denen man sich zu orientieren hatte. Der Begriff sollte die tiefe Verbundenheit zwischen Sowjetunion und DDR verdeutlichen und gleichzeitig die - Waffenbrüderschaft zwischen den Armeen beider Staaten versinnbildli-chen95.
Vor allem in Funktionärs- und Führungskreisen wurde das Synonym der >>Freunde<< verwen-det, Begriffe wie >>Sowjets<< oder gar >>Russen<< waren im offiziellen Sprachgebrauch tabu96.
Gefechtsbereitschaft
Die Bereitschaft und Befähigung militärischer Einheiten, unter allen Bedingungen ein Ge-fecht (Kampf) zu führen und die ihnen gestellten Aufgaben zu erfüllen97. Die Gefechtsbereit-schaft hatte in der Ausbildung der - NVA die höchste Priorität und ihr wurde alles unterge- ordnet98, was immer wieder zu Problemen im Inneren Gefüge führte. Vor allem die strikte
Reglementierung von Urlaub und Ausgang verdeutlichen dies99.
In der NVA wurde zwischen vier Stufen der Gefechtsbereitschaft unterschieden:
Ständige Gefechtsbereitschaft ständige Bereithaltung von 85 Prozent des Bestandes an mili-tärtechnischem Material und Personal zum sofortigen Einsatz im Fall eines inneren oder äuße-ren Konfliktes. Begründet wurde der hohe Bereitschaftsgrad mit der angeblich anhalten-den Bedrohung vonseiten der NATO-Staaten100.
Erhöhte Gefechtsbereitschaft Im Falle von Krisen (z.B. Kubakrise 1962, Prager Frühling 1968101), bei Manövern und Übungen ausgerufene Alarmstufe mit Urlaubs- und Ausgangs-sperre für - Armeeangehörige. Offiziere wurden für die Zeit der Alarmierung im - Objekt untergebracht. Ziel war dabei die Herstellung der Bereitschaft zum sofortigen Abmarsch aller Truppen in den Kasernen oder im Übungsgelände102.
Gefechtsbereitschaft bei Kriegsgefahr Nächste Stufe der Gefechtsbereitschaft, in der inner-halb einer vorgeschriebenen Zeit die Truppen ihre vorgesehenen Konzentrationsräume, die zwischen 10 und 15 Km entfernt lagen, beziehen mussten. Meist wurde dies unmittelbar vor dem Abmarsch zu Übungen durchgeführt103.
Volle Gefechtsbereitschaft Die höchste Stufe der Gefechtsbereitschaft, die im Prinzip nur im wirklichen Konfliktfall ausgelöst worden wäre und bei der die Kampfeinheiten der NVA in-nerhalb einer vorgeschriebenen Zeit festgeschriebene Bereitstellungsräume für eine unmittel-bar bevorstehende militärische Konfrontation zu beziehen hatten. Um diese Alarmstufe zu üben, wurde sie aber auch beim Verlegen von Truppen in einen Übungsraum ausgelöst104.
Genosse
Laut Dienstvorschrift DV 010/0/003, Abschnitt 43, vorgeschriebene Anredeform für Angehö- rige der - NVA und der - Grenztruppen, auch wenn der Angesprochene nicht Mitglied der SED war105. Die Anrede >>Genosse<< sollte ein Gemeinschaftsgefühl der - Armeeangehörigen untereinander generieren. Meist wurde die Form >>Genosse<< mit dem Dienstgrad, der Dienst-stellung oder dem Nachnamen verbunden (Bsp.: Genosse Müller!, Genosse Kommandeur!, Genosse Soldat!)106.
Gesellschaft für Sport und Technik (GST)
Sozialistische, paramilitärische Massenorganisation in der DDR zur vormilitärischen und wehrsportlichen Ausbildung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen107. Die GST wurde im Sommer 1952 im Zuge der Schaffung von militärischen Organen in der DDR auf Forde-rung Stalins und nach sowjetischem Vorbild (DOSAAF) geschaffen108. Von Anfang an stand die GST unter dem Einfluss der Streitkräfte (Abb. 16 u. 17). Ab 1956 unterstand sie direkt dem - MfNV, welches die Ziele und Inhalte der vormilitärischen Ausbildung innerhalb der Gesellschaft festlegte109. Neben der Vorbereitung auf den Wehrdienst stand auch die Vermit-telung technischer Kenntnisse an Jugendliche im Mittelpunkt der Arbeit der GST. Ab 1968 wurde die Gesellschaft vollständig auf die Verbesserung der Wehrfähigkeit und der Wehrbe-reitschaft der Bevölkerung ausgerichtet und die Führung militarisiert. Erstmals übernahm ein aktiver General die Führung der Organisation, die Ausbildung wurde nach militärischen Prin-zipien organisiert und - Reservisten als Funktionäre und Ausbilder eingesetzt. Hinzu kam die Integration von politisch-ideologischer Arbeit in die vormilitärische Ausbildung (Treue zur DDR, - Waffenbrüderschaft mit der UdSSR, Hass gegenüber dem - Klassenfeind etc.)110. Die GST sollte als Schule der Soldaten von morgen dienen, wobei es eine enge Zu-sammenarbeit mit der - NVA und der - FDJ gab. In den 1980er Jahren waren nahezu alle Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren durch den flächendeckenden Apparat der GST in die vormilitärische Ausbildung einbezogen. So verfügte die Gesellschaft über Grundorganisatio-nen bzw. Sektionen in fast allen Betrieben, Universitäten, Hoch- und Fachschulen111. Seit 1982 war der Auftrag der GST gesetzlich im Wehrdienstgesetz verankert112.
[...]
1 Ehlert/Wagner, Äußere Sicherheit und innere Ordnung, S. 150.
2 Bröckermann/Diedrich/Heinemann/Rogg/Wenzke, Die Zukunft der DDR-Militärgeschichte, S. 73.
3 Grimm, Zwangshemd, S. 9f.
4 Deutz-Schroeder/Schroeder, Soziales Paradies oder Stasi-Staat?.
5 Ebd., S. 134.
6 Erfahrungen des Autors als Teilnehmer am Haupt-/Masterseminar von Matthias Rogg »Einführung in die Mili-tärgeschichte der DDR« im Wintersemester 2007/2008 an der Universität Potsdam, Historisches Institut.
7 Beispielhaft: Ihme-Tuchel, Die DDR; Bauerkämpfer, Sozialgeschichte der DDR; Heydemann, Die Innenpolitik der DDR.
8 Heydemann, Die Innenpolitik der DDR, S. 86f. Diese Abhandlung kommt ohne jegliche Erwähnung der Volkspolizei aus. Heydeman benutzt den Begriff sogar als Bezeichnung für KVP und setzt damit DVP und KVP
9 Siehe dazu die Veröffentlichungen des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes (MGFA) in Potsdam, vor allem die Reihe >>Militärgeschichte der DDR<<.
10 Siehe dazu: Gieseke, Die Geschichte der Staatssicherheit.
11 Bröckermann/Diedrich/Heinemann/Rogg/Wenzke, Die Zukunft der DDR-Militärgeschichte, S. 98.
12 Thoß, Einführung, S. 15.
13 Herbst/Ranke/Winkler, So funktionierte die DDR u. DDR-Handbuch. Auch die bekannte und vielgenutzte Online-Enzyklopädie Wikipedia kann keine Abhilfe schaffen, da ein Großteil der betreffenden Artikel schlecht recherchiert und häufig politisch und ideologisch tendenziös ist.
14 Der Begriff wurde von Matthias Rogg übernommen. Vgl. dazu: Rogg, Armee des Volkes?, S. 65, 269 u. 338.
15 Wolf, Sprache in der DDR.
16 Ebd., S. VII-IX. Artikel mit militärischem Bezug sind oft fehler- und lückenhaft, vgl. dazu S. 88, 150.
17 Beispielhaft seien hier genannt: Militärlexikon; Berger/Wünsche, Jugendlexikon Militärwesen; Wörterbuch zur deutschen Militärgeschichte; Wörterbuch zur sozialistischen Jugendpolitik.
18 Mittmann, Die Transportpolizei, S. 547f (Stand 1990).
19 Suwalski, Die Entwicklung der Zollverwaltung, S. 590 (Stand 1990).
20 Siehe dazu: Diedrich/Ehlert/Wenzke, Die bewaffneten Organe, S. 1-67.
21 Rogg, Armee des Volkes?, S. 6f.
22 Heitmann, Schützen und Helfen?, S. 274-279.
23 Bröckermann/Diedrich/Heinemann/Rogg/Wenzke, Die Zukunft der DDR-Militärgeschichte, S. 77; Vgl. dazu bezüglich der Wirkung des Volksaufstandes 1953 und des Mauerbaus 1961 auf die Sicherheitsarchitektur der DDR den Sammelband: Staatsgründung auf Raten?; Zu den Ereignissen 1968 und ihrer Wirkung: Wenzke, Die NVA und der Prager Frühling.
24 Siehe dazu: Diedrich/Wenzke, Mit »Zuckerbrot und Peitsche«.
25 Wenzke, Die Nationale Volksarmee, S. 487-489.
26 Siehe dazu: Diedrich/Ehlert/Wenzke, Die bewaffneten Organe, S. 24-59.
27 Görtemaker/Wenzke, Zwischen Konfrontation und Entspannung, S. 204f.
28 Hagemann, Parteiherrschaft in der Nationalen Volksarmee, S. 24-27.
29 Fingerle, Waffen in Arbeiterhand, S. 15f.
30 Lindenberger, Der ABV als Landwirt, S. 169f; ders., Die Deutsche Volkspolizei, S. 115-117.
31 Marquardt, Menschenrechtsverletzungen durch die Deutsche Volkspolizei, S. 661f.
32 Herbst/Ranke/Winkler, So funktionierte die DDR, Bd. 2, S. 890.
33 Balbier, Kampf um Gold, S. 19-21; Rogg, Armee des Volkes?, S. 96; So funktionierte die DDR, Bd. 1, S. 81; Wörterbuch zur deutschen Militärgeschichte, S. 30f.
34 Möller, Der wahre E., S. 45 u. 89; Müller, Tausend Tage bei der »Asche«, S. 401.
35 Schicketanz, Die Entstehungsgeschichte der Bausoldaten, S. 24.
36 Rogg, Armee des Volkes?, S. 464-473 u. 478-484.
37 Ebd., S. 465.
38 Koch, Bausoldaten im Wandel der Geschichte, S. 42f.
39 Steike, Von den >>Inneren Truppen<< zur Bereitschaftspolizei (1953-1990), S. 69-91; Wenzke/Zürndorf, >>Ein Eiserner Vorhang ist niedergegangen<<, S. 74.
40 Rogg, Armee des Volkes?, S. 79.
41 Fingerle, Waffen in Arbeiterhand?, S. 13-23; Wolf, Das Ministerium für Staatssicherheit und die Überwa-chung der NVA durch die Hauptabteilung I, S. 326.
42 Berger/Wünsche, Jugendlexikon Militärwesen, S. 71.
43 Fingerle, Waffen in Arbeiterhand?, S. 266-268.
44 Rogg, Armee des Volkes?, S. 236f; Müller, Tausend Tage bei der >>Asche<<, S, 87.
45 Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Stadtverordnetenversammlung von Groß-Berlin und ihrer Organe, Erlass des Staatsrates der DDR vom 7. September 1961, GBl. SDr. 341, S. 3.
46 Herbst/Ranke/Winkler, So funktionierte die DDR, Bd. 1, S. 101f.
47 Wagner, Walter Ulbricht und die geheime Sicherheitspolitik der SED, S. 130-142.
48 Zur genauen Aufgabenregelung siehe: >>Richtlinien für die Organe der deutschen Polizei zum Schutz der De-markationslinie und der Grenzen<<. In: >>Reorganisation der Polizei<<, S. 88-92.
49 Diedrich, Die Grenzpolizei der SBZ/DDR, S. 201-220; Diedrich, DDR-Grenzausbau 1953, S. 16-21.
50 Diedrich, Die Grenzpolizei der SBZ/DDR, S. 219.
51 Riesenberger, Das Deutsche Rote Kreuz, S. 551f.
52 Heitmann, Schützen und Helfen?, S. 329; Diedrich, Aufrüstungsvorbereitung und –finanzierung in der SBZ/DDR, S. 307.
53 Heitmann, Schützen und Helfen?, S. 330-357; Riesenberger, Das Deutsche Rote Kreuz, S. 550-637 u. 653f.
54 Riesenberger, Das Deutsche Rote Kreuz, S. 616 u. 630.
55 Lindenberger, Gesellschaft, Staatsgewalt und die Diktatur der Grenze(n): Das Beispiel Volkspolizei, S. 161.
56 Lindenberger, Die deutsche Volkspolizei (1945-1990), S. 98–143.
57 Im Dienste der Partei, S. 506.
58 Rogg, >Vor dem Kasernentor macht der Sozialismus halt<, S. 587.
59 DV 010/0/003, S. 167; Militärlexikon, S. 74; Berger/Wünsche, Jugendlexikon Militärwesen, S. 46 u. 57.
60 Militärlexikon, S. 75.
61 Kopenhagen, Die Luftstreitkräfte / Luftverteidigung der NVA, S. 220 u. 242; Sehr anschaulich dargestellt im DEFA-Spielfilm: >Anflug Alpha 1<, DEFA 1971, Regie János Veiczi.
62 Handbuch militärisches Grundwissen, S. 29; Müller, Tausend Tage bei der >Asche<, S. 401.
63 Rogg, Armee des Volkes?, S. 329f.
64 Müller, Die »EK-Bewegung« in den Kasernen der NVA, S. 559-578; Rogg, Armee des Volkes?, S. 332-341.
65 Müller, Die »EK-Bewegung« in den Kasernen der NVA, S. 561 u. 566; Müller vermutet zudem, die Abkür-zung EK könnte sich in Anfängen der »EK-Bewegung« auf das Eiserne Kreuz beziehen.
66 Herbst/Ranke/Winkler, So funktionierte die DDR, Bd. 1, S. 112-117.
67 Satjukow/Gries, Feindbilder des Sozialismus, S. 55; Rogg, Armee des Volkes?, S. 55f.; Zum Feindbild in der NVA siehe: Müller, >>Für den Soldaten des Sozialismus ist der Feind immer konkret<<.
68 Schirrmeister, Erziehung zum Hass, S. 34-40.
69 Militärlexikon, S. 349.
70 Wissensspeicher Wehrausbildung, S. 77f.
71 Wörterbuch zur Militärgeschichte, S. 190.
72 Rogg, Armee des Volkes?, S. 269.
73 Ebd., S. 28.
74 Mählert/Stephan, Blaue Hemden – Rote Fahnen, S. 31-35 u. S. 52-65.
75 Ebd., S. 84.
76 DDR-Handbuch, S. 691.
77 Eckert, Zur Rolle der Massenorganisationen im Alltag, S. 1276.
78 Mählert/Stephan, Blaue Hemden – Rote Fahnen., S. 214f.
79 Ebd., S. 105, 140-142 u. 225-228.
80 Müller, Tausend Tage bei der »Asche«, S. 343-349.
81 Vgl. Wolle, Die heile Welt der Diktatur, S. 114.
82 Eckert, Zur Rolle der Massenorganisationen im Alltag der DDR-Bevölkerung, S. 1277f.
83 http://www.fdj.de/index2.html.
84 Wolle, Die heile Welt der Diktatur, S. 112f; Eckert, Zur Rolle der Massenorganisationen im Alltag der DDR-Bevölkerung, S. 1252-1255; Henkel, Im Dienste der Staatspartei, S. 241-255.
85 Eckert, Zur Rolle der Massenorganisationen im Alltag der DDR-Bevölkerung, S. 257-260, Rogg, Armee des Volkes?, S. 82f, 97, 174.
86 Henkel, Im Dienste der Staatspartei, S. 241.
87 Wolle, Die heile Welt der Diktatur, S. 112.
88 Grandhagen, Von der Grenzpolizei zu den Grenztruppen der DDR, S. 268-272; Eyck, Die Grenzpoli-zei/Grenztruppen, S. 292; Sälter, »Marschall der DDR«, S. 28.
89 Baumgarten, Die Entwicklung der Grenzsicherung und der Grenztruppen, S. 211.
90 Lindenberger, Die deutsche Volkspolizei, S. 108.
91 Lindenberger, Volkspolizei, S. 271.
92 Lindenberger, Die deutsche Volkspolizei, S. 133.
93 Wenzke, Reservisten in der Nationalen Volksarmee, S. 348.
94 Militärlexikon, S. 321f; Rogg, Armee des Volkes?, S. 503-512.
95 Müller, >>O’ Sowjetmensch!<<, S. 35.
96 Wenzke, Die Suche der NVA nach Identität, S. 51.
97 Militärlexikon, S. 130.
98 Handbuch militärisches Grundwissen, S. 20f.
99 Rogg, Armee des Volkes? S. 280-287, 378, 416f, 423f u. 497; Dort vor allem die Fallbeispiele! Sehr plastisch auch die Darstellung in dem Film: »Ein Katzensprung«, DEFA 1978, Regie Claus Dobberke.
100 Löffler, Gefechtsbereitschaft – das Ziel der Ausbildung, S. 95.
101 Wenzke, Die Nationale Volksarmee (1956-1990), S. 487-489.
102 Löffler, Gefechtsbereitschaft – das Ziel der Ausbildung, S. 101.
103 Ebd., S. 101f.
104 Ebd., S. 102.
105 DV 010/0/003, Innendienst Innendienstvorschrift, Abschnitt 43, S. 25.
106 Möller, Anredeformen in der DDR-Soldatensprache, S. 535f.
107 Wörterbuch zur sozialistischen Jugendpolitik, S. 88f.
108 Möller, >>Alles ohne Geschrei, aber beharrlich<<, S. 25-28; Heider2, Die Gesellschaft für Sport und Technik, S. 9; DOSAAF – sowjetische Freiwilligen Allunionsgesellschaft zur Förderung der Land-, Luft- und Seestreit-kräfte (sowjetische Variante der GST, gegründet am 20. August 1951).
109 Eltze, Der >>gesellschaftliche Auftrag<<, S. 53.
110 Heider, Die Gesellschaft für Sport und Technik, S. 173–185.
111 Ebd., S. 194.
112 Wehrdienstgesetz, § 5, 3, S. 15.
- Arbeit zitieren
- Denis Strohmeier (Autor:in), 2008, Kleines Wörterbuch zur Militärgeschichte der DDR , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/135848
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