Schulangst und Schulabsentismus. Eine Herausforderung für Schule, Eltern und Kinder


Hausarbeit, 2023

39 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Abstract

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1Einleitung

2Formen von Schulabsentismus
2.1 Schulschwänzen
2.2 Angstbedingtes Meidungsverhalten
2.3 Zurückhalten

3Erscheinungsformen von Angst im schulischen Bereich
3.1 Trennungsangst
3.2 Mobbing/Gewalt
3.3 Lehrerangst
3.4 Versagensangst
3.5 Soziale Angst

4 Das SORKC-Modell nach Kanfer und Saslow
4.1 Erklärung des SORKC-Modells
4.2 Mikroanalyse von Verhalten anhand des SORKC-Modells

5 Auslösende und aufrechterhaltende Parameter der Schulvermeidung anhand eines konkreten Fallbeispiels
5.1 Darstellung des Fallbeispiels
5.2 Hauptschwierigkeiten und Bedingungsanalyse

6 Die Herausforderungen
6.1 Die besondere Herausforderung für Eltern
6.2 Die besondere Herausforderung für Lehrer und Schule
6.3 Die besondere Herausforderung für den Schüler selbst

7 Interventionsmaßnahmen
7.1 Maßnahmen der Schule
7.2 Maßnahmen der Eltern
7.3 Rechtliche Maßnahmen
7.4 Maßnahmen außerschulischer Dienste

8 Fazit und Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Anhang

Anm. der Red.: Der Anhang wurde aus urheberrechtlichen Gründen entfernt.

Abstract

Diese Hausarbeit behandelt das Thema „Schulangst und Schulabsentismus“ und beschäftigt sich mit den Herausforderungen, die für die Schule, die Eltern und bei den Kindern assoziiert werden.

Im Rahmen eines Praktikums beim schulpsychologischen Dienst wurde die Relevanz des Phänomens des Schulabsentismus als Problem deutlich. Die Gründe für Schulabsentismus sind multifaktoriell. Das Elternhaus als auch die Schule können Auslöser sein. In diesem komplexen Zusammenspiel liegen die Herausforderungen für die Interessengruppen, um mit einem Maßnahmenplan Verhaltensänderungen zu bewirken. Daraus ergeben sich folgende Forschungsfragen: Wie können notwendige Verhaltensänderungen bestimmt werden? Welche Herausforderungen ergeben sich für die Interessengruppen hinsichtlich der Umsetzung eines Maßnahmenplans?

Die Beantwortung erfolgt basierend auf einem im Praktikum erlebten Fallbeispiels. Die vorliegende angstbedingte Schulverweigerung wird anhand des S-O-R-K-C Modells nach Kanfer und Saslow aufgezeigt. Dabei werden auslösende und aufrechterhaltende Faktoren betrachtet. Für das Ziel der Reduzierung der Absentismusquote an Schulen ist ein koordiniertes Vorgehen der Interessengruppen erforderlich sowie ein abgestimmter Maßnahmenplan, um die Verhaltensänderungen aller Beteiligten zu erreichen. Die zur Hilfenahme von multiprofessionellen Teams ist erforderlich.

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Diagnostische Kriterien der sozialen Angststörung (DSM)

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Erscheinungsformen von Schulabsentismus, angelehnt an (Ricking & Albers, 2019, S. 11)

Abbildung 2: Eigene Darstellung des SORKC Modells

Abbildung 3: Kontingenzschema der operanten Konditionierung, in Anlehnung an Bockwyt, E., 2020, S.3

Abbildung 5Überblick überverschiedene Formen derVerstärkungam Beispiel von J

Abbildung 6: Teufelskreis angelehnt an Klaus Gehrmann (Walter &Döpfner,2021, S. 19)

Abbildung 7: Hauptbestandteile der KonzeptefürHandlungsempfehlungen an Schulen angelehnt an (Ricking u. Dunkake 2017)

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Die vorliegende Hausarbeit, mit dem Titel „Schulangst und Schulabsentismus, eine Herausforderung für Schule, Eltern und Kinder“ befasst sich mit den Ängsten, die im Umfeld von Schule auftreten und als Folge zu Schulabsentismus führen können. Es wird untersucht, welche spezifischen Ängste bei Schulabsentismus vorliegen, welche besonderen Herausforderungen für Schule, Eltern und Kinder daraus resultieren und wie man diese pädagogisch begleiten kann.

Der Begriff Schulabsentismus wird als ein uneinheitlicher Sammelbegriff verwendet, der unterschiedliche Erscheinungen und Ausprägungen hat. Schüler distanzieren sich dabei räumlich, zeitlich oder auch häufig mental und psychisch von der Schule. Unterrichtsversäumnisse, für die keine hinreichenden Gründe vorliegen, können langfristig dazu führen, dass sich gesellschaftliche Normen ablösen und es auch zu sozialen Benachteiligungen kommen kann.

Obgleich Studien zum Thema Schulabsentismus in einzelnen Bundesländern vorliegen, gibt es keine genauen Angaben dazu, wie viele Schüler, wie häufig und wie lange der Schule tatsächlich und insgesamt fernbleiben. Genaue Erhebungen sind trotz Eintragungen ins Klassenbuch kaum möglich und werden deutschlandweit nicht zentral zusammengeführt (Sälzer 2010). Mit dem Beginn der Covid-19-Pandemie und in den darauffolgenden Jahren ist eine neue Form von Angst in den Schulen spürbar, die im Zusammenhang mit Schulabsentismus steht und hier näher betrachtet werden soll.

Dieses Thema wurde basierend auf persönlichen Erfahrungen im schulpsychologischen Dienst (Saarbrücken) während meines Praktikums im Herbst 2022 sowie auf gesammelten Erfahrungen in der Schulsozialarbeit ausgewählt. Es häufen sich Fälle, bei denen Schüler nicht mehr regelmäßig die Schule besuchen. Die Auslöser dafür sowie die Probleme dieser Schüler sind vielfältig und weisen unterschiedliche Ausprägungen auf. Trotz des Hinzuziehens verschiedenster Personen und Institutionen (Vertrauenslehrer, Schuldirektion und dem schulpsychologischen Dienst), geht dennoch eine gewisse Hilflosigkeit und Unsicherheit damit einher. Das Fehlen vollzieht sich meist schleichend und findet anfangs wenig Beachtung, da es mit einer entschuldigten Krankmeldung beginnt. Es kann sich allerdings daraus schnell ein Kreislauf entwickeln der schwer zu durchbrechen ist und der im schlimmsten Fall zu einem sozialen Abstieg führen kann (Rotthaus 2019, S.11). Viele Fehltage können zu Minderleistungen führen und somit Probleme verstärken. Ein erfolgreicher Schulabschluss ist die Grundlage für einen gelingenden Einstieg in das Berufsleben. In Deutschland verlassen pro Jahr ca. 47.000 (zitiert nach de.statista.com 2021) Jugendliche die Schule ohne Abschluss. In dieser Arbeit liegt der Schwerpunkt auf den Herausforderungen für Schule, Eltern und Schüler*innen, um Schulabsentismus frühzeitig zu erkenn und mit geeigneten Maßnahmen zu begegnen und um dadurch negative Folgeerscheinungen zu verhindern.

Im theoretischen Teil dieser Arbeit werden zu Beginn in Kapitel 2 die Formen und Begriffe von Schulabsentismus dargestellt und erläutert. Im Anschluss werden in Kapitel 3 die unterschiedlichen Arten von Angst, die Schulabsentismus auslösen können, definiert und veranschaulicht. Der theoretische Teil schließt ab mit Kapitel 4, in dem das SORKC Modell vorgestellt wird, mit dem als hypothetisches Modell, die Wirkzusammenhänge zwischen Schulangst und Schulabsentismus aufgezeigt werden können.

Im Kapitel 5 wird exemplarisch die Anwendung des SORKC Modell dargestellt, um die Entstehungsfaktoren für Schulabsentismus systematisch zu verdeutlichen.

Im Kapitel 6 werden die besonderen Herausforderungen aufgezeigt, die sich aufgrund von Schulabsentismus bei den unterschiedlichen Interessengruppen aus Lehrern, Eltern und Schülern ausprägen. Im Kapitel 7 werden darauf aufbauend mögliche Interventionsmaßnahmen aufgezeigt.

In der Zusammenfassung in Kapitel 8 werden die wesentlichen Faktoren der Schulangst, des Schulabsentismus und der daraus resultierenden Herausforderungen dargestellt und ein Ausblick gegeben.

Diese Arbeit verwendet das generische Maskulinum zur besseren Lesbarkeit. Weibliche und alle weiteren Geschlechteridentitäten sind dabei ausdrücklich inkludiert.

2 Formen von Schulabsentismus

Der Begriff des Schulabsentismus wird in den modernen Medien aber auch in der Fachliteratur facettenreich inhaltlich dargestellt. Es finden sich Namen zur Umschreibung wie Schulschwänzen, Zurückhalten, Schuldistanzierung, Schulphobie, Schulaversion und Schulverweigerung (Sälzer, 2010, S. 14). Aus wissenschaftlicher Sicht hat sich der Begriff des Schulabsentismus als übergeordneter Begriff etabliert. Dieser beschreibt ein vielschichtiges und mannigfaltiges Vorkommnis mit facettenreichen Ursachen, Verläufen, Ausprägungen und Folgen. Ricking und Hagen definieren diesen Oberbegriff wie folgt (Ricking & Hagen, 2016):

Schulabsentismus umfasst diverse Verhaltensmuster illegitimerSchulversäumnisse multikausaler und langfristiger Genese mit Einflussfaktoren der Familie, der Schule, der Peers, des Milieus und des Individuums, die einhergehen mit weiteren emotionalen und sozialen Entwicklungsrisiken, geringer Bildungspartizipation sowie einer erschwerten beruflichen und gesellschaftlichen Integration und die einerinterdisziplinären Prävention und Interventionbedürfen.(S.18)

Vorkommnisse wie Krankheit, Beurlaubung und Suspendierung fallen unter begründete Schulversäumnisse, die den Eltern sowie der Schulleitung meist bekannt und somit begründet sind. Aufgrund der uneinheitlichen Datenlage kann die Prävalenz von Schulabsentismus nur geschätzt werden. Auch wenn unterschiedliche Dunkelziffern diskutiert werden, wird häufig angenommen, dass die Prävalenz der Schüler, die der Schule regelmäßig fernbleiben und als problematisch eingestuft werden (Lenzen et al., 2016a, S. 103), je nach Alter, Typ der Schule und Regionalität in Deutschland, bei ca. 5% bis 8% liegt. Die Verhaltensmuster bei Schulabsentismus lassen sich in drei Kategoriengruppen (Rogge & Koglin, 2018, S. 50) unterscheiden. Diese sind in der folgenden Abbildung 1 dargestellt und werden in den anschließenden Kapiteln verdeutlicht, um die Unterschiede der einzelnen Kategorien herauszustellen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Erscheinungsformen von Schulabsentismus, angelehnt an (Ricking & Albers, 2019, S. 11)

2.1 Schulschwänzen

Um die Herausforderungen für die Schule, Eltern und Kinder zu verdeutlichen, wird hier zunächst auf die drei Formen von Schulversäumnissen und ihre Ausprägungen eingegangen, um die Struktur des Problems besser verständlich zu machen. Beim Schulschwänzen sind die Versäumnisse nicht entschuldigt oder es handelt sich um vorgetäuschte Entschuldigungen. Die Eltern oder Sorgeberechtigte wissen häufig nichts vom Fehlen ihres Kindes in der Schule. Der Aufenthaltsort des abwesenden Kindes während der Schulzeit ist häufig außerhalb des häuslichen Bereichs. Die schwänzenden Schüler halten sich gerne an Orten auf, die ihnen attraktiver erscheinen, wie z.B. Cafés oder Kaufhäuser. An diesen Orten verabreden sich die Schüler untereinander oder sie verbringen Ihre Zeit vor dem Fernseher oder Computer zu Hause mit ihrer Clique. Bei den Schülern, die die Schule schwänzen, zeigt sich häufig eine sehr gering ausgeprägte Motivation zu lernen sowie eine geringe Leistungsbereitschaft. Als Begleiterscheinungen können sich Schulaversion, Schulversagen, Disziplinprobleme, Drogenmissbrauch sowie aggressive Verhaltensmuster entwickeln. Innerhalb der Familie liegt ein Mangel an Aufsicht vor, niemand zu Hause bemerkt das Schwänzen des Kindes und es mangelt an frühzeitiger Unterstützung durch die Eltern (Ricking & Albers, 2019, S. 13-16). In der Krefelder Studie von Ricking und Dunkake (Ricking et al., 2021a, S. 97-98) werden Risikofaktoren aufgeführt, wie unzureichende schulische Leistungen, ein als ein vom Schüler wahrgenommener streng und gleichgültiger Führungsstil des Klassenlehrers, wie auch eine übermäßige Kritik und Ablehnung durch die Eltern bis hin zur Gewalteinwirkung im familiären Umfeld. Die Schüler fühlen sich nicht wohl in der Schule und sind gefährdet auf Abwege zu kommen. Das Lernen macht ihnen keinen Spaß und mit der Zeit suchen sie sich einen anderen Zeitvertreib. Die Stellung der Schule und die Wichtigkeit des Lernens rückt in den Hintergrund, bis beides bedeutungslos wird.

2.2 Angstbedingtes Meidungsverhalten

Angstbedingtes Meidungsverhalten unterscheidet sich vom oben beschriebenen Schulschwänzen dadurch, dass sich die Schüler meist zu Hause aufhalten. Die Eltern oder Erziehungsberechtigten kennen die Problematik. Mögliche Ursachen können Angst vor schulischen Anforderungen sein, wie beispielsweise Prüfungsangst oder auch die Angst vor Mobbing. Hierbei spielen auch die Erwartungen der Lehrer sowie der Mitschüler eine Rolle, die zu Unsicherheiten führen können. Trennungsangst von der Mutter oder dem Vater kann auch zu angstbedingter Schulverweigerung führen. Zusätzlich zu den genannten Ursachen können noch somatische Beschwerden hinzukommen. Psychische Gesundheitsstörungen können durch eine intensive Fixierung auf körperliche Symptome wie Bauchweh oder Kopfschmerzen aber auch diffuse andere Ausprägungen zu erheblichem Leid führen (Walter & Döpfner, 2020, S. 10).

2.3 Zurückhalten

Mit dem Begriff des „Zurückhaltens“ ist, das durch den Erziehungsberechtigten initiierte und tolerierte Fernbleiben von der Schule gemeint. Der Stand der Wissenschaft zu dieser Erscheinungsform des Schulabsentismus ist bisher noch am wenigsten gut erforscht. Klar ist allerdings, dass die Erziehungsberechtigten bewusst handeln und ihrer Pflicht zur allgemeinen Schulpflicht nicht nachkommen (Hagen, Spilles, Hennemann, 2017, S. 141). Die vielfältigen Gründe resultieren aus den Problemen der Eltern bei der erzieherischen Einflussnahme sowie ihrer gleichgültigen Haltung gegenüber der Schule und der Ausbildung ihrer Kinder (Goodman & Scott, 2016, S. 110-117).

Ein anderer Grund für das Zurückhalten ihrer Kinder beim Schulbesuch kann im ökonomischen Bereich liegen. Die Kinder werden zur finanziellen Stabilisierung der Familie herangezogen, indem sie kleine Arbeiten übernehmen müssen. Es kann sich dabei sowohl um Arbeiten im Haushalt der Familie handeln als auch um pflegerische Tätigkeiten innerhalb der Familie. Sie verlieren somit schnell den Anschluss an die Schule, da es sich meist um nicht adäquate Aufgaben handelt und die Kinder Aufgaben übertragen bekommen, die nicht altersgerecht sind.

Vernachlässigung im Zusammenhang mit Kindeswohlmissbrauch kann eine weitere Erscheinungsform des Zurückhaltens sein und zu einem unregelmäßigem Schulbesuch führen (Ricking & Albers, 2019, S. 19). Ebenso kann die Ablehnung der Schulpflicht durch die Erziehungsberechtigten kulturell oder religiös bedingt sein.

Es zeigt sich, dass das Verhalten der Erziehungsberechtigten vielfältige Ausprägungen haben kann, bei dem das Kind nicht immer frei entscheiden kann, ob es zur Schule geht, da die verschiedenen Erscheinungsformen deutlich machen, dass es vielfältige mögliche Ursachen und Verläufe geben kann, die zum Schulabsentismus führen können. Wichtig ist daher eine breitgefächerte diagnostische Abklärung, denn oftmals liegt eine Angststörung vor. Die Diagnose einer Angststörung, die zum Schulabsentismus führt erfordert einen feinfühligen Therapeuten zur Feststellung berechtigter Ängste bzw. entwicklungsbedingter und damit entsprechend der Altersphase „normaler“ Ängste (Pflug & Schneider, 2022, S. 325).

Angststörungen haben eine Prävalenzrate von 3% bis 24% und gehören somit zu psychischen Störungen die am häufigsten im Kindes- und Jugendalter auftreten (Cartwright-Hatton et al., 2006, S. 828). Ängste zeigen sich häufig sehr früh. Bei 50% aller Menschen, die in ihrem Leben an einer Angststörung erkranken, zeigt sich diese schon vor dem 12 Lebensjahr; bei 75% vor dem 21. Lebensjahr. Eine Angststörung im Kindesalter erhöht das Risiko an einer Angststörung oder einer anderen psychischen Störung zu erkranken (Pflug & Schneider, 2022, S. 327).

Im nächsten Kapitel sollen die unterschiedlichen Formen von Angststörungen dargestellt werden, die als eine Ursache für den Schulabsentismus herangezogen werden können.

3 Erscheinungsformen von Angst im schulischen Bereich

Im weiteren Verlauf der Arbeit wird auf die besonderen Herausforderungen für Schule, Eltern und Kinder eingegangen. Dafür ist es wesentlich, auf die einzelnen Ausprägungen der Angst einzugehen. Angst ist ein biologisch angepasstes Signalsystem, das vor anstehenden Gefahren in der Umwelt warnt und den Organismus in die Lage versetzt, geeignete Abwehrmaßnahmen zu treffen. Bestimmte Reize werden eher als andere mit Gefahr assoziiert (Schneider, 2004, S. 44). Angst wirkt sich auf vier Bereiche aus. Aufkommende Ängste führen zu einer körperlichen Reaktion, wie z.B. Herzrasen oder Schwitzen, der ängstliche Mensch fühlt sich hilflos und verzweifelt, das Denken setzt aus, Verzweiflung und Ratlosigkeit können auftreten. Angst endet in Verhalten, das zu Vermeidung oder Flucht aus der angstbesetzten Situation führt (Alsleben et al., 2004, S. 178). Ängste, mit denen Schüler sich in der Schule konfrontiert sehen, beeinflussen maßgeblich ihr Verhalten. Angst und Vermeidung steuern die menschliche Psyche. Wir versuchen stets Gefahren aus dem Weg zu gehen oder rechtzeitig zu erkennen. Wir sammeln in unserem Leben und im Gedächtnis Erfahrungen, die wir mit Gefahr assoziieren und die zu entsprechender Zeit einen Alarm in uns auslösen. Existentielle Bedrohungen konnten in der deskriptiven Entwicklungsdiagnose (Blanck & Blanck, 1981, S. 121­122), den nachfolgenden Ängsten zugeordnet werden: Vernichtungsangst, Trennungsangst, Liebesverlustangst und Überichangst. Die angeborene Persönlichkeit des Kindes mit seiner spezifischen Wesensart kann bei den Eltern zu Wohlbehagen aber auch zu Enttäuschung oder gar Desillusionierung führen. Daraus resultiert oftmals, dass das Kind ausgewählte Wunschvorstellungen priorisiert in den Vordergrund rückt und gleichzeitig andere zurücksetzt oder ausschließt. Dadurch bildet sich im Zeitverlauf ein auf das Kind zugeschnittenes Profil heraus, das unterschiedliche Verhaltensweisen zur Vermeidung umfasst. (Sulz, K.D et al., 2012, S. 158). Die Schulangst wird nach dem Diagnoseklassifikationssystem für psychische Störungen nicht als eigenständige Diagnose klassifiziert, sondern wird der sozialen Phobie nach (DSM-5) und der Störung mit sozialer Ängstlichkeit nach ICD-10 (F93.2) zugeordnet. Die Gründe für Schulangst sind vielfältig und sollten immer genau erhoben werden.

Die Trennungsangst soll im Folgenden dargestellt werden, da sie gerade zu Beginn der Schulzeit eine wesentliche Rolle spielt.

3.1 Trennungsangst

Die Trennungsangst beschreibt die Angst des Kindes während des bevorstehenden Schulbesuchs von Mutter oder Vater getrennt zu sein. Häufig besteht die Angst darin, dass den Elternteilen in der Abwesenheit des Kindes etwas zustoßen könnte. Meist sind die Ängste übertrieben ausgeprägt. Das Kind geht von unrealistischen Geschehnissen aus (Kidnapping, Krankenhaus etc.). Trennungsängste können einher gehen mit somatischen Symptomen wie Bauchschmerzen, Kopfschmerzen oder Erbrechen. Ängste vor der Schule können sich auch schon am Abend des Vortages im Verhalten äußern und zu einer Weigerung vor dem Zubettgehen führen oder in der Nacht Albträume hervorrufen. Ebenso kann es in der Schule kurz vor der eigentlichen Trennung zu Wutausbrüchen, Schreien oder auch zu Apathie kommen (Schmidt-Traub, 2017, S. 22). Schüler mit Trennungsangst haben große Schwierigkeiten, den Unterricht zu besuchen, so dass sich eine besondere Herausforderung für die beteiligten Lehrer und Eltern stellt. Die Gründe für das oben beschriebene Verhalten sind vielfältig und lassen sich nicht eindeutig konstatieren. Häring (2001) geht davon aus, dass die Trennungsangst in einer früheren Störung der Eltern-Kind-Beziehung begründet ist, die es nicht erlaubt eine vertrauensvolle Bindung zu realisieren.

3.2 Mobbing/Gewalt

Ein weiterer Bedingungszusammenhang für angstinduziertes Schulvermeidungsverhalten kann durch systematisches Drangsalieren durch Mitschüler auf dem Schulweg oder in den Pausen hervorgerufen werden (Alsaker, 2004, S. 22). Das in der Schule oftmals in Erscheinung tretende Mobbing, kann als eine Form von Gewalt bezeichnet werden. Diese Art von Gewaltanwendung wird auch häufig als Bullying in der Literatur beschrieben. Es handelt sich dabei nicht um eine Form der physischen Gewalt, sondern tritt verbal und paraverbal in Erscheinung. In digitalisierter Form, wird diese Gewaltart als Cybermobbing bezeichnet (Ricking et al., 2021b, S. 13). In den Situationen, in denen ein Schüler von Mitschülern körperlich oder auch mental bedroht wird, wird dieser nur ungern mehrere Stunden mit seinen Angreifern in der Schule gemeinsam Zeit verbringen wollen. Daraus kann sich schnell eine Form von Unterdrückung oder auch ein sogenanntes Angstregime herauskristallisieren.

3.3 Lehrerangst

Lehrerangst kann entstehen, wenn Lehrer bedrohlich auf ihre Schüler wirken, sie unter Druck setzen oder diese erniedrigen. Leistungsängste, Prüfungsängste, aber auch Lernstörungen können zu einer Verstärkung der Angst führen.

3.4 Versagensangst

Die Versagensangst hängt eng zusammen mit der Lehrerangst. Aufgrund von übersteigerten Leistungserwartungen baut sich eine Angst auf den internen und externen Erwartungen nicht gerecht zu werden. Daraus resultieren Leistungsschwierigkeiten, die sich auch auf Beziehungsschwierigkeiten zu Lehrern und Mitschülern ausweiten können.

3.5 Soziale Angst

Sozialängstliche Schüler haben Ängste vor dem Schulgebäude, vor Mitschülern, Schulfächern oder Lehrern (Häring, H., 2001, S. 186). Diese Art der Angst definiert somit Angst vor schulbezogenen Situationen. Die diagnostischen Kriterien sind in Tab. 1 zusammengefasst (Petermann & Petermann, 2009, S. 394).

A - Eine deutlich wahrnehmbare und andauernde Angst vor sozialen oder Leistungssituationen. Sie charakterisiert sich dadurch, dass Betroffene fürchten von anderen beurteilt zu werden. Die Betroffenen möchten Verhaltensweisen vermeiden, die als peinlich empfunden werden könnten. Bei Kindern muss diese Art der Angst sowohl auf die Wechselwirkung mit Erwachsenen als auch mit Gleichaltrigen begründet sein. Für Kinder gilt, dass sie im Umgang mit Vertrauenspersonen eine sozial kompetente Verhaltensweise beherrschen.

B - In den Situationen, in denen sich die Betroffenen mit der von ihnen gefürchteten sozialen Situation konfrontiert sehen, werden häufig Angstreaktionen hervorgerufen. Bei Kindern äußert sich dies in Weinen, Wutanfällen, Erstarren oder Zurückweichen.

C - Die Betroffenen versuchen Situationen, die ihnen Angst machen zu vermeiden oder können diese nur mit Angst erdulden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 39 Seiten

Details

Titel
Schulangst und Schulabsentismus. Eine Herausforderung für Schule, Eltern und Kinder
Hochschule
Technische Universität Kaiserslautern
Note
2,7
Autor
Jahr
2023
Seiten
39
Katalognummer
V1358581
ISBN (Buch)
9783346878885
Sprache
Deutsch
Schlagworte
schulangst, schulabsentismus, eine, herausforderung, schule, eltern, kinder
Arbeit zitieren
Andrea Windau (Autor:in), 2023, Schulangst und Schulabsentismus. Eine Herausforderung für Schule, Eltern und Kinder, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1358581

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