Liebe bis in den späten Herbst

Partnerschaft, Liebe und Sexualität in der zweiten Lebenshälfte


Studienarbeit, 2008

23 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Partnerschaft und Liebe im Alter
2.1 Statistische Daten
2.2 Der Eintritt in den Ruhestand
2.3 Wer liebt, lebt gesünder

3 Sexualität im Alter
3.1 Körperliche und psychische Veränderung im Alter und ihre Auswirkung auf die Sexualität
3.2 Krankheiten, welche die Sexualität im Alter beeinflussen
3.3 Sexualität im Altenheim

4 Die gesellschaftliche Tabuisierung von Partnerschaft und Sexualität in der zweiten Lebenshälfte

5 Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

Liebesgefühle mit Anfang sechzig? Leidenschaft und Begehren mit siebzig und Geschlechtsverkehr mit achtzig? Für die jüngeren Generationen unvorstellbar und absurd (vgl. Stemmer-Beer 1994, S. 12). Partnerschaft, Liebe und Sexualität im Alter, ein Thema das von der Gesellschaft eher abgelehnt wird und in großes Schweigen gehüllt ist. Paare, die seit mehr als 50 oder 60 Jahren zusammenleben sind bewundernswert. Hinter solch langen Beziehungen steckt unglaublich harte Beziehungsarbeit. In der Regel werden diese Paare durchaus von der Gesellschaft geschätzt. Oft liest man Zeitungsartikel mit Titeln wie „Helga und Alfred – lieben sich auch nach 50 Jahren Ehe“.

Doch was passiert mit den verwitweten älteren Menschen. Ihnen wird selten eine neue Liebe oder gar ein Sexualpartner zugestanden. Müssen sie ihr einsames und asexuelles Leben bis zum Tod akzeptieren und sich damit abfinden? Menschen, die mit 70 Jahren oder älter gestehen, sich neu verliebt zu haben, kommen wohl um ein Schmunzeln oder Verniedlichungen der Gesellschaft nicht herum. Doch woher kommt die Tabuisierung dieses Themas in der Gesellschaft? Vor allem beim Thema Sexualität, wo gerade junge Menschen zunehmend offener mit ihrer Sexualität umgehen. Warum also nicht auch dieser Generation Intimität und Leidenschaft gönnen, statt sie zu belächeln? Die Lebenserwartung der Menschen ist in den letzten Jahrzehnten rapide gestiegen. Menschen werden wesentlich älter als früher und sind häufig auch im hohen Lebensalter noch gesund. Wieso also denken andere Generationen über diese Menschen, sie könnten nicht mehr sexuell aktiv sein oder sich neu verlieben? Was genau ist das Problem bei einer neu entfachten Liebe zweier älterer Menschen? Weshalb bedeutet ein hohes Lebensalter gleichzeitig sexuelle Abstinenz und in wieweit verändert sich Sexualität überhaupt im Alter?

Um Antworten auf diese Fragen zu finden, werde ich in dieser Seminararbeit zunächst auf Partnerschaft und Liebe im hohen Lebensalter eingehen, um im Anschluss zum Thema der Sexualität im Alter zu gelangen und letztlich die Frage der Tabuisierung dieses Themas in der Gesellschaft beleuchten.

2 Partnerschaft und Liebe im Alter

Es gibt zahlreiche empirische Studien, die belegen, dass Liebe, Partnerschaft und Ehe sich auch im Alter positiv auf die Lebensqualität und den Lebensoptimismus auswirken. Albert Schweizer schrieb einst in einem Text zum Thema Jugend: „Ob siebzig oder siebzehn, im Herzen eines jeden Menschen wohnt die Sehnsucht nach dem Wunderbaren, […] die unersättliche kindliche Spannung, was der nächste Tag bringen möge; die ausgelassene Freude und Lebenslust […].“ (Bagso Nachrichten 2006) In diesem Kapitel werden zunächst einige statistische Informationen zu Ehen im höheren Lebensalter gegeben. Im Folgenden werden Veränderungen aufgezeigt, die der Ruhestand für einen Menschen mit sich bringt und wie sich eine gute Partnerschaft und Liebe auf das Wohlbefinden eines Menschen auswirken kann.

2.1 Statistische Daten

Wie das Statistische Bundesamt im Jahre 2004 mitteilte, beträgt die Lebenserwartung bei Frauen derzeit 81,3 Jahre, bei Männern 75,6 Jahre. Aus diesem Grund sprechen Wissenschaftler hier vom „Frauenüberschuss“, betrachtet man es von der Seite der Frauen handelt es sich eher um einen „Männermangel“. Dies hat zur Folge, dass fast 56,8% der 75 bis 80 Jahre alten Frauen verwitwet sind, während noch 77,2% der gleichaltrigen Männer verheiratet sind. In der Gruppe der über 80-jährigen steigt der Anteil der verwitweten Menschen noch einmal deutlich auf 39,3% bei den Männern an und auf 79% bei den Frauen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Nur 9,5% der Frauen bei den über 80-jährigen, dagegen aber noch 54,7% der Männer leben mit ihrem Ehepartner bzw. ihrer Ehepartnerin zusammen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Deutlich weniger verwitwete Frauen als Männer gehen im Alter noch einmal eine Ehe ein, wobei die Männer dann auch meist wesentlich jüngere Frau heiraten (vgl. http://www.familienhandbuch.de/cms/Partnerschaft_Merbach.pdf). Demnach liegt die häufigste Lebensform für ältere Männer in der Ehe, für Frauen über 65 Jahren dagegen ist die häufigste Lebensform das Alleinleben. Ältere Frauen haben, weil Ihnen der Partner fehlt, seltener die Möglichkeit, ihre Bedürfnisse nach körperlicher Intimität zu befriedigen (vgl. profamilia – Sexualität und Älterwerden 2004, S. 7). Dies kann durchaus dazu führen, „ […] dass ältere Frauen lesbische Neigungen an sich entdecken und sich in eine Frau verlieben.“ (profamilia – Sexualität und Älterwerden 2004, S. 7)

Statistiken zeigen, dass heutzutage mehr Paare als jemals zuvor ihre goldene (50. Ehejahre) oder gar die diamantene Hochzeit (60. Ehejahre) feiern. Natürlich liegt das nicht zuletzt auch an der gestiegenen Lebenserwartung von Menschen, beispielsweise durch eine bessere medizinische Versorgung. Die Rate der Männer und Frauen, die sich im Alter von 60 bis 65 Jahren scheiden lassen, hat sich allerdings seit 1992 verdreifacht. Hier muss man natürlich auch die veränderten gesellschaftlichen Aspekte betrachten. Früher war die Angst, nach einer Scheidung nicht mehr gesellschaftlich anerkannt zu sein, zu groß. So wurde oftmals, auch wenn die Ehe nicht mehr glücklich war, von einer Scheidung abgesehen (vgl. Bagso Nachrichten 2006).

2.2 Der Eintritt in den Ruhestand

Mit Eintritt in den Ruhestand verändert sich das Leben eines berufstätigen Menschen stark. Häufig kommt es zu Konfliktsituationen, weil den Betroffenen plötzlich mehr Zeit zur freien Verfügung steht. Plötzlich müssen sie sich ihren Tag selbst gestalten. Dabei fällt es alten Menschen anfangs meist schwer, eine sinnvolle Beschäftigung zu finden, welche die Erwerbsarbeit ersetzen kann (vgl. Vogt 2001, S. 52).

„Mit dem Vorruhestand war es zuerst Klasse. Ausschlafen, Zeit haben, in den Urlaub fahren, doch dann kam diese Langeweile. Ich wusste schon am Wochenanfang, wie die Woche zu Ende geht, aber nicht worüber ich mit meiner Frau sprechen sollte.“ (Bagso Nachrichten 2006)

Wie bedrückend diese veränderten Umstände sein können, zeigt auch das folgende Zitat: „Mein Mann nervt mich seit seinem Abschied aus dem Betrieb nur noch. […] Dann die Vorschläge, wie es mit dem Aufräumen und Putzen schneller geht oder ob es überhaupt sein muss. Der saugte mich aus, war nur um mich herum, da bekam ich keine Luft mehr.“ (Bagso Nachrichten 2006)

Es sind nicht nur die Aufgaben, die durch den Ruhestand auf ein Paar zukommen, häufig treten diese in Verbindung mit anderen Herausforderungen ein. Eltern, die ihre Kinder aus dem Haus „entlassen“ haben, müssen von der langjährigen Eltern-Ebene zurück auf die Paar-Ebene finden. Nun mag man denken, gerade im Ruhestand haben ältere Menschen Zeit, sich um ihre Beziehung zu kümmern, doch diese beiden Faktoren führen zu einem komplett veränderten Zusammenleben. In diesen veränderten Verhältnissen müssen Rollenverteilungen neu gestaltet werden, Bedürfnisse nach Nähe und Distanz, sowie Bedürfnisse nach Aktivitäten und soziale Beziehungen müssen neu arrangiert werden. In vielen Fällen ist es nicht einfach, die langjährigen Strukturen zu verlassen und neue zu entwickeln. Doch für eine glückliche Beziehung auch im Alter ist es von großer Bedeutung (vgl. Vogt 2001, S. 53).

2.3 Wer liebt, lebt gesünder

Die Zufriedenheit in den Ehen fällt ganz unterschiedlich aus. Einerseits ist bei vielen Paaren zunehmendes Interesse an dem Partner und an der gemeinsamen Freizeitgestaltung nach der Berentung zu verzeichnen, andererseits berichten viele davon, sich auseinander gelebt zu haben. Deshalb sind auch andere Lebensformen, wie zum Beispiel das nicht-eheliche Zusammenleben im höheren Lebensalter vertreten. Mangelnde Kommunikation über Erwartungen und (unerfüllte) Wünsche sind mit die Hauptursache für Trennungen im Alter, berichten die Eheberatungsstellen. Natürlich kommt es ebenfalls vor, dass jüngere/andere Partner eine Rolle bei der Trennung spielen. Bei Frauen geschieht dies seltener als bei Männern. Das könnte ein Ausdruck dafür sein, dass Männer zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr ihr Altern stärker spüren und sich mit Hilfe einer jüngeren Frau noch einmal jung fühlen wollen. Für Frauen ist dies häufig ein Trennungsgrund. Viele Menschen gehen dann zwar noch mal Beziehungen ein, haben jedoch Hemmungen sich noch einmal durch eine Heirat fest zu binden. Gründe hierfür sind häufig, dass beide ihre Wohnung behalten möchten, finanzielle Vorteile verloren gingen, der eine heiraten möchte, der andere aber nicht, die Kinder gegen eine Wiederheirat sind, oder ein Partner bereits mit jemand anderem verheiratet ist. Auch wenn ein älterer Mensch schon einmal in der Situation war, seinen kranken Partner (bis zum Tod) zu pflegen, löst das oft Ängste aus, noch einmal eine feste Partnerschaft/Ehe einzugehen (vgl. Vogt 2001, S. 29 - 32). Wissenschaftler fanden jedoch heraus, dass sich eine erfüllte Partnerschaft im Alter positiv auf das Wohlbefinden eines Menschen auswirkt und einem alten vielleicht einsamen Menschen wieder neuen Lebensmut und Lebenslust geben kann (vgl. Stemmer-Beer 1994, S. 137).

Eine langjährige Partnerschaft im höheren Lebensalter bedarf einer besonderen Beziehungspflege. „Maßgebend für eine eher optimistische oder pessimistische Sichtweise der eigenen Partnerschaft im Alter ist vor allem die gelungene Bewältigung bisheriger Herausforderungen, bzw. latent wirkende langjährige Distanzerlebnisse.“ (Bagso Nachrichten 2006, S. 12) Die Übereinstimmung in konkreten Lebensbereichen, in Wünschen, Bedürfnissen und Perspektiven können sich positiv auf eine Beziehung auswirken. Wichtig bleibt in einer Partnerschaft auch im Alter der Freiraum beider Partner (vgl. Bagso Nachrichten 2006, S. 12).

Natürlich hat auch im Alter die Sexualität einen gewissen Einfluss auf eine Beziehung. Sind beide Partner mit ihren sexuellen Begegnungen zufrieden, hat das einen positiven Einfluss auf die Beziehung (vgl. Herr 1996, S. 31).

Einige Forschungen ergaben, dass Menschen, die in jungen Jahren eine positive Einstellung zur Sexualität hatten und mit ihrem Sexualleben zufrieden waren, im Alter mehr Ausdauer und Genuss bei sexuellen Handlungen haben. Des Weiteren wird davon ausgegangen, dass bei sportlichen Aktivitäten Endorphine und bestimmte Hormone wie das Hirnanhangdrüsenhormon Oxytocin im Körper produziert werden. Diese Hormone gelten als Glücksbringer und Liebeshormone (vgl. Stemmer-Beer 1994, S. 136). „Ohne Liebe und Sexualität den falschen Stempel der sportlichen Fitness versehen zu wollen oder sie als Allheilmittel und Wunderkur gegen das Altern oder gegen Krankheiten im Alter verschreiben zu wollen – die Tatsache der Körperbewegung lässt sich nicht leugnen und damit geht auch eine sehr schöne Beschäftigung mit kreativen Sinnen einher – eine durchaus vergnüglich Betätigung, die heilsame Kräfte weckt.“ (Stemmer-Beer 1994, S. 136/137) Untersuchungen in einem Altenheim ergaben, dass die durchschnittliche Lebenserwartung eines Menschen der Sexualkontakte hatte um 7 Jahre höher lag, als die eines Menschen ohne sexuellen Kontakt. Außerdem war der Medikamentenverbrauch bei diesen Menschen deutlich geringer (vgl. Stemmer-Beer 1994, S. 137).

Wissenschaftler fanden außerdem heraus, dass eine glückliche und dauerhafte Liebesbeziehung vor einer großen Anzahl von Krankheiten schützen kann. Gerade ältere Menschen leiden häufig an einer Vielzahl von Krankheiten. So scheint es wichtig, genau in diesem Lebensabschnitt in einer von Liebe erfüllten Beziehung zu leben (vgl. Herr 1996, S. 135).

„Liebe kann heilen, kann helfen, Liebe kann lange am Leben und gesund erhalten. Auch darum ist Liebe wertvoll, ja im Alter doppelt erstrebenswert.“ (Stemmer-Beer 1994, S. 135)

3 Sexualität im Alter

„In gut eingespielten, einander gut pflegenden Liebespaaren nimmt die Intensität des Erlebens nicht ab. Sie steigt auch nicht. In Wahrheit ist es diesen Paaren gleichgültig, was war und was sein wird: der Akt, mit dem sie beschäftigt sind, ist der einzige der zählt, er muss nichts beweisen und nichts widerlegen.“ (Schmidbauer 2001, S. 121) Wo junge Menschen, von sexuellen Idealen getrieben, stets versuchen, ihre Qualitäten als Liebhaber zu beweisen, sind Liebende im Alter in dem Vorteil, sich nichts vormachen zu müssen. Sie können offen mit sich, ihren Schwächen und Phantasien umgehen (vgl. Schmidbauer 2001, S. 122).

Die Sexualität ist Bestandteil unserer Persönlichkeit und eine wesentliche Kraftquelle unseres Lebens (vgl. profamilia – Sexualität und Älterwerden 2004, S. 5). Durch die Sexualhormone wird der Geschlechtstrieb, die körperliche Verfassung sowie die geistig-seelische Stimmungslage wesentlich beeinflusst (vgl. Herr 1996, S. 29). Viele Menschen setzen den Begriff Sexualität mit dem Begriff des Geschlechtsverkehrs gleich. „Jedoch vermittelt nicht nur der Koitus sexuellen Genuss, denn bei uns Menschen ist der ganze Körper ein sinnliches und sexuelles Organ. […] zur Liebkosung eignen sich Hände, Lippen, Zunge und andere Körperteile. Unsere fünf Sinne sind auch Teile unserer Sexualität.“ (profamilia – Sexualität und Älterwerden 2004, S. 11) Es ist die große Chance des Alterns, den ganzen Umfang der sexuellen Möglichkeiten zu entdecken und auszuprobieren. Das Verlangen des reinen Geschlechtsverkehrs bleibt jedoch nie vollkommen aus, dass zeigt das folgende Diagramm.

[...]

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Liebe bis in den späten Herbst
Untertitel
Partnerschaft, Liebe und Sexualität in der zweiten Lebenshälfte
Hochschule
Duale Hochschule Gera-Eisenach (ehem. Berufsakademie Thürigen in Gera)
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
23
Katalognummer
V135916
ISBN (eBook)
9783640435791
ISBN (Buch)
9783640435821
Dateigröße
474 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Liebe, Herbst, Partnerschaft, Liebe, Sexualität, Lebenshälfte
Arbeit zitieren
Mandy Rüdiger (Autor:in), 2008, Liebe bis in den späten Herbst , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/135916

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