Die berühmte Sage vom Rattenfänger zu Hameln ist auch eine Geschichte über die Wirkung von Musik. Wilhelm Raabe nahm sich des Sagenstoffs in seiner 1863 veröffentlichten Erzählung "Die Hämelschen Kinder" an. Wie Ralf Georg Czapla darlegt, stellt die Erzählung eine Kritik an der Romantik aus dem Geist der Aufklärung dar. Die Kritik erstreckt sich auch auf die Musik, der in der literarischen Romantik eine bedeutende Rolle zukommt. Dies legt die Vermutung nahe, die Musik in den "Hämelschen Kindern" divergiere deutlich von der Musik, wie sie in der romantischen Musikanschauung erscheint. Doch der Vergleich zwischen beiden Konzeptionen von Musik bedarf einer näheren Untersuchung. Wo finden sich Konvergenzen, wo Divergenzen? Überwiegen letztere, so wäre dies eine Bestätigung von Czaplas These; überwiegen erstere, so würde sich Raabes Kritik an der Romantik und der Musik in ihr als nicht konsistent erweisen.
Zunächst gilt es die Figur des Künstlers sowie die Wirkung der Musik zu rekonstruieren; hierfür ziehe ich Wilhelm Heinrich Wackenroder ebenso heran wie zwei Musiknovellen E. T. A. Hoffmanns, theoretisch grundiert von einem Aufsatz Walter Wioras. Im Anschluss werden die Bedingungen des Musizierens in den "Hämelschen Kindern", dann die Figur des Pfeifers und schließlich die Musik und ihre Wirkung beleuchtet. Abschließend und zusammenfassend werden die Konvergenzen und Divergenzen zwischen der Musik in Raabes Erzählung und der romantischen Musikanschauung herausgestellt. Auf diese Weise soll geklärt werden, wie es im Bereich der Musik um die Plausibilität von Raabes Kritik an der Romantik bestellt ist.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Die romantische Musikanschauung
- II.1 Vorüberlegungen
- II.2 Wackenroders Joseph Berglinger als romantischer Künstler
- II.3 Wesen und Wirkung der Musik
- II.4 Das Dämonische der Musik
- III. Wilhelm Raabes Die Hämelschen Kinder
- III.1 Musik vor und neben Kiza
- III.1.1 Musikverbot und Absage an die „Klassiker
- III.1.2 Die Schwäche der Stadtpfeifer und ihrer Musik
- III.2 Die Gestalt des Musikers
- III.2.1 Fremdheit des Musikers und Existenzialität der Musik
- III.2.2 Das Dämonische des Musikers
- III.3 Exkurs: Die Musik in der Sage der Brüder Grimm und in Raabes „uralter Sage“
- III.4 Aspekte von Kizas Musik
- III.4.1 Fremd- und Eigenzweck
- III.4.2 Die Wirkung von Kizas Musik
- IV. Ergebnis und Ausblick
- V. Literaturverzeichnis
- V.1 Primärtexte
- V.2 Sekundärtexte
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Konzeption der Musik in Wilhelm Raabes Erzählung „Die Hämelschen Kinder“ im Kontext der romantischen Musikanschauung. Ziel ist es, herauszufinden, inwiefern Raabes Darstellung der Musik in der Erzählung eine Kritik oder Bestätigung der romantischen Musikauffassung darstellt.
- Die Rolle der Musik in der romantischen Literatur
- Der Typus des romantischen Künstlers und dessen Verhältnis zur Musik
- Die Darstellung der Musik in „Die Hämelschen Kinder“
- Vergleichende Analyse der Musikkonzeptionen in Raabes Erzählung und der romantischen Musikanschauung
- Die Bedeutung des Dämonischen in der romantischen Musik
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet den Kontext von Raabes „Die Hämelschen Kinder“ und stellt die Forschungsfrage nach der Kritik oder Bestätigung der romantischen Musikanschauung in der Erzählung. Kapitel II widmet sich der Rekonstruktion der romantischen Musikanschauung am Beispiel von Wilhelm Heinrich Wackenroders „Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders“ und „Phantasien über die Kunst“, wobei insbesondere die Figur des Joseph Berglinger als romantischer Künstler betrachtet wird.
In Kapitel III werden die Bedingungen des Musizierens in „Die Hämelschen Kinder“, die Figur des Pfeifers und schließlich die Musik und ihre Wirkung in der Erzählung beleuchtet. Dabei werden die Parallelen und Unterschiede zwischen Raabes Darstellung der Musik und der romantischen Musikanschauung herausgestellt.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: Wilhelm Raabe, „Die Hämelschen Kinder“, romantische Musikanschauung, Musikästhetik, Joseph Berglinger, E.T.A. Hoffmann, Rattenfänger von Hameln, Dämonisches, Kritik, Bestätigung.
- Arbeit zitieren
- Dennis Roth (Autor:in), 2008, Die Konzeption der Musik in Wilhelm Raabes Erzählung "Die Hämelschen Kinder" in Bezug auf die romantische Musikanschauung. Kritik oder Bestätigung der Romantik?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1359549