Die gesellschaftlichen Funktionen des Berufs


Hausarbeit, 2003

21 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Problemstellung

2. Der Berufsbegriff im Wandel

3. Voraussetzungen für die Beruflichkeit
3.1 Arbeitsteilung
3.2 Warentausch

4. Funktionen des Berufs
4.1 Schutz des Arbeitskraftanbieters durch Spezialisierung
4.2 Erleichterung durch Transparenz
4.3 Beruf als Identität
4.4 Das Zuteilungsprinzip

5. Zukünftige Funktionen des Berufs in einer Welt der zunehmenden Autonomisierung

Literaturverzeichnis

1.Problemstellung

Im Zuge einer seit den Nachkriegsjahren in Deutschland und Europa nicht mehr erlebten Arbeitslosigkeit und den damit verbundenen dramatischen Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt, ist ein in den Jahren vor Eintritt dieses Phänomens oftmals vernachlässigtes Thema wieder mehr in den Mittelpunkt wissenschaftlicher, insbesondere soziologischer und ökonomischer, Vertiefungen geraten: der Beruf. In Zeiten der annähernden Vollbeschäftigung war es eine fast sichere Folge einer abgeschlossenen Berufsausbildung, einen Arbeitsplatz zu erhalten, auf dem die berufstypischen Tätigkeiten oft über die gesamte Dauer eines Berufslebens ausgeübt werden konnten. Genau dies ist heute in der Regel nicht mehr der Fall. Einen Beruf zu haben schützt nicht mehr vor der drohenden Erwerbslosigkeit, ganz zu schweigen davon, dass das in der Berufsausbildung erworbene Wissen als ein lebenslanger Besitz angesehen werden kann, der über die gesamte Dauer der Berufstätigkeit seinem Besitzer die Gewissheit verschafft, dass arbeitskraftnachfragende Organisationen seine Fähigkeiten ökonomisch einsetzen können, ohne dass sein Wissen von Zeit zu Zeit aktualisiert werden muss. Der in früheren Jahrzehnten für den typischen Arbeitnehmer charakteristische Lebensberuf verliert immer mehr an Bedeutung. Ein einmal erlerntes Berufswissen muss ständig erneuert und aktualisiert werden, damit es im ökonomischen Sinne nutzbar bleibt. Hat der Beruf damit eine seiner wichtigsten gesellschaftlichen Funktionen verloren? Gibt es vielleicht andere Funktionen in der heutigen Gesellschaft, die der Beruf erfüllt? Mit diesen Fragen versuche ich mich in der vorliegenden Hausarbeit auseinander zusetzen.

Um dies zu erreichen, ist es wichtig, dass zuerst genau definiert wird, was überhaupt unter dem schillernden Begriff „Beruf“ verstanden werden soll, da es ohne eine genaue Begriffsbestimmung auch nicht möglich ist, die heutigen Aufgaben des Berufes herauszuarbeiten. Daher möchte ich in Kapitel 2 einen kurzen Überblick über den Wandel des Berufsbegriffs in der Vergangenheit geben und aufzeigen, was heute üblicherweise mit diesem Begriff verbunden wird. Ist dies geschehen, ist es bedeutsam, die wichtigsten gesellschaftlichen Voraussetzungen zu kennen, damit das Phänomen Beruf überhaupt entstehen konnte (Kapitel 3), da die heutigen Funktionen des Berufs untrennbar mit diesen Prämissen verbunden sind. Das Kernstück dieser Hausarbeit bildet dann Kapitel 4, in dem die gesellschaftlichen Funktionen des Berufes ausgearbeitet werden, bevor ich zum Abschluss kurz diskutieren möchte, wie sich die Funktionen und auch die Erscheinungsform des Berufs an sich zukünftig in einer Welt der zunehmenden Autonomisierung verändern könnten (Kapitel 5).

2. Der Berufsbegriff im Wandel

Der Berufsbegriff erhielt zum erstenmal eine überragende Bedeutung in der christlichen Frühzeit und im Mittelalter. Zu dieser Zeit war er in sehr starkem Maße religiös fundiert. Er bezeichnete eine in der Regel geistliche Aufgabe eines Menschen, der sich in dieser Angelegenheit von Gott „berufen“ fühlte. Durch diese Berufung wurde die soziale Stellung eines Menschen in der damaligen Gesellschaft fixiert. Man wurde in seinen Beruf hineingeboren und hatte somit kaum eine Wahlfreiheit, wie sie heute (mit gewissen Einschränkungen) üblich ist. Das bedeutete aber keineswegs, wie man vielleicht jetzt vermuten könnte, dass es aufgrund des Zufalls in eine bestimmte Schicht und damit in eine gewisse Berufung hineingeboren zu sein, nicht nötig war, dass man das Berufwissen erlernen musste. Es war lediglich so, dass man durch die „Gnade der Geburt“ einen bestimmten Beruf erlernen durfte. Diese Art der Berufszuteilung wird aufgrund der oben beschriebenen Umstände die Vocatio-Theorie genannt (Kurtz 2001, S.8).

Während der Zeit der Aufklärung im 18. Jahrhundert wandelte sich diese Vocatio-Theorie des Berufes immer mehr zu einer Begabungs-Theorie. Von nun an erfolgte die Bestimmung zu einem Beruf nicht mehr ausschließlich durch Gott, sondern die Faktoren Eignung, Neigung und Begabung drängten sich mehr und mehr in den Vordergrund (Kurtz 2001, S.8). Allerdings war es auch zu dieser Zeit noch üblich, dass bestimmte gesellschaftliche Gruppierungen eine freie Berufswahl im heutigen Sinne verhinderten. So wurden beispielsweise bestimmte Berufsausbildungen in Organisationen monopolisiert, zu denen nur Angehörige eines entsprechenden Standes Zutritt hatten. In alten Dokumenten der Zünfte wird sehr deutlich, dass ein Beruf untrennbar mit der Lebenswelt und Lebensweise der Menschen verbunden war (Mikl-Horke 2000, S.267).

Mit dem Zeitalter der Industrialisierung und den damit verbunden Veränderungen der Anforderungen an die Arbeitskraftanbieter verloren die traditionell beruflich-ständischen Kooperationen zunehmend an Einfluss. Die unmittelbare Folge war, dass es nun auch immer häufiger möglich war, Berufe auch außerhalb dieser Verbindungen frei zu wählen und zu erlernen (Kurtz 2001, S.8). Neue Berufe bildeten sich innerhalb der Industrie heraus und die traditionellen handwerklichen Berufe verloren an Bedeutung. Es bestanden nun immer größere Tendenzen, die Ausbildungsberufe von staatlicher Seite zu institutionalisieren und zu standardisieren (Beck, Brater, Daheim 1980, S. 19). Damit verbunden waren die Bildung von Zugangskriterien zu Berufen, die weitgehend unabhängig von ständischer Herkunft waren. Auch die im Handwerk noch übliche Einheit von Produktionsprozess, Produkt, Produktionsmittel und Ausbildung (ein Bäcker ist jemand, der wirklich Brot backen kann und auch in einer Bäckerei arbeitet) verliert zunehmend an Bedeutung. Der Zusammenhang von Fähigkeit und Tätigkeit löst sich immer mehr auf (ein Schlosser hat nur noch ein grob umrissenes Tätigkeitsfeld, auf dem er aufgrund seiner Qualifikation wirken kann und arbeitet auch nicht zwingend in einer „Schlosserei“) (Beck, Brater, Daheim 1980, S.16).

Durch diese Entwicklung wurde der Berufsbegriff immer weiter demjenigen angenähert, der auch in der heutigen berufssoziologischen Literatur vorherrschend ist. Als eine für das heutige Verständnis typische Definition möchte ich hier eine Begriffsbestimmung von Beck/Brater/Daheim anführen: Berufe können wir definieren als „relativ tätigkeitstunabhängige, gleichwohl tätigkeitsbezogene Zusammensetzungen und Abgrenzungen von spezialisierten und institutionell fixierten Mustern von Arbeitskraft, die u.a. als Ware am Arbeitsmarkt gehandelt und gegen Bezahlung in fremdbestimmten, kooperativ-betrieblich organisierten Arbeits- und Produktionszusammenhängen eingesetzt werden“ (Beck, Brater, Daheim 1980, S.20). Davon abzugrenzen ist der Arbeitsbegriff, der das Element der institutionellen Fixierung nicht enthält. Durch Arbeit soll allgemein eine Sicherungs- und Erwerbschance gewährleistet werden. Im Gegensatz zum Berufsbegriff bleibt hier offen, ob die Leistung entgeltlicher oder unentgeltlicher, dauernder oder einmaliger Natur ist (Scharmann 1956, S. 1f.).

[...]

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Die gesellschaftlichen Funktionen des Berufs
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Soziologie)
Veranstaltung
Soziologie der Arbeit und Berufe
Note
1,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
21
Katalognummer
V13599
ISBN (eBook)
9783638192125
ISBN (Buch)
9783638781473
Dateigröße
517 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Hausarbeit enthält eine Abhandlung über den Berufsbegriff, die Voraussetzungen für die Enstehung von Berufen, die eigentlichen Funktionen und einen Ausblick in die Zukunft.
Schlagworte
Funktionen, Berufs, Soziologie, Arbeit, Berufe
Arbeit zitieren
Markus Baldus (Autor:in), 2003, Die gesellschaftlichen Funktionen des Berufs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/13599

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