Im Folgenden werden wir einen Blick über unsere Schulter werfen und die Schriften eines Mannes unter die Lupe nehmen, dessen Ansichten zur damaligen Zeit revolutionär waren.
Die Rede ist von John Locke und seinem Werk „Gedanken über die Erziehung“. Wir werden versuchen, die Ideen Lockes genauer zu beleuchten. Wie lässt sich die Behauptung begründen, dass ein über 300 Jahre alte Buch, das sich mit den zur Zeit der Niederschrift aktuellen Rahmenbedingungen von Erziehung befasst, auch heute noch aktuell ist und auch für heutige Erziehungssituationen eine Hilfe sein kann? Gibt es vergleichbare Ziele und Schwierigkeiten in der heutigen Zeit? Um herauszufinden, ob es eine Übereinstimmung der oben genannten Aspekte gibt, sollen in dieser Arbeit zu Beginn Lockes „Gedanken über die Erziehung“ vorgestellt und aus der heutigen Perspektive heraus diskutiert werden.
Welche Reformvorschläge unterbreitet Locke in seinem Werk und welche Auswirkungen haben sie im Bezug auf die Chancengleichheit zur damaligen Zeit?
Wie sieht es mit den Reformvorschlägen von Heute, nach PISA, aus? Bieten sie mehr Aussicht auf Chancengleichheit als das Konzept Lockes?
Inhaltsverzeichnis
I. EINLEITUNG
II. BIOGRAPHIE
III. HISTORISCHER HINTERGRUND
IV. JOHN LOCKE „GEDANKEN ÜBER DIE ERZIEHUNG“
1. Grundlinien seiner Philosophie
2. Ihre Entstehung und ihre Bedeutung für die heutige Zeit
3. Die drei Hauptbereiche
a) Die leibliche Erziehung
b) Die sittliche Erziehung
c) Bildung durch Unterweisung im Wissen und Können
aa) Virtue = Tugend
bb) Wisdom = Weisheit
cc) Breeding = Lebensart
dd) Learning = Kenntnisse
V. Chancengleichheit im 21. Jahrhundert
I. Die neue Unterschicht
II. Chancengleichheit in Deutschland* Ihr da unten
III. PISA
IV. Resümee
VI. Schlussbemerkung
VII. Literaturverzeichnis
I. EINLEITUNG
In der Vorlesung Arbeitsmarkt und Bildung, wurde das kritische Verhältnis zwischen diesen beiden näher beleuchtet. Gelingt es Arbeitsmarkt und Bildung mit einander zu Kooperieren, was für Schwierigkeiten treten bei dem Versuch der Verbindung und Vernetzung auf?
Als angehende Pädagogen lag unser Interesse besonders im Bereich der Bildung. Mit diesem Bereich wird sich auch die Hausarbeit näher befassen.
Im Folgenden werden wir einen Blick über unsere Schulter werfen und die Schriften eines Mannes unter die Lupe nehmen, dessen Ansichten zur damaligen Zeit revolutionär waren.
Die Rede ist von John Locke und seinem Werk „Gedanken über die Erziehung“. Wir werden versuchen, die Ideen Lockes genauer zu beleuchten. Wie lässt sich die Behauptung begründen, dass ein über 300 Jahre alte Buch, das sich mit den zur Zeit der Niederschrift aktuellen Rahmenbedingungen von Erziehung befasst, auch heute noch aktuell ist und auch für heutige Erziehungssituationen eine Hilfe sein kann? Gibt es vergleichbare Ziele und Schwierigkeiten in der heutigen Zeit? Um herauszufinden, ob es eine Übereinstimmung der oben genannten Aspekte gibt, sollen in dieser Arbeit zu Beginn Lockes „ Gedanken über die Erziehung“ vorgestellt und aus der heutigen Perspektive heraus diskutiert werden.
Welche Reformvorschläge unterbreitet Locke in seinem Werk und welche Auswirkungen haben sie im Bezug auf die Chancengleichheit zur damaligen Zeit?
Wie sieht es mit den Reformvorschlägen von Heute, nach PISA, aus? Bieten sie mehr Aussicht auf Chancengleichheit als das Konzept Lockes?
Zum Einstieg in das Thema, wollen wir mit John Lockes Lebenslauf beginnen um einige Informationen über die Person hinter dem Namen zu bekommen.
II. BIOGRAPHIE
John Locke wurde am 29. August 1632 in Wrington, einem Dorf in Somerset als Sohn von Agnes und John Locke sen., einem Rechtsanwaltes, geboren.[1]
Sein Leben fällt in eine Zeit mächtiger Erschütterungen der staatlichen und kirchlichen Ordnung. Das absolute Königtum und die bischöfliche Kirche kämpfen gegen die Macht der neuen demokratischen Ideen. In diesen Kampf ist auch John Locke verwickelt, aber dazu später mehr.
Lockes Eltern gehörten zur Mittelschicht der Landbevölkerung und ließen ihrem Sohn eine strenge Erziehung zu teil werden. 1646 wurde der junge John Locke für die beste Schule Englands, die Westminster School in London nominiert, in die er 1947 aufgenommen wurde. Die Westminster School durchläuft Locke ohne große Probleme und bekommt am Ende seiner Ausbildung das ersehnte Stipendium für ein Studium am Christ Church Collage in Oxford. Dort studiert John Locke Philosophie, Medizin und Chemie. In diesen Fächern erwirbt Locke 1656 den akademischen Grad eines „Bachelor of Art“ und nur 2 Jahre später, also 1658, den Titel eines „Master of Art“.
Nach Beendigung seines Studiums gab Locke am Christ- Church Collage Kurse in Griechisch und Rhetorik und wirkte als Tutor. Er beaufsichtigte die Studien von noch nicht graduierten Studenten, so wie es noch heute Aufgabe eines Tutors ist.
1660 schreibt Locke zwei Abhandlungen über die Rechte der Obrigkeit in Glaubenssachen, veröffentlicht diese jedoch nicht. Nachdem er 1654 schon seine Mutter verloren hatte, starb 1661 sein Vater und nur 2 Jahre später, 1663, sein Bruder Thomas.
1661 gibt er seine Stelle am Christ- Church Collage auf und beginnt seine Lehrtätigkeit an der Universität von Oxford. Auch dort unterrichtet er Griechisch und Rhetorik und zusätzlich Moralphilosophie. Nachdem Locke 1665 seine Lehrtätigkeit an der Universität von Oxford beendete, begleitet er den englischen Gesandten Sir Walter Vane an den brandenburgischen Hof in Kleve. Dort wurde Locke Sekretär der englischen Botschaft beim Kurfürsten von Brandenburg. Doch die Arbeit eines Sekretärs füllt ihn nicht aus und so kehrt er schon nach kurzer Zeit zurück nach London wo er Lord Ashley Cooper, den späteren Earl of Shaftesbury, kennen lernt. Für ihn arbeitete Locke als Mediziner, Pädagoge und Ideenlieferant. Durch die Unterstützung von Lord Cooper kann Locke 1668 Mitglied der Royal Society werden, in deren Namen er ein Jahr später eine Verfassung für die Kolonie Carolina entwirft, die sowohl Gewissensfreiheit als auch Sklaverei vorsieht.
1681 wird Lockes langjähriger Freund Lord Cooper, zu dieser Zeit schon Earl of Shaftesbury, wegen Verrat gefangen genommen. John Locke wird daraufhin von der Regierung beschattet. Ein Jahr später gelingt es Lord Shaftesbury in die Niederlande zu fliehen. Auch auf diesem Weg begleitet John Locke seinen Freund bis zu Shaftesburys Tod 1683. Auch nach dem Tod von Shaftesbury bleibt Locke weiterhin in Holland, da er von der englischen Regierung wegen seiner Ablehnung des römischen Katholizismus und seiner engen Zusammenarbeit mit Shaftesbury verfolgt wurde. In Holland lebt Locke als Dr. van der Linden und arbeitet an seinem Essay Concerning Human Understandig, am Toleranzbrief und an den Gedanken über die Erziehung.
1688, nach der „Glorious Revolution“ und der Versöhnung Englands mit dem Protestantismus, kann John Locke endlich in seine Heimat zurückkehren.
In der Zeit von 1689 bis 1696 veröffentlicht Locke seine in Holland fertig gestellten Essays, allerdings zum größten Teil anonym. Ab 1696 arbeitet Locke im Handelsministerium. In dieser Zeit unterbreitet er unter anderem den „Board of Trade and Plantations“, sein Plan zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit und der Massenarmut. Dieser Plan wird jedoch nicht angenommen.
Von vielen Krankheiten geschwächt, tritt John Locke 1700 von seinen Staatsämtern zurück und beschäftigt sich fortan mit theologischen Fragen.
Seinen Lebensabend verbringt John Locke im Haus einer Bekannten, Lady Masham.
Am 28. Oktober 1704 stirbt John Locke im Alter von 72 Jahren. Er hinterlässt eine Bibliothek von 4000 Büchern und ein Vermögen von 20000 Pfund.
Sein Nachruhm ist nicht messbar.
III. HISTORISCHER HINTERGRUND
Am Ende des 17.Jahrhunderts hatte sich England zur bedeutendsten Handelsgroßmacht der Welt entwickelt. Es herrschte eine konstitutionelle Monarchie, deren Weg von verschiedenen Stadien gekennzeichnet war: erst der Absolutismus unter Jakob I. (1603-1625) und Karl I. (1625-1649), dann die Republik unter Oliver Cromwell und schließlich die letzte Phase vor der „Glorreichen Revolution“ von 1688, der Restauration unter Karl II. (1660-1685) und Jakob II. (1685-1688).
Das 16. Jahrhundert war von einer Inflation geprägt, welche sich im 17. Jahrhundert fortsetzte und besonders im Bereich der Nahrungsmittel ihren Ausdruck fand. Zum Nachteil der Arbeitnehmer blieb die Lohnentwicklung jedoch dahinter zurück.[2]
Die Grundlage der englischen Wirtschaft bildeten weiterhin der Ackerbau und die Viehzucht. Wichtigster industrieller Grundstoff war Wolle. Der Export von dieser und von Textilien machte etwa drei Viertel des englischen Exports aus.[3] Des Weiteren erreichten die Engländer Fortschritte im Mittelmeerhandel.
Nach dem Tod Elisabeths I. im Jahre 1603, folgte ihr Jakob I. Er war ein Calvinist, schätzte aber die katholische Kirche. Jakob I. wollte als allgemeiner Friedensfürst Europas in die Geschichte eingehen und beendete sofort den Krieg mit Spanien. Außerdem schlug er eine Vereinigung von Schottland und England vor. Die Feindschaft der beiden war jedoch noch so stark, dass dies kaum vorstellbar war.[4] Da Jakob bereits in Schottland König war, war sein Verhältnis zu den englischen Untertanen von Anfang an durch Hass belastet, den die Engländer allen Schotten entgegen brachten. Jakob I. verstarb am 27. März 1625 unerwartet[5].
Sein Nachfolger wurde Karl I. Während seiner Regierungszeit entstand die Petition of Rights. Durch diese forderte das Parlament den König auf, keine Steuern ohne Einwilligung des Parlaments zu erheben, in Friedenszeiten kein Kriegsrecht zu verhängen, keine Bürger ohne Angabe des Grundes verhaften zu lassen und ordentliche Gerichtsverfahren zu garantieren[6].
In den folgenden Jahren ließ Karl I. das Parlament aufgrund von Uneinigkeiten zweimal auflösen. Erst im Sommer 1640, als die Invasion der Schotten im Norden Englands erfolgte, hatte Karl I. keine andere Wahl und musste erneut ein Parlament einberufen. Dieses wurde, da es bis 1660 nicht mehr aufgelöst wurde, als „Long Parliament“ bezeichnet.[7]
Im Jahre 1642 kommt es zu einem Streit zwischen König und Parlament, aus welchem der Bürgerkrieg folgte. Am 02. Juli 1644 errang das Parlamentsheer unter der Führung Oliver Cromwell einen entscheidenden Sieg[8]. 1648 versuchte Karl I. es erneut mit Hilfe der Schotten. Jedoch verlor er wieder gegen Cromwell. Schließlich wurde Englands König vor ein Gericht gestellt. „Er habe in die Rechte und Freiheiten des Volkes eingegriffen und sein Königsamt zur Errichtung einer unbeschränkten Tyrannei missbraucht.“[9] Am 30. Januar 1649 wurde Karl I. enthauptet.
Nach seinem Tod wurde das Parlament drastisch reduziert. Die Monarchie, das Oberhaus sowie die Staatskirche werden abgeschafft und England wurde zum Commonwealth. Der neue Machthaber Englands wurde Oliver Cromwell, der nahezu eine monarchische Stellung genoss.[10] Ihm gelang es ebenfalls Irland und Schottland in das Commonwealth einzugliedern.
Cromwell schuf „Instrument of Government“. Diese schriftlich niedergelegte Verfassung sollte England stabilisieren, indem sie den guten Bestand der englischen Traditionen bewahren und die politischen Errungenschaften von 1640 sichern sollte.[11] Oliver Cromwell starb am 03. September 1658. Unter seinem Nachfolger, seinem Sohn Richard Cromwell, zerbrach schließlich wieder das von ihm geschaffene Protektorat. Darauf folgte sofort sein Zwang zur Abdankung. 1660 wurde schließlich die Rückkehr Karl II. – der älteste Sohn des enthaupteten Königs – aus dem Exil veranlasst. Dieser begann mit der Restauration der Monarchie, des Unter- und Oberhauses sowie der Staatskirche.[12]
Im Inneren musste der zum Katholizismus neigende König 1673 auf Druck des Parlaments der Testakte zustimmen - die ausschließlich Angehörige der anglikanischen Kirche zum Staatsdienst zuließ und Katholiken ausschloss -, um Steuern zu bekommen[13]. Die Exclusion Bill, ein vom Parlament zum Ausschluss von Karls katholischem Bruder, dem späteren Jakob II., von der Thronfolge eingebrachtes Gesetz, brachte Karl dagegen durch die Auflösung des Parlaments zu Fall. Von 1681 bis zu seinem Tod regierte Karl ohne Parlament. Während dieser Zeit begannen die Anfänge der Parteien der Whigs (Gegner einer Thronfolge Jakobs) und der Tories (Befürworter Jakobs). Noch auf dem Totenbett konvertierte Karl zum Katholizismus. Sein Nachfolger wurde sein Bruder Jakob II.[14]
Jakob versuchte die Unterstützung der Dissenters und der Katholiken zu gewinnen, indem er 1687 die konfessionell motivierten Restriktionen gegen sie aufhob. Jedoch verstärkte er damit nur die religiösen Spannungen im Lande.[15]
Jakobs Gegner boten schließlich seinem Schwiegersohn Wilhelm von Oranien, dem späteren Wilhelm III., den englischen Thron an und lösten damit die „Glorreiche Revolution“ aus. Wilhelm zog 1688 gegen London. Man feierte ihn als Befreier, und Jakob musste, von seinen Truppen verlassen, nach Frankreich fliehen, wo er von König Ludwig XIV. Hilfe erhielt. 1690 landete Jakob mit französischen Truppen in Irland, um die Krone zurück zu gewinnen. Er wurde jedoch in der Schlacht am Boyne besiegt und kehrte nach Frankreich zurück. Jakob starb am 6. September 1701 in Saint-Germain-en-Laye.
IV. JOHN LOCKE „GEDANKEN ÜBER DIE ERZIEHUNG“
1. Grundlinien seiner Philosophie
Die folgenden Ausführungen stammen aus Lockes Werk „ Von der F ührung des Geistes“, das er vor „Gedanken über die Erziehung“ geschrieben hat.[16]
Wir halten es für wichtig, an dieser Stelle einmal kurz einen groben Einblick in dieses Werk zu geben, um die Erziehungstheorien Lockes, die wir im Anschluss näher betrachten wollen, besser zu verstehen.
Locke ist ein Gegner der Lehre von den angeborenen Ideen. Diese Lehre besagt, dass die Seele bestimmte Ideen mit auf die Welt bringt, davon ausgehend, dass es bestimmte Grundwahrheiten gäbe, über die sich alle Menschen einig wären, die also von allen anerkannt sind.
Locke versucht diese Theorie zu widerlegen, indem er nachweist, dass es auf der Welt keine Grundwahrheiten gibt, also keine Normen, Werte etc., die bei allen Menschen auf der Welt anzutreffen sind. Das erste Beispiel das Locke in diesem Zusammenhang nennt ist das Gewissen. Das Gewissen unterscheidet sich von Individuum zu Individuum. Eine Tat die, dem einen Gewissensbisse bereitet, muss bei einem anderen noch lange keine Gewissensbisse hervorbringen.
Das zweite Beispiel das Locke nennt ist die Vorstellung von Gott. Die Vorstellung, dass es einen allmächtigen, allwissenden und allgütigen Gott gibt ist zwar weit verbreitet, so Locke, wenn man aber einen Blick auf die unzivilisierten, wilden Völker wirft, so stellt man fest, dass diese keinerlei Vorstellung von Gott haben. Würde es aber eine Idee von Gott in der Seele geben, die von Anfang an in ihr besteht, so dürften solche Abweichungen nicht auftreten.
Letzteres Beispiel ist wohl das Entscheidenste und Stärkste in diesem Zusammenhang und für Locke wohl der zutreffenste Beweis dafür, dass Ideen sich erst durch Erfahrung in der Seele entwickeln.
Nachdem Locke nun die Lehre der allgemeinen Idee verworfen hat, geht er dazu über, seine eigene Lehre vorzustellen.
Locke geht wie schon oben erwähnt davon aus, dass die Ideen, die in der Seele enthalten sind, nicht von Beginn an in ihr „stecken“, sondern erst im Laufe des Lebens durch Erfahrung hinzugefügt werden. Die menschliche Seele ist zu Beginn also ein weißes Blatt Papier, ein tabula rasa .
Nachdem nun festgestellt wurde, dass die in der Seele enthaltenen Ideen durch Erfahrung gebildet werden, geht Locke dazu über die Erfahrung genauer zu beschreiben.
Die Erfahrung teilt Locke in zwei verschiedene Formen auf, zum einen in die innere und zum anderen in äußere Erfahrung. Die innere Erfahrung ist hierbei für Locke eine innere Tätigkeit, also so etwas wie Selbstbeobachtung, die von Locke auch als Sensation bezeichnet wird. Die äußere Erfahrung kennzeichnet er als die Beobachtung äußerer Gegenstände und Vorgänge. Für diese Erfahrung verwendet er auch häufig die Bezeichnung Religion. Diese zwei Formen der Erfahrung sind für Locke die einzigen Quellen der Erkenntnis.
Locke ist nicht nur Gegner der Lehre von den angeborenen Ideen, er zweifelt auch den cartesianischen Satz an. Der cartesianische Satz besagt, dass das Denken das unveräußerliche Gut der Seele ist. Locke ist der Ansicht, dass sich das Denken zur Seele wie die Bewegung zum Körper verhält. Die Bewegung ist nicht das unveräußerliche Gut des Körpers, das heißt, es ist nicht das, was einen Körper ausmacht, ihn charakterisiert. Die Bewegung kann nur Teil eines Körpers sein, so wie beim menschlichen Körper zum Beispiel. Ein Körper kann auch ruhen. Das unveräußerliche Gut eines Körpers ist nämlich seine Ausdehnung. Gibt es keine Ausdehnung, gibt es keinen Körper. So ist auch das Denken nicht das unveräußerliche Gut der Seele. Was denn nun das unveräußerliche Gut der Seele ist, beschreibt Locke nicht.
Nachdem Locke nun näher auf die verschiedenen Formen der Erfahrung eingegangen und im Anschluss daran seine Vorstellungen von der menschlichen Seele dargestellt hat, geht er nun noch einmal auf die in der menschlichen Seele enthaltenen Ideen ein.
Um den Ursprung der Idee nachzuweisen, unterscheidet Locke zwischen einfachen und zusammengesetzten Ideen. Einfache Ideen sind dabei Sinnesempfindungen, wie z.B. das Empfinden von Wärme und Kälte. Diese Art von Ideen bilden den Grundstock unserer Erkenntnis. Aus diesen einfachen Ideen bildet der Verstand durch Vergleich, Verknüpfung und Ausscheidung zusammengesetzte Ideen. Aus sich heraus kann der Verstand keine einfache, neue Idee erschaffen. Wie schon oben erwähnt sind die einfachen Ideen das aus dem der Mensch seine Erkenntnis schöpft. In ihnen verhält sich der Mensch passiv, denn er kann nur das Gegebene auffassen und verarbeiten. Die einfachen Ideen entsprechen immer etwas Realem.
Die einfachen Ideen können durch einen Sinn entstehen, oder durch mehrere Sinne. Die Entstehung aus einem Sinn beinhaltet zum Beispiel die Idee der Farbe (sehen), die Idee der Töne (hören) usw. Die Entstehung aus mehreren Sinnen beinhaltet die Ideen der Ausdehnung, der Gestalt, der Bewegung und der Ruhe. Diese Eindrücke wirken zum Beispiel auf das Auge und den Tastsinn. Einfache Ideen können aber auch aus inneren Erfahrungen heraus entstehen. Diese sind für Locke die zwei Grundtätigkeiten des Geistes. Dies sind zum einen der Wille und zum anderen der Verstand. Um innere Erfahrungen handelt es sich zum Beispiel bei den Ideen von Lust, Existenz, Schmerz, Einheit, Kraft und Veränderung. Bei den inneren Erfahrungen handelt es sich also nicht unbedingt um die Verknüpfung mit realen Vorgängen, sonder um Gebilde des Geistes.
Die Fähigkeit des Menschen, gewisse Vorstellungen im Geist hervorbringen zu können, bezeichnet Locke als die natürliche Eigenschaft des Körpers. Diese Eigenschaften unterteilt Locke in primäre und sekundäre Eigenschaften. Primäre Eigenschaften sind vom Gegenstand untrennbar und bei allen Veränderung desselben fortdauernd. Sie entsprechen dem Wesen des Körpers und haben objektive Gültigkeit. Die sekundären Eigenschaften haften dem Körper nicht direkt an, wie zum Beispiel Farbe, Ton oder Geschmack.
Lockes Vorstellungen von der Idee lassen sich in unterschiedliche Kategorien gliedern.
Modi bzw. Erscheinungsform
Substanz oder Wesenheit
Relation oder Beziehung
Die Modi bzw. die Erscheinungsformen sind zusammengesetzte Ideen, die nicht für sich selbst, sondern nur an einer Substanz gedacht werden können. Dazu gehören zum Beispiel die Vorstellung des Raumes, der Zeit und der Zahl.
Die Substanz oder Wesenheiten sind
„solche Kombinationen einfacher Ideen, welche einzelne besondere, durch sich selbst bestehende Dinge bezeichnen, oder die vorausgesetzten unbekannten Träger der verschiedenen Eigenschaften.“[17]
Es gibt körperliche und geistige Substanzen, von denen Beiden uns die Erfahrung überzeugt. Die sinnliche Erfahrung überzeugt uns vom Vorhandensein körperlicher Substanzen, die Selbstbeobachtung vom Dasein geistiger Substanz. Locke räumt jedoch ein, dass das Vorhandensein dieser Substanzen eine bloße Annahme ist, genau wie bei der höchsten Substanz, Gott.
Hier entsteht ein Widerspruch. Locke geht davon aus, dass das Wesen der Substanz, die ja aus zusammengesetzten Ideen besteht, nicht vom Menschen erfasst werden kann, genau wie Gott. Aber wurde nicht zu Beginn gesagt das die Seele am Anfang ein tabula rasa ist und erst mit Ideen gefüllt werden muss?
Locke sieht in dieser Annahme, dass die göttliche Allmacht gewissen hierzu eingerichteten Systemen die Fähigkeit zur geistigen Tätigkeit gegeben habe, kein Problem. Wie die Einrichtung dieser Systeme von statten geht hat für Locke keine Bedenken und steht nicht im Widerspruch mit seiner Annahme, dass sich die Seele des Menschen erst durch Erfahrung „füllt“.
Die dritte Kategorie die Locke nennt ist die Relation oder die Beziehung. Diese Kategorie bezeichnet das Verhältnis von einer Idee zu einer anderen, wie zum Beispiel bei dem Verhältnis von Vater und Sohn, oder von Mann und Frau. Unter all den vielen bestehenden Relationen hebt Locke besonders die Relation von Ursache und Wirkung hervor, das allein durch Erfahrung und Beobachtung entsteht. Auf die Frage wie eine Substanz auf eine andere Wirken kann, geht Locke in seinen Ausführungen nicht ein.
In den letzten Kapiteln stellt er noch Erörterungen über klare und dunkle, wirkliche und phantastische, adäquate und nicht adäquate, wahre und falsche Ideen an. Dies ist aber für den weiteren Verlauf der Hausarbeit nicht mehr von Interesse.
Locke stellt heraus, dass der Geist keinen anderen Gegenstand des Denkens hat, als seine eigene Vorstellung, die Erkenntnis also eigentlich nichts anderes ist, als die Auffassung von der Übereinstimmung und Nichtübereinstimmung unserer Vorstellungen oder Ideen. Um uns über die Übereinstimmungen und Nichtübereinstimmungen klar zu werden unterscheidet Locke drei Wege.
Die intuitive Erkenntnis
Die demonstrative Erkenntnis
Das sensitive Wissen
Die intuitive Erkenntnis ist die höchste Stufe der Erkenntnis. Sie besteht darin, dass wir die Übereinstimmungen und Nichtübereinstimmungen unserer Ideen unmittelbar erkennen. Das zum Beispiel schwarz nicht weiß ist oder ein Kreis kein Dreieck. Die demonstrative Erkenntnis erkennt die Übereinstimmung oder Nichtübereinstimmung unserer Ideen durch Vermittlung einer Dritten. Diese Erkenntnis lässt sich auch als das schließende auf Beweise aufbauende Denken bezeichnen. Das sensitive Wissen ist die Erkenntnis des besonderen Daseins anderer Dinge außer uns. Dieses Wissen hat zwar mehr Geltung als die bloße Wahrscheinlichkeit, geht aber über den Rang der demonstrativen Erkenntnis nicht hinaus.
Zum Schluss wird nun noch einmal genau auf die Tätigkeit des Geistes eingegangen. Locke teilt die Tätigkeit des Geistes in 6 unterschiedliche Felder ein.
[...]
[1] Euchner, John Locke zur Einführung, S.214 –216
Euchner, John Locke Zweite Abhandlungen über die Regierung, S.5-20;
Klenner, John Locke S:295-300
[2] Maurer, Geschichte Englands, S.123f.
[3] Maurer, Geschichte Englands., S.125.
[4] Maurer, Geschichte Englands, S. 131f.
[5] Trevelyan, Geschichte Englands, S.439.
[6] Maurer, Geschichte Englands, S.138.
[7] Maurer, Geschichte Englands, S.147.
[8] Maurer, Geschichte Englands, S.152.
[9] Maurer, Geschichte Englands, S.155.
[10] Maurer, Geschichte Englands, S.156.
[11] Maurer, Geschichte Englands, S.158.
[12] Maurer, Geschichte Englands, S.160.
[13] Trevelyn, Geschichte Englands, S.520.
[14] Maurer, Geschichte Engalnd, S.171.
[15] Trevelyn, Geschichte Englands, S.533
[16] John Locke, Von der Führung des Geistes
[17] Dressler, Bruno; Geschichte der Englischen Erziehung, S. 363
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- Tabea Lynen (Autor:in), Jacqueline Fuchs (Autor:in), 2006, Erziehung und Chancengleichheit von John Locke bis heute, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/136150
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