Innere Sicherheit als neue Aufgabe für die Bundeswehr?


Hausarbeit, 2008

16 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Bundeswehr und die neuen Gefährdungen

3. Innere und äußere Sicherheit im Grundgesetz
3.1 Die Grundentscheidung des Grundgesetzes
3.2 Artikel 87a Grundgesetz
3.3 Artikel 35 Grundgesetz
3.4 Ergebnis

4. Das Luftsicherheitsgesetz – Ein richtungsweisender Schritt?
4.1 Die Entstehung
4.2 Das Luftgesetz vor dem Bundesverfassungsgericht

5. Resümee

6. Bibliographie

Primärliteratur

Sekundärliteratur

Internetquellen

1. Einleitung

Nach den Terroranschlägen gegen die USA am 11. September 2001 wird in der Bundesrepublik Deutschland eine intensive Diskussion zur Zulässigkeit und Rechtmäßigkeit des Einsatzes der Bundeswehr im Innern zu Zwecken der Bekämpfung von Terroristen geführt. Laut einer 2005 durchgeführten Umfrage des Nachrichtenmagazins ‘Der Spiegel’ befürworteten 65% der deutschen Gesamtbevölkerung einen Einsatz der Bundeswehr im Innern. Jedoch sind dabei eine Fülle verfassungsrechtlicher Fragen umstritten. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble formulierte in einem Spiegel-Gespräch vom 9. Juli 2007 hierzu treffend:

„Nehmen wir an, jemand wüsste, in welcher Höhle Osama Bin Laden sitzt. Dann könnte man eine ferngesteuerte Rakete abfeuern, um ihn zu töten […] Die Rechtsfragen dabei wären völlig ungeklärt, vor allem, wenn daran Deutsche beteiligt wären. Wir sollten versuchen, solche Fragen möglichst präzise verfassungsrechtlich zu klären, und Rechtsgrundlagen schaffen, die uns die nötigen Freiheiten im Kampf gegen den Terrorismus bieten.“

Bevor diese Rechtsfragen in Kapitel ‘Innere und äußere Sicherheit im Grundgesetz’ eingehend erörtert werden, soll sich zunächst das Kapitel 2, ‘Die Bundeswehr und die neuen Gefährdungen’, darum bemühen, die Bedrohungen, die sich der Bundesrepublik Deutschland stellen, erkenntlich zu machen, um dann darauf aufbauend die Einsatzmöglichkeiten für die Streitkräfte im Innern darzulegen. Im Kapitel 4 der Hausarbeit soll schließlich die Problematik des Luftsicherheitsgesetzes und letztendlich sein Scheitern vor dem Bundesverfassungsgericht erörtert werden. Den Abschluss bildet ein kurzes Resümee, das noch einmal die komplizierte Sachlage prägnant zusammenfasst.

2. Die Bundeswehr und die neuen Gefährdungen

Mit dem Fall der Mauer und dem Ende des Kalten Kriegs hat sich auch die Gefahrensituation für die Bundesrepublik Deutschland grundlegend verändert. Die Hoffnung, dass nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion endlich Frieden in der Welt einkehren würde, erwies sich als trügerisch, denn es entstanden neue Gefährdungen und Konflikte, die heute mit den Schlagwörtern ‘Regionalkonflikte und fehlgeschlagene Staaten’, ‘Proliferation von Massenvernichtungswaffen’, ‘Energiesicherheit’ und ‘Terrorismus’ umschrieben werden.[1] Die primär größte Gefahr geht vom islamistischen Terrorismus aus, der Züge einer neuen totalitären Gefahr in sich trägt. Die Terrorakte in New York, Washington, Bali, Madrid, Djerba und London sowie die vielen kleinen Anschläge und die täglichen Anschläge im Irak „sind nicht das Werk verirrter Individuen“[2] gewesen, sondern sie lassen strategische Planung erkennen. Zudem werden die generellen Ziele der Djihadisten in der islamischen Welt durchaus begrüßt und dies ist darauf zurückzuführen, dass „der islamistische Terrorismus […] seine Attraktivität aus einem in der islamischen Welt weit verbreiteten Minderwertigkeitsgefühl“[3] bezieht, wobei nicht alle Sympathisanten terroristische Anschläge befürworten. Dieser islamistische Terrorismus besitzt seinen Ursprung in der weit verbreiteten Djihad-Philosophie, die eine radikale Ablehnung westlicher Zivilisationen darstellt und durch islamistische Fundamentalisten eine nihilistische Gewaltbereitschaft in der islamischen Welt entstehen lässt, für die es offenbar keine Grenzen gibt.[4]

Seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland ist es die Angelegenheit der Polizei, der Strafverfolgungsbehörden sowie anderer, im Inland arbeitender Behörden, die innere Sicherheit in Deutschland zu gewährleisten und damit auch den Herausforderungen, die durch den internationalen Terrorismus entstehen, zu trotzen, ohne dabei die Bundeswehr zu Hilfe zu rufen. Hierbei muss allerdings berücksichtigt werden, dass sich in absehbarer Zeit die Art und Gefährlichkeit der terroristischen Bedrohungen derart verändern, dass der Einsatz der Bundeswehr von der Sache her geboten ist.[5] Es stellt sich also die Frage, ob die gegenwärtige Aufgabenverteilung von Polizei und Bundeswehr ausreichend ist, um auf die neue Gefahrenlage angemessen reagieren zu können.[6] Bundesinnenminister Schäuble formulierte hierzu treffend: „Wir wollen einen umfassenden Sicherheitsbegriff zugrunde legen. Daher werden wir über die völlig überkommene Trennung von innerer und äußerer Sicherheit zu reden haben und über die Frage eines Einsatzes der Bundeswehr im Inneren.“[7]

Doch zuerst einmal müssen die möglichen Bedrohungen analysiert werden um schließlich daraufhin entscheiden zu können, ob Bundeswehrverwendungen bei bestimmten Gefahrensituationen als sinnvoll zu erachten sind. Im Folgenden werden nun Bereiche erläutert, in denen ein Einsatz der Bundeswehr im Innern als nützlich anzusehen ist.

Denkbar wäre ein Einschreiten der Bundeswehr bei absehbaren terroristischen Bedrohungen durch Flugzeuge, die, ähnlich wie am 11. September, zur Durchführung von Anschlägen genutzt werden sollen, denn aufgrund der nicht vorhandenen Ausrüstung der Polizei, kommt nur die Bundeswehr in Betracht, eine solche drohende Gefahr abzuwenden.[8] Auch bei Anschlägen mit Nuklearwaffen, radiologischem Material, biologischen und chemischen Waffen wäre ein Einsatz der Bundeswehr durchaus geboten, da sie zum einen über eine geeignete Bekämpfungsmittelausrüstung verfügt und zum anderen es sehr schnell dazu kommen könnte, dass sich die Fähigkeiten von Polizei und Feuerwehr zur Abwehr derartiger Gefährdungen als nicht ausreichend erweisen.[9] Begrenzt sind auch die Fähigkeiten der Polizei im Hinblick auf den Schutz der Küste, denn mittlerweile ist nicht mehr auszuschließen, dass scheinbar harmlose Schiffe, mit Kernwaffen beladen, von Selbstmordattentätern in großen Schiffshäfen zur Detonation gebracht werden. Doch nicht nur der Schutz der Küste, sondern noch vielmehr der Schutz hoch sensibler Infrastruktur in der Bundesrepublik Deutschland könnte von der Bundeswehr übernommen werden, denn die Bewachung von Atomkraftwerken, Raffinerien oder auch von Regierungsgebäuden ist sehr personalintensiv und bindet viele Polizeikräfte, die anderweitig besser eingesetzt werden könnten.

Die oben genannten Einsatzmöglichkeiten der Bundeswehr konnten bis jetzt noch nicht verwirklicht werden, weil derartige Denkanregungen zumeist mit verfassungsrechtlichen Argumenten ‘totgeschlagen’ wurden.[10] Verfassungsrechtler gehen diese Fragestellungen in der Regel mit Blick auf das positive, das heißt das geschriebene Recht an und weniger mit Blick auf die Frage, ob das Verfassungsrecht der Bedrohungslage noch angemessen ist.[11]

3. Innere und äußere Sicherheit im Grundgesetz

3.1 Die Grundentscheidung des Grundgesetzes

Das Grundgesetz ist geprägt vom Grundsatz der strikten funktionalen Trennung von Polizeiaufgaben, die in die Zuständigkeit der Länder fallen und Streitkräfteaufgaben, die in die ausschließliche Bundeszuständigkeit fallen. Der beherrschende Gedanke, das „militärische und polizeiliche Gewaltmonopol grundsätzlich sowohl sachlich als auch vertikal kompetenziell“[12] voneinander zu trennen, bewirkt, dass die Polizei mit einer „präventiven Zielsetzung“[13] Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bekämpft und darüber hinaus die Staatsanwaltschaft bei der Strafverfolgung unterstützt, während den Streitkräften im Gegensatz dazu, ausschließlich die Aufgabe erteilt wurde, einen von außen kommenden Angriff militärisch abzuwehren.[14] Diese verfassungspolitische Grundentscheidung, die innere Sicherheit ausschließlich der Verantwortung der Polizei zu übertragen, ist in der Wehrverfassung 1956 bestätigt worden und räumt der Zivilgewalt einen deutlichen Vorrang gegenüber der militärischen Gewalt ein.[15]

Aus rein rechtlicher Sicht ist also ein Einsatz der Bundeswehr im Frieden im Innern zu polizeilichen Zwecken nicht vorgesehen beziehungsweise nur unter engen Voraussetzungen, die seit der Grundgesetzänderung vom 24. Juni 1968 unverändert gelten.[16]

In den folgenden Kapiteln soll nun näher untersucht werden, welche Voraussetzungen, die das Grundgesetz stellt, erfüllt werden müssen, um einen Einsatz der Bundeswehr im Innern auf einen rechtlich gesicherten Standpunkt zu stellen. Da das Grundgesetz über keine geschlossene Wehrverfassung verfügt, werden verschiedene Artikel des Grundgesetzes zu Rate gezogen, wobei sicherlich der Schwerpunkt bei Artikel 87a GG liegt, weil dieser eine recht umfassende Regelung des Militärischen enthält.

[...]


[1] Vgl. Joachim Krause: Die Bundeswehr in einer sich verändernden Welt. In: Joachim Krause, Jan C. Irlenkaeuser [Hrsg.]: Bundeswehr – Die nächsten 50 Jahre. Anforderungen an deutsche Streitkräfte im 21. Jahrhundert. Opladen: Barbara Budrich 2006, S. 19.

[2] Ebd., S. 21.

[3] Ebd.

[4] Vgl. ebd.

[5] Vgl. ebd., S. 28.

[6] Vgl. Wilhelm Knelangen: Innere Sicherheit als neue Aufgabe der Bundeswehr?. In: Joachim Krause, Jan C. Irlenkaeuser [Hrsg.]: Bundeswehr – Die nächsten 50 Jahre. Anforderungen an deutsche Streitkräfte im 21. Jahrhundert. Opladen: Barbara Budrich 2006, S. 253.

[7] <http://www.welt.de/welt_print/article811903/Bundeswehr_im_Innern_einsetzen.html> (25.03.2008).

[8] Vgl. Joachim Kraus: Die Zukunft der Bundeswehr in einer sich verändernden Welt, S. 29.

[9] Vgl. ebd.

[10] Vgl. ebd., S. 28.

[11] Vgl. ebd.

[12] Tobias Linke: Innere Sicherheit durch die Bundeswehr. In: Udo Di Fabio, Peter M. Huber, Gerhard Robbers [Hrsg.]: Archiv des öffentlichen Rechts [Bd.129]. Tübingen: Mohr Siebeck 2004, S. 510.

[13] Wilhelm Knelangen: Innere Sicherheit als neue Aufgabe für die Bundeswehr?, S. 256.

[14] Vgl. Peter Dreist: Terroristenbekämpfung als Streitkräfteauftrag – zu den verfassungsrechtlichen Grenzen polizeilichen Handelns der Bundeswehr im Innern. In: Dr. Klaus Dau, Dr. Armin A. Steinkamm [Hrsg.]: Neue Zeitschrift für Wehrrecht [Bd.46]. Neuwied: Luchterhand 2004, S. 94.

[15] Vgl. Tobias Linke: Innere Sicherheit durch die Bundeswehr?, S. 511.

[16] Vgl. Peter Dreist: Terroristenbekämpfung als Streitkräfteauftrag, S. 94.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Innere Sicherheit als neue Aufgabe für die Bundeswehr?
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen  (Institut für Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Das politische System der BRD
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
16
Katalognummer
V136180
ISBN (eBook)
9783640444137
ISBN (Buch)
9783640444434
Dateigröße
374 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Innere, Sicherheit, Aufgabe, Bundeswehr
Arbeit zitieren
Frederik Unden (Autor:in), 2008, Innere Sicherheit als neue Aufgabe für die Bundeswehr?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/136180

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