„Die Wall Street, wie wir sie kannten, gibt es nicht mehr.“ Mit Lehman Brothers, Merrill Lynch und Bear Stearns sind drei der fünf prestigereichsten US-Investmentbanken vom Erdboden verschwunden. Die beiden verbliebenen Wall Street-Häuser Morgan Stanley und Goldman Sachs, eigentlich gesunde Institutionen, sind teilweise durch Spekulanten in die Enge getrieben worden und werden bald als normale Banken weiter bestehen. Die Dynamik der Kreditkrise, die ursprünglich durch einen regionalen Immobiliencrash in einigen amerikanischen Vorstädten begann und schließlich in der wohl schwersten globalen Finanzmarktkrise seit den 30er Jahren mündete, ist schier unbegreiflich. Regierungen in aller Welt schreien nach verstärkter Regulierung und schimpfen auf die sonst schillernden, heute aber eher ahnungslos und verzweifelt wirkenden Kapitäne der Finanzwirtschaft. Die US-Regierung verabschiedete ein milliardenschweres Rettungspaket zum Aufkauf von faulen Krediten und zur Stabilisierung der Finanzmärkte. Leerverkäufe einiger Finanztitel wurden ebenfalls zeitweilig untersagt. Friedrich August von Hayek, der verstorbene Nobelpreisträger und einer der einflussreichsten Vertreter der angebotsorientierten Konjunkturpolitik, würde sich bei so viel Einmischung durch Staat und Regierung wohl im Grab umdrehen.
Vor der Finanzkrise in den Jahren 2005 bis hinein in die erste Hälfte von 2007 waren die Wirtschaftsgazetten allerdings von anderen Headlines geprägt. Beteiligungsgesellschaften wurden für ihre immer größer und spektakulär anmutenden Übernahmedeals gefeiert. Private Equity war in aller Munde. Riesige Buy-Outs wie die 45 Mrd. US-Dollar Übernahme von TXU durch Kohlberg, Kravis, Roberts & Co. (KKR) ließen die Herzen der Beteiligungsmanager höher schlagen. Auf dem Höhepunkt sorgte der Börsengang von The Blackstone Group im Juni 2007 für eine hohe Nachfrage und bescherte den Gründern milliardenschwere Einnahmen. Gleichzeitig besiegelte dieses Ereignis aber auch das Ende der Euphorie. Die Finanzkrise geht auch an der Beteiligungsbranche nicht spurlos vorbei. Ziel dieser Arbeit ist es, die genauen Auswirkungen der Kreditkrise auf die Private Equity-Industrie zu analysieren. Ein besonderes Augenmerk soll dabei auf die zukünftige Strategie der Finanzinvestoren gelegt werden. Wird sich also das ursprüngliche Geschäftsmodell der Private Equity-Gesellschaften verändern? Wird die Finanzkrise die Strategie der Investoren nachhaltig beeinflussen?
Inhaltsübersicht
DARSTELLUNGSVERZEICHNIS
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
1 EINLEITUNG
1.1 Problemstellung & Zielsetzung
1.2 Aufbau der Arbeit
2 GRUNDLAGEN
2.1 Definition & Abgrenzung
2.1.1 Private Equity & Venture Capital
2.1.2 Leveraged Buy-Out (LBO)
2.1.3 Der Private Equity-Markt
2.1.3.1 Kapitalgeber
2.1.3.2 Dachfonds
2.1.3.3 Private Equity-Gesellschaften
2.1.3.4 Portfolio-Unternehmen
2.1.3.5 Externe Berater
2.2 Beteiligungsphasen & -anlässe
2.2.1 Early Stage
2.2.2 Later Stage
2.2.3 Turnaround & Restructuring
2.2.4 Mezzanine
2.3 Volkswirtschaftliche Bedeutung von Private Equity
2.4 Exkurs: Private Equity und der Deutsche Mittelstand
3 GESCHÄFTSMODELL PRIVATE EQUITY
3.1 Fondskonzept
3.2 Struktur und Ablauf von Private Equity-Investitionen
3.2.1 Sichtung & Auswahl der Zielunternehmen
3.2.2 Entscheidungskriterien
3.2.3 Due Diligence
3.2.4 Unternehmensbewertung
3.2.5 Beteiligungsverhandlungen & Vertragsabschluss
3.2.6 Beteiligungsmanagement
3.2.7 Exit
3.3 Werttreiber einer Private Equity-Investition
3.3.1 Financial Arbitrage
3.3.2 Optimierung der Kapitalstruktur
3.3.3 Kostensenkung & Operative Effizienz
3.3.4 Strategische Neuausrichtung
3.3.5 Principal-Agent-Problematik
3.3.6 Monitoring
3.4 Rendite & Erträge
4 SUBPRIME : VON DER IMMOBILIEN - ZUR GLOBALEN FINANZKRISE
4.1 Prolog & Vorgeschichte
4.2 Entstehung der Krise am US-Hypothekenmarkt
4.2.1 Eine neue Zielgruppe: Kreditnehmer mit schlechter Bonität
4.2.2 Die Strukturierung der Risiken
4.2.3 Subprime-Indizes & Derivate auf CDOs
4.3 Die Bedingungen ändern sich und das Unheil beginnt
4.4 Die Krise erreicht die internationale Finanzwelt
4.5 Auswirkungen auf den Geldmarkt
4.6 Globale wirtschaftliche Bedeutung
4.7 Zwischenfazit: Die wichtigsten Faktoren der Krise
5 AUSWIRKUNGEN DER SUBPRIME -KRISE AUF DEN PRIVATE EQUITY -MARKT
5.1 Prolog
5.2 Auswirkungen auf laufende Deals
5.3 Entwicklung der Transaktionsgrößen
5.4 Finanzierung
5.4.1 Covenants
5.4.2 Veränderung in der Finanzierungsstruktur
5.5 Fundraising
5.6 Ausfälle von Portfolio-Unternehmen
5.7 Renditen / Exitmöglichkeiten
5.8 Änderung in der Vertragsgestaltung von Transaktionen
5.9 Haltedauer von Beteiligungen
5.10 Marktbereinigungseffekte
5.11 Der LBO-Boom der 80er Jahre als Anhaltspunkt
6 ZUKÜNFTIGER STRATEGISCHER FOKUS DER INVESTOREN
6.1 Distressed Debt
6.2 Restructuring & Turnaround Management
6.3 Minderheitsbeteiligungen
6.4 Fokus Mittelstand
6.5 Operative Performance & Portfolio-Management
6.6 Geographische Neu-Ausrichtung
6.7 Diversifikation
6.8 Private Equity-IPOs
7 SCHLUSSBETRACHTUNG & AUSBLICK
V LITERATURVERZEICHNIS
VI ANHANG
III Darstellungsverzeichnis
Darstellung 1: Fundraising nach Kapitalgebern 2007 (Deutschland)
Darstellung 2: Überblick über die verschiedenen Finanzierungsphasen
Darstellung 3: Anteil der PE-Investitionen in Europa am nationalen BIP in Prozent,
Darstellung 4: Private Equity-Fonds-Konzept
Darstellung 5: Entwicklung des Fundraising in Deutschland
Darstellung 6: Schematischer Ablauf einer Private Equity-Beteiligung
Darstellung 7: Selektionsrate im Entscheidungsprozess
Darstellung 8: Idealtypischer zeitlicher Ablauf einer Transaktion
Darstellung 9: Exitkanäle 2007 in Deutschland (Aus Sicht des Exitwerts in Euro),
Darstellung 10: Übersicht der Werttreiber einer Private Equity-Beteiligung
Darstellung 11: Top Private Equity-Fonds hängen die Konkurrenz ab
Darstellung 12: Federal Funds Effective Rate
Darstellung 13: S&P/Case-Shiller U.S. National Home Price Index
Darstellung 14: Vergleich Investitionen und Fundraising 2007 in Deutschland
Darstellung 15: Erwartete zukünftige Nutzung von Debt-Kategorien
Darstellung 16: Änderung Fundraising zwischen H1 07 und H1 08 abhängig vom Fondstyp
Darstellung 17: Entwicklung der Private Equity-Werttreiber im historischen Verlauf
IV Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Als Ausgangspunkt der Arbeit wird zunächst auf die aktuelle Problemstellung und die daraus ]resultierende Zielsetzung der Diplomarbeit eingegangen. Aufbau und Struktur der Vorge-hensweise werden in Kapitel 1.2 erläutert.
1.1 Problemstellung & Zielsetzung
Zu Beginn der Arbeit erschien folgendes Zitat aus dem Handelsblatt als ein gelungenes Bei-spiel für die Finanzkrise und somit ein guter Einstieg in die Arbeit: „Lässt man Goldman Sachs außen vor, so haben die New Yorker Investmentbanken innerhalb kurzer Zeit all ihre Nettogewinne der letzten zehn Jahre ausradiert."1 Heute, Mitte Oktober 2008, muss man die Aussage umformulieren: „Lässt man Goldman Sachs und Morgan Stanley außen vor, so ha-ben sich die New Yorker Investmentbanken innerhalb kurzer Zeit selbstständig ausradiert“.
Genauer gesagt, „die Wall Street, wie wir sie kannten, gibt es nicht mehr.“2 Mit Lehman Brothers, Merrill Lynch und Bear Stearns sind drei der fünf prestigereichsten US-Investmentbanken vom Erdboden verschwunden. Die beiden verbliebenen Wall Street-Häuser Morgan Stanley und Goldman Sachs, eigentlich gesunde Institutionen, sind teilweise durch Spekulanten in die Enge getrieben worden und werden bald als normale Banken wei-ter bestehen. Die Dynamik der Kreditkrise, die ursprünglich durch einen regionalen Immobi-liencrash in einigen amerikanischen Vorstädten begann und schließlich in der wohl schwers-ten globalen Finanzmarktkrise seit den 30er Jahren mündete, ist schier unbegreiflich. In der knapp dreimonatigen Bearbeitungszeit der vorliegenden Diplomarbeit änderte sich das globa-le Finanzsystem entscheidend und die langfristigen Folgen sind noch nicht absehbar. Einer der größten weltweiten Versicherungskonzerne, die amerikanische AIG, wurde praktisch über Nacht verstaatlicht, ebenso britische Hypothekenfinanzierer. Regierungen in aller Welt schreien nach verstärkter Regulierung und schimpfen auf die sonst schillernden, heute aber eher ahnungslos und verzweifelt wirkenden Kapitäne der Finanzwirtschaft. Die US-Regierung verabschiedete ein milliardenschweres Rettungspaket zum Aufkauf von faulen Krediten und zur Stabilisierung der Finanzmärkte. Leerverkäufe einiger Finanztitel wurden ebenfalls zeit-weilig untersagt. Friedrich August von Hayek, der verstorbene Nobelpreisträger und einer der einflussreichsten Vertreter der angebotsorientierten Konjunkturpolitik, würde sich bei so viel Einmischung durch Staat und Regierung wohl im Grab umdrehen.
Vor der Finanzkrise in den Jahren 2005 bis hinein in die erste Hälfte von 2007 waren die Wirtschaftsgazetten allerdings von anderen Headlines geprägt. Beteiligungsgesellschaften wurden für ihre immer größer und spektakulär anmutenden Übernahmedeals gefeiert. Private Equity war in aller Munde. Riesige Buy-Outs wie die 45 Mrd. US-Dollar Übernahme von TXU durch Kohlberg, Kravis, Roberts & Co. (KKR) ließen die Herzen der Beteiligungsmanager höher schlagen. Auf dem Höhepunkt sorgte der Börsengang von The Blackstone Group im Juni 2007 für eine hohe Nachfrage und bescherte den Gründern milliardenschwere Einnah-men. Gleichzeitig besiegelte dieses Ereignis aber auch das Ende der Euphorie. Am 18. Juli gab Bear Stearns den Zusammenbruch zweier Hedge-Fonds bekannt und läutete damit die globale Finanzkrise ein. Diese geht auch an der Beteiligungsbranche nicht spurlos vorbei. Kreditzusagen der Banken werden immer schwieriger, erste Deals kommen durch erschwerte Finanzierungsbedingungen ins Wanken.
Ziel dieser Arbeit ist es, die genauen Auswirkungen der Kreditkrise auf die Private Equity-Industrie zu analysieren. Ein besonderes Augenmerk soll dabei auf die zukünftige Strategie der Finanzinvestoren gelegt werden. Wird sich also das ursprüngliche Geschäftsmodell der Private Equity-Gesellschaften verändern? Wird die Finanzkrise die Strategie der Investoren nachhaltig beeinflussen? Um ein besseres Verständnis für die Auswirkungen der Krise auf die Arbeit der Beteiligungsmanager zu erhalten, wurden einige Experten nach ihrer Meinung befragt. Diese Befragung der Beteiligungsmanager erwies sich als sehr schwierig. Nur ein Bruchteil der kontaktierten Manager stellte sich schließlich den Fragen. Viele Private Equity-Gesellschaften ließen verlauten, dass die Teilnahme an Studien dieser Art grundsätzlich nicht erwünscht sei.
1.2 Aufbau der Arbeit
Nachdem die Zielsetzung der Arbeit dargestellt wurde, werden in den folgenden Kapiteln zunächst die Grundlagen der Materie erörtert. Kapitel 2 dient als Einstieg und definiert die wichtigsten Begrifflichkeiten der Beteiligungsbranche. Des Weiteren werden die Teilnehmer des Beteiligungsmarktes dargestellt, die unterschiedlichen Beteiligungsphasen und –anlässe erklärt und kurz auf die volkswirtschaftliche Bedeutung von Private Equity hingewiesen. Struktur und Ablauf einer Beteiligung, sowie die wichtigsten Werttreiber einer Private Equity-Investition sind Hauptbestandteile von Kapitel 3. Entstehung und Entwicklung der Subprime-Krise zur internationalen Finanz- und Kreditkrise werden im darauf folgenden Kapi-tel näher beschrieben. Kapitel 5 und 6 analysieren die Auswirkungen der Krise auf die Private Equity-Industrie und die Strategie der Investoren. Eine abschließende Schlussbetrach-tung und ein kurzer Ausblick in die Zukunft runden die Arbeit ab.
2 Grundlagen
Die Bedeutung von Private Equity hat in den vergangenen Jahren sehr stark zugenommen. Von allen Buy-Outs seit dem Jahr 1970 wurden mehr als 40% erst nach dem 1.Januar 2004 durchgeführt.3 Heute kann man so gut wie keine Tageszeitung aufschlagen, ohne nicht den Begriff Private Equity zu lesen. Besonders in den Boomjahren von 2005 bis hinein in die erste Hälfte des Jahres 2007 bestimmten die Finanzinvestoren vermehrt die Schlagzeilen der Wirt-schaftsrubriken. In Folge dessen ist die öffentliche Diskussion rund um das Thema „Private Equity“ angestiegen und Private Equity wird vermehrt in Fernsehgesprächsrunden und Pres-seartikeln thematisiert. Dass diese Diskussionen oft von Halbwissen und verklärenden Argu-menten geprägt sind, liegt einerseits an der Komplexität der Beteiligungsbranche, anderer-seits aber auch an der nicht gerade klar definierten Abgrenzung und Definition des Begriffs Private Equity. Das Kapitel Grundlagen versucht, den Begriff Private Equity daher näher zu definieren und beschreibt die teilnehmenden Parteien des Beteiligungsmarktes, sowie die Einsatzgebiete von Private Equity.
2.1 Definition & Abgrenzung
Der Begriff „Private Equity“ ist in der Literatur nicht eindeutig definiert und hat im Laufe der Zeit einen Bedeutungswandel erfahren. Die Geschichte und der sprachliche Gebrauch des Ausdrucks sind in einigen Ländern verschieden. Gerade die Differenzierung zwischen den Begriffen „Private Equity“ und „Venture Capital“ ist weder in der Theorie noch in der Praxis eindeutig.
2.1.1 Private Equity & Venture Capital
Die beiden aus den USA stammenden Begriffe beschreiben grundsätzlich die Beteiligung von privatem oder institutionellem Anlagekapital an größtenteils nicht börsennotierten Unterneh-men. Der deutsche Fachverband Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) sowie dessen europäisches Pendant, die European Private Equity & Venture Capital Association (EVCA), definieren Private Equity als Oberbegriff aller außerbörslichen Eigenkapi-tal-Anlageformen, also Venture Capital, Buy-Outs und Mezzanine-Kapital.4 In der vorliegen- den Arbeit wird synonym zum Begriff Private Equity die deutsche Bezeichnung „privates Be-teiligungskapital“ benutzt.5
Der Begriff „Venture Capital“ bezieht sich laut den beiden Fachverbänden speziell auf die Investitionsbereiche Early Stage, Expansion und Later Stage, nicht aber auf die Segmente Buy-Outs und Mezzanine.6 Venture Capital bedeutet also die Finanzierung junger und innova-tiver Unternehmen, die sich in der Aufbauphase befinden und oft durch überdurchschnittli-ches Wachstumspotential gekennzeichnet sind.7
Die finanzielle Beteiligung an wirtschaftlichen Projekten ist nicht neu. Investoren beteiligen sich schon seit Jahrhunderten, wenn nicht sogar länger, mit Kapital an verschiedensten Vor-haben, um Ideen und Gedanken umzusetzen und davon schließlich auch finanziell profitieren zu können. Die Institutionalisierung und damit die Entstehung der Beteiligungsbranche, wie wir sie heute kennen, ist jedoch erst unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden. Die American Research and Development Corporation (ARD) in den USA und die britische Industrial and Commercial Finance Corporation (ICFC, heute 3i) hatten die Aufgabe, die Ei-genkapitalversorgung besonders der kleineren und mittleren Unternehmen zu verbessern.8
Die Fachsprache ist stark von Anglizismen geprägt, was durch die historischen Wurzeln der Anlageform bedingt ist. Diese englischen Begriffe haben sich international durchgesetzt und werden in der Praxis auch in Deutschland so genutzt. Übersetzungen sind teilweise sogar irreführend. So wird der Begriff „Venture Capital“ in Deutschland manchmal mit Wagniskapi-tal übersetzt, was durchaus zu dem Missverständnis geführt hat, dass Venture Capital eine unsichere und unsolide Anlageform sei.9 Im Verlauf der Arbeit werden folglich die englischen Formulierungen als Standard benutzt. Sollte eine Begriffserläuterung notwendig sein, so werden die Begriffsglossare der beiden Fachverbände EVCA und BVK zu Grunde gelegt.
2.1.2 Leveraged Buy-Out (LBO)
Ein Leveraged Buy-Out (LBO) ist der Kauf eines Unternehmens durch eine extra für diesen Zweck gegründete Zweckgesellschaft (NewCo) mit überwiegender (größer als 50%) Fremd-kapitalfinanzierung. Die Vermögensgegenstände des Zielunternehmens dienen dabei über-wiegend zur Besicherung der Akquisitionsfinanzierung (so genanntes „Bootstrap Financing“).10 Beim Leveraged Buy-Out (LBO) steht die Fremdfinanzierung der Beteiligung und die damit verbundene Hebelwirkung (englisch: lever = Hebel) im Hinblick auf die Eigen-kapitalrentabilität im Vordergrund. Der Leverage-Effekt beschreibt die Abhängigkeit der Ei-genkapitalrentabilität vom Anteil der Fremdfinanzierung und entsteht dann, wenn der Zins für das zusätzliche Fremdkapital unter der Rendite des Gesamtkapitals der Investition liegt.11 Durch die erhöhten Fremdkapitalzinsen und die zusätzlichen Abschreibungen auf die aktivier-ten stillen Reserven kann so außerdem der Gewinn und somit die Steuerbelastung des Ziel-unternehmens gesenkt werden.12
Die Gründe für das Auftreten von LBOs wurden in der Literatur eingehend beschrieben, wo-bei das Hauptaugenmerk auf der LBO-Welle der 80er Jahre liegt. Das Missmanagement von Free Cash-Flow (Jensen, 1986), der so genannte „Conglomerate Discount“13 (Lang & Stulz, 1994) und die mangelnde Shareholder Value-Orientierung des Managements (Donaldson, 1994) sind dabei wohl die wesentlichen Erklärungsansätze.14
Der LBO Markt erlebte in den 80er Jahren des 20.Jahrhundert seine Blütezeit und wurde mit Hilfe so genannter „Junk Bonds“ oder zu Deutsch „Ramschanleihen“ erst richtig angeheizt. Diese als High-Yield Bonds titulierten Schuldverschreibungen waren mit überdurchschnittli-chem Risiko ausgestattet und ersetzten bei LBO-Finanzierungen den Anteil von Versiche-rungskapital.15 Ende der 80er Jahre sorgte der 25 Mrd. US-Dollar LBO von RJR Nabisco durch Kohlberg, Kravis & Roberts (KKR) für den Höhepunkt des LBO-Booms.16 Am Ende wurde das Unternehmen für 109 US-Dollar pro Aktie gekauft, nachdem es 33 Tage vorher mit nur 56 US-Dollar pro Aktie am Kapitalmarkt bewertet wurde.17 Der für 17 Jahre größte Buy-Out aller Zeiten gilt als Sinnbild des Größenwahns dieser Zeit.
2.1.3 Der Private Equity-Markt
2.1.3.1 Kapitalgeber
Die Kapitalgeber können je nach Form der Beteiligungsgesellschaft unterschiedlich sein. So stellen bei Corporate Venture Capital-Einheiten und Captive Funds oft deren Muttergesell-schaften die finanziellen Mittel zur Verfügung und die öffentlichen Beteiligungsgesellschaften werden durch Zuweisungen aus öffentlichen Haushalten gespeist, während sich die unab-hängigen Beteiligungsfirmen ihre Finanzmittel von privaten Investoren besorgen müssen.18
Die Zusammenstellung der Kapitalgeber ist länderspezifisch unterschiedlich. Darstellung 12 zeigt die Kapitalgeber in Deutschland aus dem Jahr 2007.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 1: Fundraising nach Kapitalgebern 2007 (Deutschland)19
So spielen in Deutschland nach wie vor die Banken und Versicherungen eine große Rolle, in den USA jedoch investieren vor allen Dingen Pensionsfonds, reiche Privatpersonen und Stif-tungen in die Anlageklasse Private Equity. Die amerikanische Yale University war unter Füh-rung des Investment Managers David J. Swensen eine der ersten Stiftungen, die auf Private Equity setzte. So investiert die heute zu den erfolgreichsten institutionellen US-Investoren zählende Stiftung mehr als 20% ihres Vermögens in Private Equity-Fonds und erzielt damit für ihr Gesamtportfolio eine durchschnittliche jährliche Rendite von 17%.20
2.1.3.2 Dachfonds
Dachfonds sind Vermittler zwischen Investoren und Private Equity-Gesellschaften. Sie inves-tieren nicht direkt in Anlageobjekte, sondern in Private Equity-Fonds. Durch eine Allokation des Dachfondsvermögens in mehrere Private Equity-Fonds kommt es zu einer besseren Risi-kostreuung als dies bei einem einzelnen direkten Private Equity-Engagement möglich wäre. Mit Hilfe von Dachfonds können auch Kleinanleger von der Anlageklasse Private Equity profi-tieren. Diese haben so gut wie keine Möglichkeit, direkt als Investor eines Private Equity- Fonds aufzutreten, da die Einstiegshürden zu hoch sind. So verlangt z.B. Permira, einer der größten und erfolgreichsten Finanzinvestoren, für den Fonds „Permira IV“ eine Mindestinves-tition von 15 Mio. US-Dollar.21
2.1.3.3 Private Equity-Gesellschaften
Die Anbieter von Beteiligungskapital lassen sich grob in drei Gruppen unterteilen.22 Zum ei-nen gibt es die unabhängigen Kapitalbeteiligungsgesellschaften, so genannte „Independent Funds“, die ausschließlich auf Gewinnmaximierung ausgerichtet sind. Daneben spricht man von „Captive Funds“, also abhängigen Fonds, wenn eine Kapitalbeteiligungsgesellschaft als Träger ein Industrieunternehmen oder eine Bank besitzt. Im Fall der Industrieunternehmen spricht man auch von „Corporate Venture Capital“. Bei den abhängigen Fonds kann neben der ertragswirtschaftlichen Ausrichtung auch das Verfolgen bestimmter strategischer Unter-nehmensziele seitens des Trägers von Bedeutung sein. Die dritte Anbietergruppe von Beteili-gungskapital besteht aus den öffentlichen Beteiligungsgesellschaften, die in der Regel struk-turelle Wirtschaftsförderung betreiben und einen öffentlich-rechtlichen Träger besitzen. Die Mehrheit der größten internationalen Private Equity-Häuser kommt aus dem amerikanischen oder britischen Raum. Zur Vollständigkeit sind die weltweit nach Fundraising größten Gesell-schaften in Anhang 1 dargestellt.
2.1.3.4 Portfolio-Unternehmen
Portfolio-Unternehmen ist ein Oberbegriff für die Unternehmen, an denen sich ein Private Equity-Investor beteiligt hat und die sich jetzt in seinem Beteiligungsportfolio befinden. Die verschiedenen Portfolio-Unternehmen eines Private Equity-Investors müssen nicht unbedingt im Bezug auf Branchenzugehörigkeit oder das Geschäftsfeld zusammenpassen. Aufgrund der immer stärkeren Fokussierung der Investoren auf bestimmte Branchen, lassen sich in vielen Portfolien der Investoren aber vermehrt solche Industrieschwerpunkte erkennen. Speziell für Private Equity-Firmen, die einer Buy-and-Build-Strategie nachgehen, ist es sinnvoll, bran-chengleiche Unternehmen im Portfolio zu haben, um gegebenenfalls Synergiepotentiale zwi-schen verschiedenen Portfolio-Unternehmen bei Zusammenführung von Unternehmensein-heiten nutzen zu können.
2.1.3.5 Externe Berater
Im gesamten, später noch näher beschriebenen Beteiligungsprozess, brauchen die Investo-ren Unterstützung von erfahrenen Beratern. So sind Investmentbanker und Wirtschaftsan- wälte in der Geschäftsanbahnungs- und Verhandlungsphase, sowie im Verkaufsprozess und der Vertragsgestaltung stark involviert. Die oft zeitintensive Due Diligence-Prüfung wird in den meisten Fällen von anerkannten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften übernommen und Unternehmensberater helfen den Private Equity-Investoren bei der operativen und strategi-schen Umstrukturierung der übernommenen Unternehmen.
2.2 Beteiligungsphasen & -anlässe
Es gibt verschiedene Anlässe, bei denen ein Einsatz von Private Equity sinnvoll ist. Eine Be-teiligung an einem Unternehmen ist in unterschiedlichen Phasen möglich, die sich jeweils mit den klassischen Entwicklungsphasen eines Unternehmens charakterisieren lassen. Abhängig von der Art der Beteiligungsphase ändert sich das Chancen-Risikopotential der Beteiligungs-gesellschaften und die notwendige Vorgehensweise, sowie das dafür benötigte Know-how. Darstellung 23 fasst die wichtigsten Beteiligungsphasen zusammen, die im Folgenden detail-liert beschrieben werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 2: Überblick über die verschiedenen Finanzierungsphasen23
2.2.1 Early Stage
Venture Capitalisten haben es in der so genannten Early Stage, also der Frühphase eines Unternehmens, mit Innovatoren zu tun, deren Ziel es ist, eine Innovation zur Marktreife zu bringen, um diese so zur Grundlage eines jungen oder neugegründeten Unternehmens zu machen.24 Die Early Stage-Phase lässt sich nochmals genauer unterteilen. So spricht man von „Seed Capital“, also dem „Saat-Kapital“, wenn es um die Finanzierung der Ausreifung einer Idee in verwertbare Resultate bis hin zum Prototyp geht, auf dessen Basis ein Ge-schäftskonzept für ein zu gründendes Unternehmen erstellt werden soll.25 Das Seed Capital wird oft von so genannten „Business Angels“ bereitgestellt. Diese „Engel“ sind vermögende Privatpersonen, die sich an einer Geschäftsidee oder einem Unternehmen mit aktiver Unter-stützung (Know-how, Geschäftskontakte) und/oder mit Kapital beteiligen.26
Die nächste zeitliche Entwicklungsphase eines Unternehmens ist die „Start-up“ Phase, bei der es um die Finanzierung der Entwicklungsarbeiten geht, bis eine Marktreife des Produktes nach erfolgter Unternehmensgründung erreicht wird.27 Es kommt in dieser Phase nicht mehr so stark auf die Entwicklung einer Idee an, sondern auf deren kommerzielle Umsetzung.28
Early Stage Investitionen sind besonders risikoreich, weil es sich um junge Unternehmen handelt, die einen hohen Investitionsbedarf haben, demgegenüber aber noch keine ausge-reiften Produkte oder Märkte besitzen. Außerdem ist die Bewertung mittels klassischer Un-ternehmensbewertungsmethoden, wie dem Discounted-Cash-Flow-Verfahren, bei diesen „gesichtslosen“ Unternehmen sehr schwierig, da sie oft noch keine historischen Finanzdaten vorzuweisen haben.29
2.2.2 Later Stage
Abgesehen von der Frühphasenfinanzierung, die meistens von Venture Capitalisten durchge-führt wird, kann Private Equity auch zur Beteiligung an reifen Unternehmen dienen. Die sich in der „Later Stage“ befindlichen etablierten Unternehmen zeichnen sich dadurch aus, dass sie bereits ein erfolgreiches Produkt und einen entwickelten Kundenstamm vorweisen kön-nen. Anlässe für eine Beteiligung an einem bereits etablierten Unternehmen können eine Wachstumsfinanzierung („Expansion Financing“) sein, eine Ablösung ausscheidender Gesell-schafter oder durch einen Spin-off eines Konzernteils bedingt sein.
Bei einer Wachstumsfinanzierung stellt der Private Equity-Investor das, im Rahmen einer Gesamt-Finanzierungsstruktur benötigte Eigenkapital zur Verfügung, um eine Unterneh-mensexpansion und das entsprechende Gewinn- und Umsatzwachstum zu finanzieren.30 Der Begriff „Wachstumsfinanzierung“ lässt sich nicht exakt in eine der beiden Phasen, Later Stage oder Early Stage, einsortieren. Anlässe für eine Wachstumsfinanzierung finden sich in beiden Phasen.
Ein weiterer Beteiligungsanlass bietet die Unternehmernachfolge bei Ausscheidung eines Gesellschafters. Dieser Beteiligungsanlass lässt sich sehr häufig im deutschen Mittelstand beobachten. Im Rahmen eines Management Buy-Out (MBO) oder Management Buy-In (MBI) lässt sich die Nachfolgeproblematik lösen. Die beiden Formen sind meistens mit Fremdfinanzierungskonstrukten verbunden und lassen sich demnach dem Oberbegriff Leveraged Buy-Out unterordnen. Grundlegender Gedanke der beiden Ansätze ist, dass bis dahin angestellte Manager zu Unternehmern werden, die sich zu einem kleinen Teil an dem Unternehmen beteiligen. Sobald es sich um bisher im Unternehmen beschäftige Führungs-kräfte handelt, spricht man von einem MBO, sollten die neuen Unternehmer allerdings von außen neu in das Unternehmen kommen, so nennt man diesen Vorgang MBI. Eine Misch-form, bei der interne und externe Unternehmer in der neuen Firma beteiligt sind, nennt man BIMBO (Buy-In-Management-Buy-Out). Der Rest des Kaufpreises wird durch den Private Equity-Investor mittels Fremdfinanzierung und eigenkapitalähnlichen Mischformen (Mezzanine Capital) aufgebracht. Gegebenenfalls bietet der Finanzinvestor den neuen Unternehmern einen Kredit an, damit diese ihren Beteiligungsteil leisten können.31
Neben dem MBO und dem MBI gibt es noch den Employee Buy-Out (EBO) und den Owner Buy-Out (OBO), diese Sonderformen werden hier der Vollständigkeit halber aufgeführt, spie-len aber in der Praxis nur eine untergeordnete Rolle. Beim EBO übernimmt die Belegschaft Unternehmensanteile, beim OBO werden Anteile an eine Erwerbsgesellschaft verkauft, an der sich wiederum der Eigentümer beteiligt, wodurch ein Teil des Unternehmenswertes reali-siert werden kann, ohne dass sich der Eigentümer vollständig von seinem Unternehmen trennen muss.32
Neben der Wachstumsfinanzierung und der Nachfolgelösung beteiligen sich Private Equity Sponsoren auch an so genannten Spin-offs (auch Divisional Buy-Outs genannt). Darunter versteht man die Ausgliederung und Verselbständigung einer Abteilung oder eines Unter-nehmensteils aus einem Konzern.33 Dieser Spin-off geschieht oft im Rahmen von strategi-schen Neuausrichtungen des Gesamtkonzerns und die dadurch nicht mehr vorhandene Bin-dung des auszugliedernden Unternehmensteils zum Kerngeschäft. Finanzierungstechnisch sind die Konstruktionen bei einer Spin-off Beteiligungen mit denen eines MBO vergleichbar, wobei in diesem Fall die für die Geschäftssparte zuständigen Manager zu Unternehmern werden.34
Obwohl Private Equity ursprünglich nur für eine Beteiligung an nicht-börsennotierten Unter-nehmen gedacht war, kommt es immer häufiger zu einem „Delisting“ von börsennotierten Gesellschaften. Im Rahmen einer so genannten „Public-to-Private“ Transaktion übernimmt ein Finanzinvestor ein Börsenunternehmen und holt es dann von der Börse. Dies ist oft darin begründet, dass dadurch das Unternehmen von den kurzfristigen Quartalsmeldungen und den ständigen Aktionärsanfragen befreit wird.
In diesem Zusammenhang muss auch das „Bridge Financing“ genannt werden. Unter diesem Begriff versteht man eine Überbrückungsfinanzierung zur Vorbereitung des Börsengangs mit dem vordergründigen Ziel, die Eigenkapitalquote zu verbessern.35 Hier wird dem Unterneh-men Geld in einem Zeitfenster von ca. einem Jahr zur Verfügung gestellt. Das bereitgestellte Kapital wird dann sehr oft aus den Erlösen des Börsenganges zurückbezahlt.36
2.2.3 Turnaround & Restructuring
Beim „Turnaround Financing” oder „Restructuring Financing“ geht es um die Sanierungsfi-nanzierung von Unternehmen, die starke Verluste eingefahren haben oder sich in einem In-solvenzprozess befinden. Oft sind die Unternehmen durch eine strategische Krise in eine Schieflage geraten. Mit einer Liquiditätsspritze und einer strategischen Neuausrichtung ver-suchen stark spezialisierte Turnaround-Gesellschaften wie die deutsche Orlando Management oder das amerikanische Beteiligungshaus Alix Partners, die Unternehmen wieder in die Ge-winnzone zu manövrieren. Da es sich größtenteils um unternehmensspezifische Risiken han-delt, besteht eine gute Diversifikationsoption für die Beteiligungsgesellschaften und außer-dem ist das Rendite/Risiko-Profil im Turnaround-Bereich günstiger als im Venture Capital oder Buy-Out-Segment.37
2.2.4 Mezzanine
Mezzanine-Kapital wird im Deutschen als Nachrangkapital bezeichnet und gehört als verzins-liches Darlehen nicht unbedingt zu den typischen Private Equity-Beteiligungsphasen hat aber eine gewisse thematische Nähe und wird als Finanzierungsform des Öfteren bei Private Equi-ty-Transaktionen verwendet. Der Begriff kommt von dem italienischen Wort „Mezzanino“ und bedeutet so viel wie Zwischengeschoss. Dieses Kapital zeichnet sich dadurch aus, dass es eine hybride Struktur zwischen Eigen- und Fremdkapital einnimmt. Mezzanine-Kapital kann z.B. in Form von Genussscheinen, stillen Beteiligungen oder Wandelschuldverschreibungen begeben werden. Aufgrund der Nachrangigkeit im Insolvenzfall und dem damit verbundenen höheren Risiko, sind die Renditeerwartungen von Mezzanine-Gebern dementsprechend höher als bei klassischen Darlehen gegen Sicherheiten. Den so genannten „High-Yield Bonds“, also der nachrangigsten und risikoreichsten Mezzanine-Form, kommt im Rahmen des LBO eine besondere Bedeutung zu.38
2.3 Volkswirtschaftliche Bedeutung von Private Equity
"Wir müssen denjenigen Unternehmern, die die Zukunftsfähigkeit ihrer Unternehmen und die Interessen ihrer Arbeitnehmer im Blick haben, helfen gegen die verantwortungslosen Heuschreckenschwärme, die im Vierteljahrestakt Erfolg messen, Substanz absaugen und Unternehmen kaputtgehen lassen, wenn sie sie abgefressen haben."39
Die Worte von Vize-Kanzler Franz Müntefering sorgten Anfang 2005 für Empörung unter den Finanzinvestoren. Immer wieder wird die Vorgehensweise von Finanzinvestoren in den Medi-en angegriffen und als unmenschlich dargestellt. Als „Mücken“ werden sie bezeichnet, die ohne Rücksicht auf Menschen Betriebe aussaugen und dann weiter schwärmen. „Leidtragen-de [dieser Vorgehensweise] sind die Menschen“.40 Fälle wie der Armaturenhersteller Grohe, bei dem es zu einem erheblichen Arbeitsplatzabbau und Auslagerung von Geschäftseinheiten ins Ausland kam, werden stellvertretend für die Auswüchse der Private Equity-Investoren genannt. Dabei gerät leicht in Vergessenheit, dass es für das Handeln der Investoren wenig Alternativen gab und die nachhaltige Sicherung Grohe’s Zukunft nur durch die Restrukturie-rungsmaßnahmen ermöglicht wurde.41
Von Beteiligungsgesellschaften gehaltene Firmen erwirtschafteten 2007 in Deutschland einen Umsatz von knapp 200 Mrd. Euro und beschäftigten 1,08 Millionen Menschen.42 Darstellung 34 zeigt dazu exemplarisch den Anteil der Private Equity-Investitionen am nationalen BIP im europäischen Vergleich.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 3: Anteil der PE-Investitionen in Europa am nationalen BIP in Prozent 43, 44
Die volkswirtschaftliche Relevanz scheint also anhand der schieren Größe schon gegeben, doch wie sieht der Effekt von privatem Beteiligungskapital auf die Volkswirtschaft nun genau aus? Gerade die Finanzierung von jungen Unternehmen ist für eine Volkswirtschaft von be-sonderer Bedeutung. Diese Firmen zeichnen sich oft durch einen hohen Innovationsgrad aus und besitzen neuartige Ideen, um zukunftsfähige Produkte oder Dienstleistungen zu entwi-ckeln. Die Eigenmittel der Unternehmen reichen oft nicht aus und harte Sicherheiten, die zur Besicherung eines Kredites dienen könnten, sind oft noch nicht vorhanden. Der unternehme-rische Handlungsspielraum wird aber zu größten Teilen durch die Eigenkapitalausstattung des Unternehmens bestimmt.45 Außerdem sind die Kapitalmärkte für einige junge Unterneh-men nicht unbedingt verfügbar, da die benötigten Finanzvolumina zu klein und die damit verbundenen unternehmerischen Risiken zu groß sind.46 Privates Beteiligungskapital füllt diese Finanzierungslücke. Josh Lerner, Professor der Harvard Business School, zeigt in einer Studie auf, dass Portfolio-Unternehmen, gemessen an der Zahl der Patent-Entgegenhaltungen, mehr Innovationen kreieren. Diese nehmen nach Übernahme durch eine Private Equity-Gesellschaft um 25% zu.47
Neben der Innovationstätigkeit ist auch die Beschäftigungsentwicklung von Portfolio-Unternehmen von besonderer volkswirtschaftlicher Bedeutung. Dazu untersuchte die Deutsche Beteiligungs AG zusammen mit dem Finance-Magazin verschiedene Later Stage Buy- Outs und kam zu dem Ergebnis, dass die Portfolio-Unternehmen der Private Equity-Investoren ein Mitarbeiterwachstum von 4,5% jährlich vorweisen, während eine Vergleichs-gruppe nicht Private Equity finanzierter Unternehmen nur auf ein Wachstum von 2,2% kam.48 Eine umfassende Studie des World Economic Forum kommt allerdings zu dem Ergeb-nis, dass die Beschäftigung von Buy-Out-Firmen speziell in den ersten drei Jahren nachlässt und sich erst im vierten und fünften Jahr mit der Vergleichsgruppe messen kann. Nach dem Buy-Out scheint die Beschäftigung vergleichbar mit der Vergleichsgruppe zu sein. Die Ar-beitsplatzgenerierung in völlig neuen Bereichen (Greenfield Job Creation) ist bei den Buy-Out-Firmen aber um einiges höher als bei der Peer Group.49
Kritiker halten den Studien, die Private Equity als Arbeitsplatzgenerator postulieren, entge-gen, dass Private Equity per se, bedingt durch sein Geschäftsmodell, nur in Firmen investiert, die in wirtschaftlich interessanten Märkten agieren. Somit ist ein Vergleich zu einer Benchmark von anderen nicht Private Equity finanzierten Unternehmen nicht zielführend. Anderer-seits kann man argumentieren, dass durch den Ausleseprozess von Beteiligungsfirmen dafür Sorge getragen wird, dass gerade die Unternehmen mit Private Equity gefördert werden, die besonders zukunftsträchtig sind. Damit landen die Investitionen genau dort, wo sie aus volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten am besten verwendet werden können.50
2.4 Exkurs: Private Equity und der Deutsche Mittelstand
Der Mittelstand spielt in der deutschen Wirtschaft eine besondere Rolle. Mehr als 99% aller Unternehmen in Deutschland lassen sich in die Kategorie kleine und mittelständische Unter-nehmen (KMU) einordnen, die ca. 70% aller Beschäftigten in Deutschland Arbeit bieten.51 Die Aufnahme von Eigenkapital über den organisierten Kapitalmarkt ist in vielen Fällen keine Alternative für KMU und somit stellt Private Equity eine sinnvolle Finanzierungsalternative dar. Die Eigenkapitalquote von KMU ist im Vergleich zu anderen europäischen Ländern in Deutschland sehr niedrig.52 Eine niedrige Eigenkapitalquote kann in einigen Situationen prob-lematisch werden und demnach sollten mittelständische Unternehmen bestrebt sein zusätzli-ches Eigenkapital aufzunehmen. Die vermehrt risikoorientierte Kreditvergabe der Banken, bedingt durch Basel II, sorgt außerdem dafür, dass der Zugang zu klassischen Bankkrediten für einige KMU erschwert wird.53 Durch eine höhere Eigenkapitalquote kann eine Verbesse- rung des Ratings und der Bonität erzielt werden, was wiederum zu sinkenden Fremdfinanzie-rungskosten führt. Die anhaltende Nachfolgeproblematik im deutschen Mittelstand ist ein weiterer Ansatzpunkt für eine Private Equity-Beteiligung. Sollte kein geeigneter Nachfolger aus dem Familienkreis sich für die Unternehmensnachfolge finden, so bieten sich Beteili-gungsformen wie der MBO oder MBI, bei denen angestellte Manager zu Unternehmern der Firma werden, an. Obwohl es anfangs „Berührungsängste“ mit der unbekannten Finanzie-rungsalternative Private Equity im Mittelstand gab und sicherlich auch weiterhin noch Aufklä-rungsarbeit von Nöten ist, scheint sich der Zugang für Private Equity im deutschen Mittel-stand verbessert zu haben. So spricht die Mehrheit der Investoren laut einer Befragung von verbesserten Zugangsbedingungen.54 Auch zukünftig wird privates Beteiligungskapital im Mittelstand eine wichtige Rolle spielen, was auch am großen Investitionsinteresse der Private Equity-Gesellschaften in Deutschland liegt. Eine Mehrzahl der Investoren bezeichnet Deutschland als das Land mit dem meisten Wertschöpfungspotential.55
3 Geschäftsmodell Private Equity
Private Equity-Beteiligungen laufen oft nach dem gleichen Strickmuster ab. Die groben Struk-turen des Private Equity-Geschäftsmodells und die Vorgehensweise der Beteiligungsfirmen bei der Unternehmensübernahme werden im Folgenden ausführlich beschrieben.
3.1 Fondskonzept
Private Equity-Firmen sind meist in Form von Limited Partnerships56 organisiert, wobei die Kapitalgeber als Limited Partners auftreten und die für den Fonds verantwortlichen Manager als General Partners. Die Limited Partners sind als Kommanditisten am Fonds beteiligt, wäh-rend eine übergeordnete Verwaltungsgesellschaft der Beteiligungsgesellschaft als Komple-mentär auftritt.57 Die Fondsgesellschaft sammelt das Beteiligungskapital von den Investoren ein und finanziert damit bei Bedarf die Beteiligungen an Unternehmen (siehe Darstellung 45). Daneben wird eine Management-Gesellschaft gegründet, die die Fondsgesellschaft führt und dafür jährlich ca. 1,25% bis 2,5% des Fondsvolumens als Verwaltungsgebühr erhält.58 Diese Management-Gesellschaft wird oft erst nach Erreichen einer ausgemachten Mindest-verzinsung, der so genannten „Hurdle Rate“, am Ertrag des Fonds beteiligt. Meistens liegt der „Carried Interest“ zwischen 15 und 25% des erwirtschafteten Ertrages.59
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 4: Private Equity-Fonds-Konzept60
Bevor ein Private Equity-Investor in Firmen investieren kann, braucht er Kapital, das im Rahmen des Fundraising eingesammelt wird.61 Dazu wird zunächst ein Private Placement-Memorandum erstellt, welches die geplante Investitionspolitik und die Kriterien der Investiti-onsentscheidungen des Fonds erläutert und Auskunft über dessen rechtliche und steuerliche Hintergründe gibt.62 Mögliche Investoren werden dann direkt im Rahmen von Road-Shows angesprochen oder mit Hilfe von speziellen Vertriebsgesellschaften, so genannten „Placement Agents“, versucht zu überzeugen. Der gesamte Fundraising-Prozess dauert in der Re-gel ein bis zwei Jahre.63 Sobald genug Kapital eingesammelt worden ist, wird das „Closing“, also das Schließen des Fonds bekannt gegeben. Die Einzahlung des Kapitals erfolgt nicht zwangsläufig in einem Schritt, sondern in verschiedenen Tranchen, so genannten „Draw Downs“, so dass auch wirklich nur dann Kapital eingezogen wird, wenn Projekte Kapital brauchen. Darstellung 56 stellt exemplarisch die jährliche Fundraising-Entwicklung in Deutschland dar. Klar zu erkennen ist das erhöhte Fundraising-Aufkommen um die Jahrtau-sendwende (New Economy Boom) und in den Jahren nach 2003.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 5: Entwicklung des Fundraising in Deutschland64
Während der Beteiligung an einem Unternehmen entstehen im angestrebten Fall Rückflüsse in Form von Zinsen, Gewinnausschüttungen oder Tilgungen, die abhängig von der Satzung des Fonds entweder thesauriert oder an die Investoren ausgeschüttet werden können.65 Am Ende der Fondslaufzeit kommt es zur Auflösung desselbigen und einer Rückzahlung der Mittel an die Investoren.
3.2 Struktur und Ablauf von Private Equity-Investitionen
Kapitel 3.2 beschreibt den typischen Ablauf von Private Equity-Beteiligungen und deren Cha-rakteristika. In Darstellung 67 sind die wichtigsten Phasen des Beteiligungsprozesses zur besseren Übersicht graphisch veranschaulicht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 6: Schematischer Ablauf einer Private Equity-Beteiligung66
3.2.1 Sichtung & Auswahl der Zielunternehmen
Damit eine Beteiligungsgesellschaft die viel versprechenden Projekte findet, die später zu einem hohen Ertrag führen, muss ein regelmäßiger Sichtungsprozess vollzogen werden. Je größer dabei die Auswahl und Anzahl der Projektvorschläge ist, desto höher ist die Wahr-scheinlichkeit, einen Volltreffer zu finden. Dieser als „Deal Flow“ bezeichnete Strom von Pro-jektvorschlägen und Businessplänen bildet praktisch das Fundament jeder Beteiligungsgesell-schaft. Eine Gesellschaft, die es schafft, viele Vorschläge anzuziehen und somit einen kon-stant hohen Deal Flow vorweisen kann, besitzt oft einen großen Vorteil gegenüber der Kon-kurrenz. Der Deal Flow speist sich durch die direkte Anfrage eines Unternehmens, oft be-gründet durch die Reputation der Beteiligungsgesellschaft, durch das Netzwerk der Beteili- gungsmanager (z.B. Unternehmensberater, Investmentbanker, Anwälte oder Wirtschaftsprü-fer) und Auktionsprozessen, bei denen Beteiligungsprojekte mehrerer Beteiligungsgesell-schaften vorgestellt werden und diese dann ersteigert werden können.67 Darstellung 78 zeigt wie intensiv der Selektionsprozess ist. Nur in einen Bruchteil der eingegangenen Projektvor-schläge wird letztendlich investiert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 7: Selektionsrate im Entscheidungsprozess68
Ein großes Problem bei der Sichtung von Projektvorschlägen und Businessplänen ist das in der Literatur viel beachtete Thema „Adverse Selection“.69 Es besteht der Anreiz für Unter-nehmer, ihr Unternehmen positiver darzustellen als es ist, um so einen höheren Verkaufsbe-trag erzielen zu können. Die Beteiligungsgesellschaften laufen somit nicht nur Gefahr, nur die Projekte auszuwählen, die von den Unternehmern am meisten „überschätzt“ worden sind, sondern auch die Projekte, bei denen richtige bzw. realistischere Angaben seitens der Unter-nehmer gemacht worden sind, links liegen zu lassen. Um dieses Problem zu lösen, haben die Beteiligungsgesellschaften einige Anreizmaßnahmen eingeführt, wie z.B. die performanceab-hängige Anteilskorrektur oder die Milestone-Finanzierung.70 Wenn das Unternehmen besser performt, als es die Unternehmensbewertung hat vermuten lassen, so geben die Investoren dem Unternehmer kostenfrei Anteile zurück. Läuft es dagegen schlechter, hat also der Un-ternehmer sein Unternehmen besser dargestellt als es ist, so muss er Anteile an die Beteili-gungsgesellschaft abgeben. Somit entsteht ein Anreiz, bei Vertragsverhandlungen alles offen zu legen und realistische Planangaben abzugeben. Unter Milestone-Finanzierung versteht man die stufenweise Freigabe („Staging“) von Beteiligungsmitteln abhängig von der Erfüllung bestimmter vorher festgelegter Planvorgaben. Damit wird einer unkontrollierten Investition aller Mittel vorgebeugt.
3.2.2 Entscheidungskriterien
Nicht alle Unternehmen sind für eine Private Equity-Investition geeignet. Ob ein Unterneh-men für eine Beteiligung geeignet ist, hängt von markt- oder produktbezogenen Merkmalen ab, aber auch finanzwirtschaftliche Kriterien, sowie Organisations- und Führungsaspekte spielen eine große Rolle.71 In vielen Befragungen äußern sich Beteiligungsmanager immer wieder, dass vor allen Dingen die Fähigkeit des Managements und dessen „Track Record“, also die bisherigen Erfolge, wichtig sind. Oft wird dieser Aspekt für wichtiger erachtet als finanzwirtschaftliche Kennzahlen oder andere „harte Fakten“. Treffend ist in diesem Zusam-menhang auch die Aussage von Arthur D. Rock einem der einflussreichsten Venture Capital-Investoren in den USA: „Nearly every mistake I’ve made has been in picking the wrong people, not the wrong idea.“72
Speziell für Later Stage Beteiligungen bzw. LBO-Konstruktionen ist es wichtig, dass das Un-ternehmen ausgereifte Produkte vorweisen kann, die sich im mittleren Produktlebenszyklus befinden. Die Branche, in dem das Unternehmen operiert, sollte stabil und mit hohem Wachstumspotential ausgestattet sein. Da es bei LBOs besonders wichtig ist, den hohen Schuldenanteil durch stabile Cash-Flows bedienen zu können, sollten die Umsätze keine star-ke Zyklizität aufweisen oder gar von saisonalen Schwankungen abhängig sein. Ein geringer Investitionsbedarf, eine niedrige Verschuldung und ausreichend vorhandene Aktiva zur Kre-ditbesicherung sind wünschenswert, damit das Unternehmen in hohem Maße Schulden auf-nehmen kann. Ebenfalls wichtig sind ein erfahrenes Management und Möglichkeiten zur Kos-tenreduktion.73 Neben diesen Faktoren spielt auch das Portfolio der Beteiligungsgesellschaft eine Rolle. So sollte eine einzelne Beteiligung möglichst nicht mehr als 15% eines Portfolios ausmachen, so dass evtl. auftretende Klumpenrisiken vermieden werden können.74
3.2.3 Due Diligence
Die Due Diligence-Prüfung hat sich als Ausdruck für eine systematische und detaillierte Prü-fung und Analyse der Unternehmenschancen und -risiken im Rahmen einer Unternehmens-transaktion etabliert. Der Begriff kommt aus dem angloamerikanischen Rechtswesen und bedeutet so viel wie „mit gebührender oder angemessener Sorgfalt“.75 Ziel der Prüfung ist es, die Chancen und Risiken, die mit der Transaktion verbunden sind, zu analysieren, um so später eine Entscheidungsgrundlage für die Preisermittlung zu haben. Weiterhin versucht die Due Diligence, die Informationsasymmetrie zwischen den Käufern und den Verkäufern abzu-bauen.
Die wichtigsten Formen sind die Financial Due Diligence, Legal Due Diligence, Tax Due Diligence und die Commercial Due Diligence. Bei der Erstgenannten geht es um die Prüfung der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV), während die Legal Due Diligence die juristischen Verhältnisse des Zielunternehmens begutachtet und die Tax Due Diligence die steuerlichen Rahmenbedingungen analysiert. Eine Markt- und Wettbewerbsanalyse ist Auf-gabe der Commercial Due Diligence. Die einzelnen Prüfungen werden oft von Wirtschaftsprü-fungsgesellschaften oder Consultingfirmen durchgeführt.76 Im Anschluss an eine Due Dili-gence-Prüfung kommt es oft zur Unterzeichnung eines „Letter of Intent“. In dieser Erklärung bekräftigen die Beteiligten die Absicht zum Geschäftsabschluss unter festgelegten Parame-tern. Es liegt zwar keine vertragliche Bindung zum Kauf oder Verkauf vor, jedoch beinhaltet ein Letter of Intent in den meisten Fällen eine verbindliche Vereinbarung zur Vertraulichkeit und Geheimhaltung.77
3.2.4 Unternehmensbewertung
Die Unternehmensbewertung ist von zentraler Bedeutung im Beteiligungsprozess, da sich der Kaufpreis und damit auch die zukünftige Rendite des Investors von ihr ableiten. Die Interes-sen der beteiligten Parteien gehen dabei stark auseinander. So ist der bisherige Eigentümer daran interessiert, möglichst viel Geld für den Verkauf seiner Unternehmensanteile zu erhal-ten, dafür aber möglichst wenig Kontroll- und Stimmrechte zu verlieren, während der Finanz-investor großen Wert auf eine günstige Bewertung und einen starken Kontrollgewinn legt. Die angewendeten Bewertungsmethoden können je nach Unternehmensentwicklungsphase und Anlass der Bewertung verschieden sein. Zu den gängigsten Verfahren zählen das Sub-stanzwertverfahren, mit dem das bilanzielle Reinvermögen zuzüglich der stillen Reserven berechnet, das Multiplikatorverfahren als marktorientiertes Vereinfachungsverfahren und die beiden auf die Zukunft ausgerichteten Erfolgswertmodelle, das Ertragswert- und das Discounted-Cash-Flow (DCF)-Modell, bei denen jeweils zukünftige Einnahmenüberschüsse diskontiert werden.78
3.2.5 Beteiligungsverhandlungen & Vertragsabschluss
Sobald sich der Investor für ein Zielunternehmen entschieden hat, werden im Rahmen von Beteiligungsverhandlungen der Preis, der weitere Kapitalbedarf und die Höhe der Beteiligung des Finanzinvestors in beiderseitigem Interesse festgelegt. Im so genannten „Investment Proposal“ wird das Finanzierungsangebot des Investors dem Unternehmen unterbreitet. Wei-terhin muss geregelt werden, wie eventuelle Risiken und Gewährleistungsansprüche verteilt werden oder ob z.B. Konkurrenzverbote für ausscheidende Gesellschafter ausgesprochen werden. Das „Closing“, also die Vertragsunterzeichnung und die eigentliche Durchführung der Transaktion, besiegelt dann das Ergebnis der Verhandlungen. Der gesamte Prozess von der Sichtung eines potentiellen Zielunternehmens bis hin zum Closing kann zwischen drei und sechs Monaten dauern.79 Darstellung 89 zeigt dementsprechend den idealtypischen Zeit-verlauf einer Transaktion. Die anschließende Beteiligungsdauer („Holding Period“) beträgt in der Regel drei bis acht Jahre.80
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 8: Idealtypischer zeitlicher Ablauf einer Transaktion81
3.2.6 Beteiligungsmanagement
Ein Private Equity-Investor stellt nicht nur Kapital zur Verfügung, sondern versucht durch ein aktives Beteiligungsmanagement, also einer direkten Einflussnahme in die Unternehmensge-schicke, eine Wertsteigerung herbeizuführen. Die Unterstützung seitens des Investors kann eher passiv ausgerichtet sein („Hands-off“) oder durch eine einflussnehmende und teils sehr aktive „Hands-on“-Betreuung geprägt sein. Bei einer passiven Unterstützung besteht das Hauptaugenmerk auf der Kontrolle von Monats- oder Quartalsberichten im Sinne von Repor-ting.82 Der Grad der Unterstützung hängt vom Know-how des Investors, der Höhe des Betei-ligungsvolumens und der Unternehmensphase ab. Generell greift eine Private Equity-Firma aber nicht direkt in das operative Geschäft ein, sondern hilft bei strategischen Fragestellun-gen, wie der Planung, Budgetierung und zukünftigen Unternehmensausrichtung.83
[...]
1 Eberle, Köhler, 22.07.2008
2 Reynolds, 23.09.2008
3 vgl. World Economic Forum, 2008, S.VIII
4 vgl. Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK), Dezember 2004, S.11 und European Private Equity & Venture Capital Association (EVCA), unter Buchstabe P
5 Man spricht von privatem Beteiligungskapital, da der Investor einen Finanztitel erwirbt, der nicht an der Börse gehandelt wird. Im Gegensatz dazu steht der Erwerb von Aktien, die an einem organisierten Markt gehandelt werden und sich somit als „öffentlich“ charakterisieren lassen („Public Equity“).
6 vgl. Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK), Dezember 2004, S.15 und European Private Equity & Venture Capital Association (EVCA), unter Buchstabe V
7 vgl. Zantow, 2007, S.121 f.
8 vgl. Leopold et al., 2003, S.213
9 vgl. Leopold et al., 2003, S.3
10 vgl. Mittendorfer, 2001, S.141
11 vgl. Perridon, Steiner, 2004, S.498
12 vgl. Leopold et al., 2003, S.24
13 Unter dem Begriff „conglomerate discount“ versteht man die Tendenz der Kapitalmärkte, Aktien von Konglome-raten mit einem diversifikationsbedingten Wertabschlag unterzubewerten.
14 Für eine genauere Betrachtung siehe Jensen, 1986, Donaldson, 1994 und Lang, Stulz, 1994.
15 vgl. Jesch, 2004, S.93
16 Der RJR Nabisco-LBO wurde Themenschwerpunkt vieler Bücher (u.a. Burrough & Helyar, 1990, „Barbarians at the Gate“) und wurde 1993 sogar als Kinofilm verfilmt.
17 vgl. Brealey, Myers, 1994, S.843
18 vgl. Hockmann, Thießen, 2002, S.255
19 Quelle: Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK), 21.02.2008, S.14
20 vgl. Jesch, 2004, S.28
21 vgl. Reiche, 04.07.2006
22 vgl. Hockmann, Thießen, 2002, S.248
23 Eigene Darstellung in Anlehnung an Laub (1985), S.30; Schmidtke (1985), S.50 und Klemm (1988), S.41; zitiert in Schefczyk, 2000, S.24.
24 vgl. Leopold et al., 2003, S.17
25 vgl. Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK), Dezember 2004, S.12
26 vgl. Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK), Dezember 2004, S.3
27 vgl. Betsch et al., 1998, S.232
28 vgl. Jesch, 2004, S.83
29 vgl. Betsch et al., 1998, S.232 f.
30 vgl. Leopold et al., 2003, S.21
31 vgl. Jesch, 2004, S.91 f.
32 vgl. Fendel, Groh, 2002, S.114
33 vgl. Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK), Dezember 2004, S.13
34 Für eine nähere Auseinandersetzung mit Buy-outs von Konzerneinheiten siehe Weber, 2006.
35 vgl. Zantow, 2007, S.123
36 vgl. Jesch, 2004, S.91
37 vgl. Jesch, 2004, S.94
38 vgl. Brezski et al., 2006, S.21 ff. und Jesch, 2004, S.88
39 Müntefering, Januar 2005, S.18
40 Rügemer, Mai 2005, S.15
41 Für eine ausführliche Analyse des Grohe-LBO und die Auswirkungen der Restrukturierungen siehe Kaserer et al., 2007 , S.109-129 und Kußmaul et al., 2005.
42 vgl. Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK), 21.02.2008, S.10
43 Quelle: Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK), 21.07.2008, S.10
44 Es handelt sich bei der Darstellung um die Investitionen nach Sitz der Unternehmen, nicht nach Sitz der Beteili-gungsgesellschaft.
45 vgl. Jesch, 2004, S.23
46 vgl. Kaserer et al., 2007, S.20
47 vgl. Lerner et al., Februar 2008, S.17
48 vgl. Deutsche Beteiligungs AG & Finance Magazin, November 2004, S.17
49 vgl. World Economic Forum, 2008, S.IX
50 vgl. Deutsche Beteiligungs AG & Finance Magazin, November 2004, S.23
51 vgl. Institut für Mittelstandsforschung Bonn
52 vgl. dazu z.B. Europäische Kommission, 2003, S.21 oder Taiber, 2007, S.330
53 Für eine nähere Analyse der Auswirkungen von Basel II auf den deutschen Mittelstand siehe Grunert et al., 2002 und Externbrink, 2007.
54 vgl. Rödl & Partner, Juli 2008, S.6
55 vgl. PricewaterhouseCoopers, Februar 2008, S.16
56 In Deutschland oft in Form einer vermögensverwaltenden GmbH & Co. KG.
57 vgl. Kaserer et al., 2007, S.16 f.
58 vgl. Jesch, 2004, S.135
59 vgl. Hockmann, Thießen, 2002, S.250
60 Eigene Darstellung in Anlehnung an Betsch et al., 1998, S.226.
61 Der Begriff Fundraising beschreibt den Prozess des Einwerben von Fonds bzw. Geldmitteln von Kapitalgebern.
62 vgl. Hockmann, Thießen, 2002, S.255
63 vgl. Jesch, 2004, S.136
64 Quelle: Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK), 21.02.2008, S.25
65 vgl. Fendel, Groh, 2002, S.93
66 Eigene Darstellung in Anlehnung an Betsch et al., 1998, S.228, Hockmann, Thießen, 2002, S.253 und Weber, 2006, S.50.
67 vgl. Hockmann, Thießen, 2002, S.256
68 Eigene Darstellung in Anlehnung an Hockmann, Thießen, 2002, S.259.
69 Akerlof erläutert die Problematik der Adverse Selection bereits 1970 am berühmten Beispiel des Gebrauchtwa-genmarktes. Er beschreibt dort eingehend in wie weit eine asymmetrische Informationsverteilung das Markt-gleichgewicht ins Wanken bringen kann. Siehe dazu vertiefend, Akerlof, 1970.
70 vgl. Hockmann, Thießen, 2002, S.263 f.
71 vgl. Fendel, Groh, 2002, S.101
72 Zitiert in Bygrave, Timmons, 1992, S.6.
73 vgl. Gaughan, 1999, S.301 f.; Mittendorfer, 2001, S.143 f. und Fendel, Groh, 2002, S.102
74 vgl. Bousek, Ehringer, 2001, S.102
75 vgl. Picot et al., 2000, S.224
76 vgl. Achleitner, Charifzadeh, 2001, S.177 ff. und Jesch, 2004, S.62 ff.
77 vgl. Jesch, 2004, S.66 f.
78 vgl. Jesch, 2004, S.71 ff.
79 vgl. Fendel, Groh, 2002, S.107
80 vgl. Betsch et al., 1998, S.229
81 Eigene Darstellung in Anlehnung an Betsch et al., 1998, S.246.
82 vgl. Betsch et al., 1998, S.257
83 vgl. Fendel, Groh, 2002, S.108
- Arbeit zitieren
- Dipl.-Kfm. (ISM) Nico Auel (Autor:in), 2008, Leveraged Buy-Outs im Schatten der Subprime-Krise: Die Auswirkungen der Kreditkrise auf die Private Equity-Industrie und die Strategie der Investoren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/136277
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