Ab 1660 bemühte sich Kurfürst Friedrich Willhelm darum, die Einwohnerzahlen Berlins zu entwickeln. Dazu warb er gezielt AuswanderInnen an und ab 1680 entwickelten sich die Bevölkerungszahlen stetig nach oben, unter anderem weil der Kurfürst, um den Aufbau des am Ende des dreißigjährigen Krieges entvölkerten brandenburgischen Gebietes voranzutreiben, nicht nur für Berlin, sondern auch für das umliegende Brandenburg nach SiedlerInnen suchte. Dazu hatte er bereits mehrere Edikte erlassen, die unter anderem HolländerInnen und jüdische ÖsterreicherInnen nach Berlin und Brandenburg holten und erste Erfolge waren bereits zehn Jahre später erkennbar.
Als Ludwig der XIV mit dem Edikt von Fontainebleau das Edikt von Nantes widerrief und die Ausübung des protestantisch-reformierten Glaubens unter Strafe gestellt wurde, erließ Kurfürst Friedrich Willhelm das Edikt von Potsdam. Dieses bot einwanderungswilligen HugenottInnen Anreize sich gezielt in Brandenburg und Berlin niederzulassen und dort ihren erlernten Beruf auszuüben.
So kam mit ihnen nicht nur die französische Sprache, sondern viel wichtiger, Handwerksfähigkeiten, Erfahrung in der Gründung und Führung von Manufakturen sowie das Wissen um den Anbau und die Herstellung von Gütern die bis dahin teuer importiert werden mussten nach Berlin.3 Die Zusammensetzung der Bevölkerung der Stadt begann sich stark zu ändern und 1700 waren immerhin mehr als ein Fünftel der Einwohner Berlins HugenottenInnen.
Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt auf der Entwicklung der Bevölkerungszahlen Berlins ab 1660, da der Kurfürst ab diesem Zeitpunkt aktiv bevölkerungspolitische Maßnahmen ergriff, bis 1750 und welchen Einfluss die Einwanderung der französischen Glaubensflüchtlinge sowohl auf diese als auch auf mit diesen in Zusammenhang stehende Bereiche, wie Wirtschaft und Bildung, hatte. Dazu werden, um mögliche Ursachen voneinander zu trennen, nach einem Überblick über die Bevölkerungsentwicklung bis 1680 die generellen Auswirkungen der kurfürstlichen Maßnahmen zusammengefasst und nachfolgend die Einwanderung von HugenottInnen nach dem Edikt von Potsdam betrachtet. Im Anschluss wird der Einfluss der hugenottischen Einwanderung auf die Bereiche Bildung, Religion und Wirtschaft dargestellt, um so letztendlich nicht nur den Anteil an der Entwicklung der Einwohnerzahlen, sondern auch der Stadt an sich zu bewerten.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die Bevölkerungsentwicklung Berlins
2.1 Überblick über die Bevölkerungsentwicklung vor 1680
2.2 Auswirkungen der kurfürstlichen Einwanderungspolitik
2.3 Auswirkungen des Edikts von Potsdam
3 Einfluss der hugenottischen Einwanderung
3.1 Bildung und Religion
3.2 Wirtschaft
4 Schlussbetrachtung
5 Quellenverzeichnis
6 Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Ab 1660 bemühte sich Kurfürst Friedrich Willhelm darum, die Einwohnerzahlen Berlins zu entwickeln. Dazu warb er gezielt Auswanderinnen an und ab 1680 entwickelten sich die Bevölkerungszahlen stetig nach oben, unter anderem weil der Kurfürst, um den Aufbau des am Ende des dreißigjährigen Krieges entvölkerten brandenburgischen Gebietes voranzutreiben, nicht nur für Berlin, sondern auch für das umliegende Brandenburg nach Siedlerinnen suchte. Dazu hatte er bereits mehrere Edikte erlassen, die unter anderem Holländerinnen und jüdische Österreicherinnen nach Berlin und Brandenburg holten und erste Erfolge waren bereits zehn Jahre später erkennbar.1
Als Ludwig der XIV mit dem Edikt von Fontainebleau das Edikt von Nantes widerrief und die Ausübung des protestantisch-reformierten Glaubens unter Strafe gestellt wurde, erließ Kurfürst Friedrich Willhelm das Edikt von Potsdam. Dieses bot einwanderungswilligen Hugenottinnen Anreize sich gezielt in Brandenburg und Berlin niederzulassen und dort ihren erlernten Beruf auszuüben.2
So kam mit ihnen nicht nur die französische Sprache, sondern viel wichtiger, Handwerksfähigkeiten, Erfahrung in der Gründung und Führung von Manufakturen sowie das Wissen um den Anbau und die Herstellung von Gütern die bis dahin teuer importiert werden mussten nach Berlin.3 Die Zusammensetzung der Bevölkerung der Stadt begann sich stark zu ändern und 1700 waren immerhin mehr als ein Fünftel der Einwohner Berlins Hugenottenlnnen.4
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Auswirkungen dieses Edikts und stützt sich in der Auswertung von Bevölkerungszahlen dabei vorwiegend auf die Arbeiten von Lehmann und Hintze, in Bezug auf die hugenottische Einwanderung vor allem auf Krum, Beheim-Schwarzbach und Jersch-Wenzel.
Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt auf der Entwicklung der Bevölkerungszahlen Berlins ab 1660, da der Kurfürst ab diesem Zeitpunkt aktiv bevölkerungspolitische Maßnahmen ergriff, bis 1750 und welchen Einfluss die Einwanderung der französischen Glaubensflüchtlinge sowohl auf diese als auch auf mit diesen in Zusammenhang stehende Bereiche, wie Wirtschaft und Bildung, hatte.
Dazu werden, um mögliche Ursachen voneinander zu trennen, nach einem Überblick über die Bevölkerungsentwicklung bis 1680 die generellen Auswirkungen der kurfürstlichen Maßnahmen zusammengefasst und nachfolgend die Einwanderung von Hugenottinnen nach dem Edikt von Potsdam betrachtet. Im Anschluss wird der Einfluss der hugenottischen Einwanderung auf die Bereiche Bildung, Religion und Wirtschaft dargestellt, um so letztendlich nicht nur den Anteil an der Entwicklung der Einwohnerzahlen, sondern auch der Stadt an sich zu bewerten.
2. Die Bevölkerungsentwicklung Berlins
2.1. Überblick über die Bevölkerungsentwicklung vor 1680
Berlin und Kölln, beide erst im 13. Jahrhundert urkundlich erwähnte Städte, wuchsen bis ins 15. Jh. auf etwa 6.000 Einwohnerinnen an und schafften es bis zum Ende des 16. Jh. auf -je nach Quelle- 9.000 bis 12.000 Einwohnerinnen weiterzuwachsen.56 Von 1618 bis 1648 aber wütete der dreißigjährige Krieg und traf auch Berlin und die umliegende Mark Brandenburg hart. Bis zum Ende des Krieges schrumpfte die Bevölkerung der Stadt, zum einen durch Kriegshandlungen im Rahmen des dreißigjährigen Krieges, zum anderen aber auch durch Hungersnöte und Krankheitsausbrüche, zusammen auf nur noch 6.000 Einwohner.5 6 7
Bis 1654 erholte sich Berlin, zumindest von den Einwohnerzahlen her, nur langsam und wuchs erst einmal nur auf 6.197 Einwohner an. Das Wachstum scheint die nächsten Jahre weiterhin nahezu zu stagnieren, bis 1661 wohnen immer noch nur etwa 6.500 Einwohnerinnen in Berlin. Erst dann, 22 Jahre nach Kriegsende, fängt Berlin ernsthaft an zu wachsen, bis 1670 Berlin auf 8.150 Einwohner, bis 1680 sind es immerhin schon 9.800.8
In der direkten Nachkriegszeit erholt sich Berlin offensichtlich nur langsam. Die Menge der Einwanderer und Geburten gleicht kaum die der Abwanderer und Sterbefälle aus. Erschwerend kommt hinzu, dass auch die Kurmark selbst stark gelitten hat. Von ehemals 240.000 Einwohnerinnen sind nur noch 70.000 übrig, die Zahl der Dörfer hatte sich halbiert auf nur noch 4.000.9 Nicht nur Berlin also, sondern auch das umgebende Land ist so stark entvölkert, dass das Wachstum nahezu stagniert. Mehr als zwanzig Jahre mussten vergehen, bis Berlin endlich begann signifikant zu wachsen.
2.2. Auswirkungen der kurfürstlichen Einwanderungspolitik
Hauptursache für das nur langsame Wachsen der Bevölkerungszahlen von Berlin war, dass Städte traditionell durch Migration wachsen, während gleichzeitig das umgebende Brandenburg aber noch durch den dreißigjährigen Krieg stark entvölkert war. Die Bevölkerung auf dem Land war, wie oben bereits erwähnt, stark zurückgegangen, fast ein Drittel der noch existierenden Häuser in Berlin nicht mehr bewohnt oder gar nicht mehr bewohnbar und die Vorstädte waren völlig niedergebrannt.10 11 Potenzielle Einwanderinnen mussten also von weiter her kommen und dementsprechend weitere Wege auf sich nehmen und nach ihrer Ankunft Häuser oft erst noch reparieren oder neu bauen.
Kurfürst Friedrich Willhelm hatte bereits im Jahr 1646 zur Einwanderung nach Berlin und Brandenburg aufgefordert, dem kamen vor allem niederländische Landwirtinnen und Gärtnerinnen nach.12 Diese ließen sich aber zum großen Teil auf dem Land nieder, auf Berlin hatte dies kaum Auswirkungen.13 Im Jahr 1660 begann der Kurfürst dann mit einer planmäßigen Einwanderungspolitik um den Anschluss der Region Berlin/ Brandenburg an West- und Mitteleuropa zu ermöglichen. Diese sah unter anderem -ausschließlich für Einwanderinnen, nicht bereits dort wohnhafte - eine Befreiung von allen Steuern und Lasten ab 1661 vor und ab 1667 wurden Einwanderinnen die Baustellen unentgeltlich und das Bauholz entweder unentgeltlich oder zum halben Preis zur Verfügung gestellt. Ab 1669 schließlich wurde das Bürgerrecht und auch das Meisterrecht (auch ohne Geburtsbrief zum Nachweis der ehelichen Abstammung und Meisterstück zum Nachweis der Fähigkeiten, nur gegen Lehrbrief) in Berlin kostenlos erteilt.14 15
1671 wurden dann per Edikt 50 jüdische Familien aufgenommen, nachdem diese aufgrund ihres Glaubens aus Wien ausgewiesen wurden. Das Edikt geht allerdings nicht auf die Glaubensproblematik ein, sondern legt die Gründe für die Aufnahme recht pragmatisch dar: die Förderung des Handels durch wohlhabende Einwanderinnen.16 Die Beschränkung der Zahl der Familien legt nahe, dass diese nicht primär zur Stärkung der Bevölkerung ins Land geholt wurden, sondern in der Hoffnung auf Geldmittel, die die Wirtschaft ankurbeln sollten.
Die Einwanderungspolitik des Kurfürsten scheint also gewirkt zu haben. Während vor Beginn dieser Maßnahmen die Entwicklung der Einwohnerzahlen eher schleppend war, begannen sie ab den 1660 deutlich zügiger zu steigen. Die Korrelation der kurfürstlichen Einwanderungspolitik mit den stetig steigenden Bevölkerungszahlen legt eine -zumindest teilweise- Kausalität nahe.
2.3. Auswirkungen des Edikts von Potsdam
Zur Einwanderung der Hugenottinnen gibt es einerseits, dank der durch hugenottische Einwanderinnen selbst geführte Listen, sehr präzise Zahlen. Andererseits decken diese viele Sonderfälle nicht ab. So wurden generell Hugenottinnen, die sich nicht einer Kolonie anschlossen, sondern als Familie oder auch allein sich in einem Dorf niederließen, nirgends erfasst. Ein deutlich größerer Posten dürfte aber diejenigen Hugenotten gewesen sein, die sich dem Militär anschlossen. Es existierten in Berlin und Brandenburg insgesamt neun Regimenter, deren Angehörige - und zwar sowohl Offiziere als auch Soldaten - teilweise oder ausschließlich Hugenotten waren und weder sie noch ihre Familien wurden in diesen Kolonielisten erfasst.
Nachdem sowohl protestantische als auch jüdische Religionsflüchtlinge in Preußen aufgenommen und vom Kurfürsten als willkommener Bevölkerungszuwachs angesehen wurden, folgten daraufhin auch weitere Einwanderinnen, die entweder aus wirtschaftlichen Gründen oder sonstiger Unzufriedenheit mit ihrer Lage in ihrem Heimatland, die sich nach dem Beispiel der Hugenottinnen bessere Einkommensmöglichkeiten, und damit verbunden bessere Lebensverhältnisse erhofften.17
Von 1695 bis 1705 bedeutete dies, dass von den Einwanderinnen etwa 600 jedes Jahr aus anderen Ländern stammten. Um 1700 sollen nur noch etwa die Hälfte der 28.500 Einwohnlnnen Deutsche gewesen sein.18 Noch über zehn Jahre nach dem Ediktvon Potsdam nahm auch die Anzahl der Hugenottinnen weiter zu, zum Beispiel wuchs ihre Zahl von 4.821 im Jahr 1697 weiter auf 5.869 im Jahr 1700.19
[...]
1 Horsta Krum: Preußens Adoptivkinder. Die Hugenotten - 300 Jahre Edikt von Potsdam. Berlin. 1985, S. 20.
2 Ediktvon Potsdam vom 29.10.1685, in Christian Otto Mylius (Hrsg.): Corporis constitutionum Mar- chicarum. Anderer Theil. Berlin, Halle. 1737 (= Bd. 2), Sp. 183-188.
3 Krum, Preußens Adoptivkinder, S. 203. 4ebd., S. 87.
5 Peter Ring: Bevölkerung. In: Horst Ulrich (Hrsg.): Berlin-Handbuch: das Lexikon der Bundeshauptstadt. Berlin 1992, S. 236-248, hier: S. 236.
6 Kurt Hinze: Die Arbeiterfrage zu Beginn des modernen Kapitalismus in Brandenburg-Preußen. Berlin. 1927, S. 23.
7 Ring, Bevölkerung, S. 236.
8 Horst Mauter: Zur Geschichte der Berliner Fayencemanufakturen von 1678 bis etwa 1779. In: Karin Lehmann (Hrsg.): Zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte Berlins vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Berlin 1986, S. 29-65, hier: S. 38.
9 ebd., S. 36.
10 Karin Lehmann (Hrsg.): Zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte Berlins vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Berlin. 1986, S. 36.
11 Krum, Preußens Adoptivkinder, S. 82.
12 Max Beheim-Schwarzbach: Hohenzollernsche Colonisationen: Ein Beitrag zu der Geschichte des preussischen Staates und der Colonisation des östlichen Deutschlands. Leipzig. 1874, S. 34.
13 Hugo Rachel: Das Berliner Wirtschaftsleben im Zeitalter des Frühkapitalismus. Berlin. 1931, S. 5.
14 Stefi Jersch-Wenzel und Otto Büsch: Juden und "Franzosen" in der Wirtschaft des Raumes Berlin/ Brandenburg zur Zeit des Merkantilismus. Berlin. 1978, S. 31.
15 Rachel, Das Berliner Wirtschaftsleben im Zeitalter des Frühkapitalismus, S. 5.
16 Jersch-Wenzel, Büsch, Juden und "Franzosen" in der Wirtschaftdes Raumes Berlin/Brandenburg zur Zeit des Merkantilismus, S. 34.
17 Jersch-Wenzel, Büsch, Juden und "Franzosen" in der Wirtschaftdes Raumes Berlin/Brandenburg zur Zeit des Merkantilismus, S. 25.
18 Herrmann, Berlin: Ergebnisse der heimatkundlichen Bestandsaufnahme, S. 99.
19 Krum, Preußens Adoptivkinder, S. 87.
- Arbeit zitieren
- Astrid Schühle (Autor:in), 2020, Der hugenottische Einfluss auf die Bevölkerungsentwicklung Berlins im 17. Jahrhundert, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1363931