Probleme im Schriftspracherwerb


Hausarbeit, 2002

22 Seiten, Note: nicht benotet


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Zusammenfassung beider Konzepte
2.1. Zusammenfassung des Konzepts „Lesen durch Schreiben“ von Jürgen Reichen
2.2. Zusammenfassung des Konzepts „Richtig schreiben lernen von Anfang an“ von Norbert Sommer-Stumpenhorst.

3. Definition: Probleme im Schriftspracherwerb

4. Probleme im Schriftspracherwerb (Schwerpunkt: Lautierungsprobleme)
4.1. Jürgen Reichen
4.1.1. Vorgesehene Lautierungsübungen
4.1.2. Vorschläge bei Lautierungsproblemen
4.2. Norbert Sommer-Stumpenhorst
4.2.1. Vorgesehene Lautierungsübungen
4.2.2. Vorschläge bei Lautierungsproblemen

5. Vergleich beider Konzepte

6. Schlussbetrachtung

7. Literatur

1. Einleitung:

Durch die Pisastudie ist auch der Anfangsunterricht im Fach Sprache in die Diskussion geraten, da er scheinbar qualitativ nicht hochwertig genug ist. Ein Großteil der Lehrer[1] verwendet im Erstleseunterricht eine Fibel, was offensichtlich häufig aus verschiedenen Gründen nicht zum erwünschten Erfolg führt. Immer mehr Kinder haben scheinbar Probleme im Schriftspracherwerb, bei immer weniger Kindern verläuft das Lesen- und Schreibenlernen reibungslos.

Es gibt nun einige Konzepte, die ohne Fibel arbeiten. Zwei davon, vielleicht die momentan populärsten, möchte ich hervorgreifen: „Lesen durch Schreiben“ von Jürgen Reichen und das Konzept „Richtig lesen und schreiben lernen von Anfang an“ von Norbert Sommer-Stumpenhorst.

Beide Ansätze sind nicht unumstritten. Besonders Eltern sind skeptisch, ob ihre Kinder mit diesen Konzepten wirklich das Lesen und Schreiben lernen, da sie methodisch stark vom traditionellen Fibelunterricht abweichen, der den Eltern bekannt ist.

Andererseits sehen Anhänger der Lehrgänge diese oft als „Wundermittel“, mit dem jedes Kind Lesen und Schreiben lernt, es sei nur eine Frage der Zeit.

In dieser Arbeit möchte ich darstellen, wie Jürgen Reichen bzw. Norbert Sommer-Stumpenhorst vorgehen, wenn sie bei einem Kind Probleme im Schriftspracherwerb feststellen. Dabei werde ich mich speziell auf das „Lautieren“ konzentrieren. Ebenso werde ich versuchen die Frage zu beantworten, wo bei den jeweiligen Konzepten (im Hinblick auf diese Probleme) die Vor- und Nachteile liegen.

Ich werde zunächst den Kern der beiden Konzepte kurz darstellen. Dann werde ich definieren, was ich unter „Problemen im Schriftspracherwerb“ verstehe, bevor ich auf die dort vorgeschlagenen Hilfen bei Problemen im Schriftspracherwerb eingehe. Zum Ende der Arbeit vergleiche ich beide Konzepte miteinander und bewerte sie im Schlussteil.

2.: Zusammenfassung beider Konzepte:

Ich werde im Folgenden die Grundzüge des Konzepts „Lesen durch Schreiben“ von Jürgen Reichen und des Konzepts „Richtig lesen und schreiben lernen von Anfang an“ von Norbert Sommer-Stumpenhorst vorstellen.

2.1. :Zusammenfassung des Konzepts „Lesen durch Schreiben“ von Jürgen Reichen

Wie der Name schon sagt, lernt[2] der Schüler bei Jürgen Reichen das Schreiben durch das Lesen. Das Lesen ergibt sich sozusagen als Begleitprodukt des Schreibens. Vorraussetzung ist, dass der Schüler nie zum Lesen gezwungen wird, besonders nicht zum lauten Vorlesen. Es handelt sich also um einen Leselehrgang. Dabei ist Lesen nicht als das Aneinanderreihen von Lauten zu verstehen, sondern als sinnentnehmendes Lesen. Der Lehrer soll Leseanreize für die Schüler setzen, sich aber nicht auf das Lesenlernen beschränken, sondern zum Beispiel auch Schreibanlässe bieten.[3]

Um diese Schreibanlässe so früh wie möglich bewältigen zu können, erhält jeder Schüler eine eigene Anlauttabelle, mit der er lernt, selbständig zu schreiben. Das Schreiben steht im Mittelpunkt des Leselehrgangs und daher sollte der Schüler möglichst früh einfache Sätze schreiben können.

Wichtig ist, dass der Schüler aus eigener Motivation heraus lernt, denn je selbständiger er lernt, so Reichen, desto erfolgreicher lernt er. Ferner ist selbstständiges Lernen sogleich auch soziales Lernen.

Der Lehrer erhält also eine neue Rolle, nämlich die des Beraters. Für ihn gelten das Prinzip der didaktischen Zurückhaltung und das der minimalen Hilfe. Er darf keinerlei Leistungsdruck auf die Schüler ausüben, sollte sich mit Korrekturen zurückhalten und viel loben, denn Erfolge und Misserfolge beeinflussen (besonders in den ersten Schuljahren) die Einstellung der Kinder zur Schule enorm.[4] Er muss versuchen, unter allen Umständen die Motivation der Schüler und deren Freude am Lernen aufrechtzuerhalten, denn Reichen geht davon aus, dass am Schulanfang jedes Kind lernwillig ist. Von daher sollte der Lehrer zum Beispiel die Schrift des Schülers nicht beanstanden, solange diese lesbar ist. Eine formschöne Handschrift ist, so Reichen, erst beim Schreibschriftlehrgang wichtig.

Das Konzept „Lesen durch Schreiben“ kann der Lehrer umsetzen, indem er zum Beispiel Werkstattunterricht anbietet.[5]

Um die Vorraussetzungen zum Lesen und Schreiben zu schaffen sollten Konzentrationsübungen, Wahrnehmungsübungen, Lautierungsübungen usw. durchgeführt werden.

Vorteile des Konzepts:[6]

Der Hauptvorteil des Leselehrgangs „Lesen durch Schreiben“ liegt darin, so Reichen selbst, dass der Schüler den Eindruck hat, dass er sich das Lesen selbst beigebracht hat, denn er lernt aktiv. Ferner lernt er individuell aber gleichzeitig sozialorientiert.

- Er kann alle Buchstaben von Anfang an mit Hilfe der Anlauttabelle benutzen.
- Durch das selbstgesteuerte Lernen, wird einer legasthenischen Fehlentwicklung vorgebeugt, denn jedes Kind lernt in seinem Tempo. So werden Erfolge ermöglicht. Das Kind lernt durch Einsicht, so dass der Lernertrag langfristig ist.

2.2.: Zusammenfassung des Konzepts „Richtig Schreiben lernen von Anfang an“ von Norbert Sommer-Stumpenhorst:

Norbert Sommer-Stumpenhorst geht es um eine Technikvermittlung zum eigenen Erlernen der Buchstaben. Dazu bekommen der Schüler einen „Hör- Seh- und Schreibpass“ (HSSP), damit er selbst und der Lehrer einen Überblick haben, was er schon kann und was er noch lernen muss.[7]

An einigen Buchstaben (zum Beispiel L; E, O und A) zeigt der Lehrer, wie ein Schüler sich einen neuen Buchstaben aneignet. Grundlage dazu ist das Hören, das Sehen und das Schreiben des Buchstaben. Dazu werden verschiedene Übungen gemacht, auf die ich unten näher eingehen möchte. Gearbeitet wird mit einer Anlauttabelle. Wenn die Kinder sich die Buchstaben selbst erarbeiten, ist ihnen die ganze Schrift offen. Sie suchen sich einen Buchstaben aus, den sie erarbeiten möchten und machen dazu verschiedene Übungen: Sie üben, ihn zu hören, sie fahren einen vorgeschriebenen Buchstaben nach, sie unterscheiden ihn von anderen Buchstaben und sie arbeiten mit einer Bildkartei.[8] Nach einiger Zeit werden Schönschreibübungen durchgeführt, denn laut Sommer-Stumpenhorst ist der Sinn des Schreibens, dass es ein anderer lesen kann.[9] Wichtig ist dabei das selbständige Arbeiten der Kinder, zu dem auch die Selbstkontrolle gehört.[10] Die angewandten Methoden, mit denen die Kinder das Hören, Sehen und Schreiben eines Buchstaben erlernen, sollen immer wieder auf ihre Qualität geprüft werden und gegebenenfalls geändert werden.

Norbert Sommer-Stumpenhorst gibt Reichen in einen Punkt Recht: Das Lesen ergibt sich aus dem Schreiben.[11] Daher sollen sinnvolle Schreibanlässe gefunden werden, die die Schüler thematisch ansprechen,[12] denn Kinder möchten sich anderen mitteilen.[13]

Eine Fehlerkorrektur zerstört die natürliche Motivation des Kindes.[14] Um die Kinder an die Rechtschreibung heranzuführen, sollen sie beim Schreiben mitsprechen. Dadurch wird die Schreibung der Wörter, die man so schreibt, wie man sie spricht, geübt. Der Lehrer sollte hier als Vorbild dienen.[15]

Vom ersten Schultag an sollten im Klassenzimmer Leseangebote zu finden sein.[16] Das laute Lesen mit der ganzen Klasse trainiert schwache Schüler im Lesen.[17]

Sommer-Stumpenhorst weißt mehrmals auf die Unterschiedlichkeit der Lernprozesse bei jedem Kind hin. Man sollte diese auch ohne weiteres im Unterricht thematisieren.[18]

Er hält es ferner für sinnvoll, von Zeit zu Zeit Lernstandskontrollen durchzuführen. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Diktate, bei denen die Lautierfähigkeit der Kinder geprüft wird.[19]

Vorteile des Konzepts:

Norbert Sommer-Stumpenhorst beschäftigt sich viel mit Kindern, die an einer Lese-Rechtschreibschwäche leiden. Informationen dazu hat er ins Internet gestellt.[20] Der Leser erfährt dort wesentliches über sein Konzept, einen Großteil der Aspekte, die in seinen Büchern stehen, hat er auch ins Internet gestellt, so dass sie sehr gut zugänglich sind.

An den Leselehrgang Sommer-Stumpenhorsts schließt sich direkt ein Rechtschreiblehrgang an.[21] Die Schüler sind mit der Methodenart vertraut und brauchen sich dann nicht auf ein anderes Konzept umzustellen.

Ein großer Vorteil für viele Kinder ist sicherlich, dass das Konzept durch den „HSSP“ einen sehr guten Überblick bietet, was die Kinder schon können und was sie noch lernen müssen.

Hinzu kommen die Vorteile, die schon bei Reichen galten: Das Kind kann mit Hilfe der Anlauttabelle von Anfang an alle Buchstaben benutzen und es lernt in seinem eigenen Tempo.

[...]


[1] Immer, wenn ich in meiner Arbeit von Lehrern spreche, sind selbstverständlich ebenso Lehrerinnen gemeint. Der Übersichtlichkeit halber werde ich jedoch nur von Lehrern sprechen. Gleiches gilt für Schüler und Schülerinnen.

[2] Wenn nicht anders angegeben:

Vgl. Reichen: Lesen durch Schreiben Heft 2, S.57 – 64.

[3] Vgl. Reichen: Lesen durch Schreiben, Heft 1, S. 26.

[4] Vgl. Reichen: Lesen durch Schreiben Heft 1, S. 5.

[5] Aus Platzgründen kann ich leider nicht näher auf den Werkstattunterricht eingehen, ich verweise aber auf das von Jürgen Reichen verfasste Buch „Sachunterricht und Sachbegegnung“ (erschienen im Sabe Verlag Zürich), in dem ausführlich Hinweise zum Werkstattunterricht gegeben werden.

[6] Vgl. Jürgen Reichen: Lesen durch Schreiben, Heft 1, S. 10.

[7] Vgl. Norbert Sommer-Stumpenhorst: Richtig Schreiben lernen von Anfang an. S. 31.

[8] Vgl. Sommer-Stumpenhorst: Richtig Schreiben lernen von Anfang an. S. 34.

[9] Vgl. Sommer-Stumpenhorst: Richtig Schreiben lernen von Anfang an. S. 22.

[10] Vgl. Sommer-Stumpenhorst: Richtig Schreiben lernen von Anfang an. S. 13 und 76.

[11] Vgl. Sommer-Stumpenhorst: Richtig Schreiben lernen von Anfang an. S. 7.

[12] Vgl. Sommer-Stumpenhorst: Richtig Schreiben lernen von Anfang an. S. 40.

[13] Vgl. Sommer-Stumpenhorst: Richtig Schreiben lernen von Anfang an. S. 48.

[14] Vgl. Sommer-Stumpenhorst: Richtig Schreiben lernen von Anfang an. S. 18.

[15] Vgl. Sommer-Stumpenhorst: Richtig Schreiben lernen von Anfang an. S. 71.

[16] Vgl. Sommer-Stumpenhorst: Richtig Schreiben lernen von Anfang an. S. 82.

[17] Vgl. Sommer-Stumpenhorst: Richtig Schreiben lernen von Anfang an. S. 72.

[18] Vgl. Sommer-Stumpenhorst: Richtig Schreiben lernen von Anfang an. S. 23.

[19] Vgl. Sommer-Stumpenhorst: Richtig Schreiben lernen von Anfang an. S. 122.

[20] www.rechtschreib-werkstatt.de

[21] Daher vermutlich auch der Titel „Richtig schreiben lernen von Anfang an“.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Probleme im Schriftspracherwerb
Hochschule
Universität Bielefeld  (FB Germanistik)
Veranstaltung
Didaktik des Erstleseunterrichts
Note
nicht benotet
Autor
Jahr
2002
Seiten
22
Katalognummer
V13667
ISBN (eBook)
9783638192590
Dateigröße
500 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Probleme, Schriftspracherwerb, Didaktik, Erstleseunterrichts
Arbeit zitieren
Tanja Knüppel (Autor:in), 2002, Probleme im Schriftspracherwerb, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/13667

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