Subjektive Theorien von Computerspielern über Computerspiele und Computerspielsucht

Am Beispiel des MMORPG World of Warcraft


Diplomarbeit, 2009

106 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Zielstellung der Arbeit

2. Festlegung des theoretischen Begriffsrahmens
2.1 Computerspielsucht
2.1.1 Was sagt die Wissenschaft?
2.1.2 Arbeitsdefinition
2.2 Subjektive Theorien
2.2.1 Das Menschenbild
2.2.2 Definition nach Groeben
2.2.3 Definition nach König
2.2.4 Arbeitsdefinition
2.3 MMORPG

3. Studien zum Forschungsgegenstand Computerspielsucht
3.1 Allgemeiner Überblick zu Studien über Computerspielsucht
3.2 Darstellung der Studien
3.3 Die Studie „Subjektive Theorien über Alkoholismus“
3.3.1 Wieso wird eine Studie über Alkoholismus vertieft vorgestellt?
3.3.2 Die Vorstellung der Studie

4. Forschungsmethodisches Design
4.1 Auswahl und Begründung der gewählten Forschungsmethodik
4.2 Einführung in die Qualitative Sozialforschung
4.2.1 Überblick über das Qualitative Interview
4. 2.2 Das Konstrukt-Interview
4.3 Entwicklung des eigenen Forschungsdesigns
4.3.1 Festlegung des Untersuchungsziels und des Verwendungszwecks
4.3.2 Festlegung der Grundgesamtheit und Stichprobe
4.3.3 Entwicklung und Begründung des Leitfadens
4.3.4 Probeinterview
4.3.5 Endgültige Festlegung des Leitfadens
4.4 Durchführung der Hauptinterviews
4.4.1 Phasen der Durchführung
4.4.2 Anmerkungen zu den Interviews
4.4.3 Methodische Reflexion eines Hauptinterviews

5.Auswertung und Darstellung der zentralen Ergebnisse
5.1 Die Qualitative Inhaltsanalyse als Auswertungsmethodik
5.1.1 Die qualitative Inhaltsanalyse
5.1.2 Die strukturierende Inhaltsanalyse
5.2 Entwicklung des eigenen Auswertungsdesigns
5.2.1 Bestimmung des Ausgangsmaterials
5.2.2 Fragestellung der Analyse
5.2.3 Ablaufmodell der Analyse
5.3 Inhaltliche Auswertung der Ergebnisse
5.3.1 Subjektives Konstrukt „World of Warcraft“
5.3.2 Subjektive Diagnosehypothesen
5.3.3 Subjektive Erklärungshypothesen
5.3.4 Subjektive Strategien
5.4 Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse

6. Interpretation der Ergebnisse und Konsequenzen
6.1 Interpretation der zentralen Ergebnisse
6.1.1 Merkmale von Computerspielsucht
6.1.2 Ursachen von Computerspielsucht
6.1.3 Strategien gegen Computerspielsucht
6.2 Pädagogische Konsequenzen
6.2.1 Zielgruppenorientierte Konsequenzen
6.2.2 Präventions-Seminar für Eltern
6.2.3 Offene Fragen // Ausblick

7. Literaturverzeichnis

8. Anhang

Interview mit Wuzzi

1. Zielstellung der Arbeit

Fernsehen, Handy und Computer sind integrale Bestandteile der modernen Kinderzimmer und nicht mehr aus ihnen wegzudenken. Gerade Computer und Videospiele nehmen in der Welt der Kinder und Jugendlichen immer häufiger eine zentrale Rolle ein. In der Literatur finden sich Angaben, dass elfjährige Schüler und Schülerinnen unter der Woche durchschnittlich eine Stunde täglich am PC spielen, wobei die tägliche Spieldauer mit dem Alter der Kinder und Jugendlichen steigt – vor allem bei Jungen (Wölfling, Psychiatrische Praxis 2007, S. 5).

Massively Multiplayer Online Role-Playing Game (MMORPG) sind spezielle Videospiele, die ausschließlich über das Internet spielbar sind. Sie gehören in das Genre der Computer-Rollenspiele, bei dem gleichzeitig mehrere tausend Spieler eine persistente, virtuelle Welt bevölkern können. Diese Art der Computerspiele ist eigentlich nicht neu, denn sie existiert schon seit Anfang der 90er Jahre, aber ihre Popularität hat in den letzten Jahren exorbitant zugenommen und schwappte erst vor wenigen Jahren von Japan und den USA nach Deutschland. Die bekanntesten MMORPGs in Deutschland sind Everquest, Final Fantasy und World of Warcraft.

Seit ein paar Jahren wird in der Wissenschaft das exzessive Computerspielen untersucht. Neben den körperlichen Auswirkungen exzessiver Computernutzung diskutieren die Wissenschaftler auch psychische Folgen. In Deutschland ist diese Forschung gerade erst im Aufbau, weswegen erst wenige Studien dieses Phänomen untersucht haben.

Was bedeutet in diesem Zusammenhang „exzessiv“? Eine erste Erhebung an 540 Nutzern des Online-Rollenspiels Everquest durch Griffith (Griffith, Journal of Adolescence 2004/27, S. 87-96) ergab, dass die durchschnittliche wöchentliche Gesamtspieldauer 25 Stunden betrug. Immerhin 9% der Befragten gaben an, durchschnittlich mehr als 50 Wochenstunden im Spiel zu sein. Dabei vernachlässigten die Jugendlichen im Vergleich zu erwachsenen Spielern signifikant häufiger Schule oder Beruf.

Diese Zahlen stimmen bedenklich, da sie im Vergleich zu den Studien von normalen Videospielen einen hohen Prozentsatz an exzessiven Computerspielern belegt.

Ich spiele seit Mai 2007 selber regelmäßig „World of Warcraft“ und habe mir ein Bild von dem Spiel und seinen Spielern machen können. Am eigenen Leib habe ich mitbekommen, wie sich schleichend die Onlinezeiten erhöhten und es schwierig wurde auszuloggen. In diesem Zusammenhang stelle ich mir die Frage, wie andere Spieler Computerspielsucht wahrnehmen. Wissen sie, woran sie mögliche Züge einer Computerspielsucht bei sich und anderen erkennen können? Was tun sie, um ihr Spielverhalten im normalen Rahmen zu halten?

Ziel dieser Arbeit ist, die Subjektiven Theorien von Computerspielern über Computerspiele und Computerspielsucht am Beispiel des MMORPG World of Warcraft zu untersuchen.

Mit den Ergebnissen dieser Diplomarbeit möchte ich Spieler unterstützen, damit sie die Kontrolle über ihr Spiel behalten.

Dieses erste Kapitel, die Einleitung, dient der allgemeinen Orientierung.

Im zweiten Kapitel werde ich die dieser Arbeit zugrunde liegenden Begriffe klären. Ich werde zunächst den Begriff der Computerspielsucht erläutern und daran anschlie1end zwei Definitionen von Subjektiven Theorien vorstellen, um anschlie1end meine Arbeitsdefinitionen zu erläutern. In einem weiteren Unterkapitel werde ich einen kurzen Überblick geben, was ein MMORPG ist.

Im dritten Kapitel beschäftige ich mich mit vorhandenen Studien rund um meine Fragestellung und gebe einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand.

Im vierten Kapitel entwickele ich mein Forschungsdesign, indem ich mir zunächst einen Überblick über mögliche Vorgehensweisen zu meiner Fragestellung verschaffe und anschlie1end, darauf beruhend, eine Forschungsmethodik wähle und begründe. Danach folgt die eigentliche Entwicklung des Untersuchungs- und des Auswertungs-Designs.

Im Kapitel 5 stelle ich die zentralen Ergebnisse meiner Untersuchung ausführlich vor und interpretiere und vergleiche sie in Kapitel 6 mit den Ergebnissen der Studien aus dem dritten Kapitel. Abschlie1end beschäftige ich mich mit den Konsequenzen für die pädagogische Praxis, die ich im vorherigen Kapitel herausarbeiten werde und fundiere dies mit weiterer Fachliteratur.

2. Festlegung des theoretischen Begriffsrahmens

Ziel dieses Kapitels wird es sein, zunächst einen Überblick über den in der Forschung verwendeten Begriff der „Computerspielsucht“ zu geben, und auf dieser Grundlage das eigene Verständnis über den Begriff der Computerspielsucht als Arbeitsdefinition festzulegen (Kap. 2.1). Anschließend wird der Begriff der „Subjektive Theorien“ anhand des Konzepts von Groeben und das von König näher erläutert und ebenfalls eine für diese Arbeit geeignete Definition expliziert (Kap. 2.2). In Kapitel 2.3 wird abschließend ein kurzer Überblick darüber gegeben, was ein „MMORPG“ ist.

2.1 Computerspielsucht

2.1.1 Was sagt die Wissenschaft?

Das exzessive Computerspielen wird in der Wissenschaft als eine Form von Verhaltensucht beschrieben und als Computerspielsucht benannt. Es gilt also zunächst einmal zu klären, was eine Verhaltenssucht ist:

„Bei der nichtstoffgebundenen Sucht, der Verhaltenssucht, werden keine bewusstseinsverändernden (psychotropen) Substanzen von außen zugeführt oder eingenommen; der gewünschte, als Belohnung empfundene psychotrope Effekt (Kick-Erleben, Entspannung, Ablenkung) stellt sich durch körpereigene, biochemische Veränderungen ein, die durch bestimmte exzessiv durchgeführte Verhaltensweisen ausgelöst werden. Gemeinsames Merkmal der verschiedenen Formen der Verhaltenssucht ist somit die exzessive Ausführung des Verhaltens, also eine Ausführung über das normale Maß hinaus.“ (Grüsser 2006, S. 21f.)

Die Wissenschaft differenziert zwischen stoffgebundener und stoffungebundener Sucht. Die Verhaltenssucht ist im Gegensatz zum Alkoholismus oder der Drogensucht nicht auf von außen zugeführte Substanzen angewiesen wie Alkohol oder Heroin. Der die Psyche beeinflussende Effekt wird durch körpereigene Endorphine hervorgerufen, die durch das exzessive Ausführen des Verhaltens im Limbischen System im Gehirn stimuliert werden. (Vgl. Gross, Suchtmed 6/2004, S. 148)

Verhaltenssucht ist eine Bezeichnung für exzessive Verhaltensweisen, die Merkmale einer psychischen Abhängigkeit aufweisen. In die Kategorie stoffungebundener Süchte fallen beispielsweise Arbeitssucht, Kaufsucht, Pathologisches Spielen (Glücksspielsucht), Sportsucht und Sexsucht, sowie Medienabhängigkeiten wie Internetabhängigkeit, Computerspielsucht, Fernsehabhängigkeit, Handyabhängigkeit). (Vgl. Grüsser 2006, S. 24; Vgl. Gross, Suchtmed 6/2004, S. 148) In die gängigen internationalen Klassifikationssysteme für psychische Störungen (z.B. der International Classification of Diseases [kurz: ICD-10] oder das Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders [kurz: DSM-IV-TR] ist das Störungsbild der Verhaltenssucht bislang noch nicht eingegangen.

„Diese Klassifikationssysteme dienen dazu, anhand der dort aufgelisteten und beschriebenen Merkmale beziehungsweise Kriterien die verschiedenen Störungen allgemeinverbindlich erkennen und diagnostizieren zu können.“ (Grüsser 2006, S. 23)

Aus dem Gebiet der Verhaltenssucht ist zur Zeit nur eine einzige in die Klassifikation eingeflossen, das Pathologische (Glücks-)Spiel. Es befindet sich in einer Art Restkategorie Abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle, sie wird nicht in die Kategorie der Abhängigkeitserkrankungen eingeordnet. Zwar wurde 2007 ein Fachkollegium auf Initiative des American Medical Assocation [kurz: AMA] eingerichtet, das den Bedarf einer Aufnahme der Computer- und Videospielsucht prüfen sollte, aber als Ergebnis forderte es nur die forcierte Durchführung von empirischen Untersuchungen zum Symptombild. http://articles.latimes.com/2007/jun/25/business/fi-games25) Frühestens 2012 kann dieses Störungsbild in die DSM aufgenommen werden. (Vgl. Wölfling, Psychotherapeutenjournal 2/2008, S. 130)

“Es ist also gegenwärtig nur möglich, die verschiedenen Formen der Verhaltenssucht in Anlehnung an die Einordnung des „Pathologischen (Glücks-) Spiels zu diagnostizieren.“ (Grüsser 2006, S. 23)

Aufgrund der sehr ähnlichen Merkmale und Kriterien zur Substanzabhängigkeit und des krankhaften (Glücks-) Spiels sehen diese Forscher ebenfalls parallele Kriterien zum exzessiv durchgeführten Verhalten wie bei der Computerspielsucht. Diese Annahme wird in vielen empirischen Forschungen als Grundlage für die Definition zur Computerspielsucht benutzt (Vgl Grüsser 2006, S. 31).

Grüsser und Thalemann haben anhand der international gültigen Diagnosekriterien für Substanzabhängigkeit einen Kriterienkatalog für die Computerspielsucht entwickelt.

„Daher ist es in den wissenschaftlichen Studien zum Thema des exzessiven Computerspielens üblich, solch ein krankhaftes Computerspielverhalten mit den international gültigen Diagnosekriterien für Substanzabhängigkeit aus den oben erwähnten Diagnosemanualen zu beschreiben und über diese Kriterien das exzessive Computerspielen

dann als eine Suchtstörung zu definieren. Nach Griffith und Davis kann jede Verhaltensweise, welche die Hauptkriterien (core components) einer (Substanz-) Abhängigkeit erfüllt, als Verhaltenssucht definiert werden.“ (Grüsser 2006, S. 31)

Merkmale und Kriterien der Computerspielsucht (Vgl. Grüsser 2006, S. 32)

- Einengung des Verhaltensmusters: Durch die herausragende Bedeutung wird das Computerspielen zur wichtigsten Aktivität des Betroffenen und dominiert sein Denken (andauernde gedankliche Beschäftigung, auch verzerrte Wahrnehmung und Gedanken in Bezug auf das Computerspielen), seine Gefühle (unstillbares und unwiderstehliches Verlangen) und sein Verhalten (Vernachlässigung sozial erwünschter Verhaltensweisen)
- Regulation von negativen Gefühlszuständen (Affekten): Durch die beim Computerspielen verspürte Erregung (Kick- oder Flow-Erlebnisse) oder Entspannung („Abtauchen“) werden negative affektive Zustände im Sinne einer vermeidenden Stressbewältigung verdrängt.
- Toleranzentwicklung: Die gewünschte Wirkung durch das Computerspielen kann nur durch zunehmend häufigere und längere Computerspielzeiten (möglicherweise auch durch immer extremere Spielinhalte) erzielt werden, bei gleich bleibenden Spielzeiten bleibt der gewünschte affektregulierende Nutzen vom Computerspielen aus.
- Entzugserscheinungen: Bei verhindertem oder reduziertem Computerspielen treten diese in Form von Nervosität, Unruhe und/ oder vegetativer Symptomatik (Zittern, Schwitzen etc.) auf.
- Kontrollverlust: Das Computerspielverhalten kann in Bezug auf zeitliche Begrenzung und Umfang nicht mehr kontrolliert werden.
- Rückfall: Nach Zeiten der Abstinenz oder Phase kontrollierten Computerspielverhaltens kommt es beim Betroffenen zu einer Wiederaufnahme des unkontrollierten, exzessiven Computerspielens.
- Durch eindeutig schädliche Konsequenzen für Beruf, soziale Kontakte und Hobbys aufgrund des exzessiven Computerspielens kommt es zu zwischenmenschlichen Konflikten zwischen Betroffenem und der sozialen Umwelt beziehungsweise innerpsychischen Problemen beim Betroffenen.

In ihren Untersuchungen benutzen Grüsser und Thalemann immer ihren eigens entwickelten Kriterienkatalog. Es müssen von den Probanden alle sieben Kriterien erfüllt sein, um zur Gruppe der exzessiven Computerspieler gezählt zu werden, wobei Grüsser betont, dass die Hürde vergleichsweise hoch angesetzt sei. (Vgl. Grüsser 2006, S. 34) Sie kritisiert aber, dass diese formalen Kriterien „nur für eine erste Abschätzung der pathologischen (krankhaften) Ausprägungsform eines individuellen Computerspielverhaltens herangezogen werden können; ohne persönliches Gespräch und Hintergrundwissen zur Lebenssituation des Betroffenen sowie Informationen darüber, welche Funktion das Computerspielen für den Betroffenen bekommen hat, sollte die Diagnose Computerspielsucht nicht gestellt werden.“ (Grüsser 2006, S. 36)

Drewes spricht noch einen weiteren Aspekt der Computerspielsucht an, den Verursacher:

„Was den Suchtaspekt der Computernutzung betrifft, so wird wie bei allen exzessive betriebenen Tätigkeiten, denen Suchtcharakter beigemessen wird, das Medium als Verursacher gesehen. Das Medium selbst kann jedoch allenfalls das Erscheinungsbild einer möglichen Krankheit prägen, die Ursachen liegen in den Kranken selbst.“ (Drewes, D.: Fernsehen, Internet & Co. Wie Kinder Medien sinnvoll nutzen können. Augsburg 2002, S. 72)

Drewes erklärt, dass nicht das Computerspiel selber der Verursacher der Sucht ist, sondern lediglich eine mögliche Ausdrucksform. Die eigentliche Krankheit liegt in dem Betroffenen selber. Würde man einem Computerspielsüchtigen den Zugang zum Spiel verwehren, würde er seine Sucht woanders ausleben, z.B. auf der Videospielkonsole, dem Handy oder im Fernsehen.

2.1.2 Arbeitsdefinition

Die Computerspielsucht ist eine Unterform der nichtstoffgebundenen Sucht (Verhaltenssucht) und zählt zu den Impulskontrollstörungen. Der belohnende Effekt stellt sich durch körpereigene, biochemische Veränderungen ein, die durch das exzessive Computerspielen ausgelöst werden. Das Computerspiel ist jedoch nicht der Verursacher der Computerspielsucht, sondern lediglich eine Erscheinungsform. Die Ursachen liegen in den Betroffenen selbst.

Als computerspielsüchtig gilt, wer die folgenden sieben Kriterien erfüllt:

- Einengung des Verhaltens:
- andauernde gedankliche Beschäftigung mit dem Spiel
- verzerrte Wahrnehmung und Gedanken in Bezug auf das Computerspiel
- unstillbares und unwiderstehliches Verlangen nach dem Spiel
- Vernachlässigung sozial erwünschter Verhaltensweisen
- Regulation von negativen Gefühlen (vermeidende Stressbewältigung)
- Toleranzentwicklung (gleicher Effekt nur bei zunehmend häufigeren und längeren Computerspielzeiten, Ausbleiben des Effekts bei gleich bleibendem Konsum)
- Entzugserscheinungen (Nervosität, Unruhe, vegetative Symptome (z.B. Schwitzen, Zittern)
- Kontrollverlust (zeitliche Begrenzung und Umfang des Spielens)
- Rückfall
- Eindeutig schädliche Konsequenzen für Beruf, soziale Kontakte und Hobbys

Diese Kriterien bilden ein erstes Indiz für die Diagnose Computerspielsucht, jedoch sollte diese nicht ohne genaue Kenntnis der persönlichen Lebenssituation des Betroffenen und die genaue Funktion des Computerspiels für den Betroffenen gestellt werden.

2.2 Subjektive Theorien

‚Subjektive Theorien’ beschreibt ein Konzept, mit dem - ähnlich wie bei wissenschaftlichen Theorien, eine Person einen Sachverhalt beschreibt und erfasst. Es wird angenommen, dass Menschen im Alltag ebenso wie Wissenschaftler versuchen, die Welt um sich herum zu verstehen und zu erklären. Diese Theorien können auch Wenn-dann-Schlussfolgerungen (Hypothesen) beinhalten, die an der Wirklichkeit geprüft und entweder für wahr oder falsch befunden werden können. Subjektive Theorien sind nicht auf andere Personen übertragbar, denn mit ihnen erklärt die Person ihr Erleben und ihre Umwelt aus ihrer ganz persönlichen Sicht.

Zunächst werden die Menschenbildannahmen vom Forschungsprogramm Subjektive Theorien (kurz: FST) von Groeben herausgearbeitet, um ein Vorverständnis für die daran anschließenden Definition des Begriffes ‚Subjektive Theorien’ nach Groeben bzw. König aufzubauen.

2.2.1 Das Menschenbild

Groeben u.a. haben ein „Forschungsprogramm Subjektive Theorien“ entwickelt, um diese Subjektiven Theorien erfassen und verstehen zu können. Das FST setzt sich programmatisch vom behavioristischen Forschungsansatz ab (Barthels 1991 S. 72), das ein nicht-autonomes, umweltkontrolliertes Subjekt als Menschenbild zur Grundlage hat. Vielmehr legen Groeben u.a. das Gegenmodell von Kelly (1955, S. 3 ff.) zu Grunde, wonach der Mensch ein Wissenschaftler ist, der sich seine Welt „konstruiert“. Der Mensch ist ein reflexives Subjekt, das mit Hilfe von seinen individuellen Konstrukten die Welt versteht und erklärt.

Das daraus resultierende „epistemologische Subjektmodell“ steht im FST im Mittelpunkt. Es umfasst die Fähigkeit des Menschen zur Reflexivität und zur sprachlichen Kommunikation (Vgl. Groeben 1988, S. 16., Vgl. Barthels 1991, S. 73).

„Das Subjekt-Modell des handlungsfähigen Menschen enthält daher Merkmale wie !ntentionalität, Entscheidungsfähigkeit zwischen Handlungsalternativen, Planung von Handlungsabläufen, Sprach- und Kommunikationsfähigkeit nicht nur als Beschreibungs- und Zieldimension des Erkenntnisgegenstandes, sondern versucht diese Merkmale auch im Forschungsprozess zu realisieren, das heißt die Sprach- und Kommunikationsfähigkeit des menschlichen Erkenntnis-Objekts in der Psychologie nicht zu eliminieren bzw. zu vernachlässigen, sondern als Ausgangspunkt und Grundlage der Forschungsstruktur einzuführen.“ (Groeben 1988, S. 15.)

Das FST versucht diesen Kommunikationsschritt – zu fragen wie der Akteur sein Handeln ‚gemeint’ hat – in die wissenschaftliche Forschungsstruktur zu integrieren.

Die zentrale Prämisse des epistemologischen Subjektmodells besteht in der Strukturparallelität von Erkenntnissubjekt und Erkenntnisobjekt. (Vgl. Groeben 1988, S. 17)

„Da für den Wissenschaftler die Schaffung, Prüfung und Anwendung von Theorien den Mittelpunkt seines Handelns ausmacht, impliziert das die Frage bzw. das Postulat, ob und wie der ‚Alltagsmensch’ parallele Strukturen schafft, prüft und anwendet, die wir in Absetzung von den auf !ntersubjektivität abzielenden wissenschaftlichen Theorien ‚Subjektive Theorien’ nennen wollen.“ (Groeben 1988, S. 17)

2.2.2 Definition nach Groeben

Groeben grenzt den Begriff ‚Subjektive Theorien’ von dem Begriff ‚Kognitionen’ ab. Er begründet dies damit, dass der Begriff ‚Kognition’ ein sehr umfassender Sammelbegriff sei und daher zu unpräzise, zu weit gefasst und zu schwammig. (Groeben 1988, S. 17f.). Er plädiert für eine Binnenstrukturierung, wonach das Konstrukt ‚Subjektive Theorien’ eine Spezifizierung darstellt.

„... denn damit sind auf jeden Fall komplexere Aggregate von Konzepten gemeint, deren Struktur und Funktion in Parallelität zu wissenschaftlichen Theorien konzipiert bzw. postuliert werden.“ (Groeben 1988, S. 18)

Groeben stellt eine enge und eine weiter gefasste Definition vor. Die weiter gefasste Variante lautet:

„Kognitionen der Selbst- und Weltsicht,

als komplexes Aggregat mit (zumindest impliziter) Argumentationsstruktur,

das auch die zu objektiven (wissenschaftlichen) Theorien parallelen Funktionen

der Erklärung, Prognose, Technologie erfüllt.“ (Groeben 1988, S. 19)

Als Inhalte Subjektiver Theorien gelten subjektive Konstrukte (Begriffe), subjektive Definitionen, subjektive Erklärungen, subjektive Prognosen und subjektive Technologien (Groeben 1988, S. 47ff.)

Groeben definiert Kognitionen als einfache Phänomene „etwa Begriffe, die das Individuum erwirbt, Konzepte, die mehr oder weniger abstrakt sein können, aber doch in der Regel keine sehr komplexen oder komplizierten Relationen zwischen einzelnen Teilen (der Konzepte) enthalten.“ (Groeben 1988, S. 17f.) In seinen späteren Ausführungen nennt er folgendes Beispiel:

„Der Lehrer hat die Hypothese: Wenn der Stoff langatmig ist und nichts Neues enthält, dann lässt die Aufmerksamkeit der Schüler stark nach.“ (Groeben 1988, S. 55)

Der Begriff ‚Aufmerksamkeit’ wird von dem Lehrer als subjektives Konstrukt im Sinne einer Kognition der Selbst- und Weltsicht verwendet. Dieses Beispiel beschreibt zugleich auch das zweite Definitionsmerkmal des komplexen Aggregats mit Argumentationsstruktur. Der Lehrer benutzt eine Wenn-Dann-Hypothese, also ein Schlussverfahren. Groeben sagt diesbezüglich:

„Dazu gehören auf jeden Fall alle generellen Sätze, die aus vorliegenden Prämissen Schlussfolgerungen abzuleiten gestatten: z.B. ‚Wenn eine Frau sich schminkt, dann will sie auch beachtet werden.’ Oder: ‚Wenn eine Frau sich schminkt, dann tut sie das aus selbstbezogenem, -genügsamem Narzissmus’.“ (Groeben 1988, S. 18)

Das dritte Definitionsmerkmal zielt auf die bereits weiter oben postulierte Strukturparallelität ab. Der Lehrer erklärt auf der Basis seines Schlussverfahrens das Verhalten der Schüler oder eines bestimmten Schülers. Zum Beispiel könnte eine mögliche Erklärung sein, dass der Schüler unaufmerksam ist, weil der Stoff langatmig ist und nichts Neues enthält. Als Prognose wäre denkbar, dass der Schüler immer unaufmerksam ist, wenn der Stoff langatmig ist. Die Technologie wäre dann, dass man den Schüler dann unaufmerksam werden lassen kann, wenn der Stoff langatmig ist und nichts Neues enthält.

Groeben nennt dies die weit gefasste Variante des Konzepts ‚Subjektive Theorien’, weil hierunter eine Vielzahl an Ansätzen gefasst werden können, die nicht explizit unter die Konzeption des FST fallen. Als Beispiele führt Groeben die ‚personal construct’-Theory von Kelly (1955) genauso an wie die ‚implizite Persönlichkeitstheorie’. (Vgl. Groeben 1988, S. 19f.)

Die enger gefasste Variante enthält zusätzliche Definitionsmerkmale:

„Kognitionen der Selbst- und Weltsicht,

die im Dialog-Konsens aktualisier- und rekonstruierbar sind

als komplexes Aggregat mit (zumindest impliziter) Argumentationsstruktur,

das auch die zu objektiven (wissenschaftlichen) Theorien parallelen Funktionen

der Erklärung, Prognose, Technologie erfüllt,

deren Akzeptierbarkeit als ‚objektive’ Erkenntnis zu prüfen ist.“ (Groeben 1988, S. 22)

Durch diese Definition fallen – in Bezug auf die erste Variante – alle Modelle weg, die keinen Dialog-Konsens bei der Erhebung beinhalten und eine andere Methode der Überprüfung der Ergebnisse Subjektiver Theorien wählen.

2.2.3 Definition nach König

König baut auf der weiten Begriffsdefinition von Groeben auf, verwendet jedoch abgeänderte Begriffe (König, Volmer 1997, S. 141):

- Subjektive Konstrukte sind relevante Begriffe, die die betreffende Person verwendet in Bezug auf eine bestimmte Situation.

Beispiel: Eine Lehrerin verwendet für das Verhalten eines Schülers das Konstrukt „stört“, ein anderer Lehrer würde eventuell eher das Konstrukt „überfordert“ oder „Provokation“ verwenden. (König, Zedler 2002, S. 157)

“D.h. Konstrukte sind dann „relevant“, wenn sie von dem Betreffenden zur Diagnose und Erklärung der Situation und für die Diskussion von Strategien herangezogen werden.“ (König, Volmer 2002, S. 142)

- Subjektive Diagnosehypothesen entstehen dann auf der Basis der Subjektiven Konstrukte, indem die Situation diagnostiziert wird. Sie sind also Beschreibungen und Deutungen von einzelnen Personen, ganzen Systemen und Situationen, die häufig auch Bewertungen enthalten.
Bezogen auf das Beispiel oben, wären die Subjektiven Diagnosehypothesen: “Der Schüler stört den Unterricht.“, „Der Schüler ist überfordert.“ Und „Der Schüler will nicht provozieren.“
- Subjektive Ziele “sind diejenigen Ziele, die eine Person für sich persönlich als wichtig ansetzt.“ (König, Zedler 2002, S. 157)
Bezogen auf das Beispiel: „Mir ist es wichtig, dass die Schüler sich soweit als möglich frei entfalten können!“
- Subjektive Erklärungshypothesen sagen aus, was die betreffende Person als Ursache für eine Situation ansieht. Es handelt sich um (zum Teil umformulierte)
Wenn-dann-Hypothesen.
Auf das Beispiel bezogen: „Weil Peter mich provozieren will, stört er den Unterricht
immer wieder.“
- Subjektive Strategien “sind subjektive Annahmen über geeignete Mittel zur Erreichung von Zielen.“ (König, Volmer 1997, S. 143)

Auf das Beispiel bezogen: „Um Peter zur Mitarbeit zu bewegen, muss er viel gelobt werden!“

König definiert: „Die Subjektiven Theorien des Interviewpartners zu erfassen, bedeutet somit, die von ihm zugrunde gelegten Konstrukte, seine Diagnosehypothesen, Ziele, Erklärungshypothesen und subjektiven Strategien zu klären.“

2.2.4 Arbeitsdefinition

Aufgrund der zu starken Einengung an Methoden durch die engere Begriffsexplikation, wird für die vorliegende Arbeit auf die weite von Groeben definierte Variante zurückgegriffen und um die Unterteilung von König erweitert.

„Kognitionen der Selbst- und Weltsicht, als komplexes Aggregat mit (zumindest impliziter) Argumentationsstruktur, das auch die zu objektiven (wissenschaftlichen) Theorien parallelen Funktionen der Erklärung, Prognose, Technologie erfüllt.“ (Groeben 1988, S. 19)

Inhaltliche Bestandteile der Subjektiven Theorien sind Subjektive Konstrukte, Subjektive Diagnosehypothesen, Subjektive Ziele, Subjektive Erklärungshypothesen und Subjektive Strategien, die es zu erfassen gilt.

2.3 MMORPG

Massively Multiplayer Online Role-Playing Game [kurz: MMORPG] bedeutet übersetzt Massen-Mehrspieler-Online-Rollenspiel. Diese Art von Computerspielen wird ausschließlich über das Internet gespielt, indem tausende von Spielern eine persistente, virtuelle Welt bevölkern, in dem jeder einen eigenen Charakter (Avatar genannt) in der künstlichen Spielwelt steuert. (Vgl. Kaminski 2006, S. 133f.; Vgl. Hesse 2007, S. 127) Der Schwerpunkt bei einem MMORPG liegt bei der Interaktion zwischen den Spielern und der Interaktion in der eignen Gilde.

„Dabei schließen sich Gruppen von bis zu 50 und mehr Spielern in einer Gilde zusammen, die sich regelmäßig in einer virtuellen Spielwelt treffen, gemeinsam Aufgaben erfüllen und gegen übermächtige Ungeheuer zu Felde ziehen.“ (Hesse 2007, S. 127)

Wie in offline gespielten Computerrollenspielen üblich, verbessert sich der eigene Avatar durch das Erfüllen von Aufgaben („Quests“ genannt) oder das Töten von Monstern und anderen vom Computer gesteuerten Gegnern (im MMORPG-Jargon „Mobs“ genannt, abgeleitet von dem Wort „mobile objects“) (Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Mob). Durch die dadurch erhaltenen Erfahrungspunkte und Belohnungen in Form von virtuellem Geld und Ausrüstungsgegenständen (im Jargon „items“ genannt), wird der Avatar leistungsfähiger und stärker.

Die Betreiberfirmen sind fortwährend mit der Weiterentwicklung dieser Welten beschäftigt, weswegen neben dem Kaufpreis des Computerspiels in den meisten Fällen eine monatliche Nutzungsgebühr (ca. 10-22 Euro) erhoben wird, um online spielen zu können.

Eines der bekanntesten und erfolgreichsten MMORPGs ist World of Warcraft [kurz: WoW], welches 2004 von Blizzard Entertainment auf den Markt gebracht wurde. Die aktuellste Meldung aus Dezember 2008 spricht von 11,5 Millionen Abonnenten weltweit. (Blizzard Entertainment, Artikel vom 23.12.2008: http://eu.blizzard.com/de/press/081223.html)

3. Studien zum Forschungsgegenstand Computerspielsucht

In diesem Kapitel wird es darum gehen, einen aktuellen Überblick über den Forschungsgegenstand der Computerspielsucht zu geben. Die Problematik der Computerspielsucht ist erst in den letzten Jahren in den Mittelpunkt der Forschung und der Medien gerückt, so dass sich dieser Zweig erst im Aufbau befindet und es noch vergleichsweise wenig aussagekräftige Ergebnisse gibt. Der englischsprachige Forschungsraum ist dem deutschsprachigen sogar ein paar Jahre voraus, sodass man sagen kann, dass die deutschen Studien gerade erst im Anfangsstadium ihrer Forschung sind. (Vgl. Grüsser, Wiener klinische Wochenschrift, 117/2005, S. 194; Vgl. Wölfling, Psychiatrische Praxis, 2007, Nov 20, S. 1, [Epub ahead of print])

3.1 Allgemeiner Überblick zu Studien über Computerspielsucht

Aufgrund der Tatsache, dass die Forschung noch in den Kinderschuhen steckt und erst einmal quantitative Basisdaten gesammelt und ausgewertet werden (zumeist Survey-Studien), um das Feld erst einmal grundsätzlich abzustecken, existiert nur wenig qualitatives Forschungsmaterial zum Forschungsgegenstand, das in diesem Kapitel präsentiert werden kann. Es konnte keine einzige Studie recherchiert werden, die sich mit Subjektiven Theorien zur Computerspielsucht beschäftigt.

Im Weiteren werden vorwiegend quantitative Studien den Grundstock des aktuellen Forschungsüberblicks bilden. Einzige Ausnahme ist eine qualitative Studie über „Subjektive Theorien über Alkoholismus“. Der Grund für die Aufnahme in diese Arbeit ist die Ähnlichkeit zwischen Alkoholismus und Computerspielsucht. Wie bereits in Kapitel 2 zur Computerspielsucht erläutert wurde, sind beides Substanzabhängigkeiten. Somit ergibt sich eine gemeinsame Basis als Forschungsgegenstand für die weitere Arbeit.

3.2 Darstellung der Studien

Im Folgenden werden nun einige Studien vorgestellt, die den aktuellen Stand der Forschung zum Forschungsgegenstand näher beleuchten sollen. Neben dem forschungsmethodischen Vorgehen, welches für das eigene Forschungsdesign im nächsten Kapitel noch einmal wichtig wird, werden hier die wichtigsten Ergebnisse zusammenfassend dargestellt.

(1) Die Publikationspromotion (2008) von Ralf Thalemann, Mitarbeiter der Interdisziplinären Suchtforschungsgruppe Berlin (kurz: ISFB) befasst sich mit den Variablen exzessiver Computer- und Internetnutzung im Kindes- und Jugendalter. Ziel ist die Frage, inwieweit der Symptomkomplex bei exzessivem Computerspielen als Verhaltenssucht charakterisierbar ist. Thalemann bezieht sich in seiner Arbeit auf zuvor veröffentlichte Studien der ISFB, an denen er mitwirkte:

(1a) Grüsser, Thalemann und Albrecht (ISFB) untersuchten 2004 in ihrer Studie den Stellenwert des Computers in der Hierarchie der Freizeitverhaltensweisen bei Kindern und wollten festzustellen, ob und welche Bedürfnisse Kinder und Jugendliche durch die Computernutzung befriedigen. Die Stichprobe umfasst alle Schüler der 6. Klasse (11-14 Jahre) von insgesamt vier Berliner Grundschulen (323 Kinder). Zur Diagnose des exzessiven Computerspielverhaltens wird der standardisierte „Fragebogen zum Computerspielverhalten bei Kindern“ (Thalemann et al., 2004) eingesetzt.

(1b) Grüsser, Thalemann (beide ISFB) und Griffith (Division of Psychology) veröffentlichten 2007 eine Studie, die in Kooperation mit dem Online-Magazin gaming-network entstanden war. Mittels eines Online-Fragebogens von über 7000 jungen, erwachsenen Computerspielern wurden das Ausmaß des als pathologisch einzustufenden Computerspielverhaltens und der Zusammenhang zwischen dem exzessiven Computerspielverhalten und Einstellungen zu Aggression überprüft. Zur Analyse wurden u.a. x2-Tests, ANOVA und die Bonferroni-Methode verwendet.

(1c) Thalemann, Wölfling und Grüsser (ISBF) wollten in ihrer 2007 veröffentlichten Studie herausfinden, wie sich exzessives Computerspiel auf die Hirnaktivität auswirkt. Sie bildeten zwei Gruppen à 15 jungen, erwachsenen Computerspielern: eine mit „normalen“ Computerspielern und eine zweite mit als „exzessive“ eingestuften Computerspielern. Die Forscher zeigten den Probanden Fotos von neutralen Gegenständen, sowie einen Screenshot aus einem Computerspiel. Dabei wurden zwei verschiedene Hirnreaktionen untersucht: ein Elektroenzephalogramm (EEG) ermittelte die Aktivität der Gehirnströme und ein Elektromyogramm (EMG) dokumentierte auf einen lauten Knall hin den Schreckreflex (ein Messinstrument für die emotionale Bedeutung von Reizen).

(1d) Das Ziel der Folgeuntersuchung im Jahre 2007 war die Frage zu beantworten, ob und wie häufig ein psychopathologisch determiniertes Computerspielverhalten unter Jugendlichen auftritt. Die Stichprobe bestand aus 221 Schülern der 8. Klasse aus sieben Berliner Schulen (114 Mädchen und 107 Jungen) im Alter von 13 bis 16 Jahren. Auch hier wurde wieder der standardisierte Fragebogen zum Computerspielverhalten bei Kindern (Thalemann et al., 2004) in einer revisierten Fassung eingesetzt, zudem ein Ängstlichkeitsfragebogen (Form A) des Kinder-Angst-Tests-II (KAT II).

(2) Das Zentrum für empirische pädagogische Forschung (kurz: zepf) hat im Rahmen eines Projekts der Universität Koblenz-Landau, Kinder und Jugendliche in Bezug auf ihr Computerspielverhalten und mehrerer persönlicher Merkmale befragt, bei denen angenommen wird, dass sie in Zusammenhang mit pathologischer Computerspielnutzung stehen. Die Befragung fand in der Zeit von November 2007 bis Ende Januar 2008 mittels eines Fragebogens mit 100 Fragen online statt. Insgesamt wurden ca. 700 Datensätze ausgewertet. Das Hauptaugenmerk wurde auf solche Faktoren gelegt, von denen angenommen wird, „dass sie die Entstehung psychischer Auffälligkeiten beeinflussen bzw. verstärken.“ (Jäger, Zepf-Studie, S. 3). Ziel der Studie ist es, die Bedeutung solcher Faktoren für die pathologische Computerspielnutzung zu bestimmen, um eine Grundlage für weitere Studien zu bieten und Ansatzpunkte für Prävention und Intervention bereitzustellen.

(3) Cypra veröffentlichte 2005 seine empirische Diplomarbeit zum Thema Online-Rollenspiele und seine Nutzer. Ziel der Arbeit war es zu untersuchen, wer Online-Rollenspiele spielt und welche Motive im Zusammenhang mit der Dauer des Spielkonsums stehen. Mit einem standardisierten Online-Fragebogen auf einer extra eingerichteten Webseite wurden über MMORPG-Fanseiten, Email-Einladungen und Forenpostings ca. 11.700 Online-Rollenspieler befragt. Überdies wurde ein Diskussionsforum zur Verfügung gestellt, um Ergänzungen zu dem Fragebogen zu schreiben, was 472 Einträge brachte. Die Auswertung des Fragebogens mit Likertskalen erfolgte im deskriptiven Teil über Häufigkeitsauszählungen, Mittelwertsunterschiede mit Konfidenzintervallen und im analyischen Teil bevorzugt mit Indizes.

(4) Yee veröffentliche 2002 eine Studie zu den spiel-internen, persönlichkeits-externen und situationsbedingten Faktoren von Computerspielsucht und wie sie miteinander verknüpft sind. Die Survey-Studie besteht aus einer Reihe von Online-Befragungen, die in den Jahren 2000 bis 2003 unternommen wurden. Zielgruppen waren Spieler mehrerer Onlinecomputerspiele. Zu Beginn der jeweils nächsten Befragung wurde ihnen eine E-Mail mit dem Link zu der kommenden Befragung zugesandt. Über diese vier Jahre kamen so Daten von 30.000 Spielern zusammen. Zudem wurden die Links zu den Befragungen auf bekannten Websites veröffentlicht.

(5) Barthels veröffentlichte 1991 eine Erkundungsstudie über Subjektive Theorien über Alkoholismus. Sein übergeordnetes Ziel war es nachzuweisen, dass das FST im Suchtbereich nicht unbrauchbar ist. An der Studie nahmen 20 Männer teil (10 Exalkoholikern mit Therapieerfolg und 10 Männern, die nach der Therapie weiter tranken oder rückfällig wurden), die laut Prognose alle nach der Therapie abstinent bleiben sollten. Folgende Fragen galt es zu beantworten:

Ist es überhaupt möglich, Subjektive Theorien über Alkohol, Alkoholismus und Alkoholismustherapie im Dialog mit Alkoholikern zu rekonstruieren? Und wenn ja: Sind diese Subjektiven Theorien verhaltensrelevant? Zu diesem Zweck verwendete Barthels Halbstandardisierte Interviews zur Erhebung der Subjektiven Theorien über Alkohol, Alkoholismus und Alkoholismustherapie, sowie zur Explikation der Theoriestrukturen die Ziel-Mittel-Argumentation und die Heidelberger Struktur-Lege-Technik. Ausgewertet wurden die Daten mit einer Qualitativen Inhaltsanalyse

Wie viele Computerspielsüchtige gibt es eigentlich?

Bereits 1994 beschäftigte sich Fisher (Gefunden in: Wölfling, Psychotherapeutenjournal 2/2008) in Großbritannien mit exzessivem Spielen in Videospielautomatenhallen. Nach seinen Untersuchungen zeigen 6% der Jugendlichen exzessive Verhaltensmuster. Eine erste Erhebung in Amerika an 540 Nutzern des Online-Rollenspiels Everquest durch Griffith und Kollegen (Griffiths, Davis, Chappell 2004) ergab, dass 9% der Befragten exzessive Spieler sind und durchschnittlich mehr als 50 Wochenstunden im Online-Spiel zubringen. Im deutschen Sprachraum war es vor allem die Forschergruppe um Grüsser, die erste Punkt-Prävalenzschätzungen veröffentlichten. Grüsser et. al. (Studie 1a) ermittelten 2005 an 323 Berliner Schülern im Alter von 11 bis 14 Jahren einen Prozentsatz von 9,3 exzessiv auffälligen Kindern. In Kooperation mit ihrem amerikanischen Kollegen Griffith und einem Online-Spielemagazin (Studie 1b) stuften sie im Jahre 2007 nach einer Online-Befragung von über 7000 Computerspielern 11,9% als mit pathologisch einzustufenden Mustern im Computerspielverhalten ein. In einer Folgeuntersuchung der ISFB (Studie 1d) zeigten 6,3% der befragten 221 Berliner Achtklässler ein psychopathologisch auffälliges Computerspielverhalten. Bezogen auf die Gruppe der regelmäßigen Computerspieler beträgt der Anteil an süchtigen Spielern in dieser Studie 9,7% bei einer Verteilung von 28,6% Mädchen und 71,4% Jungen. Grüsser et. al. haben die Vermutung, dass „tendenziell mehr Jungen vom Symptomkomplex betroffen sind“, (Wölfling, Psychiatrische Praxis, 2007, Nov 20, [Epub ahead of print], S. 3) der Unterschied jedoch statistisch nicht signifikant sei.

In der 2008 veröffentlichten zepf-Studie (Studie 2) weisen 11,3% ein pathologisches Computerspielverhalten auf, wobei Jäger betont, dass 12,5% der Jungen, aber nur 6,2% der Mädchen davon als pathologisch einzustufen seien.

„Diese Daten stimmen mit Ergebnissen bisheriger Untersuchungen überein, nach denen Jungen häufiger und länger als Mädchen spielen und eher zu einer pathologischen Computerspielnutzung neigen.“ (Jäger, Zepf-Studie 2008, S. 9)

Im Ergebnis kann gesagt werden, dass in den internationalen Studien die Prävalenzraten zwischen 6% und 12% schwanken. Allerdings ist kritisch anzumerken, dass die Gefahr einer potenziell selektiven Verzerrung durch überproportional hohe Beteiligung von vermeintlich Betroffenen an den Online-Befragungen besteht. Es muss auch angemerkt werden, dass der Zugang zu den Online-Befragungen zumeist über Online-Portale erfolgt und eine Repräsentativität schon deswegen nicht gegeben sein kann, weil nicht alle Online-Computerspieler Zugriffe auf eben diese Foren und Portale tätigen.

Was ist über die Demographie der Computerspielsüchtigen bekannt?

In der Folgeuntersuchung des ISFB (Studie 1d) hat Wölfling noch mehr über die Unterschiede zwischen nicht-regelmäßigen Computerspielern, regelmäßigen Computerspielern und pathologisch-regelmäßigen Computerspielern herausgefunden. In der Gruppe der regelmäßigen Spieler waren mit 63,1% signifikant mehr Jungen als Mädchen vertreten, während mit 80,5% signifikant mehr Mädchen in der Gruppe der Unregelmäßigen enthalten waren. Wie bereits weiter oben erwähnt, betrug der Anteil der Mädchen in der Gruppe der pathologischen Spieler 28,6% und der der Jungen 71,4%. Cypra stellt in seinen Ergebnissen (Studie 3) fest, dass der Anteil der Frauen mit dem Spielkonsum ansteigt: bei Normalspielerinnen 6,2% (max. 29 Std./Woche), 8,4% bei Vielspielerinnen (30-59 Std./Woche) und 11,2% bei Hardcorespielerinnen (60 Std./Woche und mehr).

Das Durchschnittsalter der Männer in Cypras Studie sinkt mit steigendem Spielkonsum, während das Durchschnittsalter der Frauen konstant bleibt.

In Bezug auf den Bildungsstand der drei Untersuchungsgruppen waren Wölflings Ergebnisse, dass bei den nicht regelmäßigen Spielern der Anteil an Gymnasiasten mit 54,5% signifikant überproportional hoch ist, gefolgt von 23,4% Hauptschülern und 22,1% Realschülern. Bei den regelmäßigen Spielern ist die Schultypverteilung annähernd gleich verteilt wie in der Grundgesamtheit. Bei den Pathologischen stachen die Hauptschüler mit 78% weit heraus, gefolgt von 14% Realschülern und 7% Gymnasiasten. Cypras (Studie 3) Ergebnisse gehen in dieselbe Richtung: „die höchste Formalbildung besitzen Normalspieler, die Vielspieler belegen die Mittelposition, und die Hardcorespieler sind am schlechtesten gebildet.“ (Studie 3, S. 80)

Die Erwerbssituation stellt sich laut Cypra so dar, dass nur 3% der Normalspieler arbeitslos sind, 8,1% der Vielspieler, aber signifikante 23,8% der Hardcorespieler. Die Nicht-Erwerbspersonen (z.B. Renter, Hausfrauen) machen nur 1% der Normalspieler aus, 2% der Vielspieler und 6,5% der Hardcorespieler. Überraschend findet Cypra das Ergebnis, dass Studenten (denen viel Freizeit nachgesagt wird) ebenso wie Berufstätige relativ selten mit nur 8,8% unter den Hardcorespielern zu finden sind. Schüler verteilen sich gleichmäßig über alle drei Gruppen.

Im Ergebnis kann gesagt werden, dass viel mehr Jungen als Mädchen an Computerspielsucht leiden und dass ein Großteil von niedrigem Bildungsstand ist. Zudem ist der Anteil an Erwerbslosen vergleichsweise hoch.

Wie viele Stunden spielen pathologische Computerspieler am Tag?

In der Folgeuntersuchung des ISFB (Studie 1d) vergleichen Wölfling und Kollegen die Spieldauer ihrer drei Untersuchungsgruppen Nicht-regelmäßige, regelmäßige und pathologisch-regelmäßige Computerspieler. Die nachfolgende, eigens erstellte Tabelle gibt einen Überblick über die durchschnittliche Dauer des aktiven Computerspielens, zum einen an einem normalen Tag nach der Schule und zum anderen inklusive der Spielstunden am Wochenende.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die drei Gruppen unterscheiden sich signifikant hinsichtlich der Dauer des aktiven Computerspielens. Umgerechnet auf eine 7-Tage-Woche spielen pathologisch-regelmäßige Computerspieler demnach durchschnittlich 33,32 Stunden pro Woche. Im Vergleich dazu spielen regelmäßigen Computerspielern 18,76 Stunden und nicht-regelmäßige nur 5,95 Stunden. Allerdings sind diese Ergebnisse, wie schon weiter oben erwähnt, nicht repräsentativ und beziehen sich nur auf die Untersuchung.

Batthyány und Kollegen (Batthyány, Benker, Müller & Wölfling, 2008) differenzierten in ihrer Untersuchung 2008 die Spielzeit in drei Kategorien: Spielstunden vor der Schule, nach der Schule und am Wochenende; und die Probanden in: abhängig, missbräuchlich und nicht pathologisch.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Daten entnommen aus Dipl.-Psych. Müllers Power-Point-Präsentation „Erste empirische Implikationen der ambulanten Therapie von Computerspielsucht“ bei der DHS-Fachkonferenz vom 11. November 2008 in Bielefeld zum Thema "Sucht, Abhängigkeit, exzessives Verhalten - Zustände und Zuständigkeiten"

Deutlich wird aus dieser Tabelle, dass pathologische Spieler bereits viel Zeit vor der Schule in ihr Spiel stecken. Da der Beginn der Schule am Morgen fest steht, müssen die pathologischen Spieler viel früher aufstehen, um durchschnittlich anderthalb Stunden. Das geht zumeist auf Kosten der Schlafdauer, die sowohl später einsetzt, als auch früher beendet wird. Grüsser (Studie 1a) fand heraus, dass exzessiv computerspielende Kinder später als nicht exzessiv computerspielende schlafen und erstere den Computer signifikant häufiger direkt vor dem Schlafengehen nutzen.

Im Vergleich zu Wölflings Ergebnissen (Studie 1d), sind die Daten von Batthyány – an denen auch Wölfling mit beteiligt war – drastisch höher. Zum Vergleich: Bei Wölfling spielen pathologische Computerspieler 4,07 Stunden an Schultagen, bei Batthyány 6,04 + 1,5 Stunden. Das ist ein gravierender Unterschied, der wahrscheinlich auf die Nicht-Repräsentativität beider Studien zurückzuführen ist. Deutlich wird zumindest der Unterschied zu nicht pathologischen Spielern.

Im Ergebnis kann gesagt werden, dass pathologische Spieler bereits morgens vor der Schule oder der Arbeit spielen und dafür auf Schlaf verzichten. Zudem spielen Computerspielsüchtige signifikant länger Computer, auch wenn die Zahlen diesbezüglich stark schwanken.

Wie unterscheiden sich pathologische Computerspieler von nicht- pathologischen?

Grüsser und Kollegen (Studie 1a) haben exzessiv computerspielende Kinder und nicht-exzessiv computerspielende Kinder hinsichtlich verschiedener Aspekte, die in Zusammenhang zum Computerspielverhalten stehen, verglichen. Dabei fanden die Forscher heraus, dass die Gruppe der exzessiven Spieler signifikant häufiger den Computer zum Spielen nutzen und auch täglich signifikant länger Filme (DVD, Video, Fernsehen) schauen als die nicht-exzessiven. Zudem nutzen die exzessiven Spieler den Computer inklusive Internet signifikant länger am Tag zum Spielen.

Im Bereich des Kommunikationsverhaltens lässt sich bezogen auf diese Studie sagen, dass die exzessiven Spieler sich signifikant weniger bei Problemen oder schlechten (und auch guten!) Nachrichten mitteilen, wobei es bei den exzessiven Spielern keinen signifikanten Geschlechterunterschied gibt wie bei den nicht-exzessiven, wo die Mädchen sich signifikant häufiger mitteilen.

Im Unterricht leiden die exzessiven Spieler signifikant häufiger an Konzentrationsschwächen als die Gruppe der nicht-exzessiv computerspielende Kinder. Im Bezug auf Bewältigungsstrategien bei negativen Gefühlen fanden die Forscher heraus, dass exzessive Spieler signifikant häufiger Computerspielen oder tendenziell mehr Fernsehen (nicht signifikant), wenn sie traurig sind oder sich ärgern. In der Folgestudie (Studie 1d) wurde zudem ein positiver signifikanter Zusammenhang zwischen der durchschnittlichen Computerspieldauer und der dadurch erreichten Stimmungsverbesserung festgestellt. Jäger (Studie 2) kam zu ähnlichen Ergebnissen: Pathologische Spieler haben ein deutlich höheres Stresserleben und einen eher vermeidenden Copingstil, ebenso wie eine geringere allgemeine
Selbstwirksamkeitserwartung.

Die zepf-Studie ergab außerdem, dass sich pathologische Spieler durch ihre konkrete Lebenssituation häufiger überfordert fühlen als andere Spieler und insgesamt unzufriedener sind. In Bezug auf die Zufriedenheit zeigte sich auch bei Cypra (Studie 3), dass die Normalspieler am zufriedensten waren, gefolgt von den Vielspielern, und am unzufriedensten zeigten sich die Hardcorespieler.

In den Ergebnissen der Studie 1d ist auch zu lesen, dass exzessive Computerspieler sich signifikant häufiger gedanklich mit ihrem Computerspiel beschäftigen, „was im Sinne einer kognitiven Einengung bzw. Fixierung auf das Problemverhalten bewertet werden kann.“ (Studie 1d, S. 5)

Wölfling (Studie 1d) fand heraus , dass das Ausmaß des Konsums an psychotropen Substanzen und in welchem Alter das regelmäßige Computerspielen einsetzt keinen Einfluss auf das Auftreten einer Computerspielsucht hat, jedoch gibt es Hinweise, „dass ein gravierender Anteil der Computerspielsüchtigen eine substanzbezogene Störung aufweist.“ (Studie 1d, S. 5)

Im Ergebnis kann gesagt werden, dass sich exzessive Computerspieler von anderen Spielern unterscheiden im Ausmaß des Fernsehkonsums und der Kommunikationsfähigkeit. Sie bekommen weniger Schlaf und zeigen vermehrt Konzentrationsschwächen und ein eher stärker vermeidendes Bewältigungsverhalten im Gegensatz zu den übrigen Spielern, die eher problemorientierte Copingstrategien heranziehen.

Zudem sind sie unzufriedener mit ihrer Lebenssituation und beschäftigen sich deswegen gedanklich viel häufiger mit dem Spiel als ihre nicht-exzessiven Kollegen.

„Es kann geschlussfolgert werden, dass – analog zu den Erkenntnissen aus der Abhängigkeitsforschung – die Computernutzung für die exzessiv computerspielenden Kinder eine spezifische Funktion im Sinne einer inadäquaten Stressbewältigungsstrategie erhalten haben könnte: emotional erregende Zustände werden nicht kommuniziert, sondern durch das Spielen verdrängt.“ (Studie 1a, S. 193)

Grüsser und Kollegen sehen in der Folge einen begünstigenden Risikofaktor für eine mögliche Abhängigkeitserkrankung in der Adoleszenz, da eine adäquate Stressbewältigung verlernt oder gar nicht erst erlernt wird und somit ein breites Verhaltensspektrum für eine angemessene Stressverarbeitung fehlt und soziale Kompetenzen verkümmern. (Studie 1a, S. 193)

Wieso können MMORPGs süchtig machen?

Die Studien von Cypra (Studie 3) und Yee (Studie 4) untersuchten beide den Zusammenhang von investierter Zeit in das Online-Spiel und Computerspielsucht und fanden eine Korrelation. Yee betont dabei, dass es nicht „die“ Computerspielsucht gibt, sondern dass Computerspielsucht ein Graubereich mit mehreren Abstufungen ist.

Laut Yee gibt es zwei Formen der Sucht: eine, die unterschwellige Frustration oder unterdrückte Gefühle positiv übermantelt, und die andere, die die Gier oder Motivation aufrecht erhält „mehr“ zu erreichen im Spiel.

[...]

Ende der Leseprobe aus 106 Seiten

Details

Titel
Subjektive Theorien von Computerspielern über Computerspiele und Computerspielsucht
Untertitel
Am Beispiel des MMORPG World of Warcraft
Hochschule
Universität Paderborn  (Erziehungswissenschaften)
Note
2,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
106
Katalognummer
V136688
ISBN (eBook)
9783640438334
ISBN (Buch)
9783640438563
Dateigröße
920 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Kommentar vom Gutachter: "Eine methodisch sichere Arbeit, bei der es der Verfasserin gelingt, auf der Basis ihres theoretischen Wissens und ihrer forschungsmethodischen Kompetenz eine aktuelle praktische Fragestellung sicher zu bearbeiten. Die stellenweise recht ausführliche allgemeine Darstellung des Vorgehens sowie einige Unschärfen in der Struktur (z.B. fehlende Nummerierung beim Kategoriensystem) fallen demgegenüber nicht ins Gewicht, so dass die Arbeit mit der Note gut (2,0) bewertet wird."
Schlagworte
Computerspielsucht, World of Warcraft, Spielsucht, Subjektive Theorien, Sucht, Suchthilfe
Arbeit zitieren
Dipl. Päd. Kristina Striegl (Autor:in), 2009, Subjektive Theorien von Computerspielern über Computerspiele und Computerspielsucht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/136688

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