Die Ironie. Betrachtung aus linguistischer Sicht


Seminararbeit, 2005

19 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Der Begriff Ironie
1.1. Definitionen
1.2. Problematik der Ironie - Definition
1.3. Ironie und Linguistik

2. Ironie im Wandel der Zeit
2.1. Ironie in der Antike
2.2. Ironie in der Romantik
2.3. Ironie in der Moderne

3. Eigenschaften der Ironie
3.1. Indirektheit
3.2. Ironiesignale
3.3. Kontext- und Situationsabhängigkeit
3.4. Verstoß gegen Konversationsmaximen
3.5. Wertung
3.6. Humor / Komik
3.7. Sprachästhetik

4. Ironie als linguistisches Problem
4.1. Erste sprachwissenschaftliche Ansätze
4.2. Erklärungsmodelle
4.2.1. Pragmatik
4.2.1.1. Theorie der konversationellen Implikatur
4.2.1.2. Echoic Mention Theory
4.2.2. Sprechakttheorie

5. Zusammenfassung

6. Literaturverzeichnis

Einleitung

In dieser Hausarbeit beschäftige ich mich mit dem sehr umfangreichen Thema der Ironie und ihre Betrachtungsweise aus sprachwissenschaftlicher Sicht. Sehr viele Sprachwissenschaftler haben sich seit den sechziger Jahren intensiv mit dem Phänomen Ironie auseinandergesetzt und sind teilweise auf sehr unterschiedliche Ergebnisse in Bezug auf die Verwendung von Ironie im Sprachgebrauch sowie ihrer sprachlichen Markierung gekommen. Im ersten Teil der Arbeit widme ich mich den Definitionen für Ironie sowie ihrer geschichtlichen Vergangenheit. In einem weiteren Schritt werden Eigenschaften der Ironie vorgestellt, um ihre Vielfältigkeit aufzuzeigen und anschließend die dadurch entstehende Problematik der Einordnung der Ironie in eine sprachwissenschaftliche Kategorie. Da es in der einschlägigen Literatur die unterschiedlichsten Ansätze und Theorien zur Klassifizierung der Ironie gibt, habe ich mich für die am weit verbreitetsten Erklärungsmodelle entschieden, um einen kleinen Einblick in die Ironie als linguistisches Problem geben zu können.

1. Der Begriff Ironie

1.1. Definitionen

Für den Begriff der Ironie gibt es unzählige Definitionen und Definitionsansätze. Drei davon möchte ich zu Beginn einmal vorstellen:

„Die Ironie (griech. eironea – Verstellung) ist eine Äußerung, die oft – aber nicht zwingend – das Gegenteil des Gesagten meint, mit scheinbarer Ernsthaftigkeit den gegnerischen Standpunkt ins Widersprüchliche zieht. Im Gegensatz zum Humor ist Ironie eher kritisch und nicht um Zustimmung bemüht. [...]“[1]

„Ironie (von griechisch eironea: Verstellung), rhetorische Verstellungskunst, bei der der Redner mit dem Ziel, den Zuhörer bewusst zu täuschen oder für Erheiterung zu sorgen, offenkundig das Gegenteil von dem vorgibt, was er ist oder was er meint. Philosophisch bediente sich Sokrates in den Dialogen Platons mit den Sophisten häufig der rhetorischen Figur der Ironie, um durch naives Fragen seine Gesprächs –partner in Begründungsnot zu bringen (sokratische Ironie). Zunächst hielt er sich mit seiner eigenen Meinung zurück, stellte sich unwissend und ließ sich belehren, ehe er durch Schlussfolgerungen seine Gegner in Widersprüche verwickelte, um ihnen das Geständnis abzubringen, im Grunde selbst unwissend zu sein.[...][2]

„Ironie ist Verstellung, Spott der in feine Worte gekleidet ist und den nicht gleich jeder erkennt.“[3]

1.2. Problematik der Ironie - Definition

Der Aspekt der Verstellung bzw. der Gegenteilsdefinition von Ironie ist in jeder drei Definitionen vorherrschend. Dennoch kann man mit Ironie noch viel mehr als lediglich das Gegenteil vom Gemeinten zum Ausdruck bringen, um dadurch andere Menschen bloß zu stellen oder eben zu erheitern. Dies ist zwar ein bedeutender Teil und wahrscheinlich auch der am häufigsten genutzte Grund von Ironie, trotzdem stellt die Ironie ein noch viel weiteres Feld dar, welches sich auf verschiedene Wissenschaftsgebiete ausdehnt, wie z. B. Literatur, Philosophie und eben auch die Linguistik.

Weiterhin trifft die „gängige“ Gegenteilsdefinition längst nicht auf alle Formen von Ironie zu. Das genaue Gegenteil des Gemeinten trifft nämlich nur dort zu, wo sich die Ironie implizit auf ein Wort oder einen Ausdruck bezieht. Ein Beispiel dafür wäre „Du siehst ja fantastisch aus“, während der Adressat eine Gurkenmaske im Gesicht hat. Des Weiteren gibt es auch häufig Formen von konventionalisierter Ironie, die sich durch Stabilität in Form und Bedeutung auszeichnen. Ein Beispiel hierfür wäre „Das ist ja eine schöne Bescherung“ – bei solchen feststehenden Wendungen wissen wir fast schon automatisch, dass sie als ironisch eingestuft werden sollen.

Problematisch mit der Gegenteildefinition wird es auch, wenn es gar kein richtiges Gegenteil gibt, wie in den folgenden Beispielen „Geht`s noch schneller?“ oder „Der Stuhl gefällt mir besonders“. Vor allem im letzten Beispiel gibt es keine sprachlichen Merkmale, die auf eine ironische Anspielung hinweisen. Man kann die Äußerung also nur dann als ironisch auffassen, wenn der Kontext, die Situation und die wirkliche Einstellung des Sprechers bekannt sind. Auch im Falle des ersten Beispiels kann man die Ironie dort nicht mit der Gegenteilsdefinition erklären. Hier wird die Ironie durch einen Verstoß gegen die Erfolgsbedingungen eines Sprechaktes ausgelöst. Durch das Stellen einer rhetorischen Frage erwartet der Sprecher eine Antwort bzw. Information, die er sowieso schon kennt. Deshalb verstößt der Sprecher gegen die Aufrichtigkeitsbedingungen für den illokutionären Akt der Frage.

1.3. Ironie und Linguistik

Gerade im Bereich der Sprachwissenschaft stellt die Ironie ein Problem dar. Auch hier lässt sie sich nicht mit traditioneller grammatik- und semantik – orientierter Linguistik festmachen, da sprachliche Merkmale allein nicht ausreichen um eine Äußerung als ironisch zu markieren.

Die Ironie tritt im mündlichen als auch im schriftlichen Sprachgebrauch auf, wobei eher der mündliche Gebrauch von Ironie eine Rolle in der Sprachwissenschaft spielt. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird noch näher auf diese Thematik eingegangen.

2. Ironie im Wandel der Zeit

2.1. Ironie in der Antike

In der europäischen Antike liegen die Wurzeln der ironischen Ausdrucksweise. Geistesgeschichtlich betrachtet scheint sich die Ironie, als typischer Ausdruck abend- ländisch – offenen Denkens, in steter Schwingung zur klassisch – geschlossenen Denkweise zu befinden. Sie tritt im Alten Griechenland auf, als sich dort gerade der Wechsel von der bisherigen Aristokratie zur neuen Demokratie vollzieht. Dieser Wechsel löst eine vorübergehende Richtungslosigkeit in Politik und Gesellschaft aus und zieht eine Verschiebung der gesellschaftlichen Normen nach sich. Es entwickelt sich eine neue Richtung des Denkens; der Mensch rückt in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, wo doch vorher der Stand und das Ansehen eines Menschen im Mittelpunkt standen. Vor allem Sokrates interessierte sich an den Universellen der Normen menschlichen Handelns. Seine Ansicht war grundlegend für den Ironiebegriff, denn Sokrates` Grundgedanke war:“ Ich weiß, dass ich nichts weiß“ und seine Methode der Erkenntnisgewinnung war die Dialogform. Dialoge wählte er deshalb, weil sie am ehesten Anlass zur Reflexion über ein bestimmtes Thema geben. Daraus lässt sich auch die sokratische Methode ableiten, mit der man Erkenntnis nicht einfach lehrt, sondern durch Befragen anderer zur Sprache bringt. (vgl. Müller, M. 1995: Ironie. Kulturgeschichte und Textgestalt. Würzburg. S.6/7) Diese Methode bedient sich der Ironie, denn Sokrates gibt vor weniger zu wissen als sein Dialogpartner, obwohl er schon vorher das Ergebnis der Befragung kennt. Dennoch erscheinen die Dialogpartner erst als „Großtuer“, sicher, in der Rolle des Wissenden zu sein. Sokrates hingegen erscheint als „Kleintuer“, der solange Fragen stellt bis die anderen sich in Widersprüche verwickeln und ebenfalls merken, dass sie nichts wissen. So lässt sich „eironea“ auch als Tiefstapeln bezeichnen, aber zeigt auch einen Aspekt der Verstellung, da Sokrates nicht dass vorgibt zu sein was er ist. Die sokratische Ironie gilt dabei als Prototyp. Auch in der griechischen Rhetorik taucht die Ironie als Mittel auf, „den Gegner dem Spott preiszugeben und ihn so zu demütigen. Schon in dieser Quelle erscheint die Bestimmung der Ironie als Gegenteil des Gemeinten, welche sich durch Jahrhunderte behaupten wird.“[4]

Die Rhetoriken der Antike leisteten auch schon erste Klassifizierungen von grundsätzlichen prototypischen Paradigmen zur Signalisierung von Ironie:

Dissimulatio à Der Redner kodiert ein +Auseinanderklaffen von Wortlaut und Sinn. Er verstellt sich bewusst, damit der Andere selbst auf einen Gedanken kommt.

Simulatio à Durch Imitieren oder Zitieren gelingt dem Redner eine Anspielung auf die Geisteshaltung und Meinung des Redegegners. Es wird etwas vorgetäuscht oder geheuchelt.

Parabase à Ihr Ziel ist die Fiktionsironie, d.h. der stete Hinweis darauf, dass dem Zuschauer ein Artefakt ohne Autonomieanspruch präsentiert wird. (vgl. Müller, M. 1995: Ironie. Kulturgeschichte und Textgestalt. Würzburg, S.23/24)

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Ironie in der Antike als eine Form indirekten Sprechens entstand. Sie war ein Mittel der Denker und Philosophen, ihr Wissen und ihre Lehren an ihre Schüler weiterzugeben und durch ständiges gemeinsames Hinterfragen neue Argumente und Prämissen herauszuarbeiten. Die Ironie wurde als ethisch vertretbare Form des „Kleintuns“ verstanden.

2.2. Ironie in der Romantik

„ Es gibt alte und moderne Gedichte, die durchgängig im Ganzen und überall den göttlichen Hauch der Ironie atmen. Es lebt in ihnen eine wirklich transzendentale Buffonerie. Im Innern, die Stimmung, welche alles übersieht, und sich über alles Bedingte unendlich erhebt, auch über die eigene Kunst, Tugend, oder Genialität: im Äußern, in der Ausführung die mimische Manier eines gewöhnlichen italiänischen Buffo.“ (Schlegel, Lyceumsfragment 42, Krit. Ausgabe Band 2, S. 147f)[5]

[...]


[1] www.wikipedia.de; vom 26.11.2004

[2] „Ironie“, Microsoft®Encarta® 99 Enzyklopädie. ©1993 – 1998 Microsoft Corporation

[3] „Jugendlexikon A-Z“; Franz Schneider Verlag GmbH; 1987; S. 244

[4] Müller, Marika: Die Ironie. Kulturgeschichte und Textgestalt, Königshausen und Neumann Würzburg; 1995; S. 11

[5] Müller, Marika: Die Ironie. Kulturgeschichte und Textgestalt, Königshausen und Neumann Würzburg; 1995; S. 61

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die Ironie. Betrachtung aus linguistischer Sicht
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Institut für Romanistik)
Veranstaltung
Der spanische Witz
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
19
Katalognummer
V136773
ISBN (eBook)
9783640446506
ISBN (Buch)
9783668122161
Dateigröße
510 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ironie, Betrachtung, Sicht
Arbeit zitieren
Annekatrin Lau (Autor:in), 2005, Die Ironie. Betrachtung aus linguistischer Sicht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/136773

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