Digitalisierung der Filmkunst - Eine Mutationsära


Seminararbeit, 2007

16 Seiten, Note: 1.0


Leseprobe


Einleitung

Zweifellos ist die Filmkunst, mehr als irgendwelche andere Kunst, verbunden mit Technologieentwicklung. Film war und wird immer abhängig von Technologie sein. Die Filmgeschichte ist die Technologiegeschichte des XX Jahrhunderts. Um verkauft zu werden, soll sich Technologie ständig weiter entwickeln. Die Filmtechnologie auch. Die Folge ist, dass wir heute eine Situation haben, in der der Akzent mehr auf die Entwicklung der Filmtechnologie gerichtet ist, als auf die Entwicklung der Filmkunst, ihrer Sprache und Ästhetik. Betrachtet man heute nicht mehr künstlerische Möglichkeiten, die schon an diesem technologischen Niveau des Films übrigbleiben, sondern wartet ständig auf neue Möglichkeiten, die moderne Technologie bietet. Die neue Technologie kommt, und die alte wird vergessen. Ermöglicht das etwas mehr als nur technologische Entwicklung? Am Ende der postindustriellen Zeit, in der Zeit der Konsumgesellschaft, stellt man die Frage über die Zukunft der Filmkunst und die Möglichkeiten der „multimedialen“ Ästhetik. Neues digitales Format und neue Projektionsgeräte haben ermöglicht, dass der Film als ein Kunstwerk, das als ein Ganze oder als ein Mosaik von Teilen gesehen wird. Ein Film ist, in dieser Mutationsära, wie Alexander Horwath unsere Alltag genannt hat1, nicht mehr ein künstlerischer Ausdruck, den man in einem Atem konsumiert. Film ist nicht mehr ein Lichtspiel, schon vergessener Begriff, sondern ein "virtuelles Buch", das in verschiedenen Sprachen vom Anfang oder vom Ende gelesen, analisiert und erforscht wird.

Digitale Medien sind die Unvermeidlichkeit des XXI Jahrhunderts. Konvergierende Digitalzeit formt und gestaltet alle Informationen (Audio, Video, Text) als ein Fluss von numerischen Daten. Multimediale Formate verschmelzen die alten medialen Formen zu neuen Amalgamen. Wird digitales Format den Filmstreifen absolut ersetzen? Kann alles digitalisiert werden? Während einiger Jahre ist Digitalfilm ein moderner Mythos geworden. Digitalisierung verursachte gewaltige Modifikationen, so wie in der Filmproduktion, als auch in der Filmdistribution. Dies alles kann nur als eine einfache Wandlung von Mittel erscheinen, aber wir müssen wissen, dass Mitteln in einem kreativen Prozess nie neutral sind, sondern beeinflussen oft die Mitteilungen, die sie übertragen. Schon im Jahr 1882, hat Nietzsche geschrieben, dass Schreibmitteln unsere Gedanken beeinflussen2. Bedeutet das, dass die Technologiewandlung in der Filmkunst auch Änderungen in Stil, Ästhetik und Theorie des Films verursacht? Oder die Änderungen in seiner Form, Funktion und Thematik, als auch in Rezeption des Zuschauers? Worin bestehen die Konsequenzen der Digitalisierung für die Filmkunst? Hat nicht die Filmkunst in dieser Zeit des technologischen Wandels auch eine Methamorphose erlebt? Garantiert eine Technologieverbesserung eines Films auch eine bessere Qualtität? Darf künstlerischer Wert eines Bildes durch Wahl des Pinsels oder des Preises der Leinwand und Farben bestimmt werden? Im Überflüss der Errungenschaften der modernen Filmkunst stellt man die Frage, welche von ihnen als Vertreter einer Epoche, die zweifellos die Geschichte der Zukunft prägen, ausgewählt werden sollen.

1. Was bedeutet Digitalrevolution?

Digitalkultur ist die Kultur, die ihre eigenen Kenntnisse, religiösen Glauben und ideologischen Ansichten auf konvetionelen, schematisierten, deduktiven und unmimetischen Formen basiert. Postmoderne Kultur mit ihrer techno-informatischen Evolution kann als Digitalkultur definiert werden und die Schlüsselrolle in ihrer Kreation hat Digitalrevolution gespielt.

Eine fundamentale Vorbedingung der Digitalrevolution war die technologische Entwicklung, beziehungsweise die Digitalisierung des Filmmediums. Über 150 Jahre lang war Fototechnik vor allem ein langdauernder chemischer Prozess, der nur im totalem Dunkel erfolgte. Die Digitalfotografie hat den Bedarf an Filmstreifen, aggressiven und feuergefährlichen Stoffen beseitigt. Sie hat die klassische Fotografie in eine elektronische Zeit übertragen. Im Gegensatz zum klassischen Film, der mit der Zeit seine Qualität verliert, stellt der Digitalfillm, der im CD oder DVD Format gespeichert wird, diesen Problem nicht mehr dar.

Die berühmte humanistisch-marxistische Forderung, wonach das Produktionswerkzeug allen zur Verfügung stehen soll, scheint heute Realität zu sein. Man kann sagen, dass es im Grunde zwei Digitalrevolutionen gibt, weil es auch zwei verschiedene Träume gibt: Amateure träumen von Filmaufnahme, anstatt nur passive Beobachter zu sein, und Filmprofis suchen neue perfekte kreative Horizonte.

Eine echte Explosion der heutigen Digitaltechnologie hat zwei wichtige Änderungen mitgebracht: einerseits verursachte sie eine Synthese zwischen Computer-, Film- und Fernsehwelt, indem sie die Astehtik von bislang getrennten Welten in eine Ästhetik der Multimedialkunst verquickte, und andererseits, ermöglichte sie eine Vervielfältigung der Kommunikationskänale und erweiterte ein kreatives Feld.

Die gründliche Besonderheit der modernen Zeit ist eine Demokratisierung der Kunst. „Technologie wird in kurzer Zeit ermöglichen, dass fast jeder ein Film drehen kann". Diese Prophezeiung von Francis Ford Coppola scheint heute wie die Parole der sowjetische Revolution 1917: „Nach der Revolution werden alle Poesie schreiben“. Digitalkameras und computerisierte Filmbearbeitung sind schon die Produkte der Massenkosumation und bieten zweifellos bessere Bild- und Tonqualität, als andere Formate, wie z.B. 8 mm Film, VHS oder Hi8. Diese neue Technik ist noch nicht wirklich bilig, aber ist jedenfalls allen erreichbar. Aber, ist das Grund genug ein digitales Kunstwerk zu kreieren? Eine leichte und massenhafte Anwendung von neuen Filmmitteln hat schon die Folge, dass unsere Welt satt von inhaltlosen Versuchen ist.

Andererseits ist die wichtige Vorteil von Digitalisierung auch eine Kreation von großartigen Werken, gerade auf neuen Medien. Die Digitalrevolution verursachte eine neue Situation, wo man in der Zukunft nicht leicht eine Filmwirklichtkeit von einer Digitalwirklichkeit auf dem Leinwand, oder eine virtuelle von einer realen Welt trennen können wird. Offensichtlich tritt eine multimediale Ära an – eine Zeit, in der zukünftiges Kino noch Filme brauchen wird, aber die Filme werden nicht die alte Cineasten „benützen“. Schon heute hat die neue Digitalelektronik die ästhetische Horizonten von Filmmachern erweitert und die Filmregie spielt hier nur die Rolle der Komposition des neuen künstlichen Mosaiks. Der Kameramann der Zukunft gehört zu einem neuen mehr industriellen System. Er wird immer notwendig sein, aber seine Kenntnisse muß mit Computertechnik und Elektronik erweitert werden. Und ein Filmeditor? Er ist schon ziemlich ein Ingenieur.

Neue elektronische Ikonografie versichert eine größere kreative Kontrolle über ganze visuelle Szenen, Figuren und Handlungen, und so eine interaktive Umgebung ermöglicht eine Redefinition von Physikgesetzen der realen Welt. Die Grenzen zwischen Produktion und Postproduktion verwischen, weil die neue Technologie ständige Modifikationen in irgendeiner Phase des kreativen Prozess möglich gemacht hat. Die Figuren können später eingefügt werden. Die Kamerabewegung und –position können sich ständig ändern, bzw. ihre Winkeln, Geschwindigkeit oder Richtungen. Diese Technik bietet Autoren die Möglichkeit die Farbe und Lichtatmosphere aller Filmgenres und Stile, aus verschiedenen Epochen der Kinematografie zu benützen.

In einem Filmforum, mit Thema Synthese von Film- und Fernsehbild, das in Monte Carlo in der 70-er Jahren des XX Jahrhunderts stattfand, konnte nach alle Analysen ein allgemeiner Schluss gezogen werden: „Die Schauspielern werden verschwinden – nur die Regisseure und die Elektronik werden bleiben“3. Heute, mehr als dreißig Jahre später, ist diese futuristische Vision noch nicht eine echte Wirklichkeit, aber es ist nur eine Frage der Zeit, dass diese Idee eine Realiät wird.

[...]


1 Interview: Eine Mutationsära – Alexander Horwath im Gespräch, Mit Alexander Horwath plauderten Stefan Oswald, Maria Schoiswohl und Thomas Taborsky [ www.allesfilm.com ] Anmerkung: Alexander Horwath ist der Direktor des Österreichischen Filmmuseums in Wien.

2 Friedrich Kittler , "The Mechanized Philosopher'", Looking After Nietzsche (ed. Laurence A. Rickels), State University of New York Press, Albany, 1990, S.195.

3 Marina Griniš: Estetika kibersvijeta i ucinci derealizacije, Multimedijalni institut Zagreb, 2001

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Details

Titel
Digitalisierung der Filmkunst - Eine Mutationsära
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Institut für Theaterwissenschaft)
Veranstaltung
Filmgeschichte
Note
1.0
Autor
Jahr
2007
Seiten
16
Katalognummer
V136937
ISBN (eBook)
9783640454570
ISBN (Buch)
9783640454013
Dateigröße
519 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Digitalisierung, Filmkunst, Eine, Mutationsära
Arbeit zitieren
Magister Vesna Dakic (Autor:in), 2007, Digitalisierung der Filmkunst - Eine Mutationsära, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/136937

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