Kundenbindungsstrategie, Kundenverhalten – Vergleich der russischen und deutschen Strategien


Masterarbeit, 2009

63 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einführung
1.1. Einführung in die Thematik
1.2. Problemstellung
1.3. Zielsetzung
1.4. Aufbau und Vorgehensweise der Arbeit

2. Kulturvergleich zwischen Deutschland und Russland
2.1. Einfluss kultureller Prägung auf das Kundenverhalten
2.2. Studie von Hofstede, im Bezug auf Russland und Deutschland
2.2.1. Einleitender Überblick
2.2.2. Die Erforschung der russischen Kultur bis 90-er
2.2.3. Machtdistanz
2.2.4. Individualismus vs. Kollektivismus
2.2.5. Maskulinität vs. Femininität
2.2.6. Unsicherheitsvermeidung
2.2.7. Langzeit- / Kurzzeitorientierung
2.3. Studie von Trompenaars in Bezug auf Deutschland und Russland
2.3.1. Die Studien von Trompenaars
2.3.2. Universalismus vs. Partikularismus
2.3.3. Neutralität vs. Affektivität
2.3.4. Individualismus vs. Kommunitarismus
2.3.5. Spezifisch vs. Diffus
2.3.6. Leistung vs. Herkunft
2.3.7. Serialität vs. Parallelität
2.3.8. Interne Kontrolle vs. externe Kontrolle
2.4. Auswertung der Kulturdimensionen

3. Gegenseitige Wahrnehmung
3.1. Export und Auslandsarbeit
3.2. Russland aus Sicht der Deutschen, Deutschland aus Sicht der Russen
3.3. Schlussfolgerung

4. Kundenbindungsstrategien in Deutschland und Russland im Vergleich
4.1. Grundlagen der Kundenbindung – Aufbau der emotionellen Bindung
4.2. Marketinginstrumente
4.2.1. Preis
4.2.2. Werbung
4.2.3. Bearbeitung von Reklamationen
4.2.4. Loyalitätsprogramme
4.3. Kundenbindungsplanung und -messung
4.3.1. Kundenabwanderungsgründe
4.3.2. Qualitätsmanagement
4.3.3. Messung der Kundenbindung
4.3.4. Messung der Kundenzufriedenheit
4.3.5. Ein Beispiel der Kundenbindungsplanung und -messung in Deutschland und Russland: Automarkt
4.4. Kundenbindungsstrategien in Deutschland und in Russland: Fazit

5. Studien
5.1. Beschreibung der Datenermittlung
5.2. Beschreibung der untersuchten Unternehmen
5.3. Ergebnisse der Untersuchungen
5.3.1. Deutsche Loyalitätsprogramme umfassen folgende Varianten:
5.3.2. Russische Loyalitätsprogramme beinhalten:
5.3.3. Wichtige Faktoren, die die Kundenentscheidung beeinflussen
5.3.4. Ein Beispiel der Kundenbindungsstrategien in Russland und Deutschland
5.3.5. Methode zur Bewertung der Kundenzufriedenheit
5.4. Vergleichsanalyse
5.4.1. Festgestellte Unterschiede
5.4.2. Ähnlichkeiten zwischen der Kundenbindungsstrategien bzw. Kundenverhalten in Deutschland und Russland
5.5. Wichtige Aspekte des Umgangs mit russischen und deutschen Kunden
5.6. Fazit der Untersuchungen

6. Schlussfolgerung und Ausblick

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abb. 2-1 Die Umgebung des Benutzers

Abb. 2-2 Kulturelle Dimensionen

Abb. 2-3 Zwiebelschalenmodell

Abb. 2-4 Das Zeitverständnis in unterschiedlichen Kulturen

Abb. 3-1Vorurteile prägen das Russland-Bild in Deutschland

Abb. 4-1 Qualitätssteuerung des gesamten Unternehmens

Abb. 4-2 Entscheidungskriterien beim Kauf für deutsche Verbraucher

Abb. 4-3 Ursachen und Wirkungen der Kundenbindung

Abb. 5-1 Die Gründungsjahr der befragten russischen und deutschen Unternehmen

Abb. 5-2 Vergleich der Benutzungshäufigkeit der russischen und deutschen Kundenbindungsinstrumenten

Abb. 5-3 Vergleich der Benutzungshäufigkeit der russischen und deutschen Kundenbindungsinstrumenten

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einführung

1.1. Einführung in die Thematik

In den letzten Jahren ist die wirtschaftliche Beziehung zwischen Russland und Deutschland sehr intensiv geworden. Die russische Außenwirtschaftspolitik richtet sich auf eine maximale Annäherung mit Westeuropa, unter anderem auch mit Deutschland, aus. [Vgl. rustrana (11.10.2007) ][1]

Heute ist die deutsche Wirtschaft der größte Investor in der Russischen Föderation und gleichsam ihr wichtigster Handelspartner. Umgekehrt ist Russland Deutschlands bedeutendster Handelspartner in Mittel- und Osteuropa. Der Handelsumsatz wuchs in den ersten neun Monaten des Jahres 2006 um fast 40% und erreichte ca. 39 Milliarden Euro. [IHK (Februar 2008), S1]

Für die Zusammenarbeit russischer und deutscher Unternehmen und für den gegenseitigen Vertrieb der Waren ist es wichtig, „kulturell passende“ Kundenbindungs-strategien zu benutzen.

Im Bereich der Forschung zu russisch-deutschen Loyalitätsprogrammen noch nicht so viel Literatur vorhanden ist und deswegen ist das interessant, diesen Forschungsbereich zu ergänzen und das Verhalten der deutschen und russischen Konsumenten miteinander zu vergleichen und die entsprechenden Loyalitätsprogramme und Kundenbindungs-methoden zu analysieren.

Überhaupt ist die Kundenbindung ein sehr interessantes Forschungsthema und neben kulturelle geprägten Loyalitätsprogrammen sind Kundenbindungsstrategien eines der bedeutendsten Elemente des modernen Marktes: Hier verschiebt sich der Akzent von der Gewinnung neuer Kunden hin zur Bindung bereits gewonnener Kunden. In der letzten Zeit widmen viele Unternehmen immer mehr Aufmerksamkeit der Kundentreue. Natürlich erfordert es viel mehr Geld und Energie, neue Kunden zu gewinnen, als alte Kunden zu behalten: „Die Akquisition von Neukunden kostet 5x mehr als die Pflege einer bestehenden Kundenbeziehung“[Lübke (1996), S. 29]

Daneben bringen Stammkunden dem Unternehmen weitere Vorteile wie Stabilität, eine gute Reputation und Ausgabenminderung. Zufriedene Kunden, die zu Stammkunden werden, sind daher die Voraussetzung für den Erfolg eines Unternehmens auf dem Markt. Unternehmen, die viele Stammkunden haben, sind besser in der Lage, ihre Arbeit und ihre Einnahmen zu planen. Dies kann eine bessere Arbeitsorganisation sichern. Stammkunden werden zu „Fans“ des Unternehmens und machen freiwillig und kostenlos für „ihr“ Unternehmen Reklame.

Ebenfalls aus der Unternehmensperspektive gesprochen, ist der beste Kunde der, den ein Unternehmen bereits hat. In Durchschnitt erzielt nämlich ein Unternehmen 80% seines Umsatzes mit 20% seiner Kunden. Die Neukundengewinnung ist ein allerdings teures Unterfangen – die Pflege einer Kundenbeziehung ist auf Dauer günstiger. [Konerding (2001), S.20]

Auch die Kundenzufriedenheit verschafft dem Unternehmen viele Vorteile. Die Herstellung der Kundenzufriedenheit ist daher von größter Bedeutung. Was ein Unternehmen vorrangig produziert, ist die Kundenzufriedenheit. Erst diese ermöglicht, dass die Ergebnisse der Produktionsprozesse im Unternehmen Absatz finden.

Qualitative und quantitative Forschungsmethoden machen es möglich, anhand der gewonnenen Daten Kundenzufriedenheit zu ermitteln und Rückschlüsse auf die Effizienz und den Nutzen der ausgewählten Loyalitätsprogramme zu ziehen.

1.2. Problemstellung

Eine Kundenbindungsstrategie, die in einer kulturell geprägten Umgebung gut funktioniert, kann in einer anderen Umgebung an Aktualität und Überzeugungskraft verlieren und aufhören, attraktiv für die potentiellen Kunden zu sein, da kulturelle Unterschiede eine sehr wichtige Rolle für die Entscheidungsfindung von Konsumenten spielen. Kultur beeinflusst die Kommunikation und die Denkweise von Individuen. Russland und Deutschland verbindet eine komplexe Vergangenheit, die neben viele Gemeinsamkeit auch zahlreiche unterschiedliche Entwicklungswege aufweist.

So war de Entwicklung der Marktwirtschaft in Russland seit Ende der 1920er Jahre bis zu den 1990er Jahren des 20. Jahrhunderts unterbrochen, während sie sich in Deutschland beständig weiter entwickelte.[2] Die russische Marktwirtschaft ist somit in ihrer Entwicklung einige Jahrzehnte von der deutschen entfernt. Diese Entfernung, der Rückstand, macht sich u. a. beim Kundenverhalten bemerkbar. Russische Konsumenten haben viel weniger Erfahrung als deutsche oder westeuropäische Käufer; der russische Käufer ist „naiv“ und lässt sich eher von der Werbung beeindrucken, als deutscher Kunde. Noch vor 10 Jahren wurde in Russland alles, was aus dem Westen kam, als „Brand“ wahrgenommen und sofort gekauft [vgl. Dayksel, (1999)]. Neben der Mentalität und Kultur, treten politische, wirtschaftliche und sogar naturbedingte Umstände als trennend auf. Daneben gibt es aber auch Merkmale, die den Kunden beider Länder eigen sind.

Unterschiede in den Bedürfnissen und Interessen der Kunden in Russland und Deutschland ziehen verschiedenartige Loyalitätsprogramme nach sich.

1.3. Zielsetzung

In dieser Arbeit wird das Konsumverhalten deutscher und russischer Kunden betrachtet und Kundenbindungsstrategien in Deutschland und Russland verglichen. In Anschuss wird die Eignung der länderspezifischen Strategien der Loyalitätsgewinnung für beide Seiten analysiert.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist, die Unterschiede des Kundenverhaltens und der Kundenbindungsstrategien in Deutschland und Russland zu analysieren und herauszuarbeiten, welche Momente beim bilateralen Exportverkehr berücksichtigt werden sollten.

Objekte der Analyse sind die Besonderheiten innerhalb der Loyalitätsstrategien russischer und deutscher Unternehmen sowie das jeweilige Kundenverhalten. Die vorliegende Arbeit stützt sich auf wissenschaftliche Primärliteratur zu Fragen von Mentalität und Wirtschaft in Deutschland und Russland und auf eine qualitativ durchgeführte Untersuchung.

1.4. Aufbau und Vorgehensweise der Arbeit

Die Arbeit besteht aus sechs Kapiteln. Während das erste Kapitel in die Thematik und Problemstellung einführt, werden im zweiten, dritten und vierten Kapitel der Einfluss kultureller Prägungen auf das Konsumverhalten russischer und deutscher Verbraucher, das Verhältnis von Russen und Deutschen zueinander und die Kundenbindungs-strategien beider Länder verglichen.

Das fünfte Kapitel befasst sich mit der qualitativen Untersuchung, erläutert den Aufbau der Interviews und präsentiert die Ergebnisse der Untersuchung

In sechstem Kapitel kommen die Zusammenfassung und Ausblick der Arbeit.

2. Kulturvergleich zwischen Deutschland und Russland

2.1. Einfluss kultureller Prägung auf das Kundenverhalten

Kultur und Gesellschaft bzw. die kulturelle Prägung einer Gesellschaft wirken sich auf Verhaltensnormen der Mitglieder einer Gesellschaft und in diesem Kontext auch auf das Kundenverhalten aus. Ebenso werden Marketing- und Kommunikationsmechanismen, die Art und Weise wie Käufer und Verkäufer miteinander umgehen, von kulturspezifischen Verhaltensweisen der Gesellschaft gesteuert.

So besitzen Fernsehen, Kino, Werbung und Mode nicht nur Bedeutung als wirtschaftliche Waren und Dienstleistungseinrichtungen, sondern spiegeln auch Normen und Werte, die zum Charakter der jeweiligen Gesellschaft gehören, wider. Kultur spielt eine Doppelrolle innerhalb der Gesellschaft: Einerseits befriedigt sie materielle und andere, davon abgeleitete Bedürfnisse der Menschen; andererseits erzeugt sie diese Bedürfnisse auch. Kultur wirkt sich auf das Käuferinteresse aus und versorgt bspw. den Kunden mit Informationen. [Vgl. Vassiljev, (2006) S.50]

Kurz gesprochen, ist die soziale und kulturelle Umgebung die Gesamtheit aller Faktoren, die auf das Verhalten der Kunden einwirken. Kultur ist mit den Traditionen, Verboten, Normen, Werten und Beziehungen der Menschen untereinander verbunden.

Die Abb. 2-1 zeigt unterschiedliche Kulturfaktoren. Diejenigen, die die größte Wirkung auf den Konsumenten haben, befinden sich oben, und die, die direkten Einfluss ausüben, sind unten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2-1 Die Umgebung des Benutzers

[Vgl. Vassiljev, (2006) S.51]

In Subkulturen finden sich in einer Kultur Individuen zusammen, die bestimmte Werte, Lebensstile und Verhaltensweisen teilen und sich hierdurch zu anderen Subkulturen abgrenzen. [Vgl. Vassiljev, (2006) S.51]. Marketingspezialisten müssen ihre Strategien auf die Bedürfnisse und Vorlieben von subkulturellen Gruppen anpassen. Genaue Kenntnis über die verschiedenen Subkulturen des zu bedienenden Markts hilft beim Ausdifferenzieren einer Marketingstrategie. Jedes Element der Kultur, das auf den Konsum wirkt, kann in die Marketingstrategie einfließen.[3]

Als Folge von Veränderungen der Lebensweise und der Gesellschaftsordnung, sowie der politischen und wirtschaftlichen Situation wandeln sich auch bei den Konsumenten Werte und Bedürfnisse, verschiebt sich die Wertschätzung von Waren und Dienstleistungen. Bspw., wenn die wirtschaftliche Situation im Land besser wird und das Einkommensniveau des Volkes steigt, werden die Konsumente auch wählerischer beim Kauf und gleichzeitig auch weniger sparsam.

Deutschlands Erfahrung im Bereich einer modernen Marktwirtschaft beträgt 150 Jahre, in Russland umfasst diese Periode nur 15 Jahre. In diesem Zeitraum, von Perestroika bis heute, hat Russland bereits einen großen Weg zurückgelegt, sowohl politisch als auch wirtschaftlich. [Vgl. Negrebetskaja (2006), S.7 ]

Dieses hohe Tempo der Veränderungen hat u. a. dazu geführt, dass der Verbraucher in Russland auf die neue Marktsituation „nicht vorbereitet“ ist.

Zieht man in Betracht, dass in ehemaliger UdSSR 70 Jahre, das ist einige Generationen, eine bestimmte Ideologie in allem, was wirtschaftliches Leben, Ideen und deren Träger betrifft, etabliert wurde, und alles andere, was sich von der offiziellen Doktrin unterschied, oft vernichtet wurde, dann ist verständlich, dass sich in diesem Land auch ein besonderes ökonomisches Modell herausbildete. Dieses Modell – die Planwirtschaft - wurde sowohl auf dem Niveau des gewöhnlichen Menschen als auch in der professionellen Umgebung als einzig richtige betrachtet. Die Auswirkungen missglückter Planwirtschaft, mit denen der Sowjetbürger tagtäglich konfrontiert war, prägten das Ausbildungssystem, die Wissenschaft, den sozialen Umgang der Bürger, kulturelle Interessen, kurzum das gesamte sozialwirtschaftliche System in Russland.

In den letzten Jahren, seit die Sowjetunion nicht mehr existiert, hat sich die russische Wirtschaft sehr verändert. Käufer, die daran gewöhnt waren, mit dem vorhandenen Angebot zufrieden zu sein, befinden sich in einer ganz neuen Situation: Im heutigen Russland sind sämtliche Waren einer westlichen Marktwirtschaft verfügbar, sofern das entsprechende Geld vorhanden ist. Der Zeitraum, in dem sich die Änderungen vollzogen haben, ist zu kurz, um das Bewusstsein der Käufer, insbesondere innerhalb der älteren Generation, von „den alten Zeiten“ loszulösen.

Eine solide Unternehmenskultur erwächst nicht plötzlich, sondern muss sich über mehrere Generationen entwickeln. Eine Geschäftskultur freier Wirtschaft hatte sich in der Sowjetunion letztmalig während der Neuen Ökonomischen Politik (NÖP) entwickeln können. Infolge von Zentralisierung und Monopolisierung des sowjetischen Marktes war ein freier Wettbewerb in der Sowjetunion nicht möglich. [Quelle: Rubzov (1990), S. 56-59]

So besaßen einzelne Hersteller automatisch ein Monopol auf die produzierten Waren; sogar importierte Waren bildeten keine Konkurrenz, da die Warenproduktion, z.B. in der Lebensmittelproduktion, vollständiger Kontrolle unterlag. Preis und Menge des Verkaufs wurden von dem Staat diktiert. Der nicht konvertierbare Rubel, der diesen Status auch heute besitzt, und das Fehlen jeglicher Beziehungen mit dem Außenmarkt, führten ebenfalls dazu, dass importierte Waren keine bemerkbare Konkurrenz schaffen konnten. [Quelle: Rubzov (1990), S. 56-59]

2.2. Studie von Hofstede, im Bezug auf Russland und Deutschland

2.2.1. Einleitender Überblick

Wie schon erwähnt wurde, sagen Kenntnisse über Kultur und Mentalität einer Gesellschaft sagen viel über die wirtschaftliche Situation und das Kundenverhalten aus.

Nach Ansicht der Kulturanthropologen gibt es so gut wie keine universellen, allen menschlichen Gesellschaften gemeinsamen kulturellen Werte [Fukuyama (1997), S. 52]

Unterschiedliche Autoren haben aber versucht, Kategorien zu identifizieren, mit denen man Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Landeskulturen darstellen kann. Die möglichen Dimensionen, anhand deren sich Kulturen differenzieren lassen, sind dabei prinzipiell unbegrenzt. [Kutschker/ Schmid (2006), S. 694]

Entsprechend dem niederländischen Kulturwissenschaftler Geert Hofstede „gibt es keine solche Sache wie eine Universalmanagementmethode“ oder eine Theorie der Unternehmensführung, die weltweit gültig ist. Sogar das Wort „Management“ hat unterschiedliche Ursprünge und Bedeutungen in den Ländern weltweit [Manage.com (25.08.2008)].

Die Studien von Geert Hofstede ermöglichen es, sich ein Bild von Kultur und Verhaltensweise der Individuen verschiedener Länder zu machen und sind deswegen für die vorliegende Arbeit interessant.

1.4.1. Die Erforschung der russischen Kultur bis 90-er

Bis zu Beginn der 1990er Jahre war die Erforschung der russischen Mentalität nicht Bestandteil wissenschaftlicher Arbeiten in Russland und Europa. Dazu trug in vieler Hinsicht die Tatsache bei, dass wissenschaftlichen Untersuchungen der vergleichende Moment lange Zeit fremd war: Im Einheitskoordinatensystem der Sowjetunion gab es keine Gegenüberstellung von russischer Mentalität und anderen (nationalen) Mentalitätstypen.

Erst in den 1990er Jahren kam es zur Veröffentlichung von Ergebnissen erster Versuche empirischer Forschungen, die die russische Mentalität kontrastierend zu anderen Typen in den Blick nahmen. Die Arbeiten „Russkie (Ėtnosociologičeskie očerki)“[4] (1992) und „Sovietskij prostoj čelovek“[5] (1993) waren noch schwach, sowohl theoretisch als auch methodologisch. wiesen noch theoretische und methodologische Schwächen auf. Außerdem

war der Zeitraum zwischen Datenerfassung und Publikation dieser Monografien so groß, dass sie in Anbetracht des hohen Tempos der Veränderungen im Nach-Perestroika-Russland noch vor ihrem Erscheinen veraltet waren. Erst später, 1996, adaptierten Untersuchungen zum nationalen russischen Charakter die westliche Methodologie, wurden zunehmend wissenschaftlich [Latova, 2001]

Mitte der 1990er Jahre veränderte sich der Status Russlands: Das Land wurde vom passiven Forschungsobjekt zum internationalen Studienprojektteilnehmer, so im Projekt GLOBE[6] [Latova, (2001)].

Hierbei handelte es sich um ein globales Projekt zur Bewertung nationaler Management-Merkmale.

Als Geert Hofstede seine Forschungen durchführte, war die Sowjetunion ein nach außen hin geschlossenes Land. Damals wurde nur für 40 Länder die Messung der kulturologischen Parameter durchgeführt.

Die Ermittlung kulturologischer Parameter wurde damals für 40 Länder durchgeführt. Später erweiterte Hofstede die Liste auf bis zu 70 Länder inklusive Russland. Jetzt ist die Methode von Geert Hofstede weltweit anerkannt und gilt als klassisch [Latova, (2001)] – wenn auch mittlerweile schon etwa veraltet. Sie wird von den Wissenschaftlern aus der ganzen Welt benutzt.

Laut Hofstede gibt es fünf „kulturelle Dimensionen“, die die Mentalität der Nationen darstellen und das Verhalten und die Wahrnehmungen der Menschen beeinflussen.

2.2.2. Machtdistanz

Machtdistanz (Power Distance Index - PDI) ist von Hofstede definiert als das Ausmaß, bis zu welchem Mitglieder einer Gesellschaft erwarten und akzeptieren, dass Macht ungleich verteilt ist. Eine hohe Machtdistanz bedeutet damit eine starke Akzeptanz der Ungleichverteilung von Macht in der Gesellschaft, geringe Machtdistanz steht dafür, dass Macht weniger ungleich verteilt ist. [Vgl. Kutschker/ Schmid (2006), S. 712]

Man kann ohne Übertreibung sagen, dass in Russland eine sowohl politisch als auch wirtschaftlich sehr große Machtdistanz zu beobachten ist. Die Differenz zwischen den riesigen Einkommen der „Oligarchen“ und der Not[7] der Millionen Einwohner führt zu dieser großen Machtdistanz. [Vgl. Kolontai (2004)]. Über 70% der Bevölkerung in Russland befinden sich unter der Armutsgrenze; in Deutschland sind es etwa 13%.

Die Distanz der Macht in der Kultur Russlands zeigt sich unter anderem daran, dass gewöhnlichen Bürger wenig Rechte und wenige Aufstiegsmöglichkeiten haben. Das spiegelt sich in der sogenannten administrativen Hierarchie wider. In Behörden und anderen staatlichen Institutionen ist es für den einfachen Bürger im modernen Russland sehr schwer seine Rechte durchzusetzen. Die staatlichen Institutionen arbeiten nach eigenem Ermessen. Jeder Beamter hat seine eigene Meinung was wichtig ist und was nicht.

Es ist z.B. sehr kompliziert, Meldescheine, Personaldokumente und andere wichtige Dokumente zu bekommen. Diese Haltung, nur Dank der eigenen Hartnäckigkeit Ziele zu erreichen, überträgt der russische Bürger auf die Sphäre des Handels.

PDI-Ergebnis von Hofstedes Forschungen in Bezug auf Russland ist sehr hoch: 90 [Vgl. Latova, (2001)]

Deutschland, so wie viele mitteleuropäische Länder weist eine niedrige Machtunterschiedtoleranz auf. Der Wert für die Dimension Machtdistanz bei Hofstede ist 35 [Vgl. Kutschker/ Schmid (2006), S. 713]

Abb. 2-2 zeigt den PDI-Parameter für Deutschland.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2-2 Kulturelle Dimensionen

[geert-hofstede.com (2003) ]

2.2.3. Individualismus vs. Kollektivismus

Das ist eine Dimension, die das Spektrum zwischen Individualismus und Kollektivismus aufspannt. Als individualistisch werden die Gesellschaften bezeichnet, in denen von jedem erwartet wird, dass er für sich und für seine unmittelbare Familie sorgt. [Kutschker/ Schmid (2006), S. 715]

Als kollektivistisch gelten dagegen Gesellschaften, in denen der Mensch von Geburt an in geschlossene „Wir-Gruppe“ integriert ist. [Vgl. Kutschker/ Schmid (2006), S. 715]

Eine wichtige wissenschaftliche Entdeckung von Hofstede ist, dass das sogenannte Individualismus - Rating in einem Land statistisch mit dem Wohlstandniveau korreliert. Anders gesprochen heißt das, dass reiche Länder genau deswegen reich sind, weil sie eine individualistische Kultur besitzen. Die russische Kultur ist in ihrer historischen Entwicklung eine kollektivistische. Individualismusindexes der russischen Kultur nach der Hofsted’schen Methode ist 50. [Latova (2001)]

Kollektivismus begrenzt unter anderem den Wechsel der Arbeitsstelle[8]. Laut Hofstede ist der Kollektivismus und die damit verbundene „Trägheit“ bzw. Verbundenheit zum Gewohnten möglicherweise eine der Ursachen für die Armut des Landes. Es kann aber unter Umständen ein Grund für Kundentreue sein, z.B. wenn ein Fitnessstudio nicht gewechselt wird weil die Umgebung so schön ist, wenngleich der Service besser sein könnte.

In den vergangenen 15-20 Jahren hat sich wirtschaftlich viel geändert, auch der Individualismus in Russland ist mittlerweile stärker ausgeprägt als bspw. in den 1990er Jahren. Hoher Individualismus wiederum ist ein Element der „kapitalistischen Mentalität“, die sich, so lässt sich schlussfolgern, auch in Russland etabliert. [Latova2 (Dez.2003) ]

Für die Russen, die typischerweise zu kollektiven Entscheidungen neigen, ist es ebenfalls typisch, kollektiv Verantwortung zu übernehmen. Von Deutschen wird die Präferenz kollektiver Verantwortung als Inkompetenz, Unsicherheit, und Unfähigkeit, eine Entscheidung zu treffen und sowie scheu vor persönlicher Verantwortung empfunden, da die deutsche Kultur individualistisch geprägt ist.

Der Wert für Individualismus für Deutschland liegt mit 67 bei Hofstede relativ hoch. [Kutschker/ Schmid (2006) S.717][9]

Die Loyalität gegenüber der Gruppe ist gering, der Kunde hat keine Bedenken, den Dienstleistungsanbieter bei Bedarf zu wechseln.

2.2.4. Maskulinität vs. Femininität

Diese Dimension zeigt, wie stark die soziale Rollenverteilung zwischen Geschlechtern ausgeprägt ist, und ob „weibliche“ oder „männliche“ Eigenschaften für diese Gesellschaft typisch sind.

Die Gesellschaft mit der festen sozialen Rollenverteilung bezeichnet Hofstede als „männlich“. In „männlichen“ Gesellschaften dominieren Werte, die für die Männer typisch sind, und die Denkensweise von Frauen bleibt davon nicht unberührt. In männlich dominierten Gesellschaften sind Erfolg, das Streben nach greifbaren Ergebnissen und das finanzielle Einkommen als Bewertungskriterien wichtig. In „weiblichen“ Gesellschaften dominieren sowohl für Männer als auch für Frauen Eigenschaften, die traditionell als „weibliche“ gelten: Bescheidenheit, Priorität menschlicher Beziehungen gegenüber dem Verdienst, die Hilfsbereitschaft.

[...]


[1] Hier und weiter sind Verweise auf das Quellenverzeichnis

[2] Es ist zwar so, dass in Ostdeutschland auch keine Kontinuität gab, man soll aber beachten, dass die „Sozialismusperiode“ in Russland über 70 Jahre, in Ostdeutschland aber nur 45 Jahren herrschte. Nach der Deutschlandsvereinigung ist Ostdeutschland in den Bestand der Bundesrepublik Deutschland eingetreten und Westdeutschland den Osten auf die Beine geholfen hat, während der Zerfall der Sowjetunion der Zerfall der Großmacht bedeutete.

[3] Z. B. wenn in dem Land mehr Aufmerksamkeit der Gesundheit gewidmet wird, wird sich die Sportkleidung- und Trainingsgerätindustrie entwickeln

[4] „Die Russen (Ethnisch-soziologische Skizzen)“

[5] „Der einfache sowjetische Mensch“

[6] G lobal L eadership and O rganisational B ahavior E ffectiveness - Das Projekt wurde von der Wharton Business School verwirklicht, die die von Hofstede angebotenen Kategorien anwandte. Am Projekt nahmen mehr als 17 000 Geschäftsführer in 825 Organisationen in 61 Ländern teil.

[7] Laut der Berechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation, tritt die Armutsgrenze ein, wenn der Mensch weniger als 2 Dollars pro Arbeitstag verdient [Regnum (13.05.2006)]

[8] In Russland hört man oft: „ich würde mir vielleicht gerne eine andere Stelle aussuchen, aber das Arbeitsteam hier ist so gut“. [Vgl. Kolontai (2004)].

[9] s. auch Abb. 2-2, Parameter IDV

Ende der Leseprobe aus 63 Seiten

Details

Titel
Kundenbindungsstrategie, Kundenverhalten – Vergleich der russischen und deutschen Strategien
Hochschule
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Note
2,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
63
Katalognummer
V136999
ISBN (eBook)
9783640442539
ISBN (Buch)
9783640442799
Dateigröße
1383 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kundenbindungsstrategie, Kundenverhalten, Vergleich, Strategien
Arbeit zitieren
Master of Engineering Nadja Royzengaft (Autor:in), 2009, Kundenbindungsstrategie, Kundenverhalten – Vergleich der russischen und deutschen Strategien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/136999

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