Im Fokus der vorliegenden Arbeit stehen eine Beschreibung der Völkerbundverhandlungen, deren Ergebnisse und die Folgen für die kolonialisierten Völker am Beispiel der ehemaligen deutschen Kolonie Deutsch-Ostafrika.
Am Ende des Ersten Weltkriegs, einem Krieg, der als erster industriell geführter "totaler" Krieg Opfer und Schäden in bisher unbekanntem Maß mit sich brachte, wurde erneut die Notwendigkeit eines internationalen Friedensbundes erkannt. Vor diesem Hintergrund wurde am 10 Januar 1920 in Paris im Zuge der Friedensverhandlungen nach dem Ersten Weltkrieg der Völkerbund gegründet. Die Völkerbundsatzung wurde als Teil des Versailler Vertrags von der Vollversammlung der Pariser Friedenskonferenz angenommen. Im Völkerbund hatten sich Staaten aus allen Teilen der Welt mit dem Ziel zusammengeschlossen, mittels eines institutionalisierten internationalen Konzepts die Wahrung des Friedens zu gewährleisten.
Bei den Verhandlungen zur Gründung des Völkerbundes legte der US-amerikanische Präsident Woodrow Wilson mit seinem 14-Punkte-Programm einen Entwurf zur politisch-programmatischen Ausgestaltung des Friedens- bzw. Völkerbundes vor. Dieses Konzept war allerdings nicht neu, denn schon Ende des 18. Jahrhunderts hatte Immanuel Kant in seiner Schrift "Zum ewigen Frieden" eine solche Idee zur Sicherung des Friedens entwickelt. Wilson versuchte, mit seinem Programm ein Friedenskonzept auf Basis einer Neuordnung der Welt in die politische Realität umzusetzen. Als eine wesentliche Säule dieser neuen Friedensordnung proklamierte Wilson die Rechtsgleichheit und Selbstbestimmung der Völker. Spätestens bei den Pariser Verhandlungen zeigten sich jedoch die Widersprüchlichkeit und Problematik dieses neuen, von Wilson konzipierten Ordnungsmusters.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Forschungsstand
- Fragestellungen und Aufbau dieser Arbeit
- Kontext und Vorgeschichte der Gründung des Völkerbundes
- Die Pariser Friedenskonferenz und die Gründung des Völkerbundes
- Die USA und die Rolle Wilsons während des Ersten Weltkriegs
- Die Rolle der USA während des Ersten Weltkriegs
- Die Rolle Woodrow Wilsons beim Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg
- Kriegs- und Friedensziele der USA und das 14-Punkte-Programm Wilsons
- Der Einfluss der Bolschewiki auf die Friedensverhandlungen
- Die Völkerbundverhandlungen und deren Ergebnisse
- Die Völkerbundverhandlungen
- Die bei den Völkerbundverhandlungen verhandelnden Großmächte
- Die Rolle Deutschlands
- Die Rolle Russlands
- Die Rolle der USA
- Die Rolle Frankreichs
- Die Rolle Großbritanniens
- Die Rolle Italiens
- Die Rolle Japans
- Selbstbestimmung der Völker als Thema bei den Völkerbundverhandlungen
- Rassismus als Einflussfaktor bei den Verhandlungen
- Rassismus mit langer Vorgeschichte
- Kants Rassentheorie
- Wilsons Werte und die politische Praxis
- Das Verhältnis von Gleichheitsanspruch und Kolonialismus
- Der Völkerbund und die Frage der nationalen Selbstbestimmung
- Die Völkerbundsatzung und die Kolonien
- Das Mandatsmodell des Völkerbundes
- Deutschlands Kolonien als Mandatsgebiete des Völkerbundes
- Die nach den Prinzipien des Völkerbundes praktizierte Politik am Beispiel der Kolonie Deutsch-Ostafrika
- Die Kolonialisierung Afrikas
- Deutsch-Ostafrika als Kolonie des Deutschen Reiches
- Das Streben des Deutschen Reiches nach Kolonien
- Entstehung der deutschen Kolonie Deutsch-Ostafrika
- Die Entwicklung zur deutschen Kolonialmacht
- Der Versuch der Sozialisation und Anpassung der indigenen Bevölkerung in Deutsch-Ostafrika
- Kämpfe in Deutsch-Ostafrika während des Ersten Weltkriegs
- Die Aufteilung Deutsch-Ostafrikas in Mandatsgebiete des Völkerbundes
- Tanganyika unter britischer Mandatschaft und die Frage der Selbstbestimmung im Sinne des Völkerbundes
- Die britische Herrschaftsphilosophie in Tanganyika
- Wirtschaftspolitische Ziele
- Umstellung des Verwaltungssystems
- Bildungspolitik und Erziehungsstrategien
- Aufbruch
- Der lange Weg Tanganyikas in die formale Unabhängigkeit
- Änderungen der internationalen Verhältnisse und deren Einflüsse
- Einflussfaktoren nach dem Ersten Weltkrieg
- Die Weltwirtschaftkrise und die Infragestellung des Kolonialsystems
- Der Zweite Weltkrieg - Neuordnung der Welt und das Recht auf Selbstbestimmung der Völker
- Tanganyika unter der Ägide der UNO
- Tanganyika und die „zweite Kolonisation“
- Die Unabhängigkeit der Republik Tanganyika
- Die Entwicklung Tansanias nach der Unabhängigkeit bis heute
- Änderungen der internationalen Verhältnisse und deren Einflüsse
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Verhandlungen zur Gründung des Völkerbundes nach dem Ersten Weltkrieg und deren Folgen für die ehemaligen deutschen Kolonien, insbesondere für Deutsch-Ostafrika. Sie beleuchtet die Rolle des Völkerbundes in der Durchsetzung des Prinzips der Selbstbestimmung der Völker und analysiert die Auswirkungen der nach den Prinzipien des Völkerbundes praktizierten Politik auf das Schicksal der kolonisierten Bevölkerung.
- Die Gründung des Völkerbundes und die Rolle der Großmächte
- Die Frage der Selbstbestimmung der Völker und ihre Umsetzung in der Praxis
- Der Einfluss von Rassismus auf die internationalen Beziehungen und die koloniale Politik
- Die Erfahrungen der ehemaligen deutschen Kolonie Deutsch-Ostafrika unter britischer Mandatschaft
- Der lange Weg Tanganyikas zur Unabhängigkeit und die Folgen der Kolonialisierung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Arbeit ein und stellt die Fragestellung sowie den Aufbau der Arbeit dar. Sie beschreibt den historischen Kontext der Gründung des Völkerbundes nach dem Ersten Weltkrieg und beleuchtet die Rolle des Prinzips der Selbstbestimmung der Völker in den Friedensverhandlungen. Kapitel 2 gibt einen Überblick über den Forschungsstand zum Thema Völkerbundverhandlungen und die Kolonialgeschichte Deutsch-Ostafrikas. Es werden die wichtigsten Quellen und Werke der einschlägigen Literatur vorgestellt.
Kapitel 3 beleuchtet die Vorgeschichte der Gründung des Völkerbundes, die Rolle der USA und die Entwicklung des 14-Punkte-Programms von Woodrow Wilson. Es werden die Kriegs- und Friedensziele der USA und die Bedeutung des Prinzips der Selbstbestimmung für die Friedensordnung nach dem Ersten Weltkrieg diskutiert. Kapitel 4 analysiert die Verhandlungsdynamik und die Ergebnisse der Pariser Friedenskonferenz, die zur Gründung des Völkerbundes führten. Es werden die Interessen und Positionen der Großmächte, insbesondere Deutschlands, Russlands, der USA, Frankreichs, Großbritanniens, Italiens und Japans, im Kontext der Verhandlungsführung beleuchtet.
Kapitel 5 untersucht die Frage der Selbstbestimmung der Völker im Rahmen der Völkerbundverhandlungen und die Rolle von Rassismus als Einflussfaktor bei den Verhandlungen. Kapitel 6 widmet sich der Geschichte Deutsch-Ostafrikas als Kolonie des Deutschen Reiches und betrachtet die Entwicklung des Kolonialismus in Afrika. Es werden die Kämpfe in Deutsch-Ostafrika während des Ersten Weltkriegs und die Aufteilung der Kolonie in Mandatsgebiete des Völkerbundes behandelt. Kapitel 7 analysiert die Geschichte Tanganyikas unter britischer Mandatschaft und die Frage der Selbstbestimmung im Sinne des Völkerbundes. Es werden die britische Herrschaftsphilosophie, die wirtschaftlichen und politischen Ziele sowie die Bildungspolitik in Tanganyika beleuchtet.
Kapitel 8 untersucht die Entwicklung Tanganyikas in die formale Unabhängigkeit und beleuchtet die Änderungen der internationalen Verhältnisse nach dem Ersten Weltkrieg und deren Einfluss auf das Kolonialsystem. Es werden die Rolle der Weltwirtschaftkrise, der Zweite Weltkrieg und die Bedeutung der UNO für den Prozess der Dekolonisierung diskutiert. Kapitel 9 befasst sich mit der Geschichte der Republik Tanganyika nach der Unabhängigkeit und beschreibt die Herausforderungen und Entwicklungen des Landes.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Völkerbundverhandlungen, Selbstbestimmung der Völker, Kolonialismus, Deutsch-Ostafrika, Tanganyika, Rassismus, Mandatsmodell, Dekolonisierung und Unabhängigkeit. Sie untersucht die Rolle des Völkerbundes in der internationalen Politik und die Auswirkungen seiner Politik auf die kolonisierten Völker.
- Quote paper
- Antje Lüth (Author), 2022, Der Völkerbund und die nationale Selbstbestimmung. Die nach den Prinzipien des Völkerbundes praktizierte Politik am Beispiel der Kolonie Deutsch-Ostafrika, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1370754