Diese Seminararbeit versucht folgende Forschungsfrage zu beantworten: "Wie kann Armut als ständiger Begleiter des gesamten Lukas-Evangeliums stellvertretend in Lk 4,16-30 verstanden werden und inwiefern greift jene Perikope auf tradierte Verständnisse des alttestamentlichen Jesaja-Buches zurück?"
Es ist keineswegs ein Phänomen der Neuzeit, dass Menschen oder gar ganze Gesellschaften versuchen, sich selbst und Andere zu kategorisieren, von einander zu differenzieren und somit den Raum zwischen ihnen, welcher von Antinomien beherrscht wird, zu systematisieren. Dies liege in unserer Natur, so Kevin Dutton, Professor der University of Oxford mit dem Forschungsschwerpunkt Psychopathie. Schnell verfallen wir dabei unserer eigenen mentalen Bequemlichkeit und geben uns mit altbekanntem Schwarz-Weiß-Denken zufrieden.
Dualismen prägen unser Dasein - heute wie damals. Diese geistige Trägheit hat einen nicht geringen Anteil daran, dass allein im letzten Jahrhundert mehrfach die historisch makabersten und grausamsten Ereignisse und Ideologien der Menschheitsgeschichte ihren Platz fanden. Wenngleich "krank und gesund", "schlau und beschränkt", "innovativ und konservativ" sowie "richtig und falsch" sehr wohl auch heute als Indikatoren von Stereotypisierungen verstanden und genutzt werden, kann die Polarität von Armut und Reichtum als eines der wohl dominantesten Kontrastmittel konstituiert werden. In einer so stark kapitalistisch geprägten Generation wie unserer wird jene letztgenannte Polarität in dessen Tragweite, seinen Verstehensperspektiven und ebenso tiefgründig erfahrbaren Dimensionen kaum vollends durchdrungen. Wir beschränken schnell jenen Unterscheidungshorizont lediglich auf eine ökonomische Dimension. Doch was versteckt sich noch, gerade aus biblischer Perspektive, hinter der Armut?
Um präzise nachvollziehen zu können, inwiefern die Kategorie "arm" weit über ein ökonomisches Verständnis dessen sowie über den menschgemachten Willen, das eigene Leben und was einen in ihm umgibt, gedanklich zu ordnen und zu strukturieren, hinausgeht, soll anhand der Perikope Lk 4,16-30 angezeigt werden. Um die Wurzeln jener Verständnisse zu ergründen, wird im Laufe der Ausarbeitung ein sozialgeschichtlicher Quervergleich zum Alten Testament, speziell dem Propheten Jesaja, folgen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Untersuchungsgegenstand
- 2.1 Segmentierung des Textes aus Lk 4,16-30
- 2.2 Grobgliederung des Textes
- 2.3 Analyse des Textes
- 3. weiterführende Analyse
- 3.1 Analyse der Story
- 3.2 Analyse der Narration
- 4. Kompositionsanalyse
- 5. Sozialgeschichte
- 6. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Bedeutung von Armut in der Perikope Lk 4,16-30 und setzt sie in Beziehung zu tradierten alttestamentlichen Konzepten, insbesondere im Buch Jesaja. Sie zielt darauf ab, die Kategorie „arm“ in ihrer Bedeutung über das Ökonomische hinaus zu verstehen und den Stellenwert von Armut und Reichtum im Lukas-Evangelium zu beleuchten.
- Analyse der Perikope Lk 4,16-30
- Vergleich mit dem Jesaja-Buch
- Bedeutung von Armut und Reichtum im Lukas-Evangelium
- Sozialgeschichtliche Betrachtung des Themas
- Einordnung der Perikope in den Kontext der biblischen Tradition
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt das Thema Armut und Reichtum in den Kontext der menschlichen Neigung zur Kategorisierung und differenzierenden Wahrnehmung. Sie führt die Problematik des Schwarz-Weiß-Denkens und die Bedeutung des Themas in der heutigen Zeit aus.
Kapitel 2 widmet sich der Segmentierung und Analyse der Perikope Lk 4,16-30. Es werden die einzelnen Abschnitte des Textes herausgearbeitet und deren Bedeutung erläutert.
Kapitel 3 bietet eine weiterführende Analyse der Story und der Narration im Text. Es werden die erzähltechnischen Elemente und die Bedeutung der Figuren betrachtet.
Kapitel 4 befasst sich mit der Kompositionsanalyse der Perikope, während Kapitel 5 einen sozialgeschichtlichen Quervergleich zum Alten Testament, insbesondere zum Propheten Jesaja, vornimmt.
Schlüsselwörter
Armut, Reichtum, Lukas-Evangelium, Jesaja-Buch, Perikope, Sozialgeschichte, Kategorie, Analyse, Narration, Kompositionsanalyse, biblische Tradition.
- Arbeit zitieren
- Johannes Lauke (Autor:in), 2023, Die Antrittspredigt und Polaritäten im lukanischen Evangelium. Armut und Reichtum, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1371961