Die realen politischen und sozialen Hintergründe von Matigari


Hausarbeit (Hauptseminar), 2009

21 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Kurze Zusammenfassung der politischen Geschichte Kenias von der Kolonialzeit bis zum Anfang des 21. Jahrhunderts
2.1. Von 1895 bis 1963
2.2. Von 1963 bis 2002

3. Die reale politische und soziale Situation in Kenia in den Jahren nach der Unabhängigkeit und ihre Darstellung in Matigari
3.1. Die kenianische Wirtschaftspolitik
3.1.1. Wirtschaftspolitik zu Kolonialzeiten
3.1.2. Neo-Kolonialismus und die Landfrage im unabhängigen Kenia
3.2. Armut und soziale Ungerechtigkeit
3.3. Korruption und Machtmissbrauch
3.4. Medien und die Verleumdung der Mau Mau
3.5. Unterdrückung politischer Gegner

4. Die Entwicklung der Menschenrechte seit 1991

5. Schluss

6. Literaturverzeichnis
6.1. Primärliteratur
6.2. Sekundärliteratur

1. Einleitung

Bücher werden aus den verschiedensten Gründen gelesen beziehungsweise geschrieben. Literatur dient zum einen der Unterhaltung. Zum anderen lesen sehr viele Menschen, um sich zu informieren und weiterzubilden. Schriftsteller schreiben Bücher, um die Bedürfnisse der Leser zu stillen und um sich selbst zu verwirklichen. Einerseits wollen sie für Unterhaltung sorgen, andererseits wollen sie dem Leser Informationen liefern und ihm Wissen vermitteln. Allerdings schreiben viele Schriftsteller auch, um den Leser auf etwas aufmerksam zu machen. Oftmals werden Bücher verfasst, mit denen der Autor beabsichtigt, den Leser auf Missstände und Probleme hinzuweisen. Diese Probleme entstammen dem tatsächlichen Leben und der Schriftsteller ist von diesen Problemen meistens in irgendeiner Art und Weise, entweder direkt oder indirekt, betroffen. Diese Probleme und Missstände können das reale politische, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Umfeld des Schriftstellers bestimmen. Will ein Schriftsteller auf ein solches Problem aufmerksam machen, arbeitet er dieses in einem Buch auf. Es gibt viele Bücher, die die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Situationen und Zustände einer Gesellschaft oder eines Staates beschreiben, kritisieren und auch anklagen. Viele literarische Werke kritisieren die Realität. Diese Kritiken und Anklagen unterscheiden sich von Land zu Land, denn sie werden von den Gegebenheiten und den zeitlichen Umständen bestimmt.

Der kenianische Autor Ngũgĩ wa Thiong'o, einer der bedeutendsten Schriftsteller Ostafrikas, verarbeitet und kritisiert in seinen Werken die Situation in Kenia. In der folgenden Arbeit sollen die realen politischen und gesellschaftlichen Hintergründe zu seinem Roman Matigari, den er im Jahr 1986 veröffentlichte, dargestellt werden. Die Arbeit geht in diesem Zusammenhang auf die Themen und Bereiche Wirtschaft, Landfrage, Armut und soziale Ungerechtigkeit, Korruption und Machtmissbrauch, Medien und Verleumdung der Mau Mau und die Unterdrückung politischer Gegner ein. Zuerst soll allerdings die politische Geschichte Kenias von der Kolonialzeit bis zum Anfang des 21. Jahrhunderts dargestellt werden.

2. Kurze Zusammenfassung der politischen Geschichte Kenias von der Kolonialzeit bis zum Anfang des 21. Jahrhunderts

2.1. Von 1895 bis 1963

Ab dem Jahr 1895 war Kenia Teil des Ostafrika-Protektorats der Britischen Regierung. Die Besiedlung der fruchtbaren Gebiete im kenianischen Inland durch Europäer, und somit auch die Landendeignung der dort ansässigen Völker, wie beispielsweise der Kikuyu, Maasai und Kalenjin, wurden durch das Protektorat gefördert. Ab dem Jahr 1920 war Kenia eine offizielle britische Kronkolonie, in der es den Kenianern untersagt war, an der Politik mitzuwirken. Erst im Jahr 1944 schafften es die ersten Afrikaner in die Politik einzusteigen – jedoch wurden sie nicht gewählt, sondern erhielten ihre Position durch Ernennung. Nach dem Zweiten Weltkrieg befand sich die kenianische Wirtschaft in einem desolaten Zustand, der zu hoher Arbeitslosigkeit unter den Einheimischen führte.[1] Die Unzufriedenheit der Kenianer und Kenianerinnen mit der britischen Herrschaft und deren Landpolitik wuchs zunehmend und gipfelte im Jahr 1952 im Mau-Mau-Aufstand. Dieser führte zur Erklärung des Ausnahmezustands, der bis zum Jahr 1959 beibehalten werden sollte. Während die Briten etwa 650 Verluste zu beklagen hatten, starben bei den Kämpfen und in Internierungslagern Zehntausende Kikuyu, die den Großteil der Mau-Mau-Kämpfer ausmachten. Während dieser Jahre des Ausnahmezustands, nahm die Beteiligung der Einheimischen am politischen Geschehen rasant zu. Im Jahr 1957 fanden in Kenia schließlich die ersten freien Wahlen statt und am 12. Dezember 1963 wurde Kenia für unabhängig erklärt.[2]

2.2. Von 1963 bis 2002

Jomo Kenyatta, ein Politiker vom Volk der Kikuyu und Vorsitzender der politischen Partei KANU (Kenya African National Union), war der erste Ministerpräsident Kenias. Kenyatta führte seine Partei, welche die treibende Kraft hinter den Unabhängigkeitsbestrebungen war, schon seit dem Jahr 1947 an. Aufgrund seiner Führungsrolle bei der KANU und seinen Forderungen nach Unabhängigkeit, wurde er während des Mau-Mau-Aufstands von den Briten für neun Jahre inhaftiert.[3]

Im Jahr 1964 wurde Kenia zur Republik erklärt. Drei Jahre später, nachdem der vorherige Vizepräsident Odinga das Amt aus ideologischen Differenzen ein Jahr zuvor niedergelegt und die rivalisierende Partei KPU (Kenya People’s Union) gegründet hatte, übernahm Daniel arap Moi das Amt des Vizepräsidenten. Zwei Jahre darauf wurde die KPU verboten und Odinga verhaftet.[4] Außerdem wurde im selben Jahr Tom Mboya, ein früherer Unabhängigkeitspolitiker, Gewerkschaftler und populärer Minister, ermordet, woraufhin es in Kenia zu Rassenunruhen kam. Im Jahr 1975 wurde Josiah Mwangi Kariuki, oft auch nur J.M. Kariuki genannt, ebenfalls brutal ermordet. Wie Mboya, war auch Kariuki ein beliebter Politiker, der die Regierung kritisiert hatte. Nach seiner Beerdigung kam es zu massiven Studentenprotesten. Beide Morde wurden nie vollständig aufgeklärt, jedoch wird gemeinhin angenommen, dass die Regierung Kenias in diese Morde verstrickt war.[5]

Im Jahr 1978 starb Jomo Kenyatta, woraufhin der Vizepräsident Daniel arap Moi zum neuen Vorsitzenden der KANU gewählt wurde und das Amt des Ministerpräsidenten übernahm. Im Jahr darauf wurde Moi durch Wahlen in seinem Amt bestätigt. Nachdem es in Kenia schon seit einigen Jahren de facto ein Einparteiensystem gab, führte die Nationalversammlung im Juni 1982 auch offiziell das Einparteiensystem in Kenia ein. Dies führte dazu, dass es wenige Wochen später zu einem gewaltsamen Putschversuch der kenianischen Luftwaffe zusammen mit einigen oppositionellen Kräften kam, welcher jedoch letztlich niedergeschlagen werden konnte. Aufgrund massiver Proteste, sowohl von Einheimischen auf den Straßen Kenias als auch von den Geberländern, schaffte die kenianische Regierung 1991 das Einparteiensystem wieder ab. Im folgenden Jahr gab es die ersten Wahlen im unabhängigen Kenia mit mehr als nur einer Partei. Jedoch ist Daniel arap Moi erst seit den Wahlen im Jahr 2002 nicht mehr Ministerpräsident. Er durfte aufgrund einer Begrenzung der längstmöglichen Amtszeit auf 24 Jahre nicht mehr antreten.[6]

3. Die reale politische und soziale Situation in Kenia in den Jahren nach der Unabhängigkeit und ihre Darstellung in Matigari

3.1. Die kenianische Wirtschaftspolitik

3.1.1. Wirtschaftspolitik zu Kolonialzeiten

Um die wirtschaftliche Situation und Entwicklung in den Jahren nach der Unabhängigkeit besser verstehen zu können, werden im Folgenden kurz die wichtigsten Charakteristika der kolonialen Ökonomie in Kenia skizziert.

Erstens beruhte die Ökonomie der Kolonialzeit auf zwei wichtigen Grundlagen: Zum einen darauf, dass sich die koloniale Industrie darauf beschränkte, so zu produzieren, dass sie nicht in Konkurrenz zur britischen Industrie stand. Und zum anderen darauf, dass die Verbraucher in der Kolonie britische Produkte bevorzugten. Zweitens war die koloniale Wirtschaft durch große regionale Unterschiede gekennzeichnet. Mitte der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts besiedelten europäische Farmer das fruchtbare Hochland und verdrängten die Einheimischen in Reservate. Hinzu kam, dass das damalige Steuersystem so ausgelegt war, dass Bauern ihre Farmen aufgeben und auf den Arbeitsmarkt drängen mussten, um den Kolonialherren preisgünstige Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen. Dieses Steuersystem war, in Verbindung mit niedrigen Gehältern, der Grund für zunehmende Armut und Abhängigkeit der afrikanischen Bevölkerung, sowie für die Stärkung der von Europäern dominierten Sektoren. Durch diese Art der Ausbeutung und weiterem Dazutun der Regierung, etwa durch Schenkungen, Gesetze und der bürokratisierten Kontrolle des Wettbewerbsmarktes, kam es zur dritten gewichtigen Eigenschaft der kolonialen Ökonomie, der Monopolisierung. Die Monopolisierung war von entscheidender Bedeutung, denn laut Leys beruhte darauf die wirtschaftliche Macht der Europäer:[7]

Monopoly, in the sense of a significant degree of exclusive control over some resource – land, labour, capital, technology (including crops), or markets – generally conferred by the state through a law or through executive action, permeated the entire sphere of operations of European capital in Kenya.[8]

Zudem stellte der aufgeblähte Regierungsapparat mit seiner Bürokratie oftmals die einzige Aufstiegsmöglichkeit für Afrikaner und Afrikanerinnen dar. So war auch das gesamte Bildungssystem vielmehr darauf ausgerichtet, die einheimische Bevölkerung auf bürokratische Tätigkeiten vorzubereiten, anstatt deren unternehmerischen Fähigkeiten zu fördern. Daher kann das Bürokratiesystem als Hauptursache für die Unterentwicklung im postkolonialen Kenia angesehen werden.[9]

[...]


[1] Vgl. Sobania, S. 26

[2] Vgl. US Department of State

[3] Vgl. Sobania, S. 26

[4] Vgl. US Department of State

[5] Vgl. Sobania, S. 29

[6] Vgl. US Department of State

[7] Vgl. Maughan-Brown, 185

[8] Leys, S. 35

[9] Vgl. Maughan-Brown, 185

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Die realen politischen und sozialen Hintergründe von Matigari
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (FASK)
Note
1,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
21
Katalognummer
V137627
ISBN (eBook)
9783640455775
ISBN (Buch)
9783640456000
Dateigröße
526 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hintergründe, Matigari
Arbeit zitieren
Michael Kofler (Autor:in), 2009, Die realen politischen und sozialen Hintergründe von Matigari, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/137627

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