Herrschaftsübertragung im frühen Prinzipat am Beispiel Kaiser Neros


Hausarbeit, 2003

16 Seiten, Note: 2


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

I. Einleitung

II. Hauptteil
1. Neros Aufstieg
2. Der Tod des Claudius
3. Die Herrschaftsiibertragung und das Testament des Claudius

III. Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

I. Einleitung

Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Herrschaftsiibertragung von Kaiser Claudius (41-54)1 auf Kaiser Nero (54-68)2. Bei der Behandlung dieses Problems sind wir auf drei Hauptquellen angewiesen: auf die Annalen des römischen Geschichtsschreibers Pub lius Cornelius Tacitus (ca. 55-ca. 120)3, auf die Caesarenleben des römischen Biografen Gaius Suetonius Tranquillus (ca. 70-unbekannt)4 und auf die Römische Geschichte des Cassius Dio (geboren ca. 164).5

Zu den zentralen Forschungsarbeiten gehören „Untersuchungen zur Kontinuität des friihen Prinzipats" von Timpe, der sich besonders mit den machtpo litischen Vorbereitungen fiir Ne-ros Herrschaftsiibernahme beschäftigt sowie von Meise „Untersuchungen zur Geschichte der Julisch-Claudischen Dynastie", dem man viele Thesen iiber die Heraushebung Neros sowie zu Tod und Testament des Claudius entnehmen kann. Scramuzza widmet sich in einem Teil von „The Emperor Claudius" besonders der Heirat von Claudius und Agrippina, der Designation Neros und dem Tod des Claudius, denen sich auch Levick in ihrem Buch „Claudius" unter anderem annimmt.

Im Kapitel „Neros Aufstieg" werden die wichtigsten Stationen Neros Werdegangs und seine schematische Herausstellung bis zum Tod des Claudius beschrieben und hinterfragt, ob Clau­dius Nero in dieser Zeit als seinen Nachfo lger betrachtete. Der Abschnitt „Der Tod des Clau­dius" behandelt die Ereignisse, die unmittelbar zum Tod des damaligen Princeps fiihrten, und den Tod an sich. Dabei so ll vor allem darauf eingegangen werden, ob Claudius seine getroffe-ne Nachfo lgeregelung änderte oder an ihr festhielt, sowie die Umstände seines Todes beleuch-tet werden. Im dritten Teil „Die Herrschaftsiibertragung und das Testament des Claudius" wird der Ablauf der Herrschaftsiibertragung skizziert sowie auf die Spekulationen um den Inhalt von Claudius' unterdriicktem Testament eingegangen. In dieses Testament miinden die Ergebnisse iiber die Entscheidungen ein, die Claudius traf, um seine Nachfolge zu regeln.

II. H auptteil

1. Neros Aufstieg

Nero wurde am 15. Dezember 37 in Antium als Sohn des Gnaeus Domitius Ahenobarbus und der Iulia Agrippina geboren6. Uber seine Mutter war Nero als Ururenkel mit dem Griin-der des Prinzipats, Augustus, direkt verwandt. Nicht minder wichtig fiir Neros Bekanntheit war, dass Nero der Enkel des beim Volk iiberaus beliebten Germanicus war. AuBerdem war er der Neffe des damaligen Princeps Gaius und der Großneffe des im Jahr 41 folgenden Princeps Claudius. Aufgrund dieser engen Bindungen an Augustus und zwei Principes kann man Nero schon zu dem engeren Kreis der Aspiranten auf den Prinzipat zählen. Er stand aber nicht im ersten Nachfo lgeglied, da er weder Claudius' noch Gaius' Sohn war.

Dass Gaius Nero nicht fiir eine eventuelle öffentlich Rolle in Betracht zog, zeigt ein Vorfall bei Neros dies lustricus am 24.12.37.7 Gaius, Agrippinas Bruder, schlug fiir Nero den Namen Claudius vor, was Agrippina jedoch unwillig zuriickwies. Denn Claudius gehörte, wie es auch Sueton berichtet, damals zum Gespött des Hofes. 8 Die Reaktion der Agrippina deutet außer-dem darauf hin, dass sie sich fiir Nero nicht mit einer ähnlichen Rolle begniigen wo llte, wie sie Claudius spielte, der lange von öffentlichen Amtern ausgeschlossen geblieben war. Schließlich erhielt Nero den Namen Lucius Domitius Ahenobarbus9.

Das erste wichtige Ereignis, das Nero ins Rampenlicht der öffentlichen Aufmerksamkeit riick-te, fand im Jahre 47 anläss lich der Säkularspiele statt, die Kaiser Claudius veranstaltete. Zu diesem Anlass vo llfiihrten adelige Jungen zu Pferd das Trojaspiel, wobei Nero nach Sueton seinen Mann stand und Beifall erntete. Tacitus beschreibt die Szene etwas eingehender. Das Pub likum habe Nero mit mehr Applaus bedacht als Claudius' Sohn Britannicus, was Tacitus auf Neros Verwandtschaft mit Germanicus zuriickfiihrt und auf das Mitleid mit seiner Mutter Agrippina. Weiter berichtet Tacitus, dass Messalina, die damalige Frau des Kaisers Claudius, durch dieses Ereignis weiter gegen Agrippina aufgebracht worden sei. 10

Britannicus war dem Claudius am 11./12. Februar 41 von Messalina geboren worden.11 Dass Messalina Nero schon friih als Rivalen fiir ihren Sohn wahrnahm, zeigt ein von Sueton wie-dergegebenes Geriicht, dem zufolge Messalina Nero umbringen lassen wollte.12 Im Jahre 48 fand Messalina jedoch den Tod, nachdem sie eine Affäre mit C. Silius eingegangen war und diesen sogar schon ohne Wissen des Claudius förmlich geheiratet hatte.13

Nach Messalinas Tod wurde fiir Claudius eine neue Frau gesucht, die man schließlich in Ag­rippina fand. Deren zweiter Mann C. Sallustius Passienus Crispus war inzwischen verstorben. Pallas, der Agrippinas „Kandidatur" unterstiitzte, lobte an ihr, dass ihr Sohn ein Enkel des Germanicus sei und dass sie keine weiteren caesarischen Nachkommen in ein anderes Haus einbringen diirfe, da sie ja noch fruchtbar sei.14 Anfang 49 heiratete Claudius Agrippina, nach- dem auf Initiative des Konsuls L. Vitellius Ehen zwischen Onkel und Nichte durch einen Se-natsbeschluss fiir rechtens erklärt worden waren.15 Nach Dios Schilderung bemiihten sich die Freigelassenen um das Zustandekommen der Ehe, da sie, falls Britannicus Princeps wiirde, dessen Rache fiir den Tod seiner Mutter fiirchteten, an dem vor allem Narcissus beteiligt ge-wesen war. Da Nero bald miindig werden wiirde, bot die Heirat mit Agrippina die beste Ge-währ dafiir, dass Britannicus nicht zum Zuge käme.16

Uber die Motive, die Claudius zur Heirat mit Agrippina bewegt haben, vermutet Scramuzza, dass Claudius den Zwiespalt im Julisch-Claudischen Haus beseitigen und weitere Verschwi5-rungen, wie die Messalinas und Silius', habe vermeiden wo llen.17 Hierzu ergänzt Timpe, dass Claudius ebenfalls die Sorge gehegt habe, in einem Abki5mmling des Augustus auBerhalb des Hauses einen Rivalen zu haben.18 Analog ste llt Meise fest, dass Claudius durch die Heirat der „Gruppe, um die sich die gefährlichste Opposition sammeln konnte, die politische Spreng-kraft" genommen habe.19 Hingegen glaubt Barbara Levick, dass Claudius seine Machtposition habe stärken wo llen, die nach Messalinas Tod stark angegriffen gewesen sei. Dies habe er da-durch erreichen ki5nnen, dass er zeitig einen Erben fiir seine Position finden wiirde. Dies sei durch Nero gewährleistet gewesen: „[Nero] was three years older than Britannicus, and could ensure the security and continuation of the dynasty." Dabei unterstellt Levick, dass Claudius bereits zu diesem Zeitpunkt eine Doppelnachfolge mit Nero und Britannicus gep lant habe.20 Die Heirat des Claudius mit Agrippina wurde also durch po litische Uberlegungen veranlasst. Allerdings gibt es zu dieser Zeit noch keinen Anhaltspunkt dafiir, dass Claudius eine Doppel-nachfo lge beabsichtigte. Weder kann man dies aus seinen Handlungen ab leiten noch aus ir-gendwelchen AuBerungen. Die auBerordentliche Nachdriicklichkeit, mit der Nero in der Fo l-gezeit herausgehoben wurde, macht eine Doppelnachfo lge relativ unwahrscheinlich. Dies be-tont auch Dorey: „Nach dem Tod der Messalina scheint Claudius seine Gefiihle gegeniiber ihrem Sohn Britannicus geändert zu haben, und er lehnte es ab, ihn als seinen zukiinftigen Erben zu betrachten."21

Im Vorfeld der Hochzeit des Claudius wurde weiterhin die Verlobung von Nero mit Claudius' Tochter Octavia vorangetrieben. Octavias Verlobter wurde von L. Vitellius, der damals mit Claudius Censor war, aus dem Senat ausgestoBen und musste von seiner Prätur zuriicktreten.

Am Hochzeitstag von Claudius und Agrippina beging er Selbstmord. Nach der Hochzeit be-schloss der Senat auf Antrag des designierten Konsuls Mammius Pollio, Claudius zur Verlo-bung von Nero und Octavia zu raten. Tacitus resiimiert, nun sei Nero als Schwiegersohn und Verlobter des Claudius dem Britannicus gleich gestellt gewesen. Und zwar weil Agrippina und die Freigelassenen sich darum bemiiht hätten.22

Die Griinde waren nach Levick, dass Octavia bald heiratsfähig sein wiirde und Nero dann mit Erben und einer herausgehobenen Position wiirde versorgen können. AuBerdem seien durch diese Verlobung dynastische Forderungen verstärkt und die Einheit des Hauses gefördert worden. Am Beispiel des Augustus zeigt Levick die Bedeutung dieser Verlobung. Augustus habe seine Tochter Julia immer mit demjenigen verheiratet, den er als seinen po litischen Er-ben angesehen habe.23

Die Verlobung Neros und Octavias war ein erster Schritt in dem Schema, das sich unter Au­gustus zur Designation eines Nachfo lgers ausgebildet hatte. Es beinhaltete erstens die Heraus-stellung durch Privilegien, Ehrenbeweise und Heirat, zweitens Adoption und Anbindung an das kaiserliche Haus sowie drittens Machtbeteiligung. In den fo lgenden Jahren wurden diese Schritte auf Nero fast mustergiiltig angewandt.

Der zweite Schritt, durch den Nero herausgehoben wurde, war die Adoption Neros durch Claudius am 25. Februar 50. Sein Name lautete nun Nero Claudius Caesar Drusus Germani-cus.24 Cassius Dio und Sueton nehmen nur kurz Bezug auf die Adoption25. Nach Tacitus kam die Adoption auf Betreiben Pallas' zustande. Dieser habe Claudius dazu aufgerufen, an das Wohl des Staates zu denken und Britannicus eine starke Persönlichkeit an die Seite zu stellen. AuBerdem habe Pallas die Adoptionspolitik Augustus', bei dem die Stiefsöhne in hohem An-sehen gestanden hätten, angefiihrt und Claudius vorgeschlagen Nero partem curarum zu iiber-tragen. Mit diesen Argumenten so ll Claudius eine Rede im Senat gehalten haben, der die A­doption billigte und einen Beschluss fasste, dem zufolge Nero in die Claudische Familie auf-genommen werden so llte. Die Konsequenz war, wie Tacitus erkannte: ..1 triennio maiorem natu Domitium filio anteponit, ..1" 26. Cassius Dio ergänzt, dass Octavia im Zuge Neros Adopti­on in eine andere Familie adoptiert worden sei, um den Anschein einer Geschwisterehe zu vermeiden.27

[...]


1 Kienast, D., Römische Kaisertabelle. Grundziige einer römischen Kaiserchronologie, Darmstadt 21996, S. 90.

2 Kienast, S. 96.

3 Flaig, E., DNP 11 (2001), Sp. 1209-1214, Sp. 1209.

4 Sallmann, K., DNP 11 (2001), Sp. 1084-1088, Sp. 1085.

5 Birley, A. R., DNP 2 (1997), Sp. 1014-1015, Sp. 1014.

6 Suet. Nero 6,1.

7 Kierdorf, W. (Hrsg.),

8 Suet. Nero 6,2.

9 Kienast, S. 96. Der besseren Ubersichtlichkeit wegen werde ich im Folgenden den Namen Nero beibehalten.

10 Suet. Nero 7,1; Tac. ann. 11,11,2-11,12,1.

11 Kienast, S. 93. Sein Geburtsname war Tiberius Claudius Germanicus. Er ist aber unter dem Namen Britanni-cus bekannt.

12 Suet. Nero 6,3f.

13 Tac. ann. 11,38,1; Tac. ann. 11,26,3.

14 Tac. ann. 12,2,3.

15 Tac. ann. 12,5-7.

16 Cass. Dio 61,31,8.

17 Scramuzza, V. M., The Emperor Claudius, Harv. Hist. Studies XLIV, Cambridge Mass. 1940, S. 91.

18 Timpe, D., Untersuchungen zur Kontinuität des friihen Prinzipats (Historia-Einzelschriften; 5), Wiesbaden 1962, S. 105 mit Anm. 287.

19 Meise, E., Untersuchungen zur Geschichte der Julisch-C laudischen Dynastie (Vestigia; 10), Miinchen 1969, S. 173.

20 Levick, B., Claudius, London 1990, S. 70.

21 Dorey, T. A., „Claudius und seine Ratgeber", Das Altertum 12, Heft 3 (1966), S. 144-155, S. 154.

22 Tac. ann. 12,9.

23 Levick S. 71.

24 Kienast, S. 96.

25 Cass. Dio 61,33,22; Suet. Nero 7,1.

26 Tac. ann. 12,25,1-12,26,1.

27 Cass. Dio 61,33,22.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Herrschaftsübertragung im frühen Prinzipat am Beispiel Kaiser Neros
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Historisches Seminar)
Veranstaltung
Die Festigung des römischen Kaisertums: Herrschaftsübertragung im frühen Prinzipat
Note
2
Autor
Jahr
2003
Seiten
16
Katalognummer
V137828
ISBN (eBook)
9783640464272
ISBN (Buch)
9783640461448
Dateigröße
470 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Herrschaftsübertragung, Prinzipat, Beispiel, Kaiser, Neros
Arbeit zitieren
Sebastian Seng (Autor:in), 2003, Herrschaftsübertragung im frühen Prinzipat am Beispiel Kaiser Neros, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/137828

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Herrschaftsübertragung im frühen Prinzipat am Beispiel Kaiser Neros



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden