Das Internet durchdringt alle gesellschaftlichen Bereiche und ist in unserer heutigen Informationsgesellschaft nicht mehr wegzudenken. Innerhalb von zwölf Jahren ist die Zahl der Internetnutzer in Deutschland von 4,1 Mio. (6,5%) in 1997 auf 43,5 Mio. (67,1%) in 2009 angestiegen (vgl. ARD-Onlinestudie 1997: 5/ ARD/ZDF-Onlinestudie 2009 ). Überdies nimmt die Internetnutzung von Kindern rasant zu: Nach Angaben der aktuellsten veröffentlichten Studie, die im Februar 2009 erschienen ist, liegt diese Zahl bei 59 Prozent (vgl. Kap. 2.2). Aus einer Pressemitteilung vom 7.Juli 2009, die eine noch nicht veröffentlichte Studie zitiert, geht hervor, dass bereits 71 Prozent der Sieben- bis Zehnjährigen das Internet nutzen.
Auf die zunehmende Relevanz des Internets für die Gegenwart und Zukunft der Schüler, muss die Institution Schule reagieren. Diese hat die Aufgabe Kinder zum kompetenten Handeln in der Medienwelt zu befähigen, damit die zahl-reichen Potenziale des Mediums Internet genutzt und dessen Gefahren kompensiert werden können. Hierfür reicht es nicht aus, Schulen mit dem Internet auszustatten. Vielmehr müssen pädagogisch sinnvolle Voraussetzungen und Umsetzungsmöglichkeiten für den Interneteinsatz geschaffen werden. Mit diesem aktuellen Thema möchte ich mich in dieser Arbeit eingehend auseinandersetzten, da es für mich als angehende Grundschullehrerin einen essentiellen Stellenwert einnimmt. Dabei stellt sich für mich folgende Leitfrage: Wie kann das Internet pädagogisch sinnvoll im Grundschulunterricht eingesetzt werden? Damit sind jene Fragen verbunden: Ist der Einsatz überhaupt sinnvoll? Unter welchen Voraussetzungen kann es eingesetzt werden? Welche Fähigkeiten müssen Kinder innerhalb eines kompetenten Umgangs mit dem Internet entwickeln? Welche Möglichkeiten der Umsetzung im Grundschulunterricht gibt es?
Mit der Beantwortung dieser Fragen wird sich in der vorliegenden Examensarbeit eingehend auseinandergesetzt.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Kinder und Internet
2.1 Internet
2.2 Internetnutzung von Kindern
3 Medienpädagogik
3.1 Medien
3.2 Handlungsorientierte Medienpädagogik
3.2.1 Medienerziehung
3.2.1.1 Medienkompetenz
3.2.1.2 Internetkompetenz
3.2.2 Mediendidaktik
4 Begründung und Legitimation für die Interneterziehung in der Grundschule
4.1 Argumente für den Interneteinsatz
4.1.1 Gegenwarts- und Zukunftsargument
4.1.2 Lernargument
4.1.3 Gefahren kompensieren
4.2 Bildungspolitische Legitimation
4.3 Kritische Stimmen
5 Status Quo: Die Rolle des Internets in Grundschulen
5.1 Technische Ausstattung der Schulen
5.2 Interneteinsatz im Grundschulunterricht
6 Voraussetzungen für den Interneteinsatz in der Grundschule
6.1 Technische Voraussetzungen
6.2 Organisatorische Voraussetzungen
6.3 Kompetenzen der Lehrkräfte
6.4 Grundschulpädagogische Voraussetzungen
7 Umsetzungsmöglichkeiten mit dem Internet im Grundschulunterricht
7.1 Recherchieren und Informieren
7.2 Kommunizieren, Kooperieren und Korrespondieren
7.3 Gestalten, Publizieren und Präsentieren
8 Schlussbetrachtung
9 Literatur- und Quellenverzeichnis
10 Anhang
1 Einleitung
Das Internet durchdringt alle gesellschaftlichen Bereiche und ist in unserer heutigen Informationsgesellschaft nicht mehr wegzudenken. Innerhalb von zwölf Jahren ist die Zahl der Internetnutzer1 in Deutschland von 4,1 Mio. (6,5%) in 1997 auf 43,5 Mio. (67,1%) in 2009 angestiegen (vgl. ARD-Onlinestudie 1997: 5/ ARD/ZDF-Onlinestudie 20092). Überdies nimmt die Internetnutzung von Kindern rasant zu: Nach Angaben der aktuellsten veröffentlichten Studie, die im Februar 2009 erschienen ist, liegt diese Zahl bei 59 Prozent (vgl. Kap. 2.2). Aus einer Pressemitteilung vom 7.Juli 2009, die eine noch nicht veröffent-lichte Studie zitiert, geht hervor, dass bereits 71 Prozent der Sieben- bis Zehn-jährigen das Internet nutzen.3
Auf die zunehmende Relevanz des Internets für die Gegenwart und Zukunft der Schüler, muss die Institution Schule reagieren. Diese hat die Aufgabe Kinder zum kompetenten Handeln in der Medienwelt zu befähigen, damit die zahl-reichen Potenziale des Mediums Internet genutzt und dessen Gefahren kom-pensiert werden können. Hierfür reicht es nicht aus, Schulen mit dem Internet auszustatten. Vielmehr müssen pädagogisch sinnvolle4 Voraussetzungen und Umsetzungsmöglichkeiten für den Interneteinsatz geschaffen werden. Mit die-sem aktuellen Thema möchte ich mich in dieser Arbeit eingehend auseinan-dersetzten, da es für mich als angehende Grundschullehrerin einen essentiel-len Stellenwert einnimmt. Dabei stellt sich für mich folgende Leitfrage: Wie kann das Internet pädagogisch sinnvoll im Grundschulunterricht einge-setzt werden? Damit sind jene Fragen verbunden: Ist der Einsatz überhaupt sinnvoll? Unter welchen Voraussetzungen kann es eingesetzt werden? Welche Fähigkeiten müssen Kinder innerhalb eines kompetenten Umgangs mit dem Internet entwickeln? Welche Möglichkeiten der Umsetzung im Grundschulun-terricht gibt es?
Um sich mit dem Interneteinsatz im Grundschulunterricht auseinanderzuset-zen, muss zunächst geklärt werden, was das Internet ist und welche Rolle es in der Lebenswelt der Kinder spielt. Da der Interneteinsatz hauptsächlich in den Zuständigkeitsbereich der Medienpädagogik fällt, wird diese im dritten Kapitel genauer betrachtet. Daraufhin wird im vierten Teil erläutert, wieso das Internet in der Grundschule zum Einsatz kommen sollte, woraufhin im anschließenden Kapitel überprüft wird, ob es bereits eingesetzt wird. Da erfolgreicher Internet-einsatz nicht »einfach so« erfolgen kann, wird sich in Kapitel 6 eingehend mit Voraussetzungen für den pädagogisch sinnvollen Einsatz auseinandergesetzt. Auf den vorigen Betrachtungen aufbauend, erfolgen im siebten Teil pädago-gisch sinnvolle Umsetzungsmöglichkeiten mit dem Internet im Grundschulun-terricht. In der Schlussbetrachtung werden die Erkenntnisse zusammengefasst und ein Ausblick gegeben.
Das Thema Internet in der Grundschule kann aus verschiedenen Perspektiven betrachten werden. In dieser Arbeit liegt der Schwerpunkt auf den Gebieten der Medienpädagogik und Grundschulpädagogik. Ferner werden essentielle Studi-en und Projekte aus dem deutschsprachigen Raum hinzugezogen.
Formell orientiert sich die Arbeit an folgenden Kriterien: Zitate sind wortwörtlich übernommen. Dabei sind Auslassungen mit dem Vermerk [...] gekennzeichnet und notwendige grammatikalische oder sinnerklärende Ergänzungen in ecki-gen Klammern eingefügt. Zitate innerhalb eines Zitats sind durch einfache An-führungszeichen (‚‘) gekennzeichnet. Diese Zeichen werden ebenso für statisti-sche Variablen verwendet. Autoren, Organisationen, Studien, Projekte und Ei-gennamen, die im Fließtext genannt werden, stehen in KAPITÄLCHEN. Begriffe aus Konzepten bzw. Fachbegriffe werden, lediglich bei der ersten Verwendung, kursiv geschrieben. Umgangssprache und besondere Hervorhebungen stehen in französischen Anführungszeichen (»«). Zur inhaltlichen Orientierung und Strukturierung, in den einzelnen Kapiteln, werden einzelne Wörter fett hervor-gehoben.
Aufgrund des Themas enthält diese Arbeit viele Webseiten. Um die Lese-freundlichkeit zu erhöhen, wurde sie zusätzlich in digitaler Form beigefügt, da-mit die jeweiligen Links bei Interesse einfach geöffnet werden können. Das letzte Abrufdatum aller verwendeten Webseiten ist der 20.07.2009.
2 Kinder und Internet
In diesem Kapitel wird zunächst geklärt, was unter dem Internet verstanden werden kann. Des Weiteren werden die wichtigsten Dienste und die Relevanz des Internets für Kinder erläutert. Diese Erläuterungen bilden eine wichtige Voraussetzung für den weiteren Verlauf dieser Arbeit.
2.1 Internet
Das Internet5 verbindet weltweit zusammengeschlossene und dezentral orga-nisierte Computer-Netzwerke und ist „die Summe aller über die weltweite Computervernetzung verfügbaren Dienste bzw. Nutzungsmöglichkeiten“ (Wöc-kel 2002: 19). Um diese in Anspruch zu nehmen, wird ein Computer mit Inter-netzugang benötigt. Die gegenwärtig wichtigsten Internetdienste sind World Wide Web (WWW), E-Mail, Chat, Newsgroups, Datenübertragung, Telefonie, Radio und Fernsehen. E-Mail und WWW sind dabei, für die private Nutzung, die am häufigsten genutzten Dienste (vgl. Eibl; Podehl 2005: 173). Aufgrund ihrer ebenso hohen Relevanz für den Grundschulunterricht werden diese im Folgenden kurz näher erläutert.
Per E-Mail (Electronic Mail) – der modernen Form des Briefes – können Nach-richten in Form von Texten sowie Grafik-, Audio-, Video- und Programmdateien über die weltweiten Computer-Netzwerke versendet und empfangen werden (vgl. ebd.: 172).
Das World Wide Web (WWW, Web) zählt zu den jüngsten und wichtigsten Diensten des Internets, da es sich am einfachsten bedienen lässt und andere Dienste, wie E-Mail und Chat integriert werden können. Letzteres ist wahr-scheinlich der Grund weshalb das WWW irrtümlich oft als Internet bezeichnet wird. Das Web ermöglicht es Homepages bzw. Webseiten, die auf weltweiten Servern gespeichert sind und eine eindeutige Adresse6 besitzen, anzuzeigen und auf sie zuzugreifen (vgl. ebd.: 171f.). Die einzelnen Webseiten werden aufgrund der nicht-linearen Hypertextstruktur7 des Webs, mittels Hyperlinks miteinander verknüpft (vgl. Eibl 2005: 159). Mithilfe eines Browsers 8, mit dem sich der Benutzer einwählt, können Texte, Grafiken, Bilder, Ton und Videos per Mausklick dargestellt werden sowie Anwendungsprogramme (z.B. Suchma-schinen) ausgeführt und bedient werden (vgl. Strauch; Rehm 2007: 239). Das WWW entwickelt sich ständig weiter: Seit 2004 wird von der neuen Generation des Webs – dem »Phänomen« Web 2.0 – gesprochen, für das keine allge-meingültige Definition vorherrscht. KYSELA-SCHIEMER beschreibt es folgender-maßen: „Web 2.0 [ist] kein neues World Wide Web, sondern ein Begriff, der die aktuellen Entwicklungen im Internet zusammenfassen soll und ein userzentrier-tes Internet, verbunden mit einer ‚Mitmach-Philosohie’, kennzeichnet“ (2008: 21). Aus technischer Weiterentwicklung resultieren verbesserte Software-Versionen, mit denen es möglich ist, ohne Programmierkenntnisse, Beiträge und Webseiten zu erstellen (vgl. ebd.). Demnach stehen die Web 2.0-Software-bzw. Social Software-Anwendungen, „wie Blog, Wiki und Podcast [...] heute für den Übergang vom Internet als Distributionsmedium zu einem ‚Mitmach-Netz’“ (Peschke et al. 2007: 6). Im Folgenden sollen die Web 2.0 Anwendungen We-blog und Wiki genauer erläutert werden, da sie Potenziale für die Internetarbeit in der Grundschule aufweisen (vgl. Kap. 7.2).9 Dabei ist zu beachten, dass sich diese überschneiden und schnell weiterentwickeln (vgl. Kysela-Schiemer 2008: 23).
Weblogs (aus engl. Web und Log), die häufig mit dem Wort Blog abgekürzt werden, können als persönliche, aber zugleich öffentliche Online-Tagebücher bezeichnet werden (vgl. Schrackmann et al. 2008: 96). Sie bestehen in der Regel aus umgekehrt chronologischen multimedialen10 Einträgen. Diese kön-nen von anderen Nutzern kommentiert werden (vgl. Aufenanger 2006: 9). Ne-ben privaten, haben sich inzwischen spezifische Blogs, wie Litblogs (zur Litera-tur), Wahlblogs (zu aktuellen Wahlen) und Vlogs (Videoblogs) etabliert (vgl. Schrackmann et al. 2008: 96).
Unter Wikis (hawaiisch für schnell) lassen sich Webseiten verstehen, auf de- nen die Einträge von allen Anwendern angesehen, gelesen, erweitert, korrigiert oder gelöscht werden können. Das bekannteste Wiki ist derzeit die freie und offene Online-Enzyklopädie WIKIPEDIA (http://de.wikipedia.org/) (vgl. ebd.: 98).
Diese Darstellungen des Internets, mit den wichtigsten Diensten E-Mail und WWW und den Software-Anwendungen Weblog und Wiki, bildet eine Grundla-ge dieser Arbeit. Dies gilt insbesondere für Kapitel 7, da dort auf die Nut-zungsmöglichkeiten des Internets und deren Besonderheiten (wie z.B. die Hy-permediastruktur des WWW) sowie Probleme und Potenziale für den Einsatz im Grundschulunterricht eingegangen wird. Da sich der Grundschulunterricht an der Lebenswelt der Kinder orientieren und an deren Vorkenntnisse anknüp-fen sollte, wird im folgenden Punkt die Internetnutzung von Kindern näher be-trachtet, um herauszufinden inwieweit das Internet die Lebenswelt der Kinder durchdringt.
2.2 Internetnutzung von Kindern
In diesem Punkt wird geklärt, wie viele Haushalte über einen Internetanschluss verfügen, wie viele und wofür Kinder das Internet nutzen, wie hoch die Nut-zungsfrequenz ist und welche Nutzungskompetenzen sie aufweisen.
Nach den Ergebnissen der aktuellen KIM-STUDIE 200811 ist die Zahl der priva-ten Internetanschlüsse im Vergleich zu den Vorjahren auf 85 Prozent angestie-gen (vgl. mpfs 2009: 5). Etwa jedes zehnte Kind besitzt einen Internetan-schluss im eigenen Zimmer (vgl. ebd.: 8). Laut der KIM-STUDIE 2008 gehören bereits 59 Prozent der befragten Kinder zu den Internetnutzern (ebd.: 38). Dabei sind bei Kindern im Grundschulalter große Unterschiede festzustellen: Unter den Sechs- bis Siebenjährigen hat jeder Fünfte praktische Erfahrungen mit dem Internet. Dieser Anteil nimmt im Alter von acht bis neun Jahren deut-lich zu (50%). Bei der nächsten Altersgruppe (10-11 Jahre) ist er auf 79 Pro-zent angestiegen (vgl. ebd.). Daran lässt sich erkennen, dass das Internet für Kinder mit zunehmendem Alter interessanter wird. Diese Tatsache ist größten-teils darauf zurückzuführen, dass die Internetnutzung die Kulturtechniken Le-sen und Schreiben voraussetzt, die Kinder erst im Grundschulalter erwerben (vgl. Feil et al. 2004: 70). Von den Internetnutzern (59% aller befragten Kinder) nutzen bereits zwei Drittel das Internet mindestens einmal pro Woche und 17 Prozent jeden bzw. fast jeden Tag. Die Nutzungsintensität steigt hier ebenso mit dem Alter der Kinder kontinuierlich an (vgl. mpfs 2009: 38).
Bei den Internet-Tätigkeiten werden Suchmaschinen, wie GOOGLE (http://www.google.de) am häufigsten (50%) genutzt. Die Recherche für die Schule (45%) oder für außerschulische Interessen (38%) sowie das Surfen auf speziellen Kinder-Seiten (41%) stehen bei Kindern im Vordergrund. Etwa jeder dritte Internetnutzer spielt Online-Spiele. Weitere Aktivitäten im Internet sind das ‚einfach drauf los surfen’, mit 27 Prozent, das Nutzen von ‚Erwachsenen-Seiten’, die sich nicht speziell an Kinder richten (25%) sowie das Chatten und Hören von Musik mit je 23 Prozent. Instant Messenger oder Communities, wie SchülerVZ sind eher für ältere Kinder interessant. Etwa jeder Zehnte wendet sich Newsgroups zu oder lädt Musik und Filmdateien, Spiele oder sonstige Da-teien herunter. Das Fernsehen oder Radiohören spielt bei den jungen Internet-nutzer kaum eine Rolle (vgl. ebd.: 40f.).
In dem Projekt WIE ENTDECKEN KINDER DAS INTERNET?12 (vgl. Feil et al. 2004) wurden Internetumgang und Internetkompetenz (vgl. Kap. 3.2.1.2) im außer-schulischen Bereich, von Kindern im Alter zwischen fünf und zwölf Jahren, un-tersucht. Die Ergebnisse dieser Studie werden hinzugezogen, um zu zeigen, dass aus einem vorhandenen Internetanschluss oder einer häufigen Internet-nutzung keine Rückschlüsse auf die Nutzungskompetenz gezogen werden können. Der Internetanschluss ist jedoch die Voraussetzung für die Entwick-lung von Internetkompetenz (vgl. ebd.: 30). Die Ergebnisse zeigen, dass gera-de jüngere Kinder durch die vielfältigen Angebote im Internet überfordert sind und Schwierigkeiten im Umgang mit der Hard- und Software haben. Generell schränken die fehlenden bzw. noch geringen Lese- und Schreibfertigkeiten die Internetnutzung ein. Des Weiteren kennen diese Kinder in der Regel nur weni-ge, meist kommerzielle, kaum pädagogisch orientierte Webseiten und besitzen keine Lieblingsseite. Ersteres lässt sich darauf zurückzuführen, dass die mei-sten Heranwachsenden die Webadressen aus dem Alltag, d.h. von Freunden, aus Fernsehen, Zeitschriften, Zeitungen und Cover von Kassetten, CDs und CD-ROMs, kennen lernen. Zudem wird das Internet von ihnen kaum als Infor-mationsmedium wahrgenommen (vgl. Feil et al. 2004: 143ff.). In diesem Pro-jekt können die anscheinend schon hohen Erfahrungen und Kompetenzen der Kinder, die in der KIM-STUDIE suggeriert werden, nicht widergespiegelt werden.
Die eruierten Ergebnisse zeigen, dass sich notwendige Internetkompetenzen nicht von allein entwickeln. Ferner kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich diese Kompetenzen zu Hause entwickeln – dem Ort an dem die mei-sten Kinder das Internet nutzen (76%) (vgl. mpfs 2009: 40) – und dort die El-tern die Aufgabe übernehmen diese zu entwickeln und zu fördern. Zur Bestär-kung dieser Ansicht sei darauf hingewiesen, dass zu Hause nur 22 Prozent der befragten Kinder mit den Eltern gemeinsam ‚im Internet surfen’ und die restli-chen dies eher allein oder mit Freunden tun (vgl. ebd.: 13)13. Zusammen mit der steigenden Anzahl der Internet nutzenden Kinder (vgl. Kap. 1) ist es not-wendig, dass sie frühzeitig – also in der Grundschule – die nötigen Kompeten-zen entwickeln, um das Internet als „Bildungs- und Partizipationsinstrument“ (Bonfadelli 2005: 14) nutzen zu können. Was unter diesen Kompetenzen ver-standen werden kann, wird im nächsten Kapitel, welches sich mit der Medien-pädagogik auseinandersetzt, geklärt.
3 Medienpädagogik
In diesem Kapitel wird die Medienpädagogik als Teildisziplin der Erziehungs-wissenschaft, welche als „übergeordnete Bezeichnung für alle pädagogisch orientierten Beschäftigungen mit Medien in Theorie und Praxis“ (Baacke 1997: 4) definiert werden kann, näher betrachtet. Dieses medienpädagogische Ver-ständnis ist notwendig, um das Internet pädagogisch sinnvoll im Grundschulun-terricht einsetzen zu können.
Um das Internet als Medium in diese Wissenschaft einordnen zu können, wird zunächst der Medienbegriff geklärt. Des Weiteren wird ein kurzer Einblick in die Entwicklung der Medienpädagogik gegeben, um ein Verständnis der heutigen medienpädagogischen Sichtweise zu erlangen.
[...]
1 Um den Lesefluss der Arbeit nicht zu beeinflussen sowie aus Platzgründen wird das generische Masku-linum verwendet, welches die feminine Form einbezieht.
2 Die ARD/ZDF-Online-Studie ist eine jährlich seit 1997 bundesweit durchgeführte Repräsentativ-Studie. Basis: Bevölkerung ab 14 Jahre in Deutschland (1997: n=1.003, 2009: n=1.806).
3 Die Pressemitteilung kann unter http://www.bitkom.org/6022760220.aspx eingesehen werden. Die dazu gehörige Studie des BITKOM (Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien) wurde noch nicht veröffentlicht.
4 Unter pädagogisch sinnvoll werden in dieser Arbeit primär die beschriebenen Prinzipien zur Medi-en- und Grundschulpädagogik verstanden (vgl. insbesondere Kapitel 3 und 6.4).
5 Den Ursprung hat das Internet im Jahr 1969, als das US-Verteidigungsministerium das dezentrale Kommunikationsnetz ARPANET entwickelt. Als Durchbruch der Entwicklung wird das 1989 entwic-kelte Hypertext-System WWW gesehen. Im Jahr 1993 wird das Internet der Öffentlichkeit zugäng-lich gemacht (vgl. Eibl; Podehl 2005: 171/ Wöckel 2002: 15ff.).
6 Die Adresse einer Webseite wird als URL (Uniform Resource Locator) bezeichnet.
7 Hypertexte sind nicht-lineare Texte, die über Hyperlinks miteinander verknüpft sind. Da im WWW verschiedene Arten von Medien miteinander verknüpft werden, kann ebenso von Hypermedia ge-sprochen werden (vgl. Eibl 2005: 159).
8 Als Browser (z.B. MOZILLLA FIREFOX, INTERNET-EXPLORER) werden Programme bezeichnet, die in Programmiersprache geschriebene Dokumente verarbeiten und deren Inhalte auf dem Bildschirm anzeigen (vgl. Strauch; Rehm 2007: 82).
9 Auf weitere Web 2.0-Anwendungen, wie Podcasts, die ebenso Potenziale aufweisen können, wird nicht eingegangen.
10 Für den Begriff Multimedia existiert keine allgemein gültige Definition. Nach WEIDENMANN meint Multimedial die integrierte Präsentation multicodaler Angebote (z.B. Text mit Bild) bei der unter-schiedliche Sinnesmodalitäten (z.B. optisch und akustisch) angesprochen werden (vgl. 2005: 333). Dabei bildet die digitale Technik die Grundlage (vgl. ebd.).
11 Die KIM (Kinder und Medien)-STUDIE ist eine Basisuntersuchung vom MPFS (Medienpädagogi-schen Forschungsverbund Südwest) zum Medienumgang 6- bis 13-Jähriger in Deutschland, die seit 1999 regelmäßig durchgeführt wird (2008: n=1206).
12 Das Projekt wurde mit 18 Kindern, die beobachtet und interviewt wurden, von 2001 bis 2003 am DEUTSCHEN JUGENDINSTITUT MÜNCHEN (DJI) durchgeführt und vom BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FORSCHUNG (BMBF) gefördert (vgl. Feil et al. 2004: 10).
13 Außerdem geben jeweils sechs Prozent der befragten Kinder an, die Tätigkeiten ‚Chatten’ oder ‚E-Mail verschicken’ eher in elterlicher Begleitung durchzuführen (vgl. mpfs 2009: 13).
14 Die Medienpädagogik setzt sich nach TULODZIECKI und HERZIG aus weiteren Teilgebieten, wie der Medientechnik, Medientheorie, Medienforschung und der Medienpraxis zusammen. Außerdem sind für die Medienwissenschaft, die ein wechselseitiges Verhältnis zur Medienpädagogik hat, weitere Bezugsdisziplinen, wie Medienpsychologie, Mediensoziologie und Medienethik konstitutiv (vgl. Tulodziecki; Herzig 2004: 249). Jene Disziplinen nehmen in dieser Arbeit eine »Unterstützungsposition « ein.
- Arbeit zitieren
- Maxi Zimmermann (Autor:in), 2009, Kinder und Internet - Pädagogische Umsetzungsmöglichkeiten im Grundschulunterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/137932