Das schwarze Gold

Hintergründe zur Entwicklung auf dem globalen Erdölmarkt


Hausarbeit, 2008

31 Seiten, Note: Sehr Gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Hintergründe der Ölpreisentwicklung
2.1. Eigenschaften von Öl und der Ölindustrie
2.2. Gründe für die Ölpreisentwicklung
2.2.1. Angebotsseite
2.2.2. Nachfrageseite
2.2.3. Weltwirtschaft – Die Doppelrolle des US-Dollar
2.2.4. Einfluss der Spekulation
2.3. Auswirkungen und wirtschaftspolitisches Handeln

3. Conclusio

4. Literatur

5. Anhang

1. Einleitung

Am Sonntag, den 22. Juni 2008, fand im saudiarabischen Jeddah ein Ölgipfel statt. Die Grundlage für den Gipfel bildete der in letzter Zeit rasant gestiegene Ölpreis. Obwohl der saudische König Abdullah eine erhöhte Förderquote bereits ab Juli und eine Produktionsausweitung um rund ein Viertel auf 12,5 Millionen Fass (je 159 Liter) am Tag ab Ende 2009 in Aussicht stellte, stieg der Ölpreis am nächstfolgenden Tag weiter an (Artikel 1; Artikel 4).

Die Gründe für den Ölpreisanstieg sind vielfältig und finden sich sowohl auf Angebots- als auch auf Nachfrageseite. Ein in den Medien eher nur am Rande diskutierter Grund für den Anstieg des Ölpreises stellt die Entwicklung des US-Dollar dar. Der US-Dollar übt als Weltwährung, in der wichtige Rohstoffe notieren und zahlreiche Schulden gehalten werden, eine Doppelrolle aus: er ist einerseits nationale Währung der USA, auf der anderen Seite Leitwährung der Weltwirtschaft. Diese Doppelrolle impliziert einen signifikanten Einfluss auf die Entwicklung wichtiger Rohstoffpreise.

Ziel dieser Seminararbeit ist die Analyse des Hintergrunds steigender Rohstoffpreise, insbesondere dem Erdöl. Dabei wird ein Augenmerk auf die Doppelrolle des US-Dollar gelegt, aber auch andere Gründe für einen steigenden Rohölpreis herausgearbeitet. Außerdem sollen zahlreiche Zusammenhänge zu unterschiedlichsten Problembereichen, welche in der Vorlesung des österreichischen Ökonomen Dr. Schulmeister vom Wirtschaftsforschungsinstitut im Rahmen der „Didaktik der Volkswirtschaftslehre“ an der WU Wien behandelt wurden, zu diesem Thema verknüpft werden. Es wird ein Konnex zur makroökonomischen Entwicklung der USA und Europas, zu internationalen Finanzkrisen sowie zu real- und finanzkapitalistischen Systemen hergestellt.

Der Arbeit liegt folgender Leitartikel zu Grunde: Die Presse „Araber drehen den Ölhahn auf“ vom 23. Juni 2008. Im Anhang befinden sich aber auch andere Artikel, welche im Zusammenhang mit dieser Hausarbeit stehen und helfen sollen den Inhalt dieser Arbeit mit den in der Vorlesung behandelten Problembereichen zu verknüpften. Die Artikel sind nummeriert und können im Anhang leicht gefunden werden.

2. Hintergründe der Ölpreisentwicklung

Um die zahlreichen Gründe für einen steigenden Ölpreis herauszuarbeiten, ist es notwendig die wichtigsten Eigenschaften von Öl und der Ölindustrie aufzuzeigen.

2.1. Eigenschaften von Öl und der Ölindustrie

Öl macht ca. 39 Prozent am gesamten Energiemix aus (OPEC 2007, S. 20). Die Reserven, die Produktion und der Konsum von Öl sind geografisch stark unausgeglichen. Öl macht einen enormen Anteil am internationalen Handel aus und Ölumsätze sind im globalen Finanzmarkt von höchster Bedeutung.

Die folgende Tabelle veranschaulicht die „Imbalance“ von Produktion und Konsum sowie die Bedeutung für den internationalen Handel.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: BP Statistical Review of World Energy June 2008, S. 20

Die Ölindustrie erzeugt zahlreiche Produkte: von Treibstoffen über Asphalt, Schmieröle und Polymere reicht die Palette. Diese Vielfalt impliziert zahllose unterschiedlich voneinander unabhängige Märkte. Die Nachfrage nach Öl ist eine abgeleitete Nachfrage der Summe dieser Märkte. Laut dem Geschäftsführer der JBC Energy GmbH, dem Ölexperten Johannes Benigni wird der Ölpreis unter anderem stark vom Diesel getrieben (Artikel 2; OPEC 2008: Interview with Johannes Benigni im WWW).

Die Ölindustrie ist sehr kapitalintensiv; von der Förderung des Öls über den Transport durch kilometerlange Pipelines oder am Schiff zu den Raffinerien, wo das Öl dann für den Weiterverkauf aufbereitet wird sind zahlreiche Investitionen notwendig. Der im Ölgeschäft hohe Kapitaleinsatz ist mit Grund für die oligopolistische Struktur dieses Marktes. Kurzfristig und mittelfristig ist die Nachfrage nach Öl unelastisch. Eine Änderung des Ölpreises führt nicht sofort zu einer Änderung der Nachfrage. Langfristig wird bei einem steigenden Ölpreis vermehrt versucht, Öl durch andere Energieformen zu substituieren bzw. werden höhere Summen in den Ausbau alternativer Energieformen investiert. Dies kann man zurzeit gut beobachten. Die Ölindustrie arbeitet nicht rein nach ökonomischen sondern auch nach politischen Kriterien. Viele Ölkonzerne sind in Staatshand und zahlreiche politische Konflikte haben Einfluss auf den Ölpreis. So wurde der kurzfristige Anstieg nach dem Ölgipfel in Jeddah unter anderen auch mit der angespannten Stimmung zwischen Israel und Iran argumentiert.

2.2. Gründe für die Ölpreisentwicklung

Zunächst dient die folgende Grafik einem Überblick der Entwicklung des Rohölpreises (nominell und real) von 1861-2007. Die massiven Steigerungen von 2008, in denen der Ölpreis weiter um fast das Doppelte gestiegen ist, sind in dieser Grafik noch nicht enthalten.

Quelle: BP Statistical Review of World Energy 2008, S. 16

Nach Einschätzung des französischen Ölinstituts IFP könnte der Preis pro Fass bis zum Jahr 2015 auf 300 Dollar steigen. IFP-Chef Olivier Appert: „Niemand sollte darauf wetten, dass die Preise fallen.“ Die Lage auf den Ölmärkten sei "grundsätzlich angespannt, mit einem Angebot, das Schwierigkeiten hat, der Nachfrage zu folgen." (Artikel 5).

Im Folgenden werden die Hintergründe der Ölpreisentwicklung analysiert. Ich beginne mit einem kurzen Überblick unterschiedlichster Gründe für die Entwicklung des Ölpreises auf Angebots- und Nachfrageseite. Dabei hat, wie zu sehen sein wird, die politische Unsicherheit einen sehr starken Einfluss auf die Entwicklung des Ölpreises. Näher beleuchte ich dann den Zusammenhang zwischen Entwicklung des US-Dollar und des Rohölpreises sowie dem Einfluss von Spekulationen.

2.2.1. Angebotsseite

Öl kann als knappes Gut in Anlehnung an Ricardos Grundrente als Ölrente begriffen werden. Die Organisation of Petroleum Exporting Countries (OPEC) besteht heute aus zwölf Staaten: Iran, Iraq, Kuwait, Qatar, Saudi Arabien, Vereinigte Arabische Emirate, Libyen, Algerien, Nigeria, Angola, Venezuela und Ecuador. Indonesien ist mit Mai 2008 wieder ausgetreten. 1960 wurde die OPEC von fünf Gründungsmitgliedern (Irak, Iran, Saudi Arabien, Kuwait und Venezuela) gegründet. Ziel war die Schaffung einer einheitlichen Politik hinsichtlich des Preises, der Lizenzgebühren und der Produktion. Wirklich an Macht gewann das Kartell erst Anfang der 70er Jahre, als das Angebot von Öl spürbar limitiert wurde. Gründe dafür waren die steigende Nachfrage der USA, die Stagnation russischer Ölexporte (u.a. wegen des Kalten Krieges) sowie der Stilllegung der Transarabischen Pipeline. 1973 kam es dann aufgrund des politischen Konfliktes zwischen Syrien und Ägypten gegen Israel zur ersten Ölkrise. Die OPEC begrenzte bewusst die Förderung ihres Öls und erreichte damit einen signifikanten Anstieg der Ölrente. Die zweite Ölkrise 1979 wurde wieder durch Förderungsausfälle ausgelöst; diesmal aufgrund von Verunsicherungen nach der Revolution im Iran und dem darauf folgenden Ersten Golfkrieg (OPEC 2008: A brief historiy of OPEC im WWW).

In London erreichte der Ölpreis am 27.6.08 (nach dem Ölgipfel in Jeddah) ein neues Rekordhoch von 142 Dollar pro Fass. Laut Gazprom-Chef Alexej Miller hat die OPEC ihren Einfluss auf den Ölpreis verloren. "Financial Times" (Freitagsausgabe). "In der letzten Zeit wurde keine einzige Entscheidung (bei der OPEC) getroffen, die den weltweiten Ölmarkt wirklich beeinflusst hätte." (Artikel 6).

Die Ölkrisen in den 70er Jahren stehen aber auch in Wechselwirkung zu dem damals stark abwertenden US-Dollar, wie noch später zu sehen sein wird. Außerdem führt allgemein eine „Verknappungspropaganda“ zu einer Panik, welche den Ölpreis noch stärker nach oben hin beeinflusst als die Förderungsbegrenzung an sich. Dies ist psychologisch und mit dahin verbundenen Spekulationen begründbar.

Obwohl die heutigen Ölreserven (BP 2008, S. 7; OPEC 2007, S. 5f) noch einige Jahrzehnte ausreichen dürften, ist heute nicht nur von pessimistischen neomalthusianischen Geologen oft vom „Peak Oil“ die Rede, der impliziert, dass das Öl sehr bald zu Ende geht – „nach Meinung der meisten Öl-Optimisten zwischen 2020 und 2040“ (Artikel 3). Tatsächlich müssen laufend neue Erdölförderplätze erschlossen werden, wofür teure Investitionen in noch bessere Technologien notwendig sind, welche über den Ölpreis gedeckt werden müssen und damit eine Verteuerung des Öls implizieren.

2.2.2. Nachfrageseite

Die Nachfrage nach Erdöl hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Während der Anstieg in den Industrieländern nur sehr leicht ist bzw. stagniert, kommt die Nachfrage vor allem aus den Emerging Markets, welche heute noch weit weniger Öl verbrauchen.

Die USA, die EU und Japan verbrauchen heute gemeinsam 48,7 Prozent des Erdöls; China und Indien gemeinsam 12,4 Prozent – Tendenz stark steigend (Artikel 2). Insofern ist der Ölpreisanstieg zu einem hohen Grad auch Nachfrage induziert.

Die OPEC prognostiziert in ihrem World Oil Outlook 2007 einen Anstieg der Nachfrage von 84 Millionen Barrel/Tag 2005 auf 118 Millionen Barrel/Tag in 2030. Allein Asiatische Schwellenländer sollen in diesem Zeitraum für eine erhöhte Nachfrage von rund 20 Millionen Barrel/Tag sorgen. Diese Prognose berücksichtigt jedoch keine Abweichung durch neuartige Energietechnologien (OPEC 2007, S. 21). Diese werden durch einen steigenden Ölpreis aber immer wahrscheinlicher.

Die folgende Grafik veranschaulicht den von der OPEC prognostizierten Pro-Kopf Verbrauch von Öl im Jahr 2030.

Oil use per capita in 2030

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: OPEC 2007, S. 23

2.2.3. Weltwirtschaft – Die Doppelrolle des US-Dollar

Ein weiterer wichtiger Grund für den hohen Rohölpreis aber auch für die Verteuerung zahlreicher anderer Rohstoffe ist die Entwicklung des US-Dollar, die Referenzwährung der Weltwirtschaft.[1]

Der Dollar nimmt als nationale Währung der USA und als Weltwährung eine Doppelrolle ein, wodurch es zu einer Art Zielkonflikt kommen kann; nämlich dann wenn die nationale Politik der USA eine bestimmte Geldpolitik verfolgt (bspw. zur Reduktion des Budgetdefizits), welche dann quasi automatisch eine unter Umständen nicht erwünschte Wirkung auf die Weltwirtschaft hat.

Um diesen Zusammenhang zu verdeutlichen ist es vorerst notwendig, die Funktionen des Dollar als Weltwährung aufzuzeigen:

(1) Der Dollar ist die Referenzwährung für internationale Flows – alle wichtigen Rohstoffe, die weltweit gehandelt werden notieren in US-Dollar.
(2) Der Dollar ist aber auch ein supranationaler „asset price“, da zahlreiche internationale Vermögen und Schulden in Dollar gehalten werden. Dies hängt unter anderen mit dem hohen Leistungsbilanzdefizit der USA zusammen, welches durch die Dollarberge von Ländern wie China, aber auch arabischen Ländern finanziert wird. Denn die USA finanziert ihr Leistungsbilanzdefizit durch US-Dollarkredite. Diese „Ponzi-Finanzierung“, d.h. die Neuverschuldung ist höher als der Zinseszins dieser Schulden, kann langfristig nicht funktionieren und führt zu einem wachsenden und problematischen Ungleichgewicht zwischen Schuldner (USA) und Gläubiger (u.a. China). Auf der anderen Seite gibt es zahlreiche Entwicklungs- und Schwellenländer in Afrika und Lateinamerika, welche auf Dollarschulden sitzen. All diese „Assets und Liabilities“ sind von Änderungen des Dollarzinses und des Dollarwechselkurses signifikant betroffen. Beispielsweise bedeuten eine Erhöhung des Dollarzinses und die damit einhergehende Wechselkursaufwertung des Dollar einen massiven Anstieg der Realschuld von Entwicklungsländern. So führte bspw. der starke Dollaranstieg Anfang der 80er Jahre die Länder Brasilien, Argentinien und Mexiko in kürzester Zeit in eine fatale Schuldenkrise mit den Folgen massiver Kapitalflucht aus diesen Ländern. Während die gut wachsenden lateinamerikanischen Länder durch die gestiegenen Rohstoffpreise in den 70ern (Stichwort: Ölkrisen) immer höhere Liquiditätsengpässe verzeichneten, um ihr hohes Wachstum aufrecht zu erhalten, wurden die Erdöl exportierenden Länder hingegen mit Finanzmitteln geradezu überschwemmt. OPEC-Länder investierten ihr Geld bei internationalen Banken, welche diese Gelder wiederum in Form von Krediten in Lateinamerika anlegten. Dieser Vorgang wird auch als Petro-Dollar-Recycling bezeichnet. Währenddessen stieg der Realzinssatz der verschuldeten Länder stetig an, wobei er Anfang der 80er innerhalb eines Jahres von einem negativen Niveau (die Rückzahlungen sind billiger als die Neuverschuldungssummen) zu einem stark positiven anstieg; die Differenz betrug in etwa 20 Prozent. Der Grund für die plötzliche US-Dollar-Aufwertung hatte mit der hohen Inflation innerhalb der Vereinigten Staaten zu tun; das innenpolitische Interesse war in kürzester Zeit von einer Niedrigzinspolitik zu einer Hochzinspolitik umgeschlagen. Die betroffenen Länder gingen 1982 in Bankrott. Dies war die erste große internationale Finanzkrise nach dem Zusammenbruch der festen Wechselkursordnung Bretton Woods gewesen; weitere sollten folgen.

[...]


[1] Vgl. Schulmeister 2000: „Globalization without global money: the double role of the dollar as national currency and world currency“

Ende der Leseprobe aus 31 Seiten

Details

Titel
Das schwarze Gold
Untertitel
Hintergründe zur Entwicklung auf dem globalen Erdölmarkt
Hochschule
Wirtschaftsuniversität Wien  (Institut für Wirtschaftspädagogik / Department für Management)
Veranstaltung
Didaktik der Volkswirtschaftslehre
Note
Sehr Gut
Autor
Jahr
2008
Seiten
31
Katalognummer
V138046
ISBN (eBook)
9783640475308
ISBN (Buch)
9783640475230
Dateigröße
2897 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ölpreis, Finanzkrise, Rohstoffpreise, Volatilität, US-Dollar, Öl, Ölindustrie, Spekulation
Arbeit zitieren
Manfred Rohm (Autor:in), 2008, Das schwarze Gold, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/138046

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Das schwarze Gold



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden