Inwiefern unterscheiden sich die sozialen Rollen als Opfer und Täter hinsichtlich ihrer Versöhnungsbereitschaft? Besonders die Empathie scheint dabei einen bedeutenden Einfluss auf die Beziehung zwischen zwei Personen, auch im Hinblick auf Konflikte, zu haben. Unterscheiden sich Opfer und Täter womöglich in der Empathie, die sie füreinander aufbringen können – und steht diese Empathie füreinander in Verbindung mit der Versöhnungsbereitschaft? Diese Fragen wurden in der vorliegenden Arbeit untersucht.
Um einer Eskalation von psychischer und physischer Gewalt vorzubeugen, ist nach einem Unrecht dauerhafte Versöhnung essentiell. Um die Bereitschaft zu Versöhnung zu erhöhen, müssen laut dem Bedürfnisbasierten Modell der Versöhnung von Shnabel und Nadler (2008) die rollenspezifischen Bedürfnisse von Opfern und Tätern erfüllt werden. Dabei ist jedoch der direkte Einfluss der sozialen Rolle als Opfer oder Täter auf die Versöhnungsbereitschaft und das Versöhnungsziel sowie die Rolle von Empathie gegenüber dem Konfliktpartner –situationale Empathie – innerhalb des Modells noch nicht erforscht. Aufgrund der rollenspezifischen Bedürfnisse vermutete ich, dass Opfer eine geringere Versöhnungsbereitschaft und ein weniger inniges Versöhnungsziel sowie geringere kognitive und affektive situationale Empathie dem Täter gegenüber aufweisen. Des Weiteren erwartete ich einen positiven Zusammenhang zwischen situationaler Empathie und Versöhnungsbereitschaft bzw. Versöhnungsziel. Diese Hypothesen untersuchte ich experimentell innerhalb einer Onlinestudie, an der 582 Probanden teilnahmen. Dabei konnte ich alle Hypothesen – sowohl die Wirkung der sozialen Rolle auf die situationalen Empathie, die Versöhnungsbereitschaft und das Versöhnungsziel als auch die Zusammenhangshypothesen zwischen situationaler Empathie und Versöhnungsbereitschaft sowie Versöhnungsziel – durch meine Ergebnisse stützen. Zukünftig soll auf diesen Ergebnissen aufbauend eine mögliche kausale Wirkung von Empathie auf Versöhnungsbereitschaft sowie weitere Wirkfaktoren innerhalb des Bedürfnisbasierten Modells untersucht werden. So könnten nachfolgend passende Empathieinterventionen möglicherweise die Versöhnungsbereitschaft erhöhen.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- 1. Einleitung
- 2. Forschungsstand
- 2.1. Versöhnung
- 2.2. Empathie
- 2.3. Zusammenhang zwischen Empathie und Versöhnungsbereitschaft sowie Versöhnungsziel
- 3. Methode
- 3.1. Stichprobe
- 3.2. Versuchsdesign
- 3.3. Versuchsablauf
- 3.4. Material
- 3.4.1. Manipulation der sozialen Rolle
- 3.4.2. Operationalisierung der Versöhnungsbereitschaft
- 3.4.3. Operationalisierung des Versöhnungsziels
- 3.4.4. Operationalisierung der kognitiven und affektiven situationalen Empathie
- 4. Ergebnisse
- 4.1. Überprüfung der Manipulation
- 4.2. Unterschiede in der Versöhnungsbereitschaft
- 4.3. Unterschiede im Versöhnungsziel
- 4.4. Unterschiede in der situationalen Empathie
- 4.5. Zusammenhang von situationaler Empathie und Versöhnungsbereitschaft sowie Versöhnungsziel
- 5. Diskussion
- 5.1. Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse
- 5.2. Limitationen
- 5.3. Ausblick
- 5.4. Fazit
- 6. Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Die vorliegende Arbeit untersucht den Einfluss der sozialen Rolle als Opfer oder Täter auf die Versöhnungsbereitschaft und das Versöhnungsziel sowie auf die kognitive und affektive situationale Empathie. Zudem analysiert die Arbeit den Zusammenhang zwischen Versöhnungsbereitschaft sowie Versöhnungsziel und kognitiver bzw. affektiver situationaler Empathie. Die Studie basiert auf dem Bedürfnisbasierten Modell der Versöhnung von Shnabel und Nadler (2008) und untersucht, ob die rollenspezifischen Bedürfnisse von Opfern und Tätern einen Einfluss auf die Versöhnungsbereitschaft und das Versöhnungsziel haben. Darüber hinaus wird der Einfluss von Empathie auf die Versöhnungsbereitschaft und das Versöhnungsziel analysiert.
- Das Bedürfnisbasierte Modell der Versöhnung (NBMR)
- Die Rolle von Empathie in Versöhnungsprozessen
- Die Auswirkungen der sozialen Rolle als Opfer oder Täter auf die Versöhnungsbereitschaft
- Der Einfluss der sozialen Rolle auf das Versöhnungsziel
- Der Zusammenhang zwischen situationaler Empathie und Versöhnungsbereitschaft
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
Die Einleitung führt in das Thema Versöhnung und die Relevanz von dauerhafter Versöhnung nach einem Unrecht ein. Sie stellt die Forschungsfrage nach der Wirkung der sozialen Rolle als Opfer oder Täter auf die Versöhnungsbereitschaft und das Versöhnungsziel sowie die Rolle von Empathie in diesem Kontext.
Der Forschungsstand beleuchtet verschiedene Aspekte der Versöhnung und Empathie, insbesondere im Kontext des Bedürfnisbasierten Modells der Versöhnung. Es werden rollenspezifische Bedürfnisse von Opfern und Tätern sowie deren Einfluss auf die Versöhnungsbereitschaft und das Versöhnungsziel diskutiert. Außerdem werden die beiden Komponenten der Empathie, kognitive und affektive Empathie, sowie deren mögliche Verbindung mit der Versöhnungsbereitschaft erläutert.
Die Methode beschreibt die Durchführung der Online-Studie, die Stichprobenziehung, das Versuchsdesign und den Versuchsablauf. Es werden die verwendeten Messinstrumente für die relevanten Konstrukte, wie z.B. die Versöhnungsbereitschaft, das Versöhnungsziel und die situationale Empathie, vorgestellt.
Schlüsselwörter (Keywords)
Die zentralen Schlüsselwörter der vorliegenden Arbeit sind Versöhnung, Empathie, Opfer, Täter, Bedürfnisbasiertes Modell der Versöhnung, situationale Empathie, Versöhnungsbereitschaft und Versöhnungsziel.
- Quote paper
- Karina Hagemann (Author), 2018, Das bedürfnisbasierte Modell der Versöhnung. Zusammenhang von situationaler Empathie und Versöhnungsbereitschaft bei Opfern und Tätern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1382358