Wege zur Verbreitung technologischer Kenntnisse

Industriespionage in Großbritannien


Hausarbeit, 2009

16 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Begriffsklärungen
2.1 Wirtschaftsspionage
2.2 Patentrecht
2.3 Überblick über die Industrialisierung

3. Wege zur Beschaffung technologischer Kenntnisse
3.1 Industriespionage in England
3.2 Industriespionage in Deutschland

4. Ein Fallbeispiel: Die Geschichte der Spinnerei Cromford in Ratingen
4.1 Cromford Mill in England
4.2 Brügelmanns Fabrik in Ratingen

5. Schlussbetrachtung

6. Literatur

1. Einleitung

Beschäftigt man sich mit dem Thema des Pauperismus des frühen 19. Jahrhunderts in Deutschland spielt natürlich auch die Entwicklung der Wirtschaft in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle. Ein Aspekt, der dabei nicht vernachlässigt werden darf, ist die Industriespionage, da sie in allen Epochen die Wirtschaft beeinflusste.

Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts ließ sich in England in allen Industriezweigen eine Zunahme an neuartigen Technologien verzeichnen, die die Produktivität erheblich steigerten. Im Textilsektor führten die Erfindung des Schnellschützen, der „spinning jenny“ und der „waterframe“ zu Produktionssteigerungen, die Dampfmaschine ermöglichte massive Fortschritte im Kohleabbau, der Schwerindustrie und der Verkehrsindustrie. Da all diese Innovationen jedoch in England entwickelt worden waren, zeigte sich bald ein deutliches Produktivitätsgefälle zum übrigen Europa, so dass eine Notwendigkeit zur nachholenden Entwicklung entstand. Dies geschah häufig auf illegalem Wege, die englischen Innovationen gelangten meist durch Industriespionage nach Deutschland.

Darum möchte ich mich in dieser Arbeit mit der Thematik der Wirtschaftskriminalität im 18. Jahrhundert auseinandersetzen. Ich habe neben den Fächern Geschichte und Anglistik außerdem einige Semester Textiles Gestalten studiert, wo das Thema Industrialisierung natürlich ebenfalls eine Rolle spielte. Der Schwerpunkt lag dort auf dem textilen Sektor der Industrialisierung, so dass ich über diesen Aspekt einige Vorkenntnisse erwerben konnte. In diesem Zusammenhang bin ich 2006 auf den deutschen Industriellen Johann Gottfried Brügelmann gestoßen, der in Ratingen die erste Fabrik des Kontinents errichtete, die vollständig auf der von dem Engländer Richard Arkwight erdachten Technik basierte. Die Selbstverständlichkeit, mit der Brügelmann die Erfindung seines Vorbildes kopierte und auch noch ein eigenes Patent in Deutschland dafür anmelden wollte, hatte mich schon damals fasziniert. Daher war es für mich nahe liegend nun das Thema Industriespionage zu wählen und mich erneut mit seiner Person zu beschäftigen. Ich möchte an seinem Beispiel zeigen, wie groß der Einfluss Englands auf die Entwicklung der deutschen Industrie war, zugleich aber auch festhalten, dass die Industriespionage ein enorm wichtiger Faktor dabei war.

Im Rahmen dieser Arbeit werde ich zunächst knapp erläutern, was unter Wirtschaftsspionage zu verstehen ist und einen kurzen Überblick über die Entwicklung der Industrialisierung in Europa geben. Außerdem werde ich kurz auf das Patentrecht und seine Entstehung eingehen. Anschließend daran werde ich die verschiedenen Methoden, mit denen Informationen zur technischen Entwicklung für deutsche Industrielle beschafft wurden, schildern sowie auf das Problem der Spionage innerhalb Deutschlands eingehen. Zum Schluss werde ich dann die Geschichte der Textilfabrik in Ratingen, als ein Beispiel für die erfolgreiche Informationsbeschaffung und Anwendung der neuen Technik, genauer beleuchten.

Als Quellen zu diesem Thema liegen mir leider nur das Bittgesuch Brügelmanns an den Kurfürsten und dessen Antwort vor. Ansonsten beruhen meine Ausführungen auf Sekundärliteratur. Im Wesentlichen habe ich mich dabei auf das Werk von Dr. Werner Kroker gestützt, der sich bereits sehr ausführlich mit der Industriespionage, vor allem zwischen Deutschland und England beschäftigt hatte. Ebenfalls sehr interessant war der Beitrag zur Reihe kleiner Schriften des Verbandes Rheinischer Industriemuseen von Michael Klepsch und Helge Reisel, die sich speziell dem Fall Brügelmann gewidmet haben.

2. Begriffsklärungen

2.1 Wirtschaftsspionage

Zunächst ist anzumerken, dass die Begriffe Industriespionage und Wirtschaftsspionage zwei unterschiedliche Bereiche einer Sache bezeichnen. Unter beidem versteht man den illegalen Erwerb technischen Wissens, deren Ziel es ist, sich durch frühen Erhalt der Informationen einen Vorteil zu verschaffen. Bei Wirtschaftsspionage ist jedoch der Staat der Akteur, der seine Mittel und Methoden, wie etwa seine Nachrichtendienste, zur Verfügung stellt, auch wenn er nicht zwingend der Nutznießer der Spionageergebnisse sein muss.[1] Bei der Industriespionage dagegen erfolgt die Aneignung durch eine privatwirtschaftliche Institution oder eine Privatperson, die meist auch selbst Nutzer der beschafften Informationen ist.[2] Da diese Arbeit sich mit der Verbreitung technologischer Kenntnisse durch Privatpersonen beschäftigen wird, wird im Folgenden der Begriff Industriespionage verwendet werden.

2.2 Patentrecht

Unter einem Patent versteht man eine Urkunde, die dem Inhaber die alleinige Nutzung einer Erfindung garantiert.[3] Die ersten Erwähnungen von Patenten in Europa finden sich bereits im 14. Jahrhundert. 1351 wurde im bambergischen Kärtner Lavanttal das erste Privileg für Neuerungen im Bereich der Wasserkünste erteilt, 1374 folgte in Salzburg ein ähnliches Dokument für Technische Errungenschaften im Montanbau. In Venedig tauchte 1474 schließlich das erste moderne Patent auf: Es wurde ein Gesetz erlassen, dass jedem Erfinder nach der Anmeldung seiner Entwicklung einen zehnjährigen Schutz gegen die Nachahmung seiner Idee ohne seine Genehmigung zusicherte.[4] Erteilt werden konnten diese Patente durch Territorialherren oder den Kaiser.

Nachdem während der Französischen Revolution Zunft- und Privilegienwesen abgeschafft wurden, wurde dennoch 1791 das Eigentum eines Tüftlers an seiner Erfindung rechtlich anerkannt. 1815 wurde in Preußen eine gesetzliche Regelung für die Erteilung von Patenten geschaffen. Das erste deutsche Patentgesetz wurde am 25.05 1877 erlassen und zugleich ein Reichspatentamt in Berlin eingerichtet, das die Anträge überprüfte. Die so erteilten Patente hatten eine Schutzdauer von 15 Jahren.[5]

2.3 Überblick über die Industrialisierung

Wie bereits erwähnt, nahm die Industrialisierung ihren Anfang in England. Bis dahin hatten Heimgewerbe und Verlagswesen die Wirtschaft geprägt.[6] In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gab es jedoch eine Zunahme an Erfindungen, die die Prozesse, die bis dahin in Handarbeit erledigt werden mussten, mechanisierten. Zudem wurden neue Methoden der Antriebskraft entwickelt, so dass man auf die menschlichen und tierischen Körperkräfte nicht mehr angewiesen war. Den Anfang machte John Key bereits 1733 mit der Entwicklung des “flying shuttle“, ihm folgte 1764 James Hargreaves mit der „Spinning Jenny“, die 1769 von Richard Arkwirght zur „waterframe“ weiter entwickelt und 1779 von Samuel Crompton erneut verbessert wurde. 1785 entwickelte Ermund Cartwright den mechanischen Webstuhl.[7]

Die erste industriell genutzte Dampfmaschine wurde 1712 von Thomas Newcomen entwickelt, 1769 gelang es James Watt ihre Leistung stark zu erhöhen, wofür er 1771 das Patent erhielt. Die erste kommerzielle Nutzung der Dampfmaschine folgte 1775.[8]

Erste Ausläufer der Industrialisierung fanden sich schon gegen Ende des 18. Jahrunderts im deutschen Reich mit der Fabrik des schon erwähnten Brügelmanns 1784 oder der in Betriebnahme der ersten Dampfmaschine in Hettstedt im folgenden Jahr. Eine wirkliche, flächendeckende Ausbreitung war erst ab den 1830er Jahren erkennbar. Dann aber gewann die Industrialisierung an Schwung und die Entwicklung in Deutschland kam in Gang.[9]

3. Wege zur Beschaffung technologischer Kenntnisse

Wie bereits im vorhergehenden Abschnitt ausgeführt, wurde ein Großteil der technischen Innovationen, die zu den großen wirtschaftlichen Aufschwüngen der Industrialisierung führte, in England entwickelt. Deshalb gerieten die Länder auf dem Kontinent, auch Deutschland, in den Rückstand, den sie nur durch ähnliche technische Entwicklungen aufzuholen in der Lage waren. Da eigene Entwicklungsversuche aber scheiterten, wurde es in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts immer üblicher für versierte Industrielle, sich in England über die technischen Neuerungen zu informieren.

An dieser Stelle soll detailliert beschrieben werden, auf welche Weise die deutschen Industriellen versuchten, sich die benötigten Informationen zu beschaffen und welche Gegenmaßnahmen England traf.

[...]


[1] Wolff 2009, S. 9/10

[2] Ebd., S. 10/11

[3] Vgl. dtv-Lexikon, Art. Patentrecht

[4] Vgl. Ludwig, LexMA Online, 2004

[5] Vgl. dtv-Lexikon 2006, Art. Patentrecht

[6] Vgl. Ziegler 2005, S. 35

[7] Vgl. Pierenkämper 1996, S. 16, S. 194

[8] Ebd., S. 194

[9] Rürup 1992, S. 62/63

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Wege zur Verbreitung technologischer Kenntnisse
Untertitel
Industriespionage in Großbritannien
Hochschule
Universität Osnabrück
Note
1,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
16
Katalognummer
V138329
ISBN (eBook)
9783640484324
Dateigröße
386 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wege, Verbreitung, Kenntnisse, Industriespionage, Großbritannien
Arbeit zitieren
Katharina Grafmüller (Autor:in), 2009, Wege zur Verbreitung technologischer Kenntnisse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/138329

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