Der Diskurs über die Erneuerung des Islams ist so alt wie der Islam selbst, da die Erneuerung (taǧdīd) in einem regelmäßigen Abstand von etwa hundert Jahren bereits in einem ḥadīṯ des Propheten Mohammed vorausgesagt wurde. Obwohl neuere Studien über die Azhar des 20. Jahrhunderts zu dem Schluss kommen, dass der Diskurs bis 2008 zum Erliegen gekommen sei, lässt sich vielmehr eine Wiederbelebung nach dem ägyptischen Staatsstreich vom Juni 2013 unter neuen Voraussetzungen feststellen. Nach dem Arabischen Frühling 2011, der Verschmelzung der religiösen und politischen Sphäre unter der ersten demokratisch gewählten ägyptischen Regierung aus Muslimbrüdern und salafistischen Parteien sowie der Schaffung eines Islamischen Staates im Irak und in Syrien wurde die Entpolitisierung der religiösen Sphäre in Ägypten zu einer der dringendsten Aufgaben der neuen Regierung unter Sīsī. Ziel dieses Beitrags ist es, die Wiederbelebung des taǧdīd-Diskurses zu beschreiben, wobei das Werk von Usāma al-Azharī, einem jungen Gelehrten der Azhar und Berater für religiöse Angelegenheiten des ägyptischen Präsidenten, sowie die Berichterstattung über den taǧdīd als Grundlage dienen. Die Kontextualisierung des von al-Azharī Anfang 2015 veröffentlichten Buchs - al-ḥaqq al-mubīn - innerhalb des Rahmens seiner akademischen und politischen Position bildet unter Berücksichtigung der auf Sayyid Quṭb zurückgehenden theoretischen Grundlagen des Islamismus den Schwerpunkt dieser Arbeit.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Usāma as-Sayyid al-Azharī
- Biografie und Werdegang
- Usāma al-Azharīs Position innerhalb der al-Azhar
- Usāma al-Azharīs Verhältnis zur ägyptischen Regierung
- Usāma al-Azharī und die Muslimbruderschaft
- Mediale Präsenz, Nutzung sozialer Medien und Rezeption in der Öffentlichkeit
- „Die offenkundige Wahrheit“ als Beitrag zum Erneuerungsdiskurs im Lichte des takfir als sozio-politischer Herausforderung
- al-haqqu l-mubinu fi r-raddi ‘alā man talā'aba bi-d-dīni
- takfir
- Definition, Ursprünge und Deutung
- ḥākimīya
- Die ğāhilīya und die göttliche Verheißung
- ģihād
- Die Anwendung des takfir-Gedankens aus historischer Perspektive
- Die Azhar und ihr Verhältnis zum takfir
- Hauptaussage des Buches
- Die Wiederbelebung des tağdīd-Diskurses
- Herkunft und Entwicklung des Begriffs
- Bedeutung und Entwicklung des tağdīd-Begriffs
- Akteure des tağdīd-Diskurses
- Fazit
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Wiederbelebung des tağdīd-Diskurses im Kontext der ägyptischen Gesellschaft nach dem Arabischen Frühling. Sie analysiert das Werk „al-ḥaqqu l-mubin“ von Usāma al-Azharī, einem jungen Gelehrten der Azhar, der zum präsidialen Berater für religiöse Angelegenheiten ernannt wurde. Die Arbeit beleuchtet die Positionierung des Buches innerhalb des Diskurses der Erneuerung des Islam, insbesondere im Hinblick auf die Herausforderung des takfir.
- Die Wiederbelebung des tağdīd-Diskurses im postrevolutionären Ägypten
- Die Rolle der Azhar als Hüterin der islamischen Tradition
- Die Bedeutung des takfir als sozio-politische Herausforderung
- Die Analyse des Werks „al-ḥaqqu l-mubin“ von Usāma al-Azharī
- Die Positionierung des Buches innerhalb des tağdīd-Diskurses
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung stellt den aktuellen Kontext des tağdīd-Diskurses dar und betont die Bedeutung der Azhar als Hüterin der islamischen Tradition. Sie beleuchtet die Relevanz des Diskurses im Lichte des islamistischen Extremismus und des takfir-Gedankens.
- Das Kapitel über Usāma al-Azharī widmet sich seiner Biografie und seinem Werdegang, analysiert seine Position innerhalb der Azhar und beleuchtet sein Verhältnis zur ägyptischen Regierung sowie zur Muslimbruderschaft. Es wird außerdem auf seine mediale Präsenz und die Rezeption seiner Ansichten in der Öffentlichkeit eingegangen.
- Das Kapitel „Die offenkundige Wahrheit“ als Beitrag zum Erneuerungsdiskurs im Lichte des takfir als sozio-politischer Herausforderung“ stellt den Inhalt des Buches „al-ḥaqqu l-mubin“ vor. Es beschäftigt sich mit der Definition, den Ursprüngen und der Deutung des takfir-Gedankens sowie dessen Anwendung in historischer Perspektive. Außerdem werden die Position der Azhar zum takfir und die Hauptaussagen des Buches von Usāma al-Azharī erörtert.
- Das Kapitel „Die Wiederbelebung des tağdīd-Diskurses“ befasst sich mit der Herkunftsgeschichte und der Entwicklung des Begriffs tağdīd sowie dessen Bedeutung und Entwicklung im Laufe der Zeit. Außerdem werden die Akteure des tağdīd-Diskurses vorgestellt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt zentrale Themen des tağdīd-Diskurses im Kontext der ägyptischen Gesellschaft. Wichtige Schlüsselwörter sind: tağdīd, Erneuerung, al-Azhar, Usāma al-Azharī, takfir, islamischer Extremismus, al-ḥaqqu l-mubin, Islamischer Staat, Islamismus, Muslimbruderschaft, ägyptische Regierung, politische und religiöse Sphäre.
- Arbeit zitieren
- Julia Falkenberg (Autor:in), 2017, Usāma al-Azharī. „Al-haqqu l-mubīn“ als Beitrag zur Wiederbelebung des taǧdīd-Diskurses, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1384038