Finanzpolitik in einer Währungsunion: Der Stabilitätspakt

Wirtschaftspolitik, insbesondere Finanzpolitik


Seminararbeit, 2008

17 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Funktionsweise des Stabilitäts- und Wachstumspakts
2.1 Inhalt des Stabilitäts- und Wachstumspakts
2.1.1 Haushaltspolitische Überwachung
2.1.2 Verfahren bei einem übermäßigen Defizit
2.2 Überarbeitung des Stabilitäts- und Wachstumspakts

3 Ökonomische Rechtfertigung des Stabilitäts- und Wachstumspakts
3.1 Wirtschaftliche Folgen einer überhöhten Verschuldung
3.2 Unterschiedliche stabilitätspolitische Theorien
3.2.1 Klassisches Modell
3.2.2 Keynesianisches Modell
3.3 Public-Choice-Theorie

4 Entwicklung der öffentlichen Verschuldung in der Eurozone

5 Ausblick

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Ein Land, das Mitglied in einer Währungsunion ist, sollte seine Wirtschafts- und Finanzpolitik nicht mehr ausschließlich nach nationalen Bedürfnissen ausrichten. Denn durch eine gemeinsame Währung wird die gegenseitige Abhängigkeit natio-naler Volkswirtschaften zusätzlich verstärkt. So kann eine langfristig wachsende Staatsverschuldung einzelner Staaten das Preis- und Zinsniveau im gesamten Währungsgebiet in die Höhe treiben – mit negativen Auswirkungen auf Wachs-tum und Beschäftigung für alle beteiligten Staaten.1 Um diese ökonomische Fehl-entwicklung zu vermeiden, vereinbarten die Mitgliedstaaten der Europäischen Union durch den Vertrag von Maastricht (1993) und den Stabilitäts- und Wachs-tumspakt2 (1997) die Einhaltung bestimmter Regeln und Verfahren. Der Stabili-tätspakt koordiniert die nationale Finanzpolitik der Mitgliedstaaten der Wäh-rungsunion, das heißt, er sorgt für die Überwachung aller politischen Maßnahmen, die der Ordnung und Gestaltung der staatlichen Einnahmen und Ausgaben dienen. Mit seinen Regeln zur Begrenzung staatlicher Verschuldung soll er sowohl die Stabilität des Euro, als auch Wachstum und Beschäftigung in der Europäischen Währungsunion fördern. Ziel der Arbeit ist es, Aufschluss über die Funktionswei-se des Stabilitätspakts zu geben, sowie zur Diskussion über seine Zukunft anzure-gen. Es wird nicht näher auf die geschichtlichen Hintergründe zur Entstehung des Pakts eingegangen, da die ökonomischen Aspekte, die für eine stabilitätsorientier-te Finanzpolitik (und somit für einen Stabilitätspakt) sprechen, in dieser Arbeit im Vordergrund stehen.3 Der zweite Gliederungspunkt beschäftigt sich mit dem Auf-bau und Inhalt des Pakts. Danach werden die Bemühungen der Mitgliedstaaten der Eurozone, insbesondere der Bundesrepublik, bei der Umsetzung des Stabili-tätspakts analysiert. Zuletzt veranschaulicht ein Ausblick dessen Zukunft.

2 Funktionsweise des Stabilitäts- und Wachstumspakts

2.1 Inhalt des Stabilitäts- und Wachstumspakts

2.1.1 Haushaltspolitische Überwachung

Das Ziel des Stabilitätspakts liegt in der Vermeidung übermäßiger Defizite in der Eurozone.4 Es gelten zwei Kriterien zur Wahrung finanzwirtschaftlicher Stabilität: Zum einen wird das Verhältnis des geplanten oder tatsächlichen öffentlichen De-fizits zum Bruttoinlandsprodukt (Defizitquote) überprüft, zum anderen zusätzlich das Verhältnis des öffentlichen Schuldenstandes zum Bruttoinlandsprodukt (Schuldenquote). Das Überschreiten eines der beiden Referenzwerte (3 % für die Defizitquote bzw. 60 % für die Schuldenquote) bedeutet eine Verletzung des Sta-bilitätspakts. Nur im Falle „außergewöhnlicher Umstände“, zum Beispiel einer Naturkatastrophe oder einem schwerwiegenden Wirtschaftsabschwung (Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts um mindestens 2 %), ist eine Abweichung von den vorgegeben Referenzwerten möglich.5

Der Pakt enthält zwei Komponenten. Eine präventive Komponente, welche die haushaltspolitische Überwachung der betreffenden Länder vorschreibt. Der Euro-päischen Kommission müssen jährlich Stabilitätsprogramme (Mitgliedsländer der Eurozone) bzw. Konvergenzprogramme (Länder außerhalb der Eurozone) vorge-legt werden, die folgende vorgeschriebene Punkte beinhalten:6

- Erreichung des mittelfristigen Ziels eines ausgeglichenen Haushalts (Ein-nahmen des öffentlichen Haushalts = Ausgaben des öffentlichen Haus-halts) oder eines Überschusses (Einnahmen > Ausgaben), sowie den An-passungspfad in Richtung auf dieses Ziel und die voraussichtliche Ent-wicklung der Schuldenquote.
- Die Hauptannahmen über die voraussichtliche wirtschaftliche Entwicklung einschließlich wichtiger ökonomischer Variablen (Wachstum, Beschäfti-gung, Inflation, etc.).
- Eine detaillierte Bewertung und Analyse der haushaltspolitischen und sonstigen laufenden oder geplanten wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die für die Erreichung der Programmziele relevant sind.
- Gegebenenfalls die Gründe für eine Abweichung von dem geforderten Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel.

Die Überprüfung der Stabilitäts- bzw. Konvergenzprogramme obliegt dem Rat der Europäischen Union, genauer dem Rat der Finanzminister (Ecofin) unter Aufsicht der Europäischen Kommission. Folgende Punkte sind vom Ecofin bei der Über-prüfung eines übermäßigen Defizits zu berücksichtigen:

- Sind die ökonomischen Annahmen, auf denen das mittelfristige Haus-haltsziel beruht, realistisch?
- Reichen die laufenden und/oder geplanten Maßnahmen aus, um das mittel-fristige Haushaltsziel zu erreichen?
- Erleichtern die in dem Programm enthaltenen Angaben die Koordinierung der Wirtschaftspolitik?
- Ist die Wirtschaftspolitik des betreffenden Mitgliedstaats mit den Grund-zügen der Wirtschaftspolitik vereinbar?

Sinn der präventiven Komponente des Pakts ist die frühzeitige Erkennung und Vermeidung eines übermäßigen Defizits (Frühwarnsystem/“Early Warning“). Stellt der Ecofin-Rat ein erhebliches Abweichen vom mittelfristigen Haushaltsziel fest, so richtet er eine Empfehlung, die notwendigen Anpassungsmaßnahmen zu ergreifen, an den betreffenden Mitgliedstaat. Die Empfehlung kann zudem öffent-lich gemacht werden, um die Regierung des potentiellen Stabilitätssünders unter Druck zu setzen und zum Handeln zu bewegen.

2.1.2 Verfahren bei einem übermäßigen Defizit

Kommt der Mitgliedstaat der Empfehlung nicht nach, woraufhin seine Defizit-und/oder Schuldenquote über die zugelassenen Referenzwerte steigt, so greift mit Einleitung des „Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit“ der zweite Grundpfei-ler des Pakts, die korrektive Komponente. Da bei der Prüfung kein Automatismus besteht, hat der Ecofin bei der Analyse der Daten und der Begründung für Staats-defizite einen Entscheidungsspielraum.7 Entscheidet der Rat der Finanzminister, dass ein „außergewöhnlicher Umstand“ vorliegt, der ein übermäßiges Defizit rechtfertigt, dann ist das Verfahren beendet. Liegen keine „außergewöhnlichen Umstände vor, muss das betreffende Land innerhalb von vier Monaten dokumen-tieren, wie es wieder in eine Haushaltslage geraten will, die den Vorgaben des Pakts entspricht. Dieser Bericht wird nochmals vom Ecofin geprüft. Das Verfah-ren ruht, wenn glaubwürdige Schritte in Richtung Haushaltskonsolidierung zu erkennen sind; eine erneute Aufnahme des Verfahrens ist allerdings möglich. Bleibt das Defizit bestehen und sind keine wirksamen Maßnahmen zu dessen Be-seitigung erkennbar, so kann die Europäische Kommission Empfehlungen veröf-fentlichen, wie das betreffende Land wieder zu einem ausgeglichenen Haushalt gelangen könnte. Ist danach immer noch keine Verbesserung der Haushaltslage erkennbar, tritt die letzte Stufe des Verfahrens in Kraft: Finanzielle Sanktionen, also die Verhängung von Geldstrafen, welche in Abhängigkeit der Wirtschafts-kraft eines Landes, wie folgt berechnet werden:8

- Fester Teil: 0,2% des Bruttoinlandsprodukts
- Variabler Teil: 0,1 multipliziert mit der Differenz zwischen zulässigem Defizit und tatsächlichem Defizit
- Maximale Geldstrafe: 0,5% des Bruttoinlandsprodukts

Der Stabilitätssünder muss die Geldstrafe unverzinslich bei der Europäischen U­nion hinterlegen. Die Sanktion kann jedoch wieder rückgängig gemacht werden, sofern die Prüfung der Haushaltszahlen nach zwei Jahren positiv ausfällt. Für den Fall eines immer noch bestehenden Defizits wird die Einlage jedoch in eine tat-sächliche Geldstrafe umgewandelt.

[...]


1 Vgl. Bundesministerium für Finanzen (URL1), S. 5.

2 Nachfolgend als Stabilitätspakt bezeichnet.

3 Eine detaillierte Beschreibung des Vertrags von Maastricht, der den Weg der Europäischen Wäh-rungsunion ebnete und auf dem der Stabilitätspakt aufbaut, findet sich bei Wentzel, S. 310-317.

4 Vgl. Donges, et. al. (2005), S.15-16.

5 Vgl. Wentzel (2004), S. 322.

6 Vgl. O. Verf. (URL1), 30.11.2008.

7 Vgl. Wentzel (2004), S. 322.

8 Beispiel: Ein Land hat eine Defizitquote von 4% des BIP. Zulässig sind aber nur 3 %. Der vari­able Teil der Strafe wäre also 0,1 * (4 – 3) % des BIP.

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Details

Titel
Finanzpolitik in einer Währungsunion: Der Stabilitätspakt
Untertitel
Wirtschaftspolitik, insbesondere Finanzpolitik
Hochschule
Hochschule Pforzheim
Note
1,7
Autor
Jahr
2008
Seiten
17
Katalognummer
V138578
ISBN (eBook)
9783640474301
ISBN (Buch)
9783640474424
Dateigröße
442 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wirtschaftspolitik, Finanzpolitik, Stabilitätspakt, Währungsunion, Euro, Vertrag von Maastricht
Arbeit zitieren
Daniela Dahs (Autor:in), 2008, Finanzpolitik in einer Währungsunion: Der Stabilitätspakt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/138578

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