... Frank Stella hat sich, abgesehen von seiner Schulzeit, in der er gegenständlich gemalt hatte, der abstrakten Kunst zugewandt. Stella wollte kein „relational painting“. Keine Spannung zwischen Vorder- und Hintergrund, zwischen Haupt- und Nebenmotiven. Er wollte ein „non-relational painting“, welches selbständig bestehen kann, ohne Verweischarakter und ohne Bezug zu einer außerbildlichen Welt. Mit seiner Serie der Black Paintings gelang ihm die Verwirklichung des „non-relational-painting“. Die zweidimensionalen Streifenbilder, seine Black Paintings, sind frei von beziehungsstiftenden Relationen. In der 1958 entstandenen Serie ordnet Stella regelmäßige Linien an.
Um 1960 begann Stella mit beliebig geformten Bildträgern zu experimentieren, was zur Folge hatte, dass er das klassische Bildformat überwand. Die Serie, die dabei entstand bezeichnete Stella als shaped canvases, was soviel bedeutet wie „geformte Leinwände“. Im Gegensatz zu einem Tafelbild, welches durch seine äußere Form die innere Struktur bestimmt, bestimmt bei einem shaped canvas die innere Struktur die äußere Form. Stella löste sich mittels dieser Serie vom traditionellen rechtwinkligen Leinwandformat und von der scheinbaren Begrenzung der zweidimensionalen Malerei durch die Komponente des Raumes. Aufgrund dieser neuartigen und ungewohnten Kombination von Malerei und Skulptur wurde Stella zum Mitbegründer einer neuen Kunstauffassung.
Ein shaped canvas verlässt die Leinwand als rechteckiges Gebilde und ermöglicht somit absonderliche Formen, die von der inneren Struktur bestimmt wird. Die shaped canvases strukturieren V-Formen, die sowohl in ihrer Gesamtform als auch in ihrer Farbe unterschiedlich sein können. Stellas shaped canvas „Quathlamba“ von 1964 ist ein Gebilde aus drei V-Formen, die Seite an Seite aneinandergefügt sind. Das Gesamtphänomen besteht als ein Gebilde aus 13 Ecken. Das Gebilde nimmt also nicht eine Form von 13 Ecken in sich auf, wie beispielsweise ein Tafelbild eine bestimmte Figuration in sich aufnimmt, sondern die Gesamtform aus 13 Ecken ist identisch mit der Form des Bildträgers. Es handelt sich dabei um eine buchstäbliche, tatsächliche Formgegebenheit, die Stella als literal shape bezeichnet. Im Gegensatz zum literal shape gibt es noch den depicted shape. Ein solches ist eine gemalte Form, die innerhalb eines vorgegebenen Formträgers auftritt und mit dessen Form nicht übereinstimmt. ...
Inhaltsverzeichnis
1. Frank Stellas Kunst und die amerikanische Kunst in den 1960er Jahren. Ein Ausblick auf die vorliegende Hausarbeit.
2. Das 20.Jahrhundert. Der Weg zu einer abstrakten Kunst.
3. Frank Stella und die neue Kunstauffassung.
3.1 Frank Stellas shaped canvases. Eine Neuerung in der Kunst.
3.2 Über die Deutung und Bedeutung gegenständlicher und nichtgegenständlicher Kunst. Ein Kontrast.
4. Fazit der Hausarbeit
1. Frank Stellas Kunst und die amerikanische Kunst in den 1960er Jahren. Ein Ausblick auf die vorliegende Hausarbeit.
Die vorliegende Hausarbeit gibt einen übersichtartigen Einblick in die bildende Kunst Amerikas im 20.Jahrhundert und zeigt den Wandel und die Probleme zu einer abstrakten Kunst auf sowie deren weitere Entwicklung.
In den dreißiger Jahren noch war eine abstrakte Kunst in Amerika eher unerwünscht. Die amerikanischen Künstler, die sich der abstrakten Kunst zuwandten standen ohne Rückenhalt da, weder die Regierung, noch das Publikum unterstützte ihre Ideen. Aber die dreißiger Jahre waren auch die Zeit des Wandels. Viele Europäer kamen nach Amerika, die eine andere Aufmerksamkeit ihrer Kunst genossen hatten. Gemeinsam wurde die abstrakte Kunst „verteidigt“.[1]
Frank Stella war ein Wegbegleiter der abstrakten Kunst. Er selbst experimentierte mit Farbe und Form, was zur Folge hatte, dass er das „klassische“ Leinwandformat überwand. Die Werke bei denen er das klassische, rechteckige Leinwandformat verlässt, nennen sich shaped canvases[2]. Mittels ihnen kam es zu einer neuen Kunstauffassung[3]. Auf diese shaped canvases wird in dieser Arbeit gesondert eingegangen.
Mit den Neuerungen in den künstlerischen Techniken, unter anderen den shaped canvases sowie der Hinwendung zu einer nichtgegenständlichen Kunst wurden vor allem Fragen zur Deutung und Bedeutung solcher Werke laut. Können Künstler mit solchen abstrakten, sogar nichtgegenständlichen Bildern einen Sinn verfolgen? Ab welchem Abstraktionsgrad ist eine gegenständliche Deutung des Kunstobjektes nicht mehr möglich? Welchen Sinn haben solche nichtgegenständlich zu deutenden Werke? Auch auf zahlreiche Werke Stellas kommen diese Fragen zu, viele von ihnen sind abstrakt, nichtgegenständlich. Seine Bilder „Faguache“ und „Ifafa II“ beispielsweise veranschaulichen die eben genannten Fragestellungen.
Des weiterem hat Stella in den sechziger Jahren ein Plakat für das Lincoln Center Festival ´67 produziert. Nicht nur die abstrakte Kunst, auch die Plakatkunst stand dieser Zeit hoch im Kurs.
2. Das 20.Jahrhundert. Der Weg zu einer abstrakten Kunst.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden erstmals Ausstellungen europäischer Maler der Moderne in den USA gezeigt[4]. So kamen amerikanische Kunststudenten in Kontakt mit Werken Paul Cézannes, mit denen Pablo Picassos, mit Werken der Fauvisten und den ersten Tendenzen der abstrakten Kunst[5]. Nach dem 1. Weltkrieg nahmen die Amerikaner kurze Zeit Anteil an verschiedenen Strömungen des Kubismus[6]. In den dreißiger Jahren wurde eine abstrakte Kunst in Amerika weitestgehend abgelehnt, da sie keine erkennbare soziale Botschaft enthielt[7]. Es wurden Werke bevorzugt, die entweder ein unbeschwertes Leben vortäuschten oder dem entgegen die Beschwernisse dieser Zeit aufzeigten[8]. Künstler, die sich der Abstraktion zuwandten fanden wenig Unterstützung bei der Schaffung einer nichtgegenständlichen Kunst, welche über den Kubismus hinausging[9]. Andererseits waren die dreißiger Jahre eine Zeit des dynamischen Wandels in der Kunst Amerikas[10]. Es kamen zahlreiche Künstler aus Europa, die aufgrund politischer Verfolgung geflohen waren und suchten in Amerika Zuflucht[11]. Die wenigen amerikanischen abstrakten Künstler, die von der Regierung keineswegs gefördert und vom Publikum im Stich gelassen wurden, taten sich mit den europäischen Künstlern, die aus einer Kultur kamen, die Künstler respektierte zusammen und verteidigten gemeinsam ihre Kunst[12].
Die amerikanische Malerei entfernte sich in zwei Richtungen von der gegenständlichen Kunst. Der Einfluss von Piet Mondrian führte zu einer geometrischen Abstraktion. Unter dem Einfluss Pablo Picassos kam es zu biomorphen Figurationen, deren Ursprünge im Dadaismus und im Surrealismus liegen. Die biomorphe Malerei ist gestalthaft und zeigt Formen, die von Lebendigen abgeleitet sind und in einem dreidimensional gedachten Raum angeordnet sind. Die Künstlergruppe, die durch Piet Mondrian beeinflusst wurde, unterteilte die Leinwand in waagerechte sowie senkrechte geometrische Formen und füllte die Flächen mit Primärfarben. Es entsteht der Begriff der „geometrischen Abstraktion“, welcher die Unterteilung eines Gemäldes in geometrische Felder und die Verwendung geometrischer Formen als Kompositionselement beinhaltet. Die geometrischen Formen ermöglichen einen geordneten Bildaufbau.[13] Ende der vierziger Jahre entwickelte Barnett Newman eine einflussreiche philosophische Theorie, dass es in der Malerei auf die wesentlichen Merkmale, nämlich Farbe, Linie, Form und Raum ankäme[14]. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg bildete eine Gruppe junger New Yorker Künstler eine US-amerikanische Bewegung, den abstrakten Expressionismus, der auch großen Einfluss auf ausländische Künstler haben sollte[15]. Zu wichtigen Vertretern der Bewegung zählten Jackson Pollock, Willem de Kooning und Mark Rothko[16]. Die nächste Künstlergeneration bevorzugte eine völlig andere Form der Abstraktion, der Arbeit aus Medienmix[17]. Sie verwenden Fotos, Zeitungsausschnitte und Abfall-Objekte[18]. Pop-Künstler wie Andy Warhol reproduzierten Alltagsgegenstände und Bilder der US-amerikanischen Popkultur wie Coca-Cola Flaschen, Suppendosen oder Comics[19]. Neue Werke entstehen hauptsächlich als Beitrag zur fortlaufenden Diskussion über die Definition von Kunst[20]. Die Künstler des Abstrakten Expressionismus verliehen der amerikanischen Nachkriegsmalerei mit ihrer gestischen Maltechnik und kraftvollen Farbgebung neue Impulse[21]. Jackson Pollock entwickelte eine Technik, bei der er Farbe aus Dosen und vom Pinsel auf riesige Leinwände tropfen ließ und anschließend durch Körperbewegungen Muster entstehen ließ[22]. Diese Technik ist bekannt unter dem Begriff dripping[23]. Einen geometrischen Stil vertrat Ad Reinhardt, der, beeinflusst von Piet Mondrian und Rothko, schwarz abgetönte Rechtecke malte[24]. Reinhardt galt als einer der Vorläufer der Minimal Art[25].
[...]
[1] vgl. ARMSTRONG, Tom: Amerikanische Malerei 1930-1980, München 1981
[2] vgl. Hrsg. Unbekannt: Frank Stella. Werke 1958-1976, Bielefeld 1977
[3] vgl. Hrsg. Unbekannt: Frank Stella. Werke 1958-1976, Bielefeld 1977
[4] vgl. http://de.encarta.msn.com/encyclopedia_761563773_5/ Amerikanische_Kunst_und_Architektur.html, vom : 11.März 2008 18.35Uhr
[5] vgl. ebd.
[6] vgl. ebd.
[7] vgl. ARMSTRONG, Tom: Amerikanische Malerei 1930-1980, München 1981, S.59
[8] vgl. ebd.
[9] vgl. ebd.
[10] vgl. ARMSTRONG, Tom: Amerikanische Malerei 1930-1980, München 1981, S.85
[11] vgl. ebd.
[12] vgl. ARMSTRONG, Tom: Amerikanische Malerei 1930-1980, München 1981, S.85
[13] vgl. ARMSTRONG, Tom: Amerikanische Malerei 1930-1980, München 1981
[14] vgl. ARMSTRONG, Tom: Amerikanische Malerei 1930-1980, München 1981, S.60
[15] vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Kunst_in_den_Vereinigten_Staaten#Bildende_Kunst vom: 11.März 2008 18.35Uhr
[16] vgl. ebd.
[17] vgl. ebd.
[18] vgl. ebd.
[19] vgl. ebd.
[20] vgl. ebd.
[21] vgl. http://de.encarta.msn.com/encyclopedia_761563773_5/ Amerikanische_Kunst_und_Architektur.html, vom: 11.März 2008, 18.35Uhr
[22] vgl. ebd.
[23] vgl. ebd.
[24] vgl. ebd.
[25] vgl. ebd.
- Arbeit zitieren
- Tina Pfab (Autor:in), 2008, Frank Stella´s shaped canvases, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/139229