Zen-Buddhismus und Psychoanalyse

Geschichte, Gemeinsamkeiten und Unterschiede


Hausarbeit, 2009

26 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Kapitel I
Grundzüge, geschichtlicher Hintergrund und Entwicklung des Zen-Buddhismus und der Psychoanalyse

Historischer Kontext
Begründer und Schulen des Zen-Buddhismus
Grundzüge des Zen-Buddhismus
Begründer und Grundzüge der Psychoanalyse
Die Schulen
Die Ich-Psychologie
Das Unbewusste

Kapitel II
Praktiken im Vergleich
Praktiken der Psychoanalyse
Die Einzeltherapieform
Die Paar- oder Familientherapieform
Die Gruppentherapieform
Aufgaben des Psychoanalytikers_in
Praktiken des Zen-Buddhismus
Das Zazen - Körperhaltung und innere Haltung
Die Haltung und die Atmung
Das Satori-Erlebnis

Kapitel III
Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Einleitung

Heutzutage sind viele Menschen, nicht nur diesen Orts, gestresst. Die Menschen machen sich meiner Meinung mit ihrem Egoismus und ihrer Sucht nach materiellen Gütern gegenseitig krank. In einer kapitalistischen Gesellschaft wie der unsrigen ist es kein Wunder, dass der Wunsch nach innerer Befreiung, einer Befreiung von der Gesellschaft bestimmten Werten und Normen, immer größer wird. Viel zu sehr wird darauf geachtet, was „der andere“ macht, wie er sich kleidet, welches seine Vorlieben sind, viel zu sehr ist man auf seinen eigenen Vorteil aus. Die Menschen entwickeln Komplexe und Neurosen, sie sind ständig darauf bedacht, es „den anderen“ recht zu machen und unterwerfen sich sowohl bewusst als auch unbewusst so mancher Zwänge. So befinden wir uns in einem nicht besonders gesunden Strudel von negativen Gefühlen und nicht immer selbst bestimmten Verhaltensweisen. Der Gang zum Therapeut_in scheint mir genauso in Mode gekommen wie auch Gerede und Ausübung alternativer Methoden mit „mystischem Touch“ wie Yoga, Feng-Shui, Reiki, Qigong oder Meditation, um nur eine kleine Auswahl zu nennen, ist groß.

In dieser Arbeit möchte ich zwei Formen bzw. Wege menschlicher Befreiung von Zwängen behandeln und miteinander vergleichen, die sehr populär sind: zum einen geht es um die Psychoanalyse, die sich als Wissenschaft versteht, zum anderen geht es um den Zen - Buddhismus, den ich als Lebensphilosophie religiöser Gesinnung bezeichnen möchte. Beide Disziplinen[1] bieten uns einen Weg zur „Erlösung der Leiden“ an, doch wie sieht dieser Weg aus? Welche Praktiken gibt es zur Verwirklichung des Ziels der Genesung? Diese Fragen werden für diese Arbeit zentral sein.

Zu Beginn werde ich den jeweiligen geschichtlichen Hintergrund und die Grundzüge der jeweiligen Disziplin erläutern, bevor ich genauer auf die Praktiken eingehe. Abschließend werde ich die Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausarbeiten.

Kapitel I
Grundzüge, geschichtlicher Hintergrund und Entwicklung des Zen-Buddhismus und der Psychoanalyse

Um einen ersten Überblick über die Entwicklung jener Erscheinungsformen und deren vielfältigen Eigenschaften zu gewinnen, erachte ich es als sinnvoll, im Folgenden den jeweiligen geschichtlichen Hintergrund knapp aber präzise darzustellen. Da die Geschichte des Zen[2] sehr alt und komplex ist, werden hier die praktischen Übungen des Zen lediglich Erwähnung finden. Diesem Umstand versuche ich im darauf folgenden Kapitel Abhilfe zu verschaffen, in dem ich die beiden Disziplinen miteinander vergleichen werde. Der Schwerpunkt soll hier auf den Praktiken liegen.

Im Gegensatz zum Zen ist die Psychoanalyse mit ihren circa 114 Jahren sehr viel jünger, daher wird der geschichtliche Teil relativ kurz ausfallen. Dem Begründer der Psychoanalyse, Sigmund Freud, wird mit seinen Ideen und Theorien die meiste Aufmerksamkeit zukommen. Im Mittelpunkt sollen Freuds Ideen zur Ich-Psychologie und zum Unbewussten, die u.a. auch Erwähnung in den Aufsätzen Suzukis finden, der Zen „dem Westen“ näher brachte. Therapieanwendungen gehören zur Praxis der Psychoanalyse und werden, wie bereits erwähnt, im darauf folgenden Kapitel diskutiert.

Im folgenden Kapitel sollen sich bereits erste Gemeinsamkeiten oder Unterschiede zwischen den beiden Disziplinen feststellen lassen.

Historischer Kontext

Begründer und Schulen des Zen-Buddhismus

Bei der Betrachtung der Tradition des Zen müssen viele Umstände berücksichtigt werden. Man sollte sich darüber im Klaren sein, dass man aus „westlicher Sicht“ auf eine Tradition blickt, die aus „unserem“ Blickwinkel „fremd“ und sehr abstrakt erscheinen mag und nicht immer rational nachzuvollziehen ist. Weiter müssen regionale Unterschiede und somit Entwicklungen des Zen zwischen China und Japan und innerhalb der Länder an sich beachtet werden. Die Geschichte des Zen ist nicht eindeutig zu rekonstruieren, da sie sehr alt und von Sympathisanten der einen Strömung zum Nachteil einer anderen nicht immer wahrheitsgetreu ausgelegt wurde. Auch spielen politische, kulturelle und ökonomische Faktoren der jeweiligen Region bei der Entwicklung und Verbreitung des Zen eine große Rolle, wie sich zeigen wird.

Im Grunde genommen gehen alle Zen-Schulen auf Buddha[3] zurück, mit Bodhidharma (470- 535) beginnt die Tradition des Zen in China. Bodhidharma war laut Überlieferungen der 28.

indische und der 1. chinesische Patriarch. Sein Enkelschüler Huineng (638-713) veränderte ein Gedicht eines Mitschülers und wurde daraufhin als Nachfolger seines Meisters berufen:

„Erleuchtung hat gar keinen Baum, Noch gibt es einen Ständer mit einem klaren Spiegel. Die Buddhanatur ist immer rein und klar. Wo konnte sich da ein Staubkorn ansetzen?“[4]

Auf Huineng lassen sich alle späteren Zen-Schulen zurückführen.

Die Legende um den Meditationsbuddhismus beginnt also mit dem aus Südindien stammenden Brahmanen Bodhidharma im südlichen China. Er gilt im Zen als „Archetyp des Höhlen-Einsiedlers und Meisters, der unbeirrt nichts anderes sucht als das spontane, unmittelbare Erwachen zu einem Bewußtseinszustand jenseits der Dualitäten des Denkens.“[5] Bis zum jahr 589 n. Chr. war China in zwei völlig unterschiedliche Kulturräume geteilt: Der Norden wurde von wechselnden und miteinander rivalisierenden nicht-chinesischen Dynastien beherrscht, die im Austausch mit Zentralasien standen. In dieser Region herrschte ein eher positives Verhältnis zum „Fremden“, daher hatte es der Buddhismus, der aus dem Ausland kam, dort relativ einfach, sich zu etablieren.

Der Süden dagegen blieb einheitlich und relativ stabil unter chinesischer Herrschaft. Hier hatte es der Buddhismus schwerer, er musste sich verstärkt der klassischen chinesischen Kultur anpassen, um akzeptiert zu werden.

Die Entwicklung des Zen hing vor allem von den Patriarchen und ihren Schülern ab, die keine einheitlich und chronologisch nachvollziehbare Kette in der Entwicklung bildeten. Im Gegenteil, sie bildetet sich zeitgleich an verschiedenen Orten heraus, was die Geschichte des Zen schwer zu rekonstruieren macht.

Auch hatten, wie bereits erwähnt, politische Geschehnisse einen Einfluss auf die Entwicklung des Zen. Die schweren Verfolgungen des Buddhismus im Jahre 845 n. Chr. hatte das Zen besser als andere buddhistischen Schulen überstanden. Gründe dafür waren die dezentrale Organisation, die abseitige Lage der Klöster und die geringe Verstrickung der Mönche in die politischen Ereignisse der Städte und am kaiserlichen Hofe. Ende des 9. und Anfang des 10. Jh. n. Chr. blühten fünf Häuser des Zen. Die uns geläufigsten Schulen und während der Sung- Periode (1127 - 1279 n. Chr.) tonangebend waren die Traditionen des Meisters Lin-Chi (jap. Rinzai) und das Haus Tsao-Tungs (jap. Soto). Alle fünf Häuser bildeten in Stil, Meditationspraxis und Metaphysik je charakteristische Wege heraus. Die Schule des Lin-Chi beispielsweise zeichnet sich durch rigoroses Sitzen (jap. Zazen) und die Erzeugung psychischer Spannung (mittels systematischer Praxis des Koans) aus. Das Ziel dieser Üb ungen ist das plötzliche Erwachen, der „Durchbruch des Bewusstseins“, das Erkennen der Einheit der Welt.

Die Schule des Tsao-Tungs dagegen betont die vollkommene Durchdringung des erwachten Bewusstseins und des Alltäglichen:

„(…)die schweigende Sitzübung ist die gesammelte Wahrnehmung des Gewöhnlichen.“[6]

Auch wurde das Zen während dieser Periode zu einem wichtigen Träger der ästhetischen Entwicklung und zeichnete sich vor allem durch Bildung und literarischer Produktivität aus. Nach der Sung-Periode ist über die Entwicklung des Zen nur wenig bekannt. Sicher ist, dass der Buddhismus während der Ming-Periode (1368 - 1644 n. Chr.) seine prägende Kraft verlor und das Feld dem Neo-Konfuzianismus überließ, dem auch buddhistische Anschauungen innewohnten.

Nach Japan gelangte der Buddhismus bereits im 6 Jh. n. Chr. als teil eines zivilisatorischen Schubs, der Schrift, Kleidung, Porzellan, Kunst und Tee und konfuzianische Gesellschaftsformen umfasste. Da sich Japan damals zu einem zentralistisch regierten Staat entwickelte waren neue Einflüsse wie Schrift, konfuzianische Ethik oder die Institutionen des Buddhismus dienlich. Auf der einen Seite wurde von Prinz Shotoku (574-622) ein „flexibler Buddhismus“ gefördert, der sich im Laufe der Zeit den kulturellen und politischen Gegebenheiten anpasste, auf der anderen Seite verhalf der Buddhismus vor allem zu einer kulturellen Umgestaltung Japans.[7] Gegen Ende der Heian-Periode (794-1185) begannen die Auseinandersetzungen zwischen Feudalherren, die politischen Verhältnisse wurden instabil. Da buddhistische Klöster mit den Adelsfamilien wirtschaftlich und personell verflochten waren, wurden sie in diese Auseinandersetzungen der rivalisierenden Feudalherren verwickelt. Die Folge des Zusammenbruchs des Heian-Regimes hatte Korruption, chaotische Entwicklungen im Steuerwesen und auch eine Krise des Buddhismus zur Folge. Der ruf nach Reformen wurde lauter, Mönche reisten nach China, um aus den Quellen des Buddhismus zu schöpfen und einen „gereinigten Buddhismus“ nach Japan zu bringen.

Folglich entwickelten sich drei Schulen, deren Wurzeln im Tendai[8] lagen, betonen aber unterschiedliche Aspekte der Praxis, die im Tendai vereint waren:

Die Nichirin -Schule hatte in China kein Vorbild und stützt sich auf die Praxis, die sich aus dem Lotos-Sutra[9] ergibt, Zen basierte allein auf der Meditation und Reines Land legte sein Vertrauen allein auf das Gelübde Amidas.[10]

Die Begründung einer eigenständigen Zen-Tradition in Japan fand durch den TendaiMönchen Eisei (1141 - 1215) statt. Er reiste nach China und lernte dort seinen zukünftigen Meister Rinzai (gest. 867) kennen, dessen Lehre er in Japan verbreitete.[11] Die Soto-Schule gelangte im Jahre 1223 n. Chr. durch den Begründer Dogen nach Japan.[12] Günter Lanckowski beschreibt die Einbettung des Zen ins kulturelle Gesellschaftsgebilde wie folgt:

„(…) konnte in Japan leicht heimisch werden, da es sich mit den ritterlichen Idealen der Samurai und ihrer disziplinierten Lebensführung verband. Es hat auf die japanische Kunst und die Gestaltung japanischer Gärten entscheidenden Einfluss genommen. Die Tee-Zeremonie verdankt ihren Ursprung den Regeln des Tee-Trinkens der Zen-Klöster.“[13]

Zen ist von japanischen Werten geprägt worden, umgekehrt hat es selbst diese Werte neu geformt und ihnen spezifischen Ausdruck verliehen. Der Einfluss des Zen lässt sich beispielsweise im Bogenschießen, im Schwertkampf, in der Gartenkunst, der Tuschmalerei und Kalligraphie, in der Architektur, im Schauspiel oder der Musik beobachten. In der klassischen Lebensgestaltung geht es vornehmlich um die drei Werte Wabi (Die Suche nach Anmut im Einfachen, die Lust am Mangel, die im einsamen Sich-Sehnen und schmachten nach Erfüllung besteht), Sabi (Die Rückkehr zum Ursprünglichen, Sabi ist die Wahrheit, die Schönheit) und Yugen (Die Wahrnehmung der Einheit des Ganzen in der entfalteten Form). Zusammenfassend ist festzustellen, dass „(…) zwar alle Charakteristika des Zen aus China stammen und Japan nichts wirklich Neues hinzugefügt hat, daß aber die japanische Kultur von Zen viel stärker geprägt worden ist als die chinesische.“[14]

[...]


[1] Ich verwende den Begriff Disziplin, da er meiner Meinung nach für die zwei Phänomene mit ihrer unterschiedlichen Entwicklung, ihrem immensen Altersunterschied, ihrem Ursprung etc. treffend erscheint. Man könnte von einer wissenschaftlichen (Psychoanalyse) -und einer philosophischen (Zen) Disziplin sprechen.

[2] Obgleich der Reduzierung des Zen durch die Bezeichnung „das Zen“ auf eine einheitliche Form werde ich sie aus Gründen einer allgemein verständlichen Begriffsfindung benutzen.

[3] Es handelt sich um den historischen Buddha (bürgerlicher Name: Siddharta Gautama), mit dem die Geschichte des Buddhismus begann. Lebensdaten sind bisher ungeklärt, angenommen wird dessen Geburt 624 v. Chr., Erleuchtung 588 v. Chr., sein Tod im Alter von 80 Jahren. (Schmidt-Glintzer, Helwig 2005. Der Buddhismus. München: Verlag C.H. Beck oHG. 2005:22)

[4] Schmidt-Glintzer 2005:101

[5] von Brück, Michael 2004. Zen. Geschichte und Praxis. München: Verlag C.H. Beck oHG. 2004:26 5

[6] von Brück 2004:55 f.

[7] von Brück 2004:57

[8] 805 führte der Mönch Saicho (767-822) das Tendai-System ein. Es basierte auf einer Reformbewegung, die sich gegen die Korruptionen der alten Schulen richtete, die das staatliche System stützten und von der kaiserlichen Gunst profitierten. Im Tendai herrschte eine dem Zazen ähnliche Meditationspraxis. (von Brück 2004:58)

[9] Das Lotus-Sutra (sanskrit: addharmapundarīkasūtra, wörtlich: „Sutra der Lotosblume vom wunderbaren Gesetz“) ist ein Sutra des Mahayana-Buddhismus und neben dem Diamant-Sutra das in Asien bekannteste der Mahayana-Sutras. (Vgl. Heiler, Friedrich; Goldammer, Kurt (Hg.) 1982. Die Religionen der Menschheit. Stuttgart:Philipp Reclam jun. 1982:186)

[10] von Brück 2004:59

[11] Hauptmerkmale: Zen-Künste, die Wege und die Kultur Japans, Koans. (von Brück 2004:63)

[12] Hauptmerkmale: Einheit von Übung und Übungsziel. Der Weg ist das Ziel. Die von Dogen geforderte Einheit werden durch die Wege des Tees, der Blumen, des Bogenschießens und der Meditation repräsentiert. Weg der Meditation (zazen) repräsentieren die von Dogen geforderte Einheit. Die Ausübung ist ein Wert an sich, Weg und Ziel fallen zusammen. In geistiger Verwandtschaft stehen hierzu die ästhetischen Künste wie Tuschmalerei und Formen der Gedichtschreibung. (von Brück 2004:64ff.)

[13] Lanckowski, Günter (Hg.) 1980. Geschichte der Religionen. Frankfurt a. M.: Fischer Taschenbuch Verlag GmbH. 1980:73

[14] von Brück 2004:69

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Zen-Buddhismus und Psychoanalyse
Untertitel
Geschichte, Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Institut für Religionswissenschaft)
Veranstaltung
Buddhismusrezeption in Philosophie, Literatur und Film
Note
1,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
26
Katalognummer
V139682
ISBN (eBook)
9783640499144
ISBN (Buch)
9783640499250
Dateigröße
498 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zen-Buddhismus, Psychoanalyse, Geschichte, Gemeinsamkeiten, Unterschiede
Arbeit zitieren
Angela Beyer (Autor:in), 2009, Zen-Buddhismus und Psychoanalyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/139682

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Titel: Zen-Buddhismus und Psychoanalyse



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