1 Einleitung
In unserer heutigen Gesellschaft gelten Verhaltensweisen als konform, wenn sich Menschen an aufgestellte Regeln, Werte und Normen halten. Ein abweichendes Verhalten wird kritisch betrachtet und häufig sogar abgelehnt.
Das Aufmerksamkeitsdefizit- Syndrom ist die bei Kindern am häufigsten diagnostizierte psychische Störung. Die Anzahl der Betroffenen ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Viele gesellschaftliche Vorurteile führen dazu, dass zum Teil gesunde, lebhafte Kinder vorschnell stigmatisiert werden.
Problematisch hierbei ist vor allem die Diagnose der Verhaltensstörung. Einschlägige Tests zum Erkennen des Krankheitsbildes sind in der typischen Form nicht vorhanden. Der Grund hierfür ist die fehlende Ursachenklärung.
Die Therapie einer Krankheit, deren Ursprung unerkannt ist, gestaltet sich zunehmend als schwierig. Häufig stehen Ärzte aufgrund vorschneller Medikamentenbehandlung in der Kritik der Öffentlichkeit.
Es gibt nach heutigen Forschungsergebnissen keine schlüssige Antwort auf die Frage, welche Ursache dem Aufmerksamkeitsdefizit- Syndrom zugrunde liegt. Dennoch besteht ein wachsender Konsens darüber, dass vermutlich irgendwie geartete neurologische und biochemische Prozesse daran beteiligt sind. In der Diskussion werden jedoch auch psychosoziale Faktoren erwähnt. Die Fülle derer ist unermesslich groß. Neben schulischen Problemen durch schlecht ausgebildete Lehrkräfte und überfüllte Klassenräume reichen sie bis hin zu chaotischen Familienstrukturen und auffälligen Erziehungsstilen.
Das Hauptanliegen dieser Arbeit ist es, einen eventuellen Zusammenhang zwischen dem sozialen Faktor der Kindesvernachlässigung und dem Auftreten des Aufmerksamkeitsdefizit- Syndroms zu überprüfen. Kann das fehlende Eingehen emotionaler Bindungen im Kindesalter und die gezwungene frühe Selbstständigkeit ein Indikator für motorische Unruhe, Konzentrationsschwäche und Impulsivität sein?
Im nachfolgenden Textteil möchte ich die typischen Symptome des AD(H)S, die damit verbundenen Erkenntnisse aus der Hirnforschung, Familienstrukturen und die Auswirkungen von Vernachlässigung auf die kindliche Entwicklung schildern.
Ich erstelle diesen Beleg in Anlehnung an meine Vordiplomarbeit mit dem Titel „AD(H)S- Verhaltensstörung oder Modekrankheit“, welche bei Professor Lakemann einsehbar ist.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Das Aufmerksamkeitsdefizit- Syndrom
2.1 Vernachlässigung als potentielle Ursache des AD(H)S
2.2 Erkenntnisse aus der Hirnforschung
2.3 Familienstrukturen
2.4 Kindliche Entwicklungen
3 Schlussfolgerung
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
In unserer heutigen Gesellschaft gelten Verhaltensweisen als konform, wenn sich Menschen an aufgestellte Regeln, Werte und Normen halten. Ein abweichendes Verhalten wird kritisch betrachtet und häufig sogar abgelehnt.
Das Aufmerksamkeitsdefizit- Syndrom ist die bei Kindern am häufigsten diagnostizierte psychische Störung. Die Anzahl der Betroffenen ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Viele gesellschaftliche Vorurteile führen dazu, dass zum Teil gesunde, lebhafte Kinder vorschnell stigmatisiert werden.
Problematisch hierbei ist vor allem die Diagnose der Verhaltensstörung. Einschlägige Tests zum Erkennen des Krankheitsbildes sind in der typischen Form nicht vorhanden. Der Grund hierfür ist die fehlende Ursachenklärung.
Die Therapie einer Krankheit, deren Ursprung unerkannt ist, gestaltet sich zunehmend als schwierig. Häufig stehen Ärzte aufgrund vorschneller Medikamentenbehandlung in der Kritik der Öffentlichkeit.
Es gibt nach heutigen Forschungsergebnissen keine schlüssige Antwort auf die Frage, welche Ursache dem Aufmerksamkeitsdefizit- Syndrom zugrunde liegt. Dennoch besteht ein wachsender Konsens darüber, dass vermutlich irgendwie geartete neurologische und biochemische Prozesse daran beteiligt sind. In der Diskussion werden jedoch auch psychosoziale Faktoren erwähnt. Die Fülle derer ist unermesslich groß. Neben schulischen Problemen durch schlecht ausgebildete Lehrkräfte und überfüllte Klassenräume reichen sie bis hin zu chaotischen Familienstrukturen und auffälligen Erziehungsstilen.
Das Hauptanliegen dieser Arbeit ist es, einen eventuellen Zusammenhang zwischen dem sozialen Faktor der Kindesvernachlässigung und dem Auftreten des Aufmerksamkeitsdefizit- Syndroms zu überprüfen. Kann das fehlende Eingehen emotionaler Bindungen im Kindesalter und die gezwungene frühe Selbstständigkeit ein Indikator für motorische Unruhe, Konzentrationsschwäche und Impulsivität sein?
Im nachfolgenden Textteil möchte ich die typischen Symptome des AD(H)S, die damit verbundenen Erkenntnisse aus der Hirnforschung, Familienstrukturen und die Auswirkungen von Vernachlässigung auf die kindliche Entwicklung schildern.
Ich erstelle diesen Beleg in Anlehnung an meine Vordiplomarbeit mit dem Titel „AD(H)S- Verhaltensstörung oder Modekrankheit“, welche bei Professor Lakemann einsehbar ist.
2 Das Aufmerksamkeitsdefizit- Syndrom
In der gegenwärtigen medizinischen Literatur wird das AD(H)S als ein neurologisches Syndrom mit drei Hauptsymptomen beschrieben. Diese sind Impulsivität, Ablenkbarkeit und Hyperaktivität oder überschüssige Energie. Es ist eine Verhaltensstörung, die meist im Kindergarten, jedoch spätestens in der Grundschule auftritt (vgl. Freed, 1998, S.29f.).
Der Begriff der Aufmerksamkeit steht immer im Zusammenhang mit dem der Konzentration, also mit der willentlichen Absicht etwas zu erreichen und etwas zu leisten. Bei Menschen, die am AD(H)S leiden, ist diese Konzentration eher selten zu beobachten, ihnen mangelt es an Aufmerksamkeit. Sie sind abgelenkt, gleichgültig, verträumt, unruhig, desinteressiert und haben ein geringes Durchhaltevermögen. Aufmerksamkeit kann man am Verhaltensablauf der beobachtbaren Merkmale erkennen. Es muss eine dauerhafte, intensive Zuwendung zum Brennpunkt des Geschehens erkennbar sein, also eine Konzentration auf aufgabenrelevante Tätigkeiten. Ebenso erkennbar ist Aufmerksamkeit in den Verhaltensspuren, also in der Genauigkeit der Arbeitsergebnisse (vgl. Czerwenka, 2002, S. 19f.).
Allgemein bezeichnet man die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung als Verhaltensdiagnose für einen Zustand, der eine gemischte Gruppe von störenden Verhaltensmustern beschreibt. Dies bringt für die Betroffenen Schwierigkeiten in den Bereichen Entwicklung, Verhalten und Leistung, Familienbeziehungen und sozialer Interaktion mit sich (vgl. Holowenko, 1999, S.19).
Das Aufmerksamkeitsdefizit- Syndrom kann vor allem bei Jungen in Kombination mit Hyperaktivität auftreten. Mädchen sind vorwiegend von ADS betroffen.
Diese zwei Formen des Aufmerksamkeitsdefizit- Syndroms weisen einige gemeinsame Merkmale auf. Vor allem die drei Hauptsymptome Impulsivität, Hyperaktivität und Ablenkbarkeit kann man in unterschiedlichem Ausmaß immer erkennen.
Die Kinder sind unaufmerksam und oft desinteressiert. Schnell driftet ihre Aufmerksamkeit ab und zügig wechselt der Brennpunkt ihres Interesses. Sie sind entweder hyperaktiv, also sehr sprunghaft, zappelig und getrieben oder in sich gekehrt und verträumt. Ebenso sind sie sehr impulsiv. Meist handeln die Kinder ohne nachzudenken, leben ihre Gefühle sofort aus und sind sehr ungeduldig. Ein weiteres Symptom ist, das sie sehr vergesslich sind, besonders was alltägliche Dinge betrifft. Alles, was nicht besonders spannend ist, ist schnell aus dem Sinn. Die Kinder wirken häufig zerstreut und chaotisch und besitzen eine sehr geringe Eigenorganisation. Es fällt ihnen schwer, sich an Regeln zu halten, denen sie sich oft eigensinnig widersetzen. Große Probleme bringt das Arbeitsverhalten der Kinder mit sich. Ohne sich einen Überblick zu verschaffen oder eine Strategie zu entwickeln beginnen sie ihre Aufgaben. Weiterhin sind sie sehr emotional. Ihre Stimmung wechselt ständig von fröhlich zu betrübt. Meist haben die Kinder ein geringes Selbstwertgefühl, mimen nach außen den „Powerman“ oder den „Clown“, haben aber einen hochsensiblen Kern. Schwierig gestaltet sich auch das Sozialverhalten. Die mangelnde Einschätzung von sich selbst und anderen führt dazu, dass eine Integration in Gruppen sich als anstrengend darstellt. Oft erhalten sie dadurch die Rolle des Außenseiters, was nicht zuletzt dadurch entsteht, das Kinder mit dem AS(H)S häufig sehr aggressiv sind und ein geringes Selbstwertgefühl haben (vgl. Aust- Claus, 2001, S.65f.).
AD(H)S- Kinder haben eine andere Art der Wahrnehmung. Um gezielt Informationen aufnehmen zu können, ist es notwendig, aus einer Vielzahl der angegebenen Reize eine Auswahl zu treffen. Diese Reize müssen gewichtet und kanalisiert werden, damit man nicht von ihnen überflutet wird. Dies machen gesunde Menschen normalerweise automatisch jeden Moment und unglaublich schnell. Bei Menschen mit dem AD(H)S ist der Aufnahme- Kanal in der Regel zu weit gestellt. Sie nehmen mehr Informationen auf, als sie in der jeweiligen Situation bewältigen können. Durch verzerrte und verloren gegangene Informationen ist die Weiterverarbeitung in den Spezialabteilungen erschwert, dies nennt man auch Wahrnehmungs- Verarbeitungs- Störung. Hiervon betroffen ist sowohl die Seh- als auch die Hörwahrnehmung der Menschen. Durch die Probleme bei der Informationsaufnahme sind die Reaktionen der Betroffenen nicht immer adäquat. Es folgen Misserfolge, Motivationsverluste und ein mangelndes Selbstbewusstsein. All diese Faktoren führen im Endergebnis zu motorischer Unruhe, innerer Hektik, Verwirrtsein, mangelnder Übersicht und einer Blockade beim Arbeiten (vgl.Aust-Claus, 2001,S.117ff.).
2.1 Vernachlässigung als potentielle Ursache des AD(H)S
Seit vielen Jahren sind die Ursachen des Aufmerksamkeitsdefizit- Syndroms unklar. Neben biologischen Faktoren und dem Einfluss von Ernährung und Allergien wird der psychosoziale Ansatz häufig diskutiert. (vgl. Krowatschek, 2003, S. 27f.). Die Fülle an sozialen Faktoren ist scheinbar grenzenlos. Neben übergroßen Schulklassen und ungenügend ausgebildeten Lehrkräften spielen auch chaotischen Verhältnisse im Elternhaus, zerbrochene Familienstrukturen, Scheidungen, allein erziehende Elternteile, Krankheiten und Alkohol eine große Rolle (vgl. Krowatschek, 2001, S.67f.).
Die am häufigsten diskutierte Frage sind die Auswirkungen von Kindesmisshandlungen auf die Häufigkeit des Auftretens von AD(H)S. Die Folgen von körperlicher und psychischer Gewalt, sexuellen Übergriffen und Vernachlässigung sind unterschiedliche Verhaltensschwierigkeiten. Oftmals reagieren betroffene Kinder ängstlich, schreckhaft, depressiv und aggressiv. Ein möglicher Zusammenhang mit dem Aufmerksamkeitsdefizit- Syndrom ist hierbei nicht auszuschließen (vgl. Ortner; 2002, S. 245).
Eine besondere Rolle spielt die Kindesvernachlässigung. Diese ist eine „situative oder andauernde und wiederholte Unterlassung fürsorglichen Handelns bzw. ein aus Not, eigener Vernachlässigung, aus Unkenntnis und Unfähigkeit entstandenes Unvermögen sorgeverantwortlicher Personen, die materiellen und seelischen Grundbedürfnisse eines Kindes zu befriedigen, es angemessen zu ernähren, zu pflegen, zu kleiden, zu beherbergen, vor äußeren und gesundheitlichen Gefahren zu schützen, es emotional und beziehungsmäßig, erzieherisch und schulisch zu fördern.“ (Kinderschutz- Zentrum Berlin, 2000, S. 28) Durch die fehlenden Bindungen zu elterlichen Bezugspersonen mangelt es den Kindern an sozialen Umgangsformen und Integration. Häufig zeigen sie Verhaltensweisen, die stark an die beschriebenen Symptome des AD(H)S erinnern.
2.2 Erkenntnisse aus der Hirnforschung
Seit einigen Jahren hat sich in der Hirnforschung die Ansicht durchgesetzt, dass psychosoziale Einflüsse in der Lage sind, die Struktur des Gehirns zu verändern. Dieses gilt mittlerweile weniger als Denk- sondern viel mehr als Sozialorgan. Es wurde bewiesen, dass Gefühle eine große Bedeutung für die Ausrichtung von Wahrnehmungs- und Denkprozessen besitzen. Man kann davon ausgehen, dass sich frühe emotionale Erfahrungen im Gehirn verankern und so spätere Überzeugungen und Grundhaltungen bestimmen (vgl. Hüther, 2002, S.25f.). „Natürlich kommen wir alle mit unterschiedlichen Anlagen, mit bestimmten Defiziten wie auch mit besonderen Begabungen zur Welt. Was jedoch aus diesen Anlagen wird, ob die angeborenen Schwächen verstärkt oder kompensiert, ob bestimmte Stärken ausgebaut oder weiterentwickelt werden oder ob sie verkümmern oder gar eine besondere Begabung zum Ausgangspunkt einer Fehlentwicklung wird, hängt ganz entscheidend davon ab, unter welchen Bedingungen ein Kind aufwächst und sein Gehirn benutzt oder zu benutzen gezwungen ist.“ (Hüther, 2002, S.26) Schon zum Zeitpunkt der Geburt ist jeder Mensch verschieden. Während der Schwangerschaft verbindet das Kind alle Geräusche von außen mit seinem Wunsch nach Geborgenheit. Dieses Gefühl kann jedoch durch plötzliche und möglicherweise wiederholt auftretende Störungen, wie beispielsweise laute Musik, aber auch Angst und Stress der Mutter nur schwach ausgeprägt sein. Diese Kinder kommen meist unsicherer und ängstlicher zur Welt und sind weitaus schwerer durch mütterliche Zuwendung zu beruhigen. Von entscheidender Bedeutung für die seelische Entwicklung eines Ungeborenen sind die emotionale Sicherheit der Schwangeren und deren Fähigkeit, sich über das Kind zu freuen und eine feste Bindung zu ihm einzugehen. Dies bildet die Voraussetzung dafür, dass sich die emotionalen und kognitiven Fähigkeiten des Kindes angemessen entwickeln können. Die Gründe für eine unzureichende Ausbildung des gegebenen Potentials sind beispielsweise Erkrankungen der Mutter während der Schwangerschaft, hormonelle Störungen, Ernährungsprobleme der Mutter, allergische Reaktionen, Stoffwechselstörungen, Medikamente, Drogen, Überbelastung, körperliche Erschöpfung der Schwangeren und psychische Belastungen. Die Gefahr von seelischen Problemen ist immer dann sehr groß, wenn die Schwangerschaft abgelehnt wird oder die Schwangere nicht in sichere soziale und emotional stützende Beziehungen eingebettet ist. Neuere Forschungsergebnisse zeigen, dass sowohl die Schwangerschaft als auch der Geburtsverlauf eine entscheidende Auswirkung auf die weitere Entwicklung der Beziehung zwischen Mutter und Kind hat (vgl. Hüther,2002, S.29ff). Die Frage nach einem Zusammenhang zwischen einer Fehlentwicklung während Schwangerschaft und Geburt beziehungsweise einer daraus entstandenen schwierigen Beziehung zwischen Mutter und Kind und dem Aufmerksamkeitsdefizit- Syndrom ist unklar.
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- Arbeit zitieren
- Annekatrin Mannel (Autor:in), 2008, Vernachlässigung als mögliche Ursache des Aufmerksamkeitsdefizit-Syndroms, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/139711