Ein Ziel vor Augen?

Expertenkultur und Chancen alternativer Politikberatung in Sachen ,,Terror‘‘ und ,,Terrorismus‘‘


Hausarbeit, 2009

21 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Übersicht

1 Vorhaben und Vorgehen

2 Terror als soziales System

3 Zur Praxis von Terrorismusexperten

4 Alternative Politikberatung: Mit realistischen Zielen aus der Politik gegenüber Politik werben
4.1 Reflexive Politikberatung
4.2 Politische Ignoranz und Wissenschaftsskepsis
4.3 Ein Ziel vor Augen: Ein Weg zu alternativer Politikberatung

5 Rückblick und Ausblick

6 Literatur (zitiert und erwähnt)

1 Vorhaben und Vorgehen

Was ist Terrorismus? Und wie kann man ihn bekämpfen? Diese beiden Fragen werden oft unmittelbar hintereinander gestellt – so als folge aus der ersten Frage logisch die zweite. Sämtliche Wissenschaftler bemühten und bemühen sich, ,,Terrorismus‘‘ bzw. ,,Terror‘‘ zu definieren. Dabei kommen sie erstaunlich schnell zu Ergebnissen. Doch hat man Terror bzw. Terrorismus erst einmal definiert, steht man plötzlich vor einer Mauer: Die zweite, ebenso dringliche Frage, wie man Terror bzw. Terrorismus bekämpfen könne, kann jetzt nicht mehr beantwortet werden. Hier wird einmal mehr deutlich, was eine Definition meint: Im definierenden Betrachten zeigen wir mit etwas auf etwas. In Sachen ,,Terror‘‘ vergisst man dabei allzu leicht, dass wissenschaftliches Vorgehen immer beide Punkte einer Definition berücksichtigen muss: Nicht nur sollte man sich darüber im Klaren sein, worauf man zeigt, sondern auch womit. Letztere Komponente berücksichtigen eine Mehrzahl der Autoren zum Thema ,,Terrorismus‘‘ nicht.[1] Ihr Vorgehen ist somit unwissenschaftlich.

In dieser Arbeit kann ich nicht näher untersuchen, warum besagte Wissenschaftler chronisch mit der Tür ins Haus fallen; warum sie – kaum ist von Terror die Rede – ihre eigene Methodik nicht mehr reflektieren. Stattdessen werde ich in Kapitel 1 das ,,Haus‘‘ beschreiben, in dem sich meiner Analyse zufolge Wissenschaftler, Politiker und Terrorismusexperten bewegen, wenn sie wieder einmal von ,,Terror‘‘ sprechen.

Aufbauend auf der Kommunikationsanalyse aus Kapitel 1 werde ich mich in Kapitel 2 mit Terrorismusexperten in den Massenmedien beschäftigen: Was lässt sich über ihre Methodik sagen, welche Funktion erfüllen sie und wie groß ist ihr faktischer ,,Handlungsspielraum‘‘?

In Kapitel 3 habe ich versucht, einen konstruktiven Beitrag zu leisten: Das Problem, wie sich Politikberatung nicht nur in Hinblick auf die politischen Felder ,,Sicherheit‘‘ und ,,Risiko‘‘, sondern vornehmlich in Hinblick auf Terrorismusbekämpfung selbst etablieren kann, beschäftigt wissenschaftliche Terrorismusforscher. Ich möchte einen Weg zu dieser Expertise-Form vorschlagen. Da ich mich hier nur auf die grundsätzliche Kommunikationsanalyse von Terror (Kapitel 1) und eine ihrer typischen Ausprägung (Kapitel 2) stützen kann, begnüge ich mich in Kapitel 3 mit einem schematischen Konzept.[2]

Hauptziel dieser Arbeit ist es 1. – aufbauend auf einer skizierten Kommunikationskultur – Grenzen derzeitiger Terrorismusexpertise aufzuzeigen und 2. zu fragen ob – und wenn ja, inwiefern – eine alternative Form von Politikberatung für Politiker nützlich sein mkann.

Um die Beweisführung zu erleichtern, hielt ich Methodenwechsel in der Argumentationsführung für angebracht: In Kapitel 1 bediene ich mich einem Analogieverfahren, in Kapitel 2 steige ich mit einer Frage-Antwort-Technik ein – Kapitel 3 habe ich in drei Abschnitte unterteilt.

2 Terror als soziales System

,,Meine Damen und Herren, liebe Reisende – unseren nächsten Bahnhof, Frankfurt am Main Hbf., erreichen wir voraussichtlich mit einer Verspätung von zehn Minuten. Grund für die Verspätung sind Bauarbeiten an der Strecke. Wir informieren Sie in Kürze über Ihre Anschlusszüge‘‘.

Bei der Ansage handelt es sich kontextimmanent schon um eine äußerst ungewöhnliche Aussage. Haben Sie es bemerkt? Es fehlt etwas. Etwas worauf ich, ein Mitreisender des ICE 597 von Berlin nach München wie meine Sitznachbarn gewartet hatten. So oder so erreichte der Zug Frankfurt am Main mit einer Verspätung von 10 Minuten, doch dass da etwas fehlte, reichte aus, mich nachdenklich zu machen. Es fehlte: die Entschuldigung.

Ich sprang während der Ansage (gedanklich) nicht auf, um den Zug-Chef zu fragen, warum er sich denn nicht entschuldigt habe. Dass die Entschuldigung fehlte, stellte ich erst im Nachhinein fest, indem ich die Ansage der Deutschen Bahn früheren Ansagen gegenüberstellte.

Dennoch, würde man eine Umfrage machen, wären sich wohl die meisten einig, dass der Zug-Chef sich zu entschuldigen habe. Schließlich habe man teures Geld für die Reise ausgegeben. Schließlich hätte man auch das viel schnellere Flugzeug nehmen können. Doch, so heißt es oft, wolle man die Umwelt schonen und nehme dafür auch mal Verspätungen in Kauf. Aber, das hört man sich immer wieder sagen: ,,Doch bitte nicht schon wieder!‘‘.

Nichts ist (derzeit) unwahrscheinlicher, als dass Verspätungen bei der Bahn einmal nicht mehr vorkommen werden. Nichts ist wahrscheinlicher, dass die Reisenden beim nächsten Mal wieder auf eine Entschuldigung des Zug-Chefs warten, statt die vermeintliche Alternative, das Flugzeug zu wählen um so: Verspätungen zu vermeiden, um die es doch geht. In Reisefragen gibt es für viele Bahnreisende faktisch nur die Bahn. Die Bahn ist für sie das Medium um von A nach B zu kommen – ganz egal wie (mit wie viel Ärger, Verspätung etc.). Das Flugzeug (viele von ihnen sind noch nie geflogen oder haben Flugangst) ,,sehen‘‘ sie aus dem System der Bahn. Es bleibt so: ,,bahnisch‘‘.

Für viele Politiker, die vom ,,Verhandeln unter gewissen Auflagen‘‘ sprechen, gibt es faktisch keinen Verhandlungstisch – weil es da niemanden gibt, mit dem sie sich faktisch überhaupt vorstellen könnten, zu verhandeln.

Sozialer Terror oder: Terror als System braucht heute keinen (politischen) Verhandlungstisch. Denn ,,Terror‘‘ funktioniert im Moment auch ohne ihn.

Sobald von Terror die Rede ist – sobald ein Anschlag als ,,Terroranschlag‘‘ bezeichnet wird, weiß jeder, was er zu tun oder zu lassen hat. Unter anderem werden da Experten befragt, deren Aufgabe es ist, die Lage einzuschätzen. Der Experte wird sich vielleicht auf vorangegangene Anschläge beziehen, mit denen er den zu kommentierenden Anschlag vergleicht. Damit nimmt er dem Terror das, was ihn so schillernd machte: seine Plötzlichkeit.[3] Der so (re)konstruierte Anschlag birgt nichts eigentümlich Terroristisches mehr. Täterzurechnung, Größenbestimmung und Zukunftsprognose (inklusive Risiko- und Sicherheitsbeurteilung) beschäftigen sich nicht mehr mit dem Schrecken selbst, sie lenken grundsätzlich von ihm ab.[4]

Der Schreck muss, damit er kommunizierbar wird, erklärt, begründet werden. Es reicht für soziale Kommunikation nicht aus zu wissen, dass da etwas Ungeheuerliches passiert ist.[5] Terroristen, etwa von der Organisation Al-Quaida, reichen ihren Anschlägen Bekennerbotschaften nach. Schon allein diese Tatsache, dass Terroristen Kommunikationsofferten an lebendige Menschen lancieren, macht es unwahrscheinlich, dass es ihnen ,,nur‘‘ darum geht, wahllos Menschen zu töten. Selbst Amokläufer richten sich in ihren Briefen nicht an die Opfer, sondern an ,,die Gesellschaft‘‘ oder an ,,die Ausgrenzenden‘‘. Und dennoch scheint zunächst nichts plausibler, als ginge es bei Anschlägen im Kern um das Töten von Menschenleben: ,,Während die amerikanische Öffentlichkeit den Blick auf die tragischen Einzelschicksale von Vätern, Müttern und Kindern richtete, deren Leben durch den Anschlag zerstört worden war, sahen die Täter die Opfer als entpersonalisierte Vermittler ihrer Botschaft.‘‘[6] Die nachträglich inszenierte Zurechenbarkeit eines Anschlags durch den Urheber des Anschlags macht diesen für sozial ausdifferenzierte Systeme als Anschlag eben dieses Urhebers erfahrbar. Man hat jetzt einen Feind, den man bekämpfen kann (und muss)[7].

Mit einem Rückblick auf die Ereignisse des 11. Septembers, kann man eine (außergewöhnlich große) Zeitspanne zwischen Unmittelbarkeit des Anschlags und seiner kommunikativem Erfahrbarkeit als solchem feststellen: Wie gebannt saß man vor dem Fernseher und stellte sich unentwegt die Frage, wer zu so einem Verhalten in der Lage sein könne. Das Gruselige waren nicht die durch die Luft fliegenden Menschen, die einstürzenden Türme selbst, sondern das, was sie bewirkten: einen Schwebezustand. Da war etwas passiert, was man nicht so recht einordnen konnte. ,,Ausschlaggebend ist damit der Anschluss, das forthcoming oder (anders herum gelesen) der Nachtrag, das ,Post‘, das ,Immer-danach‘, das aus einer Eventualität ein eventum, also ein Ereignis der Kommunikation macht. […] Die Kommunikation wird beendet durch Schreckenserzeugung, und es trifft sich dabei, dass etymologisch das Wort Schrecken auch den Riss, den Schlag, den Donner mitführt, aber die Beendigung auf diese Weise beendet nicht die gesellschaftliche Kommunikation, die auf den Abbruch mit Fortsetzung reagiert, mit Anschlüssen, die, wie Baecker sagt, ,,zum Abbruch ein Verhältnis suchen‘‘[8].

Die soziale Suche nach einem Verhältnis der Anschlüsse (hier z.B. das im Anschluss an die Bilder im Fernsehen kurzerhand organisierte Fußballspielen – ,,zur Ablenkung‘‘ – mit dem Bruder) zum vorangehenden Abbruch und schließlich das, im Fall von Terror in Form von Bekennerbotschaften, Finden eines Verhältnisses ist die Keimzelle des heutigen Terrorsystems. Denn die panische Suche inaktiviert die ,,gewöhnlichen‘‘ Selektionsmechanismen, die vielleicht sonst bei Anschlägen oder Unfällen anlaufen: Der terroristische Anschlag wird nicht mehr[9] als politisches bzw. gesellschaftliches Ereignis rezipiert; die Eskalation von Gewalt als Gewalt versetzt Gesellschaft und Politik vielmehr in Eigenschwingung[10], sodass eine ,,sachliche‘‘ Einschätzung der Lage ausbleibt: ,,Die Diskrepanz zwischen dem angerichteten Schaden und der von ihnen erzielten Wirkung war beachtlich. Sie konnten die Amerikaner davon überzeugen, dass sich die Welt verändert hatte und sie nicht mehr sicher waren. Die Vereinigten Staaten reagierten mit der stärksten aller möglichen Antworten, mit einer Kriegserklärung. Mit der Überzeugung, dass sich die Welt verändert habe, ging aufseiten der Amerikaner die Bereitschaft einher, die Welt mit anderen Augen zu betrachten. Art und Ausmaß der Gräueltaten waren darauf ausgerichtet, enorme Wirkung zu zeitigen, aber die Folgerung, die Welt habe sich verändert, war keineswegs unumgänglich.‘‘[11]

Die Bereitschaft, ,,die Welt mit anderen Augen zu betrachten‘‘ als Konsequenz der Suche nach einem ,,Verhältnis zum Abbruch‘‘ eröffnete das soziale Spiel des Terrors. Im bloßen Eindruck, es sei etwas Außergewöhnliches, Nichtwegdenkbares passiert, adoptierten wir die Codierungsvorschläge einer finanziell und politisch weit unterlegenden Terrororganisation, Al-Quaida[12].

Mit dem gewaltsam erzwungenen Bekenntnis zum (Anti-)Terrorismus bildeten sich im (politischen) Denken in der Folge Gemeinplätze (Topoi) aus, die nunmehr nicht nur den Umgang mit terroristischen Gewaltakten, sondern auch mit den terroristischen Organisationen selbst bestimmen sollten: Ist von Terror die Rede, so geht es um Sicherheit, Risiko und Schuld. Angela Merkels Aussage, die Hamas sei Schuld[13], zeigt das aufs Beste: Der Drang, die Gewalt unter dem Vorzeichen von Schuld zu betrachten, führt die politische Selbstentmündigung mit sich – denn mit Terroristen kann man jetzt nicht mehr reden ohne an Glaubwürdigkeit einzubüßen.[14] Ein erster Fehler von Politikberatung besteht deshalb darin, diese Diskrepanz zu übersehen: Es bringt nichts, dem Politiker zu raten, mit Terroristen Gespräche zu führen, wenn sie sich genau damit delegitimieren würden, ihren Status als Politiker also gefährden würden.[15]

Insofern Politiker von Schuld reden, ist – unabhängig von Willensbekundungen – nichts unwahrscheinlicher, als dass sie mit Terroristen Gespräche führen werden. Stattdessen werden sie gezwungen sein, utopische Forderungen zu stellen, von denen sie wissen, dass sie nie umgesetzt werden können.[16] Nichts ist wahrscheinlicher, dass es in der Zukunft Gewaltanschläge gibt, nichts ist unwahrscheinlicher, dass Terroristen ihre Waffen niederlegen. Das wäre wie, wenn man seine Geliebte bäte, nicht mehr zu küssen: Sie wäre dann keine Geliebte mehr. Formulierungen wie ,,Die Schuldigen finden‘‘, ,,Sicherheit herstellen‘‘ aber auch ,,Risikobewältigung‘‘ offenbaren sich in diesem Zusammenhang mithin als unerreichbare Abstrakta, deren Kommunikation allein der Fortsetzung des System des Terrors dienen kann[17].

[...]


[1] Viele Autoren forschen quantitativ. Interessant wird es aber erst dann, wenn Leute, die man kurzerhand als ,,Terroristen‘‘ bezeichnet, diese Bezeichnung nicht nur mit dem Zeigefinger zurückweisen, sondern begründen, warum sie nicht diejenigen sein können, die wir gemeinhin unter ,,Terroristen‘‘ substituieren – ohne dabei die Definition selbst zu kritisieren. So verhält es sich z.B. mit dem iraktischen Widerstand (in der westlichen Presse eine unbekannte Kategorie), der sich von Terrorismus abgrenzt, dennoch als solcher bekämpft wird (siehe dazu genauer: Jürgen Todenhöfer: Warum tötest du Zaid?. Während hiesige Wissenschaftler stur darauf bestehen, qualitative Sozialforschung sei per se nicht möglich (Ulrich Schneckener: Die soziale Konstruktion des ,,Terrorexperten‘‘. Terrorismusforschung im Spannungsfeld von Wissenschaft, Medien und Politikberatung in: Gunther Hellmann (Hrsg.) (2006): Forschung und Beratung in der Wissensgesellschaft. Das Feld der internationalen Beziehungen und der Außenpolitik S.257), lädt Harvard-Professorin Louise Richardson ethnonationalistische Terroristen zu einer ,,geheim gehaltene[n] Versammlung in einem Privathaus‘‘, um u.a. mit ihnen über die Effektivität von Anti-Terrorkampagnen zu diskutieren (Was Terroristen wollen S.15 ff.).

[2] Für detaillierte Strategien, diese Beraterform im Politischen zu institutionalisieren, wäre eine vertiefende Studie der politischen Sicherheitsexpertise unabdingbar. Schon hier kann aber darauf hingewiesen werden, dass mitunter Terrorexperten, wie ich sie in Kapitel 2 behandeln werde, auch im Kanzleramt als Referenten auftreten (z.B. Guido Steinberg). Die Herangehensweise an die Terrorproblematik dürfte sich also in jedem Fall ähneln.

[3] vgl. Fritz B. Simon: Was ist Terrorismus? Versuch einer Definition in: Dirk Baecker/ Peter Krieg/ Fritz B. Simon (Hrsg.): Terror im System. Der 11. September und die Folgen S. 14: ,,Allgemein kann Terror […] als die plötzliche und schlagartige Enttäuschung eines Erwartungsmusters betrachtet werden, die individuell oder kollektiv mit dem Erleben von Gefahr verbunden ist.‘‘

[4] Während bei Terroranschlägen Sicherheitsexperten etc. konsultiert werden, sind z.B. bei Amokläufern Organisationen gefragt, die die Täter als ,,Verrückte‘‘ bzw. ,,Verbrecher‘‘ ausweisen können. Es ist deshalb wichtig, dass man weiß, ob es sich um einen Terroranschlag oder die Tat eines Geisteskranken bzw. eines Verbrechers handelt, damit man in der Folge weiß, wie man damit umzugehen hat.

[5],,Um das Argument zu verstehen, ist es wichtig festzuhalten, dass die terroristische Tat nicht selbst (sozusagen an sich) die Mitteilung einer Information ist. Sie ist auch keine Kommunikation, so wenig wie Bücher, Bilder oder Äußerungen von Leuten schon Kommunikationen sind. Sie wird Moment der kommunikativen Operation, wenn sie sozial verstanden wird, wenn also weitere Ereignisse (die genauso beobachtet werden) die terroristische Tat aufnehmen als etwas, wozu sozial (das heißt: kommunikativ) ein Verhältnis gewonnen werden muss.‘‘ Peter Fuchs: Das System ,,Terror‘‘ S.20

[6] Louise Richardson: Was Terroristen wollen S.191

[7] Die provozierte Kriegserklärung dreht dabei das Spiel um: Jetzt werden die Terroristen zum Anschlagsziel. Und so gilt umgekehrt, dass ,,durch den Krieg gegen den Terrorismus die Bedingungen für das Überleben des Terrorismus produziert [werden]: ein dauerhafter und überzeugender Feind, ,,gegen‘‘ den man sich vereinen kann und dessen Destruktion ein Sinn stiftendes Ziel für die Organisation und die Rekrutierung ihrer Mitglieder bildet.‘‘ Fritz B. Simon: Was ist Terrorismus? Versuch einer Definition in: Dirk Baecker/ Peter Krieg/ Fritz B. Simon (Hrsg.): Terror im System S.29 Die Asymmetrie der neuen Kriege (Münkler 2004) manifestiert sich folglich darin, dass für die Regierungen der Krieg im Zentrum steht, während dieser für die Terrororganisationen lediglich legitimierende Funktion einnimmt: Auch, wenn keine Kampfhandlungen stattfinden, werden sie Anschläge verüben, damit man ihnen den Krieg erklärt, damit sie wiederum ihre Anschläge rechtfertigen können. …

[8] Peter Fuchs: Das System ,,Terror‘‘ S.18

[9] Das ,,mehr‘‘ ist nicht zeitlich gemeint; es meint den nachvollziehenden, also reflektierten Abbruch der Kommunikation.

[10] vgl. dazu genauer Peter Fuchs: Das System ,,Terror‘‘ S.67: Fuchs hält auch eine ,,Resonanzkatastrophe‘‘ der gesellschaftlichen Funktionssysteme im Hinblick auf Terrorismus für möglich.

[11] Louise Richardson: Was Terroristen wollen S.194

[12] siehe dazu auch ebd. S.22 ,,Die größte Veränderung – und die mit den ernsthaftesten langfristigen Folgen – ist die Reaktion unserer Regierung auf den Terrorismus.‘‘

[13] z.B. http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/1651867_Merkel-Hamas-ist-Schuld-an-Eskalation.html. Die Schuld, so Merkel, liege ,,eindeutig und ausschließlich‘‘ bei der Hamas.

[14] Fritz B. Simon schließt: ,,Will man nicht auf derselben Ebene antworten, muss das Symmetrieangebot der Kriegserklärung zurückgewiesen werden und die Bewältigung des Terrorismus als Bestandteil der Weltinnenpolitik verstanden werden. Denn Politik ist die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln – mit zivilisierten Mitteln‘‘ S.29 Was ist Terrorismus? Versuch einer Definition in: Dirk Baecker/ Peter Krieg/ Fritz B. Simon (Hrsg.): Terror im System.

[15] Die Stellungnahmen vieler Friedensaktivisten greifen schon deshalb zu kurz, weil sie ,,Terror‘‘ als soziales System nicht mitdenken. Sie müssen deshalb – systemimmanent – zu dem Ergebnis kommen, dass wenn Krieg offensichtlich nicht die wahre Lösung des Problems ist, es sein Gegenpol, der Frieden sein muss. Dann ist ,,für den Frieden‘‘ auf die Straße zu gehen, weniger eine ,,Sache der Vernunft‘‘, als ein logischer Vollzug.

[16] vgl. dazu auf: http://www.zeit.de/news/artikel/2009/03/10/2748463.xml: ,,Zum Vorstoß von US-Präsident Barack Obama, womöglich mit gemäßigten Taliban in Afghanistan Verhandlungen aufzunehmen, sagte Jung, Gewaltverzicht sei "eine unbedingte Voraussetzung für eine Annäherung". Ob das eine realistische Perspektive sei, müssten die afghanische Regierung und die afghanische Bevölkerung entscheiden. Der Taliban-Anführer Mullah Omar wolle "an seinem radikalen, gewalttätigen Kurs" festhalten. "Ich kann seine Anhänger nur auffordern, sich von diesem Kurs abzuwenden", sagte Jung. (küs/AFP)‘‘

[17] Man bewegt sich damit analog zu den Argumentationslinien der Terrororganisationen, die den Kapitalismus und den Westen anklagen. Terror, so Peter Fuchs, schlägt deshalb ,,systematisch daneben‘‘ (S.64) und ,,verbleibt im Zustand der Umwegigkeit‘‘: Statt den Kapitalismus zu schädigen, werden Unschuldige getötet. S.67, Das System ,,Terror‘‘

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Ein Ziel vor Augen?
Untertitel
Expertenkultur und Chancen alternativer Politikberatung in Sachen ,,Terror‘‘ und ,,Terrorismus‘‘
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Institut für Sozialwissenschaften)
Veranstaltung
Wissenschaftliche Expertise in der Demokratie
Note
1,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
21
Katalognummer
V139725
ISBN (eBook)
9783640471881
ISBN (Buch)
9783640471898
Dateigröße
623 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Terrorismus, Terror, alternative Politikberatung, Politik
Arbeit zitieren
Raphael Hoffmann (Autor:in), 2009, Ein Ziel vor Augen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/139725

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