Chancen und Grenzen mathematisch-statistischer Verfahren zur Identifikation von Bilanzpolitik nach der Reformierung des HGB


Diplomarbeit, 2008

94 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Formelverzeichnis

1 Einleitung

2 Fundamentale Aspekte der Bilanzpolitik
2.1 Bilanzpolitik
2.2 Mathematisch-statistische Verfahren zur Identifikation von Bilanzpolitik ...
2.2.1 Überblick
2.2.2 Erreichung von Zielgrößen
2.2.2.1 Grundidee
2.2.2.2 Studien zur Analyse der Verteilung von Gewinngrößen
2.2.3 Gewinnglättung
2.2.3.1 Grundidee
2.2.3.2 Studien zur Gewinnglättung
2.2.4 Periodenabgrenzungsmodelle zur Identifikation von gewinnerhöhender und -mindernder Bilanzpolitik
2.2.4.1 Grundidee
2.2.4.2 Einfache Schätzmodelle
2.2.4.3 Regressionsmodelle

3 Wesentliche Änderungen im Einzelabschluss und ihre Auswirkungen auf den bilanzpolitischen Spielraum
3.1 Entstehung, Zielsetzung und grundlegende Änderungen des BilMoG
3.2 Wesentliche Änderungen und ihre Auswirkungen auf den bilanzpolitischen Spielraum
3.2.1 Anlagevermögen
3.2.1.1 Geschäfts- und Firmenwert
3.2.1.2 Bilanzierung selbst erstellter immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens
3.2.2 Vorräte
3.2.2.1 Herstellungskosten
3.2.2.2 Zu Handelszwecken erworbene Finanzinstrumente
3.2.3 Sonstige Aktivposten
3.2.3.1 Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen
3.2.3.2 Aktive latente Steuern
3.2.3.3 Abgrenzungswahlrechte
3.2.4 Rückstellungen
3.2.5 Abschreibungs- und Zuschreibungswahlrechte

4 Konsequenzen für Periodenabgrenzungsmodelle aufgrund der bilanz- rechtlichen Änderungen anhand des Beispiels der Volkswagen AG
4.1 Grundlegende Annahmen für das Beispiel Volkswagen AG
4.2 Wesentliche Änderungen und ihre Auswirkungen auf die Berechnung der Periodenabgrenzungsmodelle
4.2.1 Anlagevermögen
4.2.2 Vorräte
4.2.3 Sonstige Aktivposten
4.2.4 Rückstellungen und Aufwandsrückstellungen
4.2.5 Abschaffung von Abschreibungs- und Zuschreibungswahlrechte
4.3 Zusammenfassende Betrachtung der Periodenabgrenzungsmodelle

5 Fazit und Ausblick

Anhang

Literaturverzeichnis

Rechtsquellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Graphische Darstellung von einer (erwarteten) theoretischen Verteilung und einer (erwarteten) tatsächlichen Verteilung der Unternehmen

Abbildung 2: Graphische Darstellung von Homoskedastizität und Hetero- skedastizität

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Die einfachen Schätzmodelle im Überblick

Tabelle 2: Übersicht über die Annahmen für eine klassische lineare Regression.

Tabelle 3: Ausgangsdaten für die Jahre 2007 und 2008

Tabelle 4: Überblick über die Zugangsperiode: Beispiel Geschäfts- oder Firmenwert

Tabelle 5: Überblick über das Jahr 2008: Beispiel: Geschäfts- oder Firmenwert.

Tabelle 6: Übersicht über die Auswirkung auf die Periodenabgrenzungen in 2007 Beispiel: immaterieller Vermögensgegenstand des Anlagevermögens

Tabelle 7: Übersicht über die Auswirkungen auf das Jahr 2008: Beispiel immaterieller Vermögensgegenstand des Anlagevermögens

Tabelle 8: Übersicht: Beispiel Herstellungskosten

Tabelle 9: Übersicht über die Auswirkungen auf die Periodenabgrenzungen in 2007 und 2008: Beispiel des Herstellungskosten

Tabelle 10: Übersicht über die Auswirkungen auf die Periodenabgrenzungen in den Jahren 2007 und 2008: Beispiel Ingangsetzungskosten

Tabelle 13: Übersicht: Beispiel Rückstellung

Tabelle 14: Auswirkungen auf die Jahre 2007 und 2008: Beispiel Rückstellung.

Tabelle 11: Übersicht: Beispiel: außerplanmäßige Abschreibung

Tabelle 12: Übersicht über die Auswirkungen auf die Periodenabgrenzungen in 2007 und 2008: Beispiel außerplanmäßige Abschreibung

Formelverzeichnis

Formel 1: Aufteilung der gesamten Periodenabgrenzung

Formel 2: Jones-Modell

Formel 3: Kang-Sivaramakrishnan -Modell

Formel 4: Berechnung des Cash Flows

Formel 5: Berechnung der Periodenabgrenzung

Formel 6: Regressionsfunktion für das Beispiel VW

Formel 7: Berechnung der geschätzten Periodenabgrenzung: Beispiel Geschäfts- oder Firmenwert

Formel 8: Berechnung der tatsächlichen Periodenabgrenzung für die Folgeperiode: Beispiel Geschäfts- oder Firmenwert

Formel 9: Berechnung der geschätzten Periodenabgrenzung für das Jahr 2008: Beispiel immaterieller Vermögensgegenstand des Anlagevermögens

Formel 10: Tatsächliche Periodenabgrenzung imJahr 2008: Beispiel immaterieller Vermögensgegenstand des Anlagevermögens)

1 Einleitung

Die Veränderungen, die das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) hervor- ruft, stellen zurzeit ein stark diskutiertes Thema dar. Während die einen von „einem Meilenstein in der Geschichte“[1], „Paradigmenwechsel“[2] und der „größten Reform der handelsrechtlichen Bilanzierung seit dem Bilanzrichtlinien-Gesetz (BiRiLiG) von 1985“[3] sprechen, befürchten andere die „Entobjektivierung von Bilanzinhalten“[4], einen „Bruch mit fundamentalen Säulen der deutschen handels- rechtlichen Rechnungslegung“[5] bzw. einen „Frontalangriff auf die Grundfesten des deutschen Bilanzrechts“[6]. Engel-Ciric spricht schlichtweg von einem „BilanzMoGel-Gesetz“[7].

Der Gesetzgeber verfolgt mit dem BilMoG das Ziel, die Informationsfunktion unter Beibehaltung der Zahlungsbemessungsfunktion zu stärken.[8] Dazu sollen u.a. bilanzpolitische Gestaltungsspielräume vor allem durch die Abschaffung expli- ziter Wahlrechte eingeschränkt werden, um eine höhere zwischenbetriebliche Ver- gleichbarkeit zu erreichen. Andererseits entstehen jedoch zum Beispiel durch neue Ansatz- und Bewertungsmethoden implizite Wahlrechte. Unklar ist daher, inwie- weit das BilMoG tatsächlich zu geringeren bilanzpolitischen Spielräumen führt als das derzeit geltende HGB.

Es ist jedoch sicher, dass die Bilanzanalyse durch die Veränderungen vor neue Herausforderungen gestellt wird. Einen Beitrag zur Bewältigung dieser Herausforderungen könnten mathematische und statistische Verfahren leisten. Fraglich ist allerdings, inwieweit diese Verfahren nach den Veränderungen des BilMoG geeignet sind, Bilanzpolitik zuverlässig mit einem geringen Fehlerrisiko bzw. mit einer hohen Sicherheitswahrscheinlichkeit zu identifizieren.

Ziel der Diplomarbeit ist es daher, mathematisch-statistische Verfahren zur Identi- fikation von Bilanzpolitik vor dem Hintergrund der Änderungen im Einzelab- schluss durch den Gesetzentwurf des BilMoG kritisch zu analysieren. Ein Schwerpunkt wird auf den Periodenabgrenzungsmodellen liegen und hierbei ins- besondere auf dem Jones-Modell, welches das Grundmodell der regressionsbasierten Periodenabgrenzungsmodelle darstellt.

Dazu sollen zunächst im Rahmen der Grundlagen der Begriff Bilanzpolitik de- finiert und die bedeutendsten mathematisch-statistischen Verfahren zur Identifi- kation von Bilanzpolitik vorgestellt werden. Anschließend werden die wesent- lichen, den HGB-Einzelabschluss betreffenden Veränderungen durch das BilMoG hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf den bilanzpolitischen Spielraum erläutert. Im Anschluss daran erfolgt eine Analyse der wesentlichen Änderungen bezüglich ihrer Auswirkungen auf die Periodenabgrenzungsmodelle. Diese Analyse wird durch die Berechnung des Jones-Modells anhand des Beispiels der Volkswagen AG unterstützt. Abschließend werden im Fazit die Ergebnisse der Diplomarbeit zusammengefasst und ein Ausblick auf künftige Herausforderungen und mögliche Entwicklungen gegeben.

2 Fundamentale Aspekte der Bilanzpolitik

2.1 Bilanzpolitik

Der Jahresabschluss soll nach der Zielsetzung des deutschen Gesetzgebers „ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage“[9] vermitteln. Dabei ist jedoch zu beachten, dass Unterschiede zwi- schen dem tatsächlichen Vermögen, Eigenkapital und Jahreserfolg und dem aus- gewiesenen Vermögen, Eigenkapital und Jahreserfolg existieren, die auf die Un- sicherheit zukunftsbezogener Werte sowie auf legale Bilanzgestaltungsmöglich- keiten zurückzuführen sind.[10]

Legale Bilanzgestaltungsmöglichkeiten, auch als bilanzpolitische oder rechnungs- legungspolitische Spielräume bezeichnet, bestehen aus folgenden Gründen in je- dem Rechnungslegungssystem. Zum einen ist der Gesetzgeber aufgrund der Fülle von möglichen Sachverhalten nicht in der Lage jeden einzelnen Sachverhalt exakt zu regeln, so dass er zum Teil zur Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe ge- zwungen ist, deren Interpretation und Auslegung zu faktischen Wahlrechten und Ermessensspielräumen führen.[11] Zum anderen sind bilanzpolitische Spielräume in gewissen Fällen beabsichtigt, da sie das Einfließen von Einschätzungen des Man- agements und infolgedessen eine informativere Darstellung der spezifischen Un- ternehmenssituation ermöglichen. Dies setzt jedoch voraus, dass die Einschätzun- gen nicht im Sinne des Unternehmens und zur Beeinflussung der Bilanzadressaten getroffen werden.[12]

Nutzt ein Bilanzierender diese legalen Spielräume gezielt, um Rechtsfolgen wie bspw. Steuer- und Dividendenzahlungen und/oder um Entscheidungen von Bi- lanzadressaten wie bspw. den Kauf von Unternehmensanteilen in seinem Sinne zu beeinflussen, so wird von Bilanzpolitik[13] gesprochen.[14] Diese Definition impli- ziert, dass Bilanzpolitik sinnvoller Weise nur dann erfolgt, wenn Rechtsfolgen an den Jahresabschluss anknüpfen bzw. der Bilanzierende annehmen kann, dass Ent- scheidungen der Bilanzadressaten durch den Jahresabschluss beeinflusst werden. In Abgrenzung zu Bilanzmanipulation oder Bilanzfälschung findet Bilanzpolitik innerhalb der durch die Rechtsordnung gezogenen Grenzen statt.[15]

Die mit der Bilanzpolitik verfolgten Ziele ergeben sich auf der Unternehmens- ebene aus der Unternehmensstrategie. Aufgrund der Zahlungsbemessungs- und Informationsfunktion des Jahresabschluss wird sowohl die Finanz- als auch die Publizitätslage durch die Bilanzpolitik beeinflusst, so dass die Bilanzpolitik zur Erreichung finanzpolitischer und publizitätspolitischer Ziele beitragen kann. Aus der Unternehmensstrategie heraus sind daher zunächst die finanzpolitischen und publizitätspolitischen Ziele zu definieren, aus denen sich dann die Ziele der Bi- lanzpolitik ableiten.[16] Neben unternehmenspolitischen Zielen kann die Bilanzpoli- tik zudem von individuellen Zielen der Entscheidungsträger der Bilanzpolitik be- einflusst werden. Die Maximierung gewinnabhängiger Bezüge, Arbeitsplatz- sicherung und Machtstreben stellen mögliche Ziele dar.[17]

Dabei gilt es zu beachten, dass die Ziele in einem indifferenten, komplementären oder konkurrierenden Verhältnis zueinander stehen können.[18] Ein konkurrierendes Verhältnis ergibt sich im Bereich der Bilanzpolitik zum Beispiel, wenn die Finanzpolitik zur Senkung der Steuerzahlungen im aktuellen Jahr eine gewinn- mindernde Bilanzpolitik zum Ziel hat, während gleichzeitig zur Verbesserung der Außendarstellung aus publizitätspolitischer Sicht eine gewinnerhöhende Bilanz- politik betrieben werden sollte.

Die konkreten Ziele der Bilanzpolitik bezogen auf den Erfolgsausweis können in vier Grundtypen unterschieden werden. Neben der Maximierung und Minimierung des ausgewiesenen Gewinns können die Gewinnglättung sowie das Erreichen von Zielgrößen angestrebt werden.[19]

Zur Erreichung dieser Ziele stehen dem Bilanzierenden verschiedene Instrumente zur Verfügung, wobei einerseits zwischen bilanzpolitischen Maßnahmen auf Handlungsebene (Sachverhaltsgestaltung) und auf Darstellungsebene (Sach- verhaltsabbildung) und andererseits zwischen materiellen und formellen Instru- menten unterschieden wird. Materielle Instrumente beeinflussen die Höhe der aus- gewiesenen Abschlussdaten unmittelbar und können sowohl sachverhaltsgestal- tend als auch sachverhaltsabbildend sein, während formelle Instrumente auf die Darstellung des Inhalts Einfluss nehmen und folglich nur der Sachverhalts- darstellung dienen.[20]

Maßnahmen zur Sachverhaltsgestaltung, die auch als reale Bilanzpolitik[21] be- zeichnet werden, erfolgen vor dem Bilanzstichtag. Hierzu gehören die Wahl der Rechtsform und des Bilanzstichtags, die zeitliche Vor- oder Nachverlagerung ohnehin geplanter Geschäftsvorfälle, wie bspw. die zeitliche Verschiebung von Reparaturen und Werbekampagnen, sowie letztlich die Ausführung oder Unterlas- sung von Handlungen vor dem Bilanzstichtag, die nach dem Bilanzstichtag rück- gängig gemacht werden (Maßnahmen ohne Langzeitwirkung) oder sich nicht mehr rückgängig machen lassen (Maßnahmen mit Langzeitwirkung). Als Beispiel für eine Maßnahme ohne Langzeitwirkung lässt sich die Rückzahlung eines Kredits vor dem Bilanzstichtag und eine erneute Aufnahme im neuen Geschäfts- jahr nennen. Die Auslagerung eines Geschäftsbereiches in ein Tochterunternehmen hingegen wäre ein Instrument mit Langzeitwirkung.[22]

Bilanzpolitische Instrumente, mit denen nach dem Bilanzstichtag die Abbildung vorgegebener Geschäftsvorfälle im Jahresabschluss beeinflusst werden kann, stellen Maßnahmen zur Sachverhaltsabbildung, buchmäßige Bilanzpolitik[23], dar.[24]

Durch formelle Sachverhaltsabbildungen werden der Ausweis von Geschäftsvorfällen in der Bilanz bzw. in der Gewinn- und Verlustrechnung oder die Darstellung und Erläuterungen im Anhang beeinflusst, ohne dass sich dadurch der materielle Gehalt der Bilanz ändert. Es liegt somit kein unmittelbarer Einfluss auf die Bilanzsumme vor.[25] Dieses ist zum Beispiel bei einer Entscheidung über die weitere Aufgliederung einer Bilanzposition der Fall.

Materielle Instrumente zur Sachverhaltsabbildung lassen sich weiter in (explizite und faktische) Wahlrechte und Ermessensspielräume unterteilen.[26]

Ein explizites Wahlrecht liegt vor, wenn die Erfassung eines Sachverhalts im Jah- resabschluss nach mindestens zwei konkreten, sich ausschließenden Alternativen möglich ist und das Unternehmen frei wählen kann.[27] Als Beispiel aus dem Han- delsrecht sei hier das Bilanzierungswahlrecht für Disagio (§ 250 Abs. 3 Satz 1 HGB) erwähnt.

Im Rahmen der Wahl der planmäßigen Abschreibungsmethode kann der Bilanzierende von einem faktischen Wahlrecht Gebrauch machen. Ein faktisches Wahlrecht entsteht aufgrund der mangelnden Überprüfbarkeit eines formellen gesetzlichen Gebots oder Verbots. Der Bilanzierende trifft eine Auswahlentscheidung unter klar definierten Alternativen. Dazu prüft er diese aus seiner besseren Sachkenntnis der unternehmensspezifischen Gegebenheiten heraus auf Übereinstimmung mit dem real vorliegenden Sachverhalt ab. In der Regel wird über Ausübung faktischer Wahlrechte kein Bericht abgelegt.[28]

Ermessenspielräume erfordern das Treffen einer Auswahl innerhalb einer Band- breite möglicher, von externer Seite nicht unterscheidbarer Alternativen. Hierdurch gelangen subjektive Elemente in die Bilanzierung, die einen für Außenstehende nur schwer nachvollziehbaren Bereich darstellen.[29] Hierzu zählt bspw. die Einschätzung, ob eine Wertminderung als dauerhaft einzustufen oder nur als vorübergehend anzusehen ist.

Eingeschränkt werden die Möglichkeiten bilanzpolitischer Maßnahmen zum einen durch das Stetigkeitsprinzip und zum anderen durch die Bilanzanalyse. Nach dem Stetigkeitsprinzip sollen in einem Jahresabschluss angewandte Methoden auch in den künftigen Jahresabschlüssen Anwendung finden. Dieses Prinzip bezieht sich zunächst auf die bilanzielle Behandlung von Geschäftsfällen im Zeitverlauf und in seiner Erweiterung, die auch durch die Willkürfreiheit gerechtfertigt ist, auf die Bilanzierung gleichartiger Geschäftsfälle im selben sowie in künftigen Geschäfts- jahren. Methodenänderungen sind nur in begründeten Fällen möglich.[30] Zum anderen begrenzt die Bilanzanalyse die Bilanzpolitik. Bedingt durch das Ziel der Bilanzpolitik, Bilanzadressaten zu beeinflussen, ist Bilanzpolitik nur dann effek- tiv, wenn die Bilanzadressaten die Beeinflussung nicht erkennen, d.h. wenn sie von der Bilanzanalyse nicht identifiziert wird.[31]

Um Rechnungslegungssysteme hinsichtlich ihrer bilanzpolitischen Spielräume vergleichen zu können, ist es wichtig, die einzelnen bilanzpolitisch möglichen Maßnahmen zu charakterisieren. Dieses kann anhand folgender Kriterien erfolgen.

Zunächst ist die Erkennbarkeit[32] einer bilanzpolitischen Maßnahme von ent- scheidender Bedeutung. Je besser eine bilanzpolitische Maßnahme zu erkennen ist, desto weniger führt sie zu einer Beeinflussung der Bilanzadressaten. Bilanz- politische Maßnahmen lassen hinsichtlich ihrer Erkennbarkeit in drei Kategorien unterteilen.[33] Zum einen können erkennbare Maßnahmen vorliegen, deren Aus- wirkungen exakt oder relativ exakt nachvollzogen werden können und folglich durch den Bilanzleser eliminierbar sind. Weiter gibt es tendenziell erkennbare Maßnahmen, die zwar von der Tendenz her erkennbar sind, deren Auswirkungen jedoch nur eingeschränkt nachvollzogen und dementsprechend lediglich schwer eliminiert werden können. Zuletzt sind die Maßnahmen zu nennen, die nur schwer oder gar nicht erkannt werden und demnach nicht eliminierbar sind. Der letztge- nannten Kategorie lassen sich Maßnahmen vor dem Bilanzstichtag sowie Ermes- sensspielräume zuordnen. Explizite Wahlrechte sind in der Regel erkennbar, es sei denn, die Angabepflichten reichen nicht weit genug, so dass sie nur tendenziell er- kennbar sind. Faktische Wahlrechte sind in Abhängigkeit ihrer Nachvollziehbar- keit den erkennbaren oder tendenziell erkennbaren Maßnahmen zu zurechnen.[34]

Ein weiteres Kriterium ist die Wirkung der bilanzpolitischen Maßnahme, die sich in die Komponenten Wirkungsart, Wirkungsrichtung, Wirkungsbreite und Wirk- ungsdauer unterteilen lässt. Eine Maßnahme kann ihre Wirkung unmittelbar zum Zeitpunkt ihrer Anwendung oder mittelbar nach einer gewissen Dauer entfalten (Wirkungsart). Dabei wird der Gewinn erhöht, vermindert oder nicht beeinflusst (Wirkungsrichtung). Die bilanzpolitische Maßnahme kann sich auf ein Rechen- werk oder auf mehrere auswirken (Wirkungsbreite) und von begrenzter oder un- begrenzter Wirkungsdauer sein.[35]

Ebenso von Bedeutung ist die Bindungswirkung der Maßnahmen. Durch eine bilanzpolitische Maßnahme können Gestaltungsspielräume innerhalb des Geschäftsjahres und/oder in aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren aufgrund der Willkürfreiheit und des Stetigkeitsprinzips eingeschränkt werden.[36]

Abschließend seien die Kriterien Aufschiebbarkeit und Teilbarkeit genannt. Unter Aufschiebbarkeit wird die zeitliche Flexibilität bei dem Einsatz der bilanzpoliti- schen Maßnahme verstanden. Zeitlich flexibel sind bilanzpolitische Maßnahmen, die in verschiedenen Perioden genutzt werden können. Als Beispiel hierfür sei der Ermessenspielraum bei der Rückstellungsbildung genannt. Zeitlich unflexibel sind hingegen Ansatzwahlrechte, die nur in der Periode des erstmaligen Ansatzes zur Verfügung stehen. Unter Teilbarkeit wird die Flexibilität der Höhe nach ver- standen. Während manche bilanzpolitische Maßnahmen wie die Aktivierung des Disagios nur eine Entscheidung zwischen zwei Ausprägungen erlauben und in Folge dessen nicht sehr flexibel sind, steht dem Bilanzierenden bei anderen Maßnahmen wie der Schätzung einer Nutzungsdauer eine Entscheidungsband- breite zur Verfügung, so dass diese Maßnahmen der Höhe nach flexibel sind.[37]

Zusammenfassend lässt sich Bilanzpolitik als die gezielte Ausnutzung von bilanzpolitischen Spielräumen innerhalb eines Rechnungslegungssystems zur Beeinflussung von Bilanzadressaten und/oder Rechtsfolgen zur Erreichung von unternehmerischen Zielen des Bilanzierenden definieren. Die bilanzpolitischen Instrumente unterscheiden sich anhand des Zeitpunkts sowie ihrer Einflussnahme auf die Bilanz. Die Beurteilung eines Rechnungslegungssystems hinsichtlich seines bilanzpolitischen Spielraums lässt sich anhand der Kriterien Erkennbarkeit, Wirkung, Bindungswirkung und Flexibilität vornehmen.

2.2 Mathematisch-statistische Verfahren zur Identifikation von Bilanzpolitik

2.2.1 Überblick

Wie bereits erwähnt ist Bilanzpolitik dann am effektivsten, wenn sie nicht erkannt wird. Ziel der Bilanzadressaten hingegen ist es, die Bilanzpolitik in einem Jahres- abschluss zu identifizieren, um deren Effekte zu eliminieren und Jahresabschlüsse miteinander vergleichen zu können sowie die eigenen Entscheidungen darauf auf- bauend zu treffen. In der Bilanzanalyse werden verschiedene Methoden, unter ihnen mathematisch-statistische Verfahren, zur Identifikation von Bilanzpolitik genutzt.[38]

Die ersten Studien zur Identifikation von Bilanzpolitik anhand mathematisch-sta- tistischer Verfahren wurden bereits in den 1960er veröffentlicht[39] und konzen- trierten sich zunächst auf die Untersuchung von Gewinnglättung. In der Folge wurden weitere Verfahren und Forschungsdesigns entwickelt, so dass heute Stu- dien und Modelle zu allen genannten Grundtypen, nämlich Erreichen von Zielgrö- ßen, Gewinnglättung, Gewinnmaximierung und Gewinnminimierung, vorliegen.[40] Dabei beziehen sich die meisten Studien auf den anglo-amerikanischen und nur wenige auf den europäischen Raum. Das grundsätzliche Problem aller Untersuch- ungen besteht darin, dass Bilanzpolitik nicht direkt beobachtbar ist und sich folg- lich die grundlegende Frage stellt, wie Bilanzpolitik identifiziert und darauf auf- bauend gemessen werden kann.[41] Die verbreitetesten Verfahren sollen im Folgen- den kurz mit ihren wesentlichen Vor- und Nachteilen vorgestellt werden. Der Schwerpunkt wird dabei auf den Periodenabgrenzungsmodellen, die zur Identifi- kation von gewinnmindernder und gewinnerhöhender Bilanzpolitik verwendet werden, liegen.

2.2.2 Erreichung von Zielgrößen

2.2.2.1 Grundidee

In der Literatur[42] wird vermutet, dass Unternehmensleitung und Entscheidungsträ- ger der Rechnungslegungspolitik Anreize haben gewisse Zielgrößen zu über- schreiten, zu erreichen oder nicht zu übertreffen, da anderenfalls negative Aus- wirkungen wie ein sinkender Aktienkurs oder höhere Ziele hinsichtlich der vari- ablen Vergütung zu befürchten sind. Solche Zielgrößen können zum Beispiel ein Jahresgewinn in Höhe von Null, der Vorjahresgewinn oder eine Analystenvorher- sage sein.[43]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Graphische Darstellung von einer (erwarteten) theoretischen Verteilung und einer (erwarteten) tatsächlichen Verteilung der Unternehmen.[44]

Um Bilanzpolitik, die der Erreichung einer Zielgröße dient, zu identifizieren, wird in der Regel die Verteilung einer Gewinngröße analysiert. Hierbei wird zunächst für die ausgewiesenen Gewinne eine Verteilung angenommen und diese dann mit der tatsächlichen Verteilung verglichen. Stimmt die vorab erwartete Verteilung der ausgewiesenen Gewinne nicht mit der tatsächlichen Verteilung überein, so wird dies als ein Indiz für Bilanzpolitik gewertet (vgl. zur Verdeutlichung Abbild- ung 1).[45]

2.2.2.2 Studien zur Analyse der Verteilung von Gewinngrößen

BURGSTAHLER UND DICHEV[46] bspw. zeigen in ihrer Untersuchung von 70.000 Jahresabschlüssen, dass die ausgewiesenen Jahresergebnisse sowie die Veränder- ungen der Jahresergebnisse im Vergleich zum Vorjahr relativ gleichmäßig verteilt sind. Eine Ausnahme bildet jedoch jeweils das Intervall um Null, denn es weisen deutlich mehr Unternehmen ein leicht positives als ein leicht negatives Jahreser- gebnis bzw. eine leicht positive als eine leicht negative Ergebnisveränderung aus. Folglich werden die von BURGSTAHLER UND DICHEV aufgestellten Hypothesen be- stätigt, dass Unternehmen bei geringen Verlusten und leichten Gewinnrückgängen dazu tendieren, durch Bilanzpolitik einen leicht positiven Gewinn bzw. eine leicht positive Gewinnveränderung auszuweisen.[47] Ähnliche Ergebnisse finden sich auch für den europäischen Raum durch eine Studie von DASKE, GEBHARDT UND MCLEAY[48] und für deutsche Jahresabschlüsse durch GLAUM, LICHTBLAU UND LINDEMANN[49].

Der wesentliche Vorteil dieser Methode liegt darin, dass die zur Untersuchung notwendigen Daten direkt aus dem Abschluss entnommen werden können, wo- durch mögliche Fehler etwaiger Überleitungsrechnungen oder Schätzungen ver- mieden werden.[50] Allerdings wird an der Untersuchung von BURGSTAHLER UND DICHEV u.a. kritisiert, dass die Unstetigkeiten in der Verteilung erst im Rahmen der statistischen Untersuchung durch die von BURGSTAHLER UND DICHEV gebilde- ten Intervalle[51] und die vorgenommene Skalierung[52] verursacht werden.

Des Weiteren ist von Vorteil, dass sowohl die materiellen Instrumente der Sach- verhaltsgestaltung als auch die der Sachverhaltsabbildungen erfasst werden, da diese Einfluss auf das ausgewiesene Ergebnis nehmen. Die Ergebnisse der Unter- suchung lassen sich graphisch einfach darstellen (vgl. Abbildung 1) und erleichtern somit die Kommunikation der empirischen Befunde.[53]

Jedoch ist dieses Forschungsdesign nur anwendbar, wenn ein eindeutiger Zielwert identifiziert werden kann, der für eine große Anzahl an Unternehmen relevant ist.[54] Die Vermeidung des Ausweises geringer Verluste oder geringer Gewinn- rückgänge im Vergleich zum Vorjahr könnte solche Zielwerte darstellen. Zielgrö- ßen, die sich aus Analystenprognosen, Kreditverträgen oder Mitarbeitervereinbar- ungen ergeben, lassen sich jedoch in der Regel nicht genau identifizieren oder sind nicht für eine genügend große Anzahl von Unternehmen gleichermaßen rele- vant, wodurch das Verfahren aufgrund zu geringer Fallzahlen nicht angewendet werden kann.

Ein anderes Problem ist die Unklarheit, inwieweit die Unstetigkeiten der Verteil- ung tatsächlich auf Bilanzpolitik zurückzuführen sind.[55] Alternativ könnten Unter- schiede in der steuerlichen Behandlung von Unternehmen mit Gewinn- und Ver- lustausweis[56] sowie eine verstärkte Motivation der Mitarbeiter[57], wenn die Er- reichung eines positiven Ergebnisses klar als Ziel definiert wird und erreichbar scheint, die identifizierten Unregelmäßigkeiten in der Verteilung verursachen.

Weiter liefert das Modell keine Informationen über die verwendeten Instrumente. Solche Informationen könnten zum Beispiel für die Bilanzanalyse bei der Elimin- ierung von bilanzpolitischen Effekten von Bedeutung sein. Auch ergeben sich we- der Erkenntnisse über die Anreize für das Management, bestimmte Zielgrößen zu erreichen, noch darüber ob Anreize auf Unternehmen unterschiedlich wirken.[58]

Andere Studien zur Analyse der Verteilung von Gewinngrößen untersuchen, ob die Ziffern der ausgewiesenen Gewinne zufällig verteilt sind. Auch bei diesen Studien wird eine erwartete Verteilung mit der tatsächlichen Verteilung ver- glichen. Als erwartete Verteilung wird jedoch in der Regel nicht eine Gleichver- teilung der Ziffern angenommen. Stattdessen wird erwartet, dass gemäß dem Ge- setz von BENFORD höhere Ziffern relativ seltener vorkommen als niedrigere Zif- fern.[59] Die Erkenntnisse über die Verteilung der Ziffern werden mittlerweile zur Aufdeckung von Manipulationen und Fälschungen von Wirtschafts- und Verwaltungsdaten wie Steuererklärungen und Bilanzen angewendet.[60]

Im weiteren Verlauf der Diplomarbeit werden die Verfahren zur Identifikation von Bilanzpolitik zur Erreichung von Zielgrößen nicht weiter verfolgt. Zur Beurteilung der Veränderungen durch das BilMoG wäre eine Vielzahl von Abschlüssen nach dem BilMoG nötig. Da der Gesetzentwurf jedoch noch keine Anwendung findet, können diese bislang nicht vorliegen.

2.2.3 Gewinnglättung

2.2.3.1 Grundidee

Mathematisch-statistische Verfahren, die sich mit Gewinnglättung[61] beschäftigen, basieren auf der Annahme, dass Unternehmen sowohl aus finanzpolitischen als auch aus publizitätspolitischen Überlegungen heraus Anreize haben, Gewinne zu glätten. Die Grundidee ist in erfolgreichen Jahren durch bilanzpolitische Maßnahmen stille Reserven aufzubauen, durch deren Auflösung die Ertragslage in weniger erfolgreichen Jahren besser dargestellt werden kann.[62]

Folgende Gründe können für das Durchführen von Gewinnglättung sprechen. Zum einen wirkt sich die Höhe des Ergebnisses aufgrund der Zahlungsbemess- ungsfunktion des Jahresabschlusses direkt auf den Finanzmittelabfluss aus dem Unternehmen aus, da die Steuer- und Dividendenzahlungen aus dem Jahresab- schluss abgeleitet werden. Hohe Jahresergebnisse und Dividendenzahlungen erhö- hen zudem die Erwartungen der Anteilseigner für das nächste Jahr. Niedrige Jahresergebnisse hingegen beeinflussen das Erscheinungsbild und die Kapitalbe- schaffung negativ. Des Weiteren werden starke Gewinnschwankungen häufig als Anzeichen für Risiko gewertet mit der Folge, dass der Kapitalmarkt höhere Risi- koprämien fordert. Auch wird angenommen, dass das Management in Abhängig- keit des Vergütungssystems Anreizen zur Gewinnglättung unterliegt.[63]

Unter Ergebnisglättung wird im engeren Sinne folglich der willentliche Versuch des Managements verstanden, die Schwankungen der in den veröffentlichten Abschlüssen ausgewiesenen Gewinne hinsichtlich eines bestimmten Ziel- oder Sollgewinns durch die Nutzung bilanzpolitischer Spielräume zu reduzieren. Ziel ist dabei der Ausweis konstanter oder konstant wachsender bzw. an Branchendurchschnittswerte angenäherter Ergebnisgrößen.[64]

Um Gewinnglättung nachzuweisen, gibt es verschiedene mathematische Modelle, die zum einen auf die Volatilität der Gewinne und zum anderen auf die Abweich- ung zu einem angestrebten Zielgewinn abzielen. Ein mögliches Maß stellt die Standardabweichung der Gewinne dividiert durch die Standardabweichung der Cash Flows dar. Während sich Gewinne aus Erträgen und Aufwendungen erge- ben, erfasst der Cash Flow den Finanzmittelfluss. Die Standardabweichung wird dabei jeweils als Maß für die Volatilität verwendet. Ein geringer Quotient, d.h. eine relativ geringe Schwankung der Gewinne bei einer hohen Schwankung der Cash Flows, lässt eine hohe ergebnisglättende Bilanzpolitik vermuten.[65]

Alternativ kann die Differenz zwischen einem Zielgewinn und dem tatsächlich ausgewiesenen Gewinn als Maß der Ergebnisglättung herangezogen werden. Der von der Unternehmensleitung oder von Entscheidungsträgern angestrebte Zielge- winn kann bspw. durch das Übertreffen von Vorjahresergebnissen oder Erreichen von Analystenprognose definiert sein. Ist der Unterschied zwischen dem Zielge- winn und dem tatsächlich ausgewiesenen Gewinn nach Bilanzpolitik signifikant kleiner als der zwischen dem Zielgewinn und dem tatsächlich ausgewiesenen Ge- winn vor Bilanzpolitik, so wird die Differenz der Unterschiede als Ergebnisglätt- ung bezeichnet.[66] Regelmäßig problematisch sind hierbei jedoch für externe Bilanzleser die Identifikation des angestrebten Zielgewinns sowie eine Bestimmung des Gewinns ohne bilanzpolitische Einflüsse.

2.2.3.2 Studien zur Gewinnglättung

Bei den empirischen Untersuchungen handelt es sich meist um Zeitreihenanaly- sen.[67] Die gewählte Kennzahl, mit der Gewinnglättung gemessen wird, sowie der Wert der zu über- oder unterschreiten ist, damit von Bilanzpolitik gesprochen wird, beeinflussen dabei maßgeblich das Ergebnis einer empirischen Untersuch- ung.[68] Dieses zeigen die Untersuchungen von BARNEA, RONAN UND SADAN[69], IMHOFF[70] und ECKEL[71]. Obwohl sich alle drei Studien auf dieselbe Stichprobe beziehen, erhalten sie aufgrund unterschiedlicher Methoden deutlich voneinander abweichende Ergebnisse.[72]

Ein zentrales Problem liegt folglich darin, dass kein allgemeingültiges Vorgehen und keine einheitliche Definition von Ergebnisglättung existieren. Damit hängen die Ergebnisse stark von den Entscheidungen der Forscher hinsichtlich der Metho- de und der Grenzwerte ab. Weiter ist eine Differenzierung zwischen natürlicher Glättung und Glättung durch Bilanzpolitik durch die Modelle problematisch.[73]

Im Rahmen dieser Diplomarbeit werden die Verfahren zu Identifikation von er- gebnisglättender Bilanzpolitik nicht weiter verfolgt, da zur Beurteilung der Aus- wirkungen auf diese Verfahren Jahresabschlüsse, die auf dem HGB nach BilMoG beruhen, notwendig wären. Diese liegen, wie bereits erwähnt, noch nicht vor.

2.2.4 Periodenabgrenzungsmodelle zur Identifikation von gewinner- höhender und -mindernder Bilanzpolitik

2.2.4.1 Grundidee

Gewinnmindernde und gewinnerhöhende Bilanzpolitik werden in der Regel über die Periodenabgrenzung[74] analysiert. Als Periodenabgrenzung wird die Differenz zwischen dem Jahresergebnis und dem Cash Flow aus der Geschäftstätigkeit be- zeichnet. Grundsätzlich dient die Periodenabgrenzung der periodengerechten Ge- winnermittlung und stellt gleichzeitig die maximale Ausprägung der buchmäßigen Bilanzpolitik dar. Aus der Annahme, dass der Cash Flow zusätzliche Informatio- nen liefert, folgt, dass auch die Differenz zwischen dem Jahresergebnis und dem Cash Flow, also die Periodenabgrenzung, informativ ist.[75] Untersucht werden in den Studien entweder die gesamte Periodenabgrenzung oder die Periodenabgrenz- ung einer bestimmten Bilanzposition.[76] Im Folgenden wird jedoch nur auf Modelle eingegangen, die die gesamte Periodenabgrenzung untersuchen, da der Gesamteffekt der Rechnungslegungsänderung von Interesse ist.

Die Grundannahme der Modelle, die die Periodenabgrenzung als Analyseobjekt verwenden, besteht darin, dass sich die buchmäßige Bilanzpolitik über die Ge- staltung der Periodenabgrenzung auf die Gewinngröße auswirkt. Zur Identifika- tion und Messung der buchmäßigen Bilanzpolitik wird daher die Summe der Periodenabgrenzung aus den Jahresabschlussdaten ermittelt und analysiert.[77]

Die Höhe der Periodenabgrenzung kann entweder direkt aus der Kapitalflussrechnung bestimmt oder indirekt durch Daten aus dem Jahresabschluss geschätzt werden.[78] Die indirekte Ermittlung der Periodenabgrenzung erfolgt durch die Korrektur des Jahresergebnisses um die zahlungsunwirksamen Erträge und Aufwendungen. Die konkreten Bestandteile sowie die Berechnung werden im Rahmen des Praxisbeispiels in Kapitel 4 erläutert.

Zur Analyse der Periodenabgrenzung wird angenommen, dass sich die gesamte Periodenabgrenzung (GPA) in eine normale und in eine diskretionäre Komponente aufteilen lässt.[79]

Formel 1: Aufteilung der gesamten Periodenabgrenzung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Während die normale Periodenabgrenzung (NPA) auf die allgemeine Geschäftstä- tigkeit zurückzuführen ist, wird die diskretionäre Periodenabgrenzung (DPA) als Indikator für Bilanzpolitik angesehen. Da jedoch einzig die gesamte Periodenab- grenzung beobachtbar ist, sind Annahmen über die normale Periodenabgrenzung zu treffen, um durch die Berechnung dieser auf die diskretionäre Periodenab- grenzung zu schließen.[80] Bilanzpolitik wird dann angenommen, wenn der Anteil der diskretionären Periodenabgrenzung signifikant von einer Vergleichsgruppe oder von Null verschieden ist.

Die Verfahren lassen sich anhand ihrer Berechnung der normalen Periodenab- grenzung in einfachere Schätzmodelle und in Regressionsmodelle unterscheiden.

[...]


[1] Naumann, 2008, S. I.

[2] Velte/Leimkühler, 2007, S. 837.

[3] Fülbier/Gassen, 2007, S. 2605.

[4] Wüstemann, 2007, S. I.

[5] Gemeinhardt/Bode, 2008, S. 171.

[6] Wüstemann, 2007, S. I.

[7] Engel-Ciric, 2008, S. 30. Die Hervorhebung ist wie im Originaltext.

[8] Vgl. Regierungsentwurf, S. 1.

[9] § 264 Abs. 2 HGB.

[10] Vgl. Wöhe/Döring, 2005, S. 1035.

[11] Vgl. Bieg/Kußmaul, 2003, S. 223, Wohlgemuth, 2007, S. 50 sowie S. 67 f.; Küting, 2006, S. 2755.

[12] Vgl. Wagenhofer/Ewert, 2007, S. 14.

[13] In der englischen Literatur „earnings management“.

[14] Vgl. Wagenhofer/Ewert, 2007, S. 237; Wohlgemuth, 2007, S. 49.

[15] Vgl. hierzu auch Bieg/Kußmaul, 2003, S. 205; Küting/Wohlgemuth, 2004, S. 3 f.; Wagenhofer/ Ewert, 2007, S. 237; Wohlgemuth, 2007, S. 49.

[16] Vgl. Bieg/Kußmaul, 2003, S. 206.

[17] Vgl. Döring/Obermann, 2008, S. 417.

[18] Vgl. Wöhe/Döring, 2005, S. 93 f.; für eine ausführliche Darstellung zu den Beziehungen zwischen Zielen siehe auch Heinen, 1992, S. 101 ff.

[19] Vgl. Wagenhofer/Ewert, 2007, S. 245.

[20] Vgl. Bieg/Kußmaul, 2003, S. 222; Wagenhofer/Ewert, 2007, S. 239 ff.; Wöhe, 1997, S. 59 ff.; Küting/Wohlgemuth, 2004, S. 5.

[21] Vgl. Wagenhofer/Ewert, 2007, S. 239.

[22] Vgl. Wohlgemuth, 2007, S. 64 f.; Peemöller, 2003, S. 173; Bieg/Kußmaul, 2003,S. 231 ff.

[23] Vgl. Wagenhofer/Ewert, 2007, S. 241.

[24] Vgl. Wohlgemuth, 2007, S. 67.

[25] Vgl. Wagenhofer/Ewert, 2007, S. 241 f.; Wöhe, 1997, S. 59.

[26] Vgl. Döring/Obermann, 2008, S. 421; Wagenhofer/Ewert, 2007, S. 241; Wohlgemuth, 2007, S. 67.

[27] Vgl. Bieg/Kußmaul, 2003, S. 223; Wohlgemuth, 2007, S. 68.

[28] Vgl. Wohlgemuth, 2007, S. 68 f.

[29] Vgl. Wohlgemuth, 2007, S. 69.

[30] Vgl. Wagenhofer/Ewert, 2007, S. 243.

[31] Vgl. Sassen et al., 2008, S. 248; Wohlgemuth, 2007, S. 72.

[32] Vgl. Wohlgemuth, 2007, S. 73 ff.; Wagenhofer/Ewert, 2007, S. 245; Bieg/Kußmaul, 2003, S. 225.

[33] Vgl. Wohlgemuth, 2007, S. 73.

[34] Vgl. Wohlgemuth, 2007, S. 73 f.

[35] Vgl. Wohlgemuth, 2007, S. 75 f.

[36] Vgl. Bieg/Kußmaul, 2003, S. 226; Wohlgemuth, 2007, S. 81.

[37] Vgl. Bieg/Kußmaul, 2003, S. 225; Wagenhofer/Ewert, 2007, S. 244; Wohlgemuth, 2007, S. 81.

[38] Vgl. Wohlgemuth, 2007, S. 14 ff.; für ausführliche Darstellung bilanzanalytischer Methoden siehe Küting/Weber, 1997.

[39] Vgl. Copeland, 1968.

[40] Vgl. bspw. für Erreichung einer Zielgröße: Burgstahler/Dichev, 1997; für Gewinnglättung: Copeland, 1968; für gewinnerhöhende Bilanzpolitik: Teoh et al., 1998; für gewinnmindernde Bilanzpolitik: Jones, 1991.

[41] Vgl. Szczesny, 2007, S. 102.

[42] Vgl. bspw. Wagenhofer/Ewert, 2007, S. 247.

[43] Vgl. Dechow/Skinner, 2000, S. 244; Lindemann, 2004, S. 221 f.; Wagenhofer/Ewert, 2007, S. 247.

[44] Zur eigenen Darstellung ist anzumerken, dass der Zielwert nicht mit dem Maximum der theo- retischen Verteilung übereinstimmen muss.

[45] Vgl. Lindemann, 2004, S. 222 f.

[46] Vgl. Burgstahler/Dichev, 1997.

[47] Vgl. Burgstahler/Dichev, 1997, S. 124.

[48] Vgl. Daske et al., 2006.

[49] Vgl. Glaum et al., 2004.

[50] Vgl. Healy, 1999, S. 379.

[51] Vgl. Glaum et al., 2004, S. 46.

[52] Vgl. Durtschi/Easton, 2005, S. 557 f.

[53] Vgl. Lindemann, 2004, S. 227.

[54] Vgl. Lindemann, 2004, S. 228.

[55] Vgl. Bissessur, 2008, S. 70; Wagenhofer/Ewert, 2007, S. 263.

[56] Vgl. Beaver et al., 2006, S. 2.

[57] Vgl. Dechow/Skinner, 2000, S. 356.

[58] Vgl. McNichols, 2000, S. 337.

[59] Vgl. Wagenhofer/Ewert, 2007, S. 264.

[60] Zu einem Überblick über aktuelle empirische Studien und die praktische Anwendung siehe Günnel/Tödter, 2007, S. 4 f.

[61] Im englischen Sprachgebrauch „income smoothing“.

[62] Vgl. Fischer/Haller, 1993, S. 37.

[63] Vgl. Fischer/Haller, 1993, S. 37 f.; Wagenhofer/Ewert, 2007, S. 247.

[64] Vgl. Fischer/Haller, 1993, S. 38.

[65] Vgl. Wagenhofer/Ewert, 2007, S. 253.

[66] Vgl. Fischer/Haller, 1993, S. 42.

[67] Vgl. Fischer/Haller, 1993, S. 41.

[68] Vgl. Fischer/Haller, 1993, S. 44.

[69] Vgl. Barnea et al., 1976.

[70] Vgl. Imhoff, 1977.

[71] Vgl. Eckel, 1981.

[72] Von 62 untersuchten Unternehmen betrieben nach Eckel 2 Unternehmen, nach Imhoff 8 Unter- nehmen und nach Barnea, Ronan und Sadan bis zu 58 Unternehmen gewinnglättende Bilanz- politik.

[73] Vgl. hierzu ausführlich Fischer/Haller, 1993.

[74] In der englischsprachigen Literatur „accruals”.

[75] Vgl. Wagenhofer/Ewert, 2007, S. 252 f.

[76] Vgl. McNichols, 2000, S. 314 f.

[77] Vgl. Szczesny, 2007, S. 105.

[78] Vgl. Lindemann, 2004, S. 219.

[79] Vgl. Wagenhofer/Ewert, 2007, S. 254.

[80] Vgl. Szczesny, 2007, S. 106.

Ende der Leseprobe aus 94 Seiten

Details

Titel
Chancen und Grenzen mathematisch-statistischer Verfahren zur Identifikation von Bilanzpolitik nach der Reformierung des HGB
Hochschule
Universität Lüneburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
94
Katalognummer
V139904
ISBN (eBook)
9783640477449
ISBN (Buch)
9783640477111
Dateigröße
992 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Chancen, Grenzen, Verfahren, Identifikation, Bilanzpolitik, Reformierung
Arbeit zitieren
Iris Burmester (Autor:in), 2008, Chancen und Grenzen mathematisch-statistischer Verfahren zur Identifikation von Bilanzpolitik nach der Reformierung des HGB, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/139904

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