[…]“Humor (ist) als Annäherung an den Holocaust weniger verbraucht […] als Trauer und Empörung“[…]
Jeder Mensch nähert sich dem Thema „Holocaust“ anders. Die Bilder, die in der überwiegenden Mehrzahl der Köpfe beim Thema „Holocaust“ abgerufen werden, ähneln sich jedoch, zumindest in den Generationen der Nachgeborenen, da sie durch Medien wie Bilder, Filme und Fernsehen typisiert wurden. Das gewählte Zitat von Thomas Hammerschmidt zeigt die Position, die es in dieser Arbeit zu belegen und zu bekräftigen gilt. Am Beispiel der Komödie „Das Leben ist schön“ (1998) von und mit Roberto Benigni soll gezeigt werden, wie das Mittel der Komik in einem Film über den Holocaust eingesetzt wird. Dabei ist es zunächst wichtig das Medium „Film“ mit seinen unterschiedlichen Genres näher zu beleuchten, um dann speziell auf die Form der „KZ-Komödie“ bzw. „Holocaust-Komödie“ einzugehen. Der Film „Das Leben ist schön“ bot Stoff für Kontroversen und Diskussionen, unter dem Aspekt, ob man den Holocaust überhaupt darstellen sollte und könne und ob die Komödie nicht von vornherein völlig ungeeignet für ein solches Thema sei. Es wird gezeigt, wie Benigni mit dem Thema „Holocaust“ in seinem Film umgeht, was diesen Film einerseits so erfolgreich bei der jüdischen Bevölkerung machte, warum es andererseits zu solch massiven Abwehrhaltungen der nichtjüdischen Kritiker/Rezipienten kam. Um die didaktischen Aspekte bei einer Behandlung des Thema „Holocaust“ nicht außer Acht zu lassen, ist es wichtig auch einen Punkt dem Film im Geschichtsunterricht zu widmen. Es geht in dieser Arbeit nicht um die generelle Einordnung des Films inklusive aller seiner Genres und Ausprägungen, sondern um Filmgattungen, die sich mit der Geschichte, speziell der Judenverfolgung im Dritten Reich unter anderem beschäftigen und darum, welche Ausprägungsmuster, Merkmale und Motive von welcher Gattung wie aufgegriffen werden können. In dieser Arbeit soll die Auseinandersetzung des Themas „Holocaust“ im Film im Mittelpunkt stehen. Warum gerade Benignis „Das Leben ist schön“ ein interessanter Ansatz einer solchen Beschäftigung ist, wird im Folgenden geklärt werden, wenn es um die Rezeptionsgeschichte und die Merkmale des Filmes gehen wird. Den Abschluss bildet eine kurze Darstellung zum Thema der Medialisierung des Holocaust.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Film im Geschichtsunterricht. Einordnung, Merkmale, Besonderheiten.
2.1. Filmgattungen
2.1.1. Das Filmdokument
2.1.2. Der Dokumentarfilm
2.1.3. Der Unterrichtsfilm
2.1.4. Der Spielfilm
2.1.5. Die „Holocaust“-Komödie
3. Das Thema „Holocaust“ in der Filmkomödie
4. „Das Leben ist schön“ – Abenteuerspielplatz KZ
4.1. Filmographisches
4.2. Handlung
4.3. Rezeptionsgeschichte
4.4. Überlegungen zum Film – Motive, Merkmale, Besonderheiten
5. Medialisierung des Holocaust
6. Fazit und Schlussfolgerungen
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
[…]“Humor (ist) als Annäherung an den Holocaust weniger verbraucht […] als Trauer und Empörung“[…][1]
Jeder Mensch nähert sich dem Thema „Holocaust“ anders. Die Bilder, die in der überwiegenden Mehrzahl der Köpfe beim Thema „Holocaust“ abgerufen werden, ähneln sich jedoch, zumindest in den Generationen der Nachgeborenen, da sie durch Medien wie Bilder, Filme und Fernsehen typisiert wurden. Das gewählte Zitat von Thomas Hammerschmidt zeigt die Position, die es in dieser Arbeit zu belegen und zu bekräftigen gilt. Am Beispiel der Komödie „Das Leben ist schön“ (1998) von und mit Roberto Benigni soll gezeigt werden, wie das Mittel der Komik in einem Film über den Holocaust eingesetzt wird. Dabei ist es zunächst wichtig das Medium „Film“ mit seinen unterschiedlichen Genres näher zu beleuchten, um dann speziell auf die Form der „KZ-Komödie“ bzw. „Holocaust-Komödie“ einzugehen. Der Film „Das Leben ist schön“ bot Stoff für Kontroversen und Diskussionen, unter dem Aspekt, ob man den Holocaust überhaupt darstellen sollte und könne und ob die Komödie nicht von vornherein völlig ungeeignet für ein solches Thema sei. Es wird gezeigt, wie Benigni mit dem Thema „Holocaust“ in seinem Film umgeht, was diesen Film einerseits so erfolgreich bei der jüdischen Bevölkerung machte, andererseits warum es zu solch massiven Abwehrhaltungen der nichtjüdischen Kritiker/Rezipienten kam. Um die didaktischen Aspekte bei einer Behandlung des Thema „Holocaust“ nicht außer Acht zu lassen, ist es wichtig auch einen Punkt dem Film im Geschichtsunterricht zu widmen. Es geht in dieser Arbeit nicht um die generelle Einordnung des Films inklusive aller seiner Genres und Ausprägungen, sondern um Filmgattungen, die sich mit der Geschichte, speziell der Judenverfolgung im Dritten Reich unter anderem beschäftigen und darum, welche Ausprägungsmuster, Merkmale und Motive von welcher Gattung wie aufgegriffen werden können. In dieser Arbeit soll die Auseinandersetzung des Themas „Holocaust“ im Film im Mittelpunkt stehen. Warum gerade Benignis „Das Leben ist schön“ ein interessanter Ansatz einer solchen Beschäftigung ist, wird im Folgenden geklärt werden, wenn es um die Rezeptionsgeschichte und die Merkmale des Filmes gehen wird. Den Abschluss bildet eine kurze Darstellung zum Thema der Medialisierung des Holocaust.
Zu den Hauptarbeitsmitteln, die in dieser Arbeit Verwendung finden sollen, gehören drei Bücher, die sich im besonderen Maße dem Thema Medien und Holocaust widmen, nämlich „Holocaust-Spielfilme im Geschichtsunterricht“[2] von Tilo Werner, „Lachen über Hitler- Auschwitz-Gelächter?“[3], herausgegeben von Margit Frölich, Hanno Loewy und Heinz Steinert und „Geschichte im Film“[4], herausgegeben von Waltraud Wende. Das Ziel dieser Arbeit soll die Analyse des Films „Das Leben ist schön“ sein, unter dem Aspekt der Darstellung des Holocaust (oder eben nicht) und des Umgangs mit diesem Thema in Verbindung mit den Mitteln der Komik. Die meisten Menschen vor allem in Deutschland sind es Leid, schreckenerregende Bilder über die Shoah zu sehen, die „Trauer“ und die „Empörung“ haben an Intensivität verloren. Viele Menschen sind abgestumpft, haben schon zu viele Darstellungen von Gewalt, Tod, Mord und Leiden im Fernsehen, im Kino gesehen. Der Gedanke an die Schuld und das Leiden des europäischen Judentums bleibt zwar bestehen, aber er hat an Präsenz verloren. Das Geschichtsbild von mehreren Generationen prägt sich indes fast ausschließlich über die Formen des Massenmediums Film. Aus dieser Linie versuchte der Regisseur Roberto Benigni auszubrechen, indem er seinen Film als Komödie anlegte. Es soll nun bewiesen werden, dass „Humor als Annäherung an den Holocaust“ nicht nur „weniger verbraucht“, sondern auch eine legitime und erfrischende Alternative bieten kann für einen bewussten Umgang mit den Schrecken und den Greueltaten der Vergangenheit.
2. Der Film im Geschichtsunterricht. Einordnung, Merkmale, Besonderheiten.
Kein anderes Medium ist im Laufe seiner Entstehungszeit so populär und massenkompatibel geworden wie der Film. In der deutschen Geschichtswissenschaft spielte das Thema „Film“ allerdings noch bis in die jüngste Zeit eine eher untergeordnete Rolle.[5] Erst nach 1945 begann auch in Deutschland eine universitäre Auseinandersetzung und Forschung zum Thema „Film“. Diese Filmarbeit widmete sich vorrangig dem Dokumentarfilm, wobei dieser vorwiegend zur Illustration diente.[6] Dass der Film auch als Quelle verwendet werden kann und vielfältige Möglichkeiten eröffnet, weiß man heute. Um das Medium auch als Quelle betrachten zu können, muss bedacht werden, dass der Film als Quelle mehrere Bedeutungsebenen[7] hat, die sich je nach dem Grad der Authentizität der Vergangenheitsdarstellung zusammensetzen. Bevor hier nun kurz die wichtigsten Filmgattungen dargestellt und erläutert werden, soll eine andere Betrachtungsweise hervorgehoben und damit auch die Wichtigkeit des Themas „Film“ unterstrichen werden. Kein anderes Medium hat im 20. Jahrhundert das Bild, die Meinung, das Verständnis usw. von Geschichte für ein so breites Publikum aufbereitet.[8] Dazu gehört selbstverständlich auch das Fernsehen. Die historischen Imaginationen von Millionen von Menschen stammen aus dem Fernsehen oder dem Film. Geschichte wird erlebbar gemacht, vorstellbar. Das Geschichtsbild von Generationen wird mit Hilfe des Films beeinflusst und auch auf bestimmte Art und Weise gelenkt. Und das ist das Problem: Die historische Faktizität kann in den meisten Filmen, wenn nicht sogar in allen, nicht realisiert werden, Objektivität weder hergestellt noch erhalten werden. Das Anliegen des Historikers sollte es, nach Peter Meyer[9], dennoch nicht sein, die Richtigkeit historischer Aussagen im Film zu prüfen, sondern auf die Aussage des Films zu achten, „da darin das mit dem Film transportierte Geschichtsbild besonders deutlich wird“.[10] Für den Unterricht ergibt sich aus den zwei Feldern des Filmes als Quelle und des Filmes als „Produkt und Produzent von Geschichtsbewusstsein“[11] ein Aufgabenfeld, das insbesondere die Medienkompetenz der Schüler fördert, die Medienerziehung. Gerade heute im Zeitalter von Computer und Internet, sowie Film und Fernsehen, wo Fiktion gekonnt als Realität, als Mimesis, verkauft und verschlüsselt wird, steigt die Dringlichkeit des „know how“, des richtigen Umgangs mit solchen Medien.
2.1. Filmgattungen
Bis heute hat sich keine einheitliche Unterteilung und Terminologie der verschiedenen Filmgattungen durchgesetzt, bzw. ist von allen Seiten anerkannt worden.[12] In dieser Arbeit wird sich jedoch an der gängigsten Unterscheidung, der nach inhaltlich-gestalterischen Kriterien, orientiert. Im Folgenden werden das Filmdokument, der Dokumentarfilm, der Unterrichtsfilm und der Spielfilm voneinander abgegrenzt und die einzelnen Spezifika vorgestellt. Dieses Vorgehen ist unerlässlich, um später die Form der Komödie abzugrenzen und ihre gestalterischen Merkmale hervorzuheben.
2.1.1. Das Filmdokument
Beim Filmdokument werden originale Bilder von Ereignissen, Menschen und Gegenständen gezeigt. Deswegen gehört diese Gattung zum „filmisches (n) Quellenmaterial mit dem höchsten Authentizitätsgrad“[13]. Kennzeichen eines Filmdokuments ist, dass keine weitere Bearbeitung oder Montage an dem Dargestellten bzw. Aufgezeichneten vorgenommen wird[14], d.h. es dürfen weder nachträgliche Kommentare oder Text, noch Musik oder Grafiken am Film vorgenommen werden. Das Dargestellte steht für sich und lässt keine weitere Beeinflussung zu, außer des Gezeigten selbst. Beispiel für ein Filmdokument sind Redeauszüge oder Live-Sendungen im Fernsehen. Doch auch hier kann nicht von absoluter Objektivität ausgegangen werden, da auch Filmdokumente bewusst Wirklichkeit auswählen, so z.B. bei Großaufnahmen des Redners an wichtigen Stellen seiner Rede, oder ein Kameraschwenk ins Publikum auf jemanden ganz bestimmten, der eventuell in irgendeinem Zusammenhang mit dem Gesagten des Redners steht oder das Aufnehmen einer bestimmten Reaktion auf etwas Gesagtes in der Rede und so weiter.
2.1.2. Der Dokumentarfilm
Der Einsatz des Genres Dokumentarfilm ist wohl am Ergiebigsten im Unterricht. Der Unterschied zum Filmdokument ist, dass bei dieser Gattung bewusst Wirklichkeit reproduziert wird. Dabei stehen einzelne Aspekte oder Themen im Mittelpunkt.[15] Die Macher von Dokumentarfilmen wählen einzelne Filmdokumente, die für ihr Thema Bedeutung haben, aus, lassen dabei gleichzeitig andere Filmdokumente, andere Aspekte fallen und interpretieren und kommentieren somit die Wirklichkeit. Es geschieht also ein Prozess beim Produzieren eines Dokumentarfilmes, aus der Realität wird bloße Diegese. Durch die bewusste Auswahl bestimmter Teile eines übergeordneten Ganzen vermittelt der Filmemacher auch gleichzeitig dem Publikum seine Sicht der Wirklichkeit.[16] Beim Rezipieren eines Dokumentarfilmes sollte dies nie vergessen werden. Peter Meyers betont weiterhin zwei „Realitätsebenen“[17], die es beim Dokumentarfilm zu unterscheiden gilt. Diese Realitätsebenen werden bestimmt durch die „Motivation des Dokumentaristen zu seinem Werk“[18]. Erstens geht es um das unmittelbare dokumentieren von Wirklichkeit und zweitens entstehen viele Dokumentarfilme unter dem Gesichtspunkt an bestimmte vergangene Ereignisse zu erinnern.[19] Im letzteren Fall werden alte Filmaufnahmen für den jeweiligen Zweck zusammengestellt und mit Kommentaren versehen. Diese Art des Dokumentarfilms wird „Kompilationsfilm“ genannt und erhält zum Beispiel in den Ausführungen von Joachim Paschen[20], im Gegensatz zu Meyers Darstellungen, einen eigenen Abschnitt, der gelöst vom Dokumentarfilm als eigenständige Gattung aufgezählt wird. Meist treten in Kompilationsfilmen Augenzeugenberichte, also Zeitzeugen[21] hinzu. Dies verstärkt auf den ersten Blick die Authentizität des im Kompilationsfilm Dargestellten. Allerdings muss hier speziell das Problem von Zeitzeugenberichten betrachtet werden, da diese für Filme auch instrumentalisiert werden können. Außerdem verschwimmt die Erinnerung umso mehr, desto weiter das Ereignis des Erinnerten in der Vergangenheit zurückliegt. Es kann also auch hier nicht von absoluter Objektivität ausgegangen werden, da jeder Mensch auch gleichzeitig subjektiv und interpretierend auf das eigene Erlebte blickt.
[...]
[1] Hammerschmidt, Thomas: Das Leben ist schön. Film des Monats November 1998. In: Medien praktisch, Heft 1, 1999. S. 41-43
[2] Werner, Tilo: Holocaust-Spielfilme im Geschichtsunterricht, Norderstedt 2004.
[3] Fröhlich, Margit; Loewy, Hanno; Steinert, Heinz (Hg.): Lachen über Hitler- Auschwitz-Gelächter?, München 2003.
[4] Wende, Waltraud (Hg.): Geschichte im Film: mediale Inszenierungen des Holocaust und kulturelles Gedächtnis, Stuttgart [u.a.] 2002.
[5] Meyers, Peter, 2001: Film im Geschichtsunterricht. In: GWU 4/2001. S. 246
[6] ebda S. 246
[7] ebda S. 246
[8] ebda S. 247
[9] ebda S. 247
[10] ebda S. 247
[11] ebda S. 247
[12] ebda S. 247
[13] ebda S. 249
[14] ebda S. 249
[15] Meyers, Peter, 2001: Film im Geschichtsunterricht. S. 249
[16] Paschen, Joachim, 1994: Film und Geschichte. In: Geschichte lernen 42/1994. S. 15
[17] Meyers, Peter, 2001: Film im Geschichtsunterricht. S. 249
[18] ebda S. 249
[19] ebda S. 249
[20] Paschen, Joachim: Film und Geschichte. S. 18
[21] ebda S. 18
- Arbeit zitieren
- Anke Schulz (Autor:in), 2008, Das Leben ist schön von Roberto Benigni als Beispiel der Medialisierung des Holocaust im Bereich der Komödie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/139936