Die Arbeit beschäftigt sich mit der visuellen Wahrnehmung der typographischen Textgliederung, insbesondere wie sie den Leseprozess beeinflusst und unsere Leseerwartungen steuert. Der Fokus liegt auf dem Wandel vom Manuskript- zum Druckzeitalter, exemplarisch dargestellt an der „Melusine“ von Thüring von Ringoltingen. Dieser Text bietet ein einzigartiges Fenster in die Evolution der Seitengestaltung. Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in die Schrift als Abbild der Sprache und deren Bedeutung für die typographische Gestaltung. Kapitel 2 gibt einen Überblick über das Spätmittelalter und seine Handschriftenkultur. Im 3. Kapitel wird die Geschichte und Darstellung der Melusine im Manuskriptzeitalter untersucht, wobei die Basler Melusine-Handschrift von 1471 als Hauptbeispiel dient. Kapitel 4 konzentriert sich auf den Übergang ins Druckzeitalter, beginnend mit dem ersten gedruckten Melusine von 1475. Hier werden Unterschiede in der Textpräsentation und die Entwicklung von Layoutkonventionen über einen Zeitraum von 100 Jahren beleuchtet. Die Arbeit schließt mit einem vergleichenden Fazit, das die Unterschiede und Entwicklungen in der Seitengestaltung hervorhebt.
Unsere Art zu lesen, ebenso wie die uns heute geläufige Seitengestaltung, hat sich nur sehr langsam durchgesetzt, Grundformen heute gebräuchlicher Satzzeichen und Schriftarten, Traditionen des Layouts von Texten gehen bis ins Mittelalter zurück. Bereits spätmittelalterliche Handschriften und Inkunabeln weisen eine förmliche Nähe zueinander auf, so nehmen die ersten Drucker ganz selbstverständlich die ihnen bekannten Werke zum Vorbild. Gerade deshalb bietet die Zeit des Nebeneinanders spannende Einblicke in die Konkurrenz der Medien, in die Ausdifferenzierung eigener Formen und in die Entwicklung neuer Möglichkeiten der Drucktechniken. Die Melusine Thürings von Ringoltingen erweist sich deshalb durch ihre kontinuierliche Überlieferung als adäquat für Untersuchungen der Seitengestaltung der Handschriftenkultur, sowie zu möglichen Veränderungen der Seitengestaltung bei Eintritt der Texte in den Druck.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- DAS SPÄTMITTELALTER
- DER SCHREIBER IM MITTELALTER
- HANDSCHRIFTEN DES SPÄTMITTELALTERS
- DIE MELUSINE IM MANUSKRIPTZEITALTER
- DER MELUSINENMYTHOS
- DIE MELUSINE THÜRINGS VON RINGOLTINGEN
- HANDSCHRIFTLICHE ÜBERLIEFERUNG DER DEUTSCHSPRACHIGEN MELUSINE
- DIE BASLER MELUSINE-HANDSCHRIFT DES NIKOLAUS MEYER ZUM PFEIL (1471)
- DIE LESBARKEIT DER SEITENGESTALTUNG DER BASLER MELUSINE-HANDSCHRIFT
- DIE ILLUSTRATIONEN MEYERS ALS TEXTUNABHÄNGIGE BILDERFOLGEN
- DIE MELUSINE IM DRUCKZEITALTER
- DAS DRUCKZEITALTER
- DIE MELUSINE IN DER ERSTEN DEUTSCHEN DRUCKÜBERLIEFERUNG BERNHARD RICHELS (1473/74)
- DIE LESBARKEIT DER SEITENGESTALTUNG DER MELUSINE RICHELS
- DIE ILLUSTRATIONEN RICHELS ALS TEXTUNABHÄNGIGE BILDERFOLGEN
- DIE ENTSTEHUNG VON LAYOUTKONVENTIONEN
- DIE MELUSINE IN DER FASSUNG DES BUCHS DER LIEBE (1587)
- DIE LESBARKEIT DER SEITENGESTALTUNG DER MELUSINE IN DER FASSUNG DES BUCHS DER LIEBE
- DIE ILLUSTRATIONEN FEYERABENDS ALS BUCHSCHMUCK
- DIE DISTRIBUTION DER MELUSINE
- FAZIT
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Lesbarkeit der Seitengestaltung der Melusine Thürings von Ringoltingen an ausgewählten Handschriften und Drucken des 15. und 16. Jahrhunderts. Sie beleuchtet die Veränderungen in der Textpräsentation und -organisation, die mit dem Übergang vom Manuskript zum Druck einhergehen, und untersucht, ob diese Gestaltungsentscheidungen die Lesbarkeit des Textes im Vordergrund hatten. Darüber hinaus analysiert die Arbeit die Beziehung zwischen den Miniaturen und dem Text, um zu erforschen, ob diese den Text inhaltlich begleiten, illustrieren oder sogar textunabhängige Inhalte einbringen.
- Die Entwicklung der Seitengestaltung in Handschriften und Drucken der Melusine
- Die Rolle der Lesbarkeit in der Gestaltung der Melusine-Texte
- Der Einfluss der Miniaturen auf die Texterschließung und -interpretation
- Der Wandel von Layoutkonventionen im Druck
- Die Verbreitung der Melusine in verschiedenen Druckausgaben
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in das Thema ein und erläutert die Bedeutung der Schrift und Typografie für den Leseprozess. Kapitel 2 gibt einen kurzen Überblick über das Spätmittelalter, das durch eine „Literatur-Explosion“ gekennzeichnet war, und beleuchtet die Rolle des Schreibers in dieser Zeit. Kapitel 3 widmet sich der Melusine im Manuskriptzeitalter und analysiert die handschriftliche Überlieferung, insbesondere die Basler Melusine-Handschrift des Nikolaus Meyer zum Pfeil (1471). Kapitel 4 befasst sich mit der Melusine im Druckzeitalter und untersucht den Erstdruck von Bernhard Richel (um 1475) sowie die Ausgabe des Buchs der Liebe von Sigmund Feyerabend (1587). Die Arbeit schließt mit einem Vergleich der untersuchten Zeiträume und der jeweiligen Gestaltungsmerkmale der Melusine.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit der Melusine Thürings von Ringoltingen, der Seitengestaltung von Handschriften und Drucken, Lesbarkeit, Typografie, Miniaturen, Textorganisation, Drucktechniken, Layoutkonventionen, Inkunabeln und der Entwicklung des Buches im Spätmittelalter. Insbesondere werden die Basler Melusine-Handschrift des Nikolaus Meyer zum Pfeil, der Erstdruck von Bernhard Richel und die Ausgabe des Buchs der Liebe von Sigmund Feyerabend untersucht.
- Arbeit zitieren
- Amina Mehovic (Autor:in), 2022, Vom Manuskript zum Druck. Eine Untersuchung zur Evolution der Seitengestaltung anhand der "Melusine" Thürings von Ringoltingen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1399586