Die Arbeit stellt den aktuellen Stand der theoretischen und empirischen Erfolgsfaktorenforschung von Bankfusionen dar und untersucht, ob die in der empirischen Kapitalmarktforschung häufig zitierten Erfolgsfaktoren für europäische Bankfusionen auch tatsächlich zu einer langfristigen Unternehmenswertsteigerung führen. Die Untersuchung wird anhand von drei ausgewählten Fällen von Fusionen im europäischen Bankensektor durchgeführt.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Einführung
1.2. Ziel und Aufbau der Arbeit
2. Fusionen im europäischen Bankensektor
2.1. Definition und Unterscheidungsmerkmale von Fusionen
2.2. Ursachen der Konsolidierung im europäischen Bankensektor
2.3. Fusionsmotive der Unternehmen
3. Die Erfolgsfaktoren von Fusionen im europäischen Bankensektor
3.1. Theoretische Konzepte zu den Erfolgsfaktoren einer Bankenfusion
3.2. Empirische Kapitalmarktforschung und Erfolgsmessung bei Bankfusionen
3.3. Ergebnisse der empirischen Kapitalmarktforschung in Bezug auf Erfolgsfaktoren bei Bankenfusionen
4. Methodik und Datenauswahl
4.1. Hypothese der Untersuchung
4.2. Kriterien zur Auswahl der Erfolgsfaktoren
4.3. Auswahl und Messung der Erfolgsfaktoren
4.4. Bewertung der Erfolgsfaktoren
5. Analyse der ausgewählten Fälle
5.1. Fall I: Die Übernahme der Bank Austria AG durch die HypoVereinsbank AG
5.1.1. Analyse der Erfolgsfaktoren der Fusion
5.1.1.1. Die übernehmende Bank: die HypoVereinsbank AG
5.1.1.2. Die Zielunternehmung: Bank Austria AG
5.1.1.3. Das fusionierte Unternehmen
5.1.2. Längerfristige Wertentwicklung: HypoVereinsbank AG & Bank Autria AG
5.1.2.1. Entwicklung der HVB-Aktie im Vergleich zum Markt - relative Betrachtung
5.1.2.2. Entwicklung der Marktkapitalisierung - absolute Betrachtung
5.1.2.3. Marktwert zu Buchwert (Market-to-Book-Ratio)
5.1.3. Zusammenfassung
5.2. Fall II: Deutsche Bank AG – Bankers Trust New York Corp
5.2.1. Analyse der Erfolgsfaktoren der Fusion
5.2.1.1. Die übernehmende Bank: die Deutsche Bank AG
5.2.1.2. Die Zielunternehmung: Bankers Trust New York Corp
5.2.1.3. Das fusionierte Unternehmen
5.2.2. Längerfristige Wertentwicklung: Deutsche Bank AG & Bankers Trust
5.2.2.1. Entwicklung der DB-Aktie im Vergleich zum Markt - relative Betrachtung
5.2.2.2. Entwicklung der Marktkapitalisierung - absolute Betrachtung
5.2.2.3. Marktwert zu Buchwert (Market-to-Book-Ratio)
5.2.3. Zusammenfassung
5.3. Fall III: UBS AG – PaineWebber Group Inc
5.3.1. Analyse der Erfolgsfaktoren der Fusion
5.3.1.1. Die übernehmende Bank: UBS AG
5.3.1.2. Die Zielunternehmung: PaineWebber Group Inc
5.3.1.3. Das fusionierte Unternehmen
5.3.2. Längerfristige Wertentwicklung: UBS AG & Paine Webber Group Inc
5.3.2.1. Entwicklung der UBS-Aktie im Vergleich zum Markt - relative Betrachtung
5.3.2.2. Entwicklung der Marktkapitalisierung - absolute Betrachtung
5.3.2.3. Marktwert zu Buchwert (Market-to-Book-Ratio)
5.3.3. Zusammenfassung
6. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen 75
Literaturverzeichnis .
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung I: Integrationstypen bei Fusionen
Abbildung II: Organigram der HypoVereinsbank Gruppe
Abbildung III: Kursentwicklung der Bank Austria Aktie während des Jahres im Vergleich zum ATX-Index und zum EuroStoxxBanken
Abbildung IV: Vergleich zum CDAX-Banken und zum DJStoxx-Banken über die letzten 5 Jahre
Abbildung V: 5-Jahres Vergleich mit dem DAX
Abbildung VI: Entwicklung des Aktienkurses über die letzten 5 Jahre
Abbildung VII: 5-Jahres Vergleich mit der Deutschen Bank und der Commerzbank
Abbildung VIII: Aktienkurs Bankers Trust Corp im Vergleich mit Dow Jones Index
Abbildung IX: 10-Jahres-Vergleich der Deutschen Bank mit dem CDAXBanken und dem DAX
Abbildung X: Entwicklung des DB – Börsenkurses
Abbildung XI: Vergleich mit dem DJStoxx Banken
Abbildung XII: Geographische Verteilung der UBS – Kunden vor und nach der Fusion
Abbildung XIII: Aktienkurs der PaineWebber Group
Abbildung XIV: Vergleich der UBS AG mit dem CDAXBanken und DJStoxxBank
Abbildung XV: Aktienkursentwicklung der UBS AG 69 Abbildung XVI: Vergleich der UBS – Aktie mit der Credit Suisse Group – Aktie
Abbildung XVII: Vergleich der UBS-Aktie mit dem Swiss Market Index
Tabellenverzeichnis
Tabelle I: Die 15 größten Bankübernahmen im europäischen Bankensektor seit 1998
Tabelle II: Anzahl der Bankstellen und Bankstellendichte
Tabelle III: Zinsüberschuss, Provisionsüberschuss und Aufwand/Ertrags-Relation der Banken im Euro-Raum
Tabelle IV: Erfolgsfaktoren für die übernehmende Bank
Tabelle V: Erfolgsfaktoren für die Zielunternehmung
Tabelle VI: Erfolgsfaktoren für das fusionierte Unternehmen
Tabelle VII: Ankündigungsdaten der Fusion
Tabelle VIII: Erfolgsfaktoren der HypoVereinsbank
Tabelle IX: Erfolgsfaktoren der Bank Austria AG
Tabelle X: Erfolgsfaktoren des fusionierten Unternehmens
Tabelle XI: Marktkapitalisierung vor und nach der Fusion
Tabelle XII: Marktwert des EK zu Buchwert des EK (Market-to-Book-Ratio)
Tabelle XIII: Kennzahlen der HypoVereinsbank
Tabelle XIV: Kennzahlen der Bank Austria
Tabelle XV: Ankündigungsdaten der Fusion
Tabelle XVI: Erfolgsfaktoren der Deutschen Bank
Tabelle XVII: Erfolgsfaktoren der Bankers Trust
Tabelle XVIII: Erfolgsfaktoren des fusionierten Unternehmens
Tabelle XIX: Marktkapitalisierung vor und nach der Fusion
Tabelle XX: Marktwert des EK zu Buchwert des EK (Market-to-Book-Ratio)
Tabelle XXI: Kennzahlen der Deutschen Bank
Tabelle XXII: Kennzahlen der Bankers Trust Corp
Tabelle XXIII: Ankündigungsdaten der Fusion
Tabelle XXIV: Erfolgsfaktoren der UBS AG
Tabelle XXV: Erfolgsfaktoren der PaineWebber Inc
Tabelle XXVI: Erfolgsfaktoren des fusionierten Unternehmens
Tabelle XXVII: Marktkapitalisierung vor und nach der Fusion
Tabelle XXVIII: Kennzahlen der UBS AG
Tabelle XXIX: Kennzahlen der PaineWebber Group
Tabelle XXX: Marktwert des EK zu Buchwert des EK (Market-to-Book-Ratio)
1. Einleitung
1.1. Einführung
In den 90er Jahren kam es zu einer zunehmenden Konzentration im Bankensektor. Aufgrund von Deregulierungen und technologischen Innovationen begann eine wahre Konsolidierungswelle im Bankensektor, die zunächst am stärksten in den USA zu spüren wahr und erst später nach Europa überschwappte. Von 1990 bis 1999 stieg das Trans-aktionsvolumen von Fusionen zwischen europäischen Banken um jährlich durchschnittlich 23,2%.1 Die meisten Fusionen in Europa fanden auf nationaler Ebene statt, obwohl man, nicht zuletzt aufgrund der EWU und der Einführung des Euros, eine Vielzahl von grenzüberschreitenden Transaktionen erwartet hatte. Es fanden jedoch weitaus mehr Fusionen zwischen Banken und Versicherungen zu sog. „Allfinanz“-Konzernen statt wie dies für den gleichen Zeitraum in den USA der Fall war (z.B. die Übernahme der Dresdner Bank durch die Allianz Gruppe). Viele Banken versuchten, aufgrund des Rückgangs des klassischen Bankgeschäfts der Kreditvergabe in neue Geschäftsfelder zu diversifizieren und höhere Provisionseinkommen zu erzielen. Europäische Kredit- oder Universalbanken schlossen sich z.B. mit Investmentbanken zusammen, um ihr nichtzinsabhängiges Geschäft auszubauen.
Ein weiterer wichtiger Grund für die fortschreitende Konsolidierung im europäischen Bankensektor ist die starke Fragmentierung und die Überkapazität in vielen europäischen Ländern. Um diesen Entwicklungen Rechnung zu tragen, versuchten viele Banken mit Hilfe von Fusionen eine „kritische Masse“ zu erreichen um gegenüber der Konkurrenz gut positioniert zu sein.2 Das Erreichen einer bestimmten Größe ist jedoch kein Garant für den Erfolg. Trotz der ansteigenden Anzahl von Fusionen im europäischen Bankensektor sind weniger als die Hälfte der abgeschlossenen Transaktionen erfolgreich.3
Im Hinblick auf diese hohe Misserfolgsquote erscheint es angebracht zu fragen, was eigentlich den Erfolg einer Fusion, und speziell den Erfolg einer Fusion im europäischen Bankensektor ausmacht und wann eine Fusion als erfolgreich bezeichnet werden kann.
1.2. Ziel und Aufbau der Arbeit
Das Hauptanliegen dieser Arbeit ist es, den aktuellen Stand der theoretischen und empirischen Erfolgsfaktorenforschung von Bankenfusionen darzulegen und zu unter-suchen, ob die in der empirischen Kapitalmarktforschung häufig zitierten Erfolgsfaktoren für europäische Bankenfusionen auch tatsächlich als langfristige Erfolgsfaktoren angesehen werden können. Die Untersuchung wird anhand von drei ausgewählten Fällen von Fusionen im europäischen Bankensektor durchgeführt. Es wird überprüft, ob die drei ausgewählten Transaktionen auch langfristig erfolgreich waren, sofern sie die betrachteten Erfolgs-faktoren aufwiesen.
In Kapitel 2 werden zunächst zum besseren Verständnis von Fusionen als auch der Konsolidierungsbewegung im europäischen Bankensektor die Unterscheidungsmerkmale von Fusionen und die Ursachen der Konsolidierungsbewegung erläutert. Abschließend wird in Kapitel 2 noch auf die Fusionsmotive von Unternehmen eingegangen.
Kapitel 3 nimmt eine Zusammenfassung der theoretischen und empirischen Erfolgs-faktorenforschung vor und arbeitet die wesentlichen Ergebnisse der empirischen Kapital-marktforschung über Erfolgsfaktoren von Fusionen des europäischen Bankensektors heraus. Kapitel 4 beschreibt die Methodik und Vorgehensweise bei der Untersuchung der drei ausgewählten Fälle von Fusionen. Danach folgt in Kapitel 5 die Analyse und Diskussion der Ergebnisse der drei untersuchten Transaktionen. In Kapitel 6 wird die Arbeit mit einem Fazit abgeschlossen.
2. Fusionen im europäischen Bankensektor
In diesem Kapital werden nach einer Beschreibung des Begriffs „Fusion“ die wesentlichen Unterscheidungsmerkmale von Fusionen beschrieben. Anschließend werden die Ursachen für die Konsolidierungsbewegung im europäischen Bankensektor erläutert und ab-schließend die Fusionsmotive der einzelnen Unternehmen dargestellt.
2.1. Definition und Unterscheidungsmerkmale von Fusionen
Eine Fusion ist eine „Vereinigung von zwei oder mehreren selbständigen Unternehmen zu einer rechtlichen und wirtschaftlichen Einheit“4. Im deutschen Recht werden 2 Arten von Fusionen unterschieden:
1. Fusion durch Aufnahme: Nur eines der fusionierenden Unternehmen bleibt bestehen, das andere (die anderen) Unternehmen übertragen ihr(e) Vermögen auf das fortzuführende Unternehmen.
2. Fusion durch Neubildung: Die Vermögen aller fusionierenden Unternehmen werden auf ein neu gegründetes Unternehmen übertragen.5
Fusionen lassen sich generell anhand einer Vielzahl von Merkmalen unterscheiden.
Sehr häufig trifft man auf die Unterscheidung zwischen horizontaler oder vertikaler Fusion. Eine Fusion ist horizontal, wenn sich Unternehmen vereinigen, deren Leistungserstellung auf der gleichen (Produktions-) Stufe ist. Bei einer vertikalen Fusion vereinigen sich Unternehmen, die auf verschiedenen Stufen der Leistungserstellung (oft vor- und nachgelagerte Stufen) tätig sind.6 Eine Fusion zwischen zwei Banken ist zum Beispiel horizontal, der Zusammenschluss eines Autoherstellers mit einem Produzenten des für die Herstellung der Karosserie verwendeten Materials, also z.B. einem Stahlhersteller, stellt eine vertikale Fusion dar. Oft spricht man auch von konglomeraten Fusionen, wenn die Unternehmen aus völlig verschiedenen Branchen kommen.
Des weiteren können Fusionen unterschieden werden hinsichtlich7:
1. geographischer Merkmale: Stammen beide Unternehmen aus dem gleichen Land bzw. haben den gleichen Heimatmarkt, spricht man von einer Fusion auf nationaler Ebene bzw. von einem „Domestic or national merger“. Stammt eines der beiden Unternehmen jedoch aus einem anderem Land, wird dies als grenzüberschreitende bzw. mit dem englischen Begriff als sog. “Cross-Border“- Fusion bezeichnet. Zuweilen wird auch der Begriff “transatlantic merger“ verwendet. In diesem Fall sind beide Unternehmen auf verschiedenen Kontinenten, z.B. in Europa und der USA, beheimatet.
2. der bearbeiteten Märkte: Es wird in Bezug auf die geographisch bearbeiteten Märkte unterschieden, ob durch die Fusion eine Markterweiterung im geographischen Sinn entsteht, oder, bei gleichen Märkten, nicht.
3. der Gleichberechtigung der beteiligten Unternehmen: Sind die an der Fusion beteiligten Unternehmen im Sinne der Machtausübung und der Entscheidungsfindung gleichberechtigt, wird von einem sog. „Merger of Equals“ gesprochen.
4. des Einverständnis bei der Übernahme: Fusionieren zwei Unternehmen im gegenseitigen Einverständnis, stellt dies eine freundliche Übernahme dar. Wird eine Unternehmung gegen den Willen der Entscheidungsträger der Unternehmung übernommen, ist es eine feindliche Übernahme.
5. der Art der Bezahlung: Der Akquisitionspreis bei der Übernahme eines Unternehmens kann in Aktien oder bar bezahlt werden. Eine Mischung aus beidem ist ebenso möglich. Bei der Gründung eines komplett neuen Unternehmens kommt es zu einem Aktientausch.
6. Überlappung der Produktpalette: Haben beide Unternehmen unterschiedliche Produkte bzw. unterschiedliche Geschäftsschwerpunkte, wird dies als eine komplementäre Fusion bezeichnet. Eine komplementäre Fusion ist produktdiversifizierend, d.h. sie erweitert das Leistungsspektrum beider Unternehmen. Haben beide Unternehmen ähnliche Produkte bzw. gleichartige Geschäftsschwerpunkte, wird der Zusammen-schluss als substitutiv bezeichnet.
7. Prinzipiell lassen sich je nach Marktabdeckung und nach dem Überlappungsgrad des Produktangebots vier Integrationstypen unterscheiden:8
Abbildung I: Integrationstypen bei Fusionen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: HypoVereinsbank
Bei dem Typ “Diversifizierung“ steht die Erschließung eines oder mehrerer neuer Geschäftsfelder im Vordergrund. Ein Beispiel für diesen Typ ist der Zusammenschluss der Dresdner Bank mit Kleinwort Benson im Jahr 1995.
Zu dem Typ “Markterweiterung-Produkt“ gehören zum Beispiel die Fusionen zu Allfinanzkonzernen, d.h. Fusionen von Banken mit Versicherungen, die auf größere Marktdurchdringung und auf das sog. “Cross-Selling“9 von Produkten abzielt. Zu diesem Integrationstyp zählen aber beispielsweise auch nationale Fusionen von Investment- und Kreditbanken.
Ziel des Typs “Markterweiterung-Region“ ist eine höhere Marktdurchdringung und die Realisierung von Betriebsgrößenvorteilen. Der am häufigsten vorkommende Typ ist der „Kosten-Merger“. Hier werden beide Unternehmen vollständig zusammengeführt mit dem primären Ziel der Kostensenkung. Als Beispiel kann hier die Fusion der Hypo-Bank mit der Vereinsbank 1997 angesehen werden.10
2.2. Ursachen der Konsolidierung im europäischen Bankensektor
In den letzten Jahren konnte man eine Vielzahl von Fusionen und Akquisitionen11 im europäischen Bankensektor beobachten. Hierbei fand die Mehrzahl der Fusionen auf nationaler Ebene statt. Aber es gab auch einige länderübergreifende Zusammenschlüsse, wie das Beispiel der HypoVereinsbank und der Bank Austria zeigt (siehe auch Tabelle I). Im weiteren konnten Fusionen von Banken mit Versicherungen zu Allfinanzkonzernen beobachtet werden.
Tabelle I: Die 15 größten Bankübernahmen im europäischen Bankensektor seit 1998
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Bundesverband deutscher Banken 2002
Die große Anzahl an Konsolidierungen macht deutlich, dass es offensichtlich einige gewichtige Gründe gibt, welche die Banken dazu bewegen, sich zusammenzuschließen. Tatsächlich gibt es eine Vielzahl an Gründen mit unterschiedlich starkem Einfluss auf die Konsolidierungsbewegung. Um die aktuellen Entwicklungen und Trends im europäischen Bankensektor zu verstehen, werden in den folgenden Abschnitten die einzelnen Gründe und Motive für die Zusammenschlüsse bzw. Übernahmen beschrieben und anschließend diskutiert.
Überkapazität und Fragmentierung in der europäischen Bankenlandschaft
Überkapazität und wachsende Konkurrenz durch Nicht-Banken im Einlagen- und Kreditgeschäft haben zu einem hohen Druck auf die Zinsmargen der Banken geführt.12
Die meisten europäischen Staaten haben immer noch eine große Anzahl von relativ kleinen Banken und ein geringes Konzentrationsniveau im Bankensektor. Viele Banken versuchen daher, Marktanteile in ihren Heimatländern durch Unternehmenszukäufe und Fusionen zu gewinnen.
Die Überkapazität und damit auch das Restrukturierungspotential im europäischen Bankensektor kann anhand der hohen Anzahl der Banken und der hohen Dichte der Bankfilialen in den einzelnen EU-Ländern abgelesen werden (siehe Tabelle II). Mit dem Aufbau großer Filialnetze versuchte man früher, am Markt eine hohe Kundennähe zu gewährleisten.
Tabelle II: Anzahl der Bankstellen und Bankstellendichte
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Bundesverband deutscher Banken 2002
Deutschland hat immer noch die höchste Anzahl an Bankfilialen, gefolgt von Spanien, Italien und Frankreich. Von 1998 bis 2001 erfolgte allein in Deutschland eine Schließung von über 10000 Bankfilialen. Setzt man die Anzahl der Bankfilialen in Beziehung zur Einwohnerzahl des jeweiligen Landes, kann man anhand der Bankendichte die Länder mit den meisten Überkapazitäten im Bankensektor ablesen. Im EU-Raum liegen hier Spanien, Luxemburg, Deutschland und Österreich deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 1960 Einwohnern pro Bankfiliale. Da in diesen Ländern auf eine Bankfiliale nur relativ wenige Einwohner kommen, bestehen hier die größten Überkapazitäten und somit auch das größte Restrukturierungspotential. 13
Besonders weit fortgeschritten ist der Strukturwandel im Bankensektor hin zu einer höheren Anzahl der Einwohner pro Filiale in Schweden, Großbritannien und Griechenland. Im Vergleich zu 1998 ist die Konsolidierung im Bankensektor besonders in Deutschland, Schweden, Großbritannien, Dänemark und Frankreich vorangeschritten.
Europäische Währungsunion - Integration der europäischen Finanzmärkte
Die Einführung des Euros hat dazu beigetragen, einen gemeinsamen Markt für Finanzdienstleistungen zu entwickeln. Der Euro kann als eine treibende Kraft in Richtung Konsolidierung und Integration der Geld- und Kapitalmärkte angesehen werden.
Die Einführung des Euros hatte besonders Auswirkungen auf den Devisenhandel, auf die Zahlungs- bzw. Transfersysteme und auf den europäischen Anleihenmarkt. Diese Auswirkungen werden im Folgenden dargestellt.
Devisenhandel
Durch die Einführung des Euros wurde das Wechselkursrisiko zwischen den an der EWU beteiligten Staaten eliminiert, die Preistransparenz erhöht, Transaktionskosten gesenkt und dadurch auch die grenzüberschreitende Konkurrenz von Banken gefördert. Dies hat zu einem gestiegenen Druck auf die Zinsmargen der Banken geführt. Preisvergleiche über die EU-Länder hinweg sind jetzt einfacher möglich.
Mit der Einführung des Euro haben die Banken naturgemäß einen Großteil ihrer Einnahmen aus dem Devisenhandel verloren. 14
Ein wesentlicher Nachteil für die Banken, der mit der Einführung des Euros einherging, waren die Umstellungskosten auf die neue Währung. Besonders die Umstellung der Zahlungs- und Kreditkartensysteme und der Geldautomaten haben hohe Investitionen erfordert.
Die Einführung neuer Produkte, wie z. B. paneuropäische Bargeldsysteme, wird auch in den nächsten Jahren hohe Technologieinvestitionen erfordern.
Da Gewinne aus dem Devisenhandel mit der Einführung des Euros geringer geworden sind, haben viele Banken damit reagiert, dass sie ihre Produkt- und Servicepalette in anderen Bereichen erweitert haben, um die Ausfälle zu kompensieren.
Europäischer Bond Markt (Anleihenmarkt)
Durch die Einführung des Euros ist die Entstehung des zweitgrößten Anleihenmarkt der Welt ermöglicht worden. Der Euro Bond Markt hat ein Volumen von mehr als 3.8 Billionen Euro.15 Hier haben die europäischen Banken deutlich die Konkurrenz aus den USA zu spüren bekommen, die in diesem Bereich oft über ein höheres Know-how verfügen. Dadurch ist die Konsolidierung des Bankensektors, mit dem Ziel des Know-how–Erwerbs und der Angebotserweiterung, über Länder oder sogar über Europa hinaus angetrieben worden. Die Notwendigkeit einer Konsolidierung wurde offensichtlich, als z. B. die Deutsche Bank im Jahr 1998 die amerikanische Bank Bankers Trust kaufte.
Vor der Einführung des Euros wurde oft diskutiert, dass es aufgrund der EWU zu nationalen und zu „Cross-Border“-Fusionen kommen wird, nicht zuletzt wegen der Notwendigkeit, eine kritische Größe und sog. „pricing power“16 zu erhalten. Abgesehen davon, dass es nicht möglich ist zu bestimmen, was die kritische Größe ist, konnte man keine größeren internationalen Fusionen in der EU seit der Einführung des Euros beobachten. Fraglich ist auch, ob tatsächlich eine Notwendigkeit besteht, eine bestimmte Größe zu erreichen. Es gibt auch eine Vielzahl von anderen Möglichkeiten, um profitabel und gut am Markt positioniert zu sein.
Disintermediation, Rückgang des klassischen Bankgeschäfts und Diversifizierung
Traditionell haben die Banken eine Vermittlungsrolle zwischen ihren Kunden und dem Kapitalmarkt inne. Schon seit einiger Zeit kann man einen Prozess der sogenannten „Disintermediation“, d.h. der Umgehung der Banken bei der Finanzierung, feststellen. Die Unternehmen, zumindest die größeren, können selbst Zugang zum Kapitalmarkt erlangen. Dieser Prozess stellt also die traditionelle Vermittlungsfunktion der Banken in Frage. Unternehmen finanzieren sich zunehmend selbst über den Kapitalmarkt anstatt über Bankkredite. Die neuen, vergrößerten Wertpapiermärkte bieten oft geringere Transaktions-kosten, geringere Zinsforderungen und höhere Liquidität.17 Des weiteren sind die Einlagen in Investment- und Pensionsfonds schneller gewachsen als die Spareinlagen bei den Banken.18
Diese Entwicklung hatte für viele Banken weitreichende Konsequenzen, insbesondere in Bezug auf ihre Bilanzen; es kam zu einem Absinken ihrer Einlagen- und Darlehensbasis und außerdem zu verstärkter Konkurrenz.
Aufgrund dieser alternativen Möglichkeiten der Unternehmen zur Fremdfinanzierung, haben die Banken einen großen Druck auf ihre Zinsmargen zu spüren bekommen. Da das klassische Kreditgeschäft unprofitabler geworden ist, versuchen viele Banken ihr zins- unabhänigiges Geschäft auszubauen. Diese Diversifikation in andere Geschäftsfelder ist z. T. durch Fusionen oder Akquisitionen, z. B. mit Investmentbanken, erreicht worden.
Ein weiterer Grund für die gesunkene Konkurrenzfähigkeit von Banken kann in dem Wachstum der Finanzderivate, der Expansion des Markts für Handelspapiere und, zu einem geringerem Ausmaß, in der verstärkten Absicherung vergebener Kredite19 gesehen werden.20 Die Entwicklung von Produkten wie Swaps und Zinssatzoptionen haben die traditionellen zwischenbanklichen Einlagen teilweise ersetzt. Die Antwort von Seiten der europäischen Banken war es, höhere Risiken bei der Kreditvergabe einzugehen, anfangs nur dadurch, dass man Kredite in risikoreichere Länder vergeben hat, und später durch Kreditvergabe an Immobilienfirmen und zur Finanzierung von sog. „Leveraged Buy-outs“ (fremdfinanzierte Firmenkäufe).21
Diese Entwicklung hat oft zu einer falschen Preisgestaltung des Risikos geführt, wodurch einige Banken ihre Kapitalbasis erneuern mussten und verstärkte staatliche Regulierung notwendig wurde. Dadurch haben sich die Finanzierungskosten der Banken erhöht und ihre Konkurrenzfähigkeit im traditionellen Einlagengeschäft hat sich weiter verschlechtert. Die Banken haben daraufhin versucht, dem gegenzusteuern, indem sie ihre Honorareinkommen durch Diversifizierung in Bereiche wie Underwriting22, Brokering, Versicherung und Fond Management erhöhten. So war beispielsweise der Wunsch nach einem höheren Honorareinkommen durch Vermögensmanagement ein wichtiger Punkt bei der Entscheidung von UBS, die PaineWebber Group zu akquirieren.23
Betrachtet man die folgende Statistik, wird deutlich, dass das zinsabhängige Einkommen der Banken in den meisten europäischen Ländern zurückgegangen ist und der Anteil des Provisionseinkommens deutlich zugenommen hat (siehe Tabelle III):
Tabelle III: Zinsüberschuss, Provisionsüberschuss und Aufwand/Ertrags-Relation der Banken im Euro- Raum
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Bundesverband deutscher Banken 2002 *= In Prozent der Bilanzsumme
Im gesamten Euro-Raum ist die Aufwand/Ertrags-Relation um 3% zurückgegangen. In Deutschland, Dänemark, Luxemburg und den Niederlanden verschlechterte sie sich und stieg nach oben an. Die Aufwand/Ertragsrelation ist vor allem in den Ländern relativ niedrig, in denen der Konsolidierungsprozess im Bankensektor schon weit vorangeschritten ist.
Technologieveränderungen
Es gibt immer noch Potential für weitere Innovationen bei Kommunikations- und Informationssystemen und bei der technischen Bereitstellung von Finanzprodukten. Beispielsweise ist bisher noch kein einheitliches IT-System zur Bargeldabwicklung auf europäischer Ebene implementiert worden.
In den letzten Jahren hat auch das Internet als Distributionskanal von Bankdienstleistungen an um mit den Onlinebanken und anderen Internet-Finanzdienstleistern konkurrieren zu können. Veränderungen im Bereich der Technologien beeinflusst auch die Banken in Richtung Konsolidierung. Durch eine Fusion oder Akquisition können die Technologiekosten auf eine größere Bilanzsumme verteilt werden und da Technologiekosten eher Fixkosten-charakter haben, hofft man so aufgrund von Betriebsgrößenwachstum Economies of Scale zu realisieren. Größere Banken sind also meist in einer besseren Situation, in kosten-senkende technologische Innovationen zu investieren und können folglich schneller Dienstleistungen wie Online-Banking oder andere automatisierte Dienstleistungen zur Verfügung stellen.24 Steigende Technologiekosten lassen sich von kleineren Banken immer schwieriger bewältigen. Daher spielt in diesem Zusammenhang die Größe einer Bank im Sinne der zur Verfügung stehenden Investitionsmittel und der Risikostreuung eine wichtige Rolle. Wachsende Konkurrenz durch alternative Anbieter
Wachsende Konkurrenz durch Nicht-Banken im Einlagen- und Kreditgeschäft haben zu einem hohen Druck auf die Zinsmargen der Banken geführt. 25
Die traditionellen Banken bekommen verstärkt Konkurrenz durch Internetbanken und Direktbanken bzw. die Vertriebsformen „Home Banking“ bzw. „Direct Banking“, wo der Verkauf von Finanzprodukten und der Zahlungsverkehr schnell und kostengünstig über das Internet abgewickelt werden kann. Diese Vertriebsform wird auch von Unternehmen, die nicht Banken im eigentlichen Sinne sind, sog. „Non-Banks“(z.B. die „VW-Bank“) und sog. „Near-Banks“(z.B. Mastercard) genutzt.
Durch das Internet wurde es möglich, einen alternativen Distributionskanal zu nutzen, der vor allem weitaus günstiger als die traditionellen Filialen zu errichten und zu betreiben ist. Die Möglichkeit zur Spezialisierung wurde durch diesen Vertriebsweg ebenfalls erhöht. Eine große Konkurrenz für die Privatbanken sind immer noch die Landesbanken und Sparkassen, die teilweise staatlich gestützt werden bzw. staatliche Garantien haben. Sie sind meist in der Lage, von den Kunden niedrigere Kreditzinsen zu fordern. So sind zum Beispiel mehr als 50% der deutschen Sparkonten in der Hand von Sparkassen, weitere 30% liegen bei den Landesbanken.26
Neben den „Near-“ und „Non-Banks“ sowie den Sparkassen und Landesbanken bekommen die europäischen Universalbanken auch von den US-amerikanischen Investmentbanken starke Konkurrenz. Sie haben oft eines größeres Know-how und damit Wettbewerbsvorteile auf speziellen Gebieten, wie z. B. im Wertpapierhandel oder bei Fusionstransaktionen. Auch hier versuchen die Banken, das Know-how durch Fusionen und Akquisitionen zu erlangen, wie z.B. die Akquisition von Bankers Trust durch die Deutsche Bank belegt.
Deregulierung
Der Abbau von Handelshemmnissen und der Anstieg intraeuropäischer, aber auch weltweiter Finanztransaktionen hat wesentlich zu einer Intensivierung des Wettbewerbs auf den Geld- und Kapitalmärkten beigetragen.
Im Jahr 1997 hat die WTO wieder Verhandlungen mit ihren Mitgliedsstaaten bezüglich der Liberalisierung des Finanzdienstleistungssektors aufgenommen. Diese Verhandlungen bauten auf den vorherigen Gesprächen der Uruguay Runde (1986-93) und auf den Verhandlungen im Juli 1995 auf.27
Es verpflichteten sich insgesamt 102 der 132 WTO-Länder (darunter 15 EU-Staaten) zur Senkung der Marktzutrittsschranken für ausländische Finanzdienstleister. Ausländische Anbieter haben nun das Recht, zu gleichen Wettbewerbsbedingungen wie nationale Unternehmen auf deren Märkten zu agieren. Dadurch wurde die Niederlassung ausländischer Banken erleichtert, wenngleich das Ausmaß der Marktöffnung von Land zu Land sehr unterschiedlich ausfällt.28
Zum Beispiel gilt Frankreich als ein Land, was immer noch von starkem Protektionismus von Seiten des Staates geprägt ist. Als es um die Übernahme der französischen Bank Paribas ging, wurden Übernahmeangebote von ausländischen Unternehmen ignoriert. Paribas wurde schließlich von der Banque Nationale de Paris übernommen.29 Der Gedanke hierbei ist meist, die Industrie aus nationalem Interesse heraus zu schützen.
Auch innerhalb von Europa konnte man den Abbau von Restriktionen beobachten. Bereits seit 1977 dürfen Kreditinstitute in jedem anderen Land der EU Niederlassungen errichten, ohne erneut ein Zulassungsverfahren durchlaufen zu müssen.30
Die Europäische Kommission verhandelt schon seit längerer Zeit mit der deutschen Bundesregierung als auch den Landesregierungen bezüglich eines Abbaus der staatlichen Garantien, die den Landesbanken und Sparkassen gegenüber den privaten Banken Vorteile verschaffen.31
In den USA hob man durch den „Financial Modernisation Act“ von 1999 viele der Restriktionen, die in den 30erJahren den Banken nach dem Aktienmarktzusammenbruch von 1929 aufgebürdet wurden, auf. So müssen sich amerikanische Banken nicht mehr, wie es im Glass-Stegal Act vorgeschrieben war, entscheiden, ob sie eine Investmentbank oder Commercial Bank oder Versicherung sind.32
Durch die zurückgehenden Restriktionen wird eine Konsolidierung im Bankensektor erleichtert bzw. überhaupt erst möglich.
In Deutschland zeigen die Landesbanken erste Anzeichen von Konsolidierungsmaßnahmen und haben mit Teilprivatisierungen begonnen. 33
Gestiegene Kundenanforderungen und renditebewusste Aktionäre
In den letzten Jahren konnte man gestiegene Anforderungen der Privatkunden als auch der Unternehmen beobachten. Privatkunden verlangen heutzutage eine wettbewerbsfähige Verzinsung. Aus der Sicht eines Privatkunden sind die Produkte und die Dienstleistungen, die eine Bank anbietet, relativ einfach austauschbar.
Auch die Unternehmen haben gestiegene Bedürfnisse. Auf der einen Seite haben sie oft höhere Geld- und Kapitalbedürfnisse, was wiederum zu einem höheren Finanzbedarf der Banken führt. Auf der anderen Seite sind viele der Firmenkunden international tätig, so dass aus Sicht der Banken oft eine Auslandsexpansion nötig ist, um sie nicht an ausländische Konkurrenten zu verlieren. Einen Weg der schnellen Expansion stellen Zusammenschlüsse mit ausländischen Anbietern dar. Des weiteren versuchen die Banken durch Fusionen Kostenvorteile zu realisieren, Know-how zu erwerben und somit den Kunden günstigere Angebote als auch ein breiteres Spektrum an Leistungen und somit verbesserten Service anbieten zu können.
Von den Aktionären bekommen die Banken ebenfalls Leistungsdruck zu spüren. Aktionäre weisen ein hohes Renditebewusstsein auf und haben eine Vielzahl an Möglichkeiten zur Geldanlage. Hinzu kommt, dass in Kontinentaleuropa die Eigenkapitalrenditen weit unter denen liegen, die die britischen und amerikanischen Banken aufweisen.34
Veränderte Sparmuster und Altersstruktur in Europa
Viele Privatkunden bevorzugen es heute, in Produkte am Kapitalmarkt zu investieren, wie z. B. in Fonds, Aktien usw. anstatt in die traditionellen Bankprodukte wie Sparbriefe und Sparbücher. Man erwartet, dass dieser Trend auch in Deutschland in Zukunft anhalten wird, nicht zuletzt, weil auch die deutsche Regierung die Bürger immer wieder mahnt, selbst mehr für die eigene Rente zu sparen und sich weniger auf den Staat zu verlassen.35 Die Banken versuchen daher auch, diese Produkte anzubieten. Waren sie in diesem Bereich bisher nicht tätig, werden sie einen Partner brauchen bzw. müssen sie das Know-how durch eine Fusion oder Akquisition erwerben.
Pensionsprodukte wie Pensionsfonds haben aufgrund der sich verschobenen Altersstruktur hin zu einer immer älter werdenden Bevölkerung an Bedeutung gewonnen.
2.3. Fusionsmotive der Unternehmen
Die mit einer Fusion verbundenen Motive können unterschiedlicher Natur sein. Als Reaktion auf die in Kapitel 3.2 dargelegten Veränderungen im europäischen Bankensektor unternahmen in den letzten Jahren eine Vielzahl von Banken Akquisitionen mit dem primären Ziel, konkurrenzfähig zu bleiben bzw. die eigene Position gegenüber der Konkurrenz zu verbessern.
Effizienzgewinne werden häufig als hauptsächliches Motiv für Bankenfusionen angesehen. Sie sollen durch Economies of Scale und Economies of Scope und durch die Reduktion von technischen Ineffizienzen, sog. „ X-Ineffizienzen“36 zustande kommen.37 Economies of Scale werden am ehesten bei Fusionen von Banken mit ähnlichen Geschäftsbereichen erwartet und treten vor allem im standardisierten Massengeschäft auf. Mit der gestiegenen Betriebsgröße sollen Kostenvorteile durch Stückkostendegression erreicht werden. Viele Banken versuchen in den letzten Jahren durch die Steigerung der Betriebsgröße Economies of Scale zu realisieren. In der Literatur kann man immer wieder Diskussionen bezüglich der optimalen Betriebsgröße für Banken lesen. So schreibt die Investmentbank Morgan Stanley Dean Witter in einem Research Report von 1998 sogar: „‘Size first, synergies second‘ has been the norm and not the exception in Europe to date.“.38 Die „führende Bank“ in der Region zu werden war ein explizites Ziel vieler europäischer Banken, welches oft durch eine höhere Marktkapitalisierung und durch eine gestiegene Kapitalbasis, anstatt höherer Rentabilität, erreicht werden sollte.39
Findet die Fusion zwischen zwei Banken statt, die sich ergänzende, d.h. komplementäre Geschäftsfelder aufweisen, versucht man meist Umfangseffekte, sog. Economies of Scope, zu erzielen. Economies of Scope sind Wertsteigerungen, die aufgrund der gemeinsamen Nutzung von Ressourcen und unternehmerischen Fähigkeiten bei der Fertigung unterschiedlicher Produktarten entstehen. Bei produktdiversifizierenden, d. h. komple- mentären Fusionen steht oft der Erwerb von Know-How und das Cross-Selling von Produkten im Vordergrund. Banken und Versicherungen schließen sich zu sog. „Allfinanzkonzernen“ zusammen, um die Vorteile des Cross-Selling ihrer jeweiligen Produkte zu nutzen.40 Allfinanzunternehmen können den Kunden ein breiteres Spektrum an Leistungen aus einer Hand anbieten und gleichzeitig mehrere Distributionskanäle nutzen. Als ein Beispiel sei an die Übernahme der Dresdner Bank durch die Allianz-Gruppe erinnert, die nun Versicherung, klassisches Bankgeschäft und Vermögensmanagement aus einer Hand anbieten kann.41
Weitere Fusionsmotive können z. B. Risikostreuung, geringere Finanzierungskosten, ein höherer Gewinn pro Aktie, Steigerung des Marktanteils, des Umsatzes, der Eigenkapitalrentabilität und der Marktmacht sein.42
Das Streben nach Größe, Macht und Prestige der an einem Zusammenschluss beteiligten Personen kann als weiteres Motiv für Fusionen und Akquisitionen gesehen werden. Nicht nur die Chefetagen der Banken wünschen sich ihr Unternehmen unter den Top Ten der Global Banks zu sehen. Es wird offensichtlich immer wichtiger, in den verschiedenen Indizes gut platziert zu sein und ein hohes Indexgewicht zu besitzen. Eine gute Positionierung unter den besten oder größten Banken der Welt steigert auch die Macht und das Ansehen der Bankvorstände. Als ein größeres Unternehmen hat man außerdem eine größere Auswahl an strategischen Optionen und meist eine bessere Positionierung für eine weitere Akquisition. Darüber hinaus ist man selbst weniger gefährdet, selbst zum Übernahmeobjekt zu werden.
Geht man von dem Shareholder-Value-Ansatz aus, sollte das Hauptziel einer Fusion die Schaffung eines Mehrwertes für die Anteilseigner sein. Nach dem Shareholder-Value-Ansatz stellt das Ziel der Unternehmensführung die Steigerung des Aktionärsvermögens dar.43 Das Aktionärsvermögen ist der Unternehmenswert abzüglich dem Wert des Fremdkapitals. Aus der Sicht der Aktionäre sollte also das primäre Fusionsmotiv die nachhaltige Steigerung des Unternehmenswertes sein.44
3. Die Erfolgsfaktoren von Fusionen im europäischen Bankensektor
Im vierten Kapitel wird zunächst der theoretische und empirische Stand der Erfolgsfaktorenforschung dargestellt. Anschließend werden die Ergebnisse der empirischen Kapitalmarktforschung hinsichtlich der Erfolgsfaktoren bei Bankenfusionen zusammen-gefasst.
3.1. Theoretische Konzepte zu den Erfolgsfaktoren einer Bankenfusion
Es gibt umfangreiche Literatur dazu, was den Erfolg von Fusionen ausmacht. Der Erfolg eines Zusammenschlusses kann in Abhängigkeit von den mit der Fusion verbundenen Motiven betrachtet werden. Dabei wird versucht anhand qualitativer und quantitativer Faktoren zu bestimmen, ob die gesetzten Ziele nach der Fusion auch tatsächlich erreicht wurden. Der Erfolg einer Fusion, im Sinne der Erreichung der gewünschten Ziele, hängt dabei entscheidend von dem Integrationsprozess ab. Als wichtige Erfolgsfaktoren bei der Integration eines Unternehmen werden in der Literatur häufig genannt:45
- Klare Vision und Strategie
- Eine schlagkräftige Projektorganisation
- Eine frühzeitige, konsequente Entscheidung über das IT-System46
- Intensive Kommunikation und Information aller Stakeholder und die Fähigkeit, deren Ziele permanent im Auge zu behalten
- Auseinandersetzung mit den sog. „weichen“ Faktoren, vor allem mit den unterschiedlichen Kulturen
- Konsequente Entscheidungen über die Organisationsstruktur und frühzeitige Klärung des Stellenbesetzung des Personals
- Ständige Planung und Kontrolle
- Fokus auf Basisprozesse
Bei der Durchführung eines Interviews mit der HypoVereinbank hinsichtlich ihrer Akquisition der Bank Austria, wurden dem Autor die meisten der obenstehenden Erfolgsfaktoren ebenfalls genannt. Des weiteren wurde in dem Interview erläutert, dass speziell für Banken die konsequente IT-Entscheidung von großer Bedeutung ist. Dies verwundert wenig, da das Finanzgeschäft auf Informationen beruht und eineleistungsfähige Informationstechnik voraussetzt.47
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1 Vgl. Beitel, P./ Schiereck, D./ Wahrenburg, M. (M&A-success), S .1.
2 Vgl. Morgan Stanley Dean Witter (Eurobanks), S. 2.
3 Siehe z.B. Bain & Company, Fusionswelle im Bankbereich, 1999 oder A.T.Kearney, Global Post Merger Integration Survey, 1998.
4 Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon, S. 2414.
5 Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon, S. 2414.
6 Vgl. Brealey, R.A./ Myers, S.C. (Finance), S. 942.
7 Die Auflistung der Unterscheidungsmerkmale erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ist für die Zwecke vorliegender Arbeit ausreichend.
8 Vgl. Penzel, H.-G./ Pietig, C. (Merger Guide), S. 16 .
9 Das Ziel von „Cross-Selling“ ist, die Produkte der ursprünglich unabhängigen Unternehmen nach der Fusion auch an die Kunden der jeweils anderen, früher unabhängigen Unternehmung zu verkaufen.
10 Vgl. Penzel, H.-G./ Pietig, C. (Merger Guide), S. 16 – 17.
11 Nachfolgend werden die Begriffe Fusion und Akquisition synonym verwendet.
12 Vgl. Clark, P./ Templeton, W. (After the Euro), S. 25.
13 Natürlich gibt es vielfältige Ursachen für die unterschiedliche innereuropäische Bankendichte, wie soziokulturelle Gesichtspunkte, historisch gewachsene Bankzentren oder politische Regulierungsmaßnahmen im Bankensektor. Nichtsdestotrotz kann von der Relevanz der Bankendichte für Restrukturierungspotentiale ausgegangen werden.
14 Vgl. Clark, P./ Templeton, W. (After the Euro), S. 26.
15 Vgl. Geschäftbericht der West LB 1999.
16 „pricing power“ wird oft als Begriff für Marktmacht bei der Festsetzung von Preisen für Produkte und Dienstleistungen verwendet.
17 Vgl. Bond, C.A./ Templeton, W.K. (Euro), S. 19.
18 Vgl. Henson, S.W./ Wilson, J.C. (Strategic challenges), S. 54.
19 Aufgrund der hohen Wertberichtigung einiger europäischer Banken in den letzten Jahren ist es notwendig geworden, eine höhere Kreditrisikovorsorge zu bilden.
20 So wurden zum Beispiel die in Deutschland damals existierenden Vorschriften in Bezug auf die Ausstellung von Handelspapieren aufgehoben.
21 Vgl. Henson, S.W./ Wilson, J.C. (Strategic challenges).
22 Übernahme einer Effektenemission.
23 Vgl. Hickey, Bernard, „UBS buys Paine Webber for 10.8 billion“, FT Market Watch, 12 July 2000.
24 Vgl. Henson, S.W./ Wilson, J.C. (Strategic challenges), S. 410.
25 Vgl. Clark, P./ Templeton, W. (After the Euro), S. 25.
26 Vgl. o.V., Let the revolution begin, in: The Economist, 05. April 2001.
27 Vgl. o.V., Liberalising financial services helps economies without compromising their right to regulate, 1997.
28 Vgl.Barth, T. (WTO).
29 Vgl. Clark, P./ Templeton, W. (After the Euro), S. 24.
30 festgehalten in der Bankrechtskoordinationsrichtlinie von 1977, Vgl. Bader (Bankenmarkt), S. 245.
31 Vgl. o.V., Let the revolution begin, in: The Economist, 05. April 2001.
32 Vgl. Henson, S.W./ Wilson, J.C. (Strategic challenges), S. 409.
33 Vgl. o.V., Banking: life after Dresdner-Deutsche, Acquisitions Monthly, Germany Supplement, July 2000, S. 5.
34 Vgl.o.V., Easier said than done, The Economist, 11.März 99.
35 Vgl. o.V., Let the revolution begin, in: The Economist, 05. April 2001.
36 „The X-inefficiency of a bank is measured by how close its cost or input requirements are to those of a best-practise, fully efficient firm...“ Vgl. Berger, A.N./ Humphrey, D. (Megamergers), S. 550. Neben X-Effizienzen, gibt es noch „allokative Ineffizienzen“ und „qualitative Ineffizienzen“, Vgl. Becker (Bewertung), S. 153.
37 Vgl. Gardener, E.P.M./ Lindblom, T. (Gains), S. 1.
38 Vgl. Morgan Stanley Dean Witter (Eurobanks), S. 37.
39 Vgl. Morgan Stanley Dean Witter (Eurobanks), S. 2.
40 Vgl. Clark, P./ Templeton, W. (After the Euro), S. 24.
41 Vgl. o.V., Let the revolution begin, in: The Economist, 05. April 2001.
42 Vgl. Brealey, R.A./ Myers, S.C.(Finance), S. 941-950.
43 Vgl. Bühner, R. (Shareholder-Value), S. 11.
44 Zur Bestimmung des Unternehmenswertes wird der Netto-Cash-Flow berechnet, von diesem werden dann die Zinszahlungen an die Fremdkapitalgeber abgezogen um zum Free-Cash-flow zu gelangen, der dann für eine Verteilung an die Aktionäre zur Verfügung steht. Vgl. Bühner, R. (Shareholder-Value), S. 17.
45 Vgl. Penzel, H.-G./ Pietig, C. (Merger Guide), S. 3-4.
46 Damit ist die Entscheidung für eines der beiden bestehenden IT-Systeme der Banken gemeint, d.h. die Vermeidung von kosten- und zeitintensiven Neuentwicklungen und der Vermischung der Systeme. Vgl. Penzel, H.-G./ Pietig, C. (Merger Guide), S. 4.
47 Vgl. Penzel, H.-G./ Pietig, C., (Merger Guide), S. 113.
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- Kathrin Bösecke (Autor:in), 2003, Erfolgsfaktoren von Fusionen im Europäischen Bankensektor, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/140005