Corporate Social Responsibility ist mittlerweile in aller Munde. Großunternehmen setzen sich schon lange Zeit mit diesem Thema auseinander. Ihr CSR-Management orientiert sich häufig an dem ihrer Konkurrenten. KMUs hingegen sind auf diesem Gebiet weniger berechnend und handeln eher unter philanthropischen Gesichtspunkten. Doch nicht nur in den meisten Unternehmen ist CSR bereits angekommen, sondern auch an den Universitäten. Während man an vielen Hochschulen nur relativ wenig über CSR erfährt, bietet die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt ab 2008 CSR als eigenen Studienschwerpunkt an. Das zeigt, dass ein fortlaufender wissenschaftlicher Bedarf zu diesem Thema vorhanden ist.
CSR lässt sich aus unserer Volkswirtschaft nicht mehr wegdenken. Das Engagement aus der Wirtschaft verschafft unserer Staatskasse in vielen Fällen mehr Luft für andere Bereiche. Nachdem es für den Begriff CSR keine einheitliche Definition gibt, habe ich in Kapitel 3 meine eigene Definition entwickelt. Die Motive und Gründe von CSR stellen die interessantesten Bereiche dar und sind somit Themenschwerpunkte dieser Arbeit. Daneben werden auch immer wieder ergänzende Randthemen wie die CSR-Kommunikation, der Sinn und Zweck von Netzwerken sowie eine mögliche Bewertung der Maßnahmen erörtert. Zur besseren Veranschaulichung und zum
besseren Verständnis habe ich stets Vergleiche mit eingebunden. Eigene kritische Standpunkte sind in einigen Kapiteln ebenfalls erkennbar.
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung
2. Der Share- und Stakeholderansatz
3. Corporate Social Responsibility
3.1 Begriffsdefinitionen
3.2 Die drei Säulen der CSR: Ökonomie, Soziales und Ökologie
3.3 Ethisches Verhalten als Grundvoraussetzung von CSR
3.4 Corporate Citizenship als soziale Teilkomponente der CSR
4. Die Implementierung von CSR in Unternehmen
4.1 Die Implementierung in die Unternehmensführung
4.2 Die Implementierung in die Organisationsstruktur
5. Motive der CSR
5.1 Wettbewerbsvorteil/Diversifikation
5.2 Reputation/Imagepflege
5.3 Mitarbeiter
5.4 Externe Stakeholder
5.5 Finanzielle Vorteile
5.6 Gesellschaftliches Engagement
6. Instrumente von CSR und deren Nutzen für das Gemeinwohl
6.1 Ökonomische Sichtweise
6.1.1 Die Wachstumsfrage: Qualitatives statt quantitatives Wachstum
6.1.2 Regionale und globale Verantwortung
6.1.3 Wertschöpfung und gerechte Verteilung
6.1.4 Langfristige Unternehmenssicherung
6.2 Soziale Sichtweise
6.2.1 Instrumente der CSR
6.2.1.1 Chancengleichheit
6.2.1.2 Gesundheit und Arbeitssicherheit
6.2.1.3 Familienfreundlichkeit
6.2.1.4 Arbeitsplätze schaffen und erhalten
6.2.1.5 Entwicklung und Weiterbildung
6.2.1.6 Gerechte Bezahlung und betriebliches Vorschlagwesen
6.2.2 Instrumente der CC
6.2.2.1 Unternehmensspenden (Corporate Giving)
6.2.2.2 Sozialsponsoring (Social Sponsoring)
6.2.2.3 Zweckgebundenes Marketing (Cause Related Marketing)
6.2.2.4 Unternehmensstiftungen (Corporate Foundations)
6.2.2.5 Gemeinnütziges Arbeitnehmerengagement (Corporate Volunteering)
6.2.2.6 Auftragsvergabe an soziale Organisationen (Social Commissioning)
6.2.2.7 Gemeinwesen Joint-Venture (Community Joint-Venture)
6.2.2.8 Lobbying für soziale Anliegen (Social Lobbying)
6.2.2.9 Soziales Risiko-Kapital (Venture Philanthropy)
6.3 Ökologische Sichtweise
6.3.1 Langlebige und umweltschonende Produkte und Verfahren
6.3.2 (Energie-)Sparsamkeit
6.3.3 Umweltbewusstsein der Mitarbeiter
6.3.4 Erneuerbare Energien
6.3.5 Ökologie: Eine globale Aufgabe
7. CSR im Vergleich
7.1 CSR in Großunternehmen versus CSR in KMUs
7.2 CSR: Ein Ländervergleich
8. Die Kommunikation von CSR
8.1 Die interne Kommunikation
8.2 Die externe Kommunikation
8.3 Der CSR-Bericht
8.4 Standards und Normen
9. Die Bedeutung von CSR-Netzwerken
10. Die Bewertung von CSR-Maßnahmen
11. Der Einsatz von CSR bei gemeinnützigen Organisationen: Eine kritische Betrachtung
12. Schlusswort
Abbildungsverzeichnis:
Abb. 1: Spannungsfeld der Interessensgruppen
Abb. 2: Das Verhältnis von CSR und nachhaltiger Entwicklung
Abb. 3: CSR-Ausgangsmodell
Abb. 4: Optimiertes Modell
Abb. 5: Ebenen der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen
Abb. 6: Vergleich von Strategie und Taktik
Abb. 7: CSR-Modell
Abb. 8: Integriertes CSR-Management
Abb. 9: Organisation des CR-Managements bei RWE
Abb. 10: Zielvereinbarung im Gegenstromverfahren
Abb. 11: Wahrgenommener Nutzen der Vielfalt am Arbeitsplatz
Abb. 12: CV bei der Firma Henkel
Abb. 13: Aktuelles CSR-Engagement der Industrie nach Branchen
Abb. 14: Definition des IfMs
Abb. 15: Definition der EU
1. Einleitung
Zu Beginn der vorliegenden Diplomarbeit stellte ich meinem Freundes- und Bekanntenkreis eine scheinbar simple Frage: „Was ist das Ziel eines Unternehmens?“ Die Antwort kam oft zögerlich, war letztlich jedoch immer ähnlich. Ziel eines Unternehmens ist es, Gewinn zu erwirtschaften. Ist das nun richtig oder falsch?
Nun ja, sicherlich ist dies der Hauptgrund vieler Unternehmenseigentümer. Gerade bei Aktiengesellschaften zählen für viele Kapitalgeber nur die Rentabilität des eingesetzten Geldes, Dividendenerträge und Kursgewinne um jeden Preis. Wie der Gewinn zu Stande kommt wird zur Nebensache. Ob nun der Profit durch Kinderarbeit oder unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen erzielt wurde, blieb in der Vergangenheit häufig im Dunkeln. Doch seit einigen Jahren versuchen nicht nur Greenpeace-Aktivisten gegen solche sozialen Verbrechen vorzugehen. Internationale Konzerne wie bspw. Wal Mart oder Nike haben ihr Verhalten bereits durch eine negative Publicity zu spüren bekommen. Sie ließen ihre Ware unter unzumutbaren Bedingungen in wirtschaftlich armen Ländern fertigen. Hat das Bekanntwerden der Vorfälle nun zu einem Konsumeinbruch oder Aktienkursrutsch geführt? Nicht ausreichend, wie ich meine. Jedoch ist vielen Unternehmen bewusst geworden, dass nicht der Preis allein eine Kaufentscheidung beim Konsumenten hervorruft.
Die Frage ist nun, ob dies bei kleinen und mittelständischen Unternehmen genauso ist wie bei größtmöglichen Hier kann man sagen, dass jeder, der sich selbstständig macht, auch das Ziel verfolgt, Gewinn zu erwirtschaften. Sonst würde er sicherlich nicht aus seinem festen Angestelltenverhältnis austreten. Jedoch ist dies häufig nicht der Hauptgrund, warum es so viele Selbstständige und Mittelständler gibt. Viele möchten einfach unabhängig von einem Arbeitgeber sein. Sie wollen ihre eigenen Ideen in die Tat umsetzen und sich selbst verwirklichen. Die schlechte Lage auf dem Arbeitsmarkt war in den vergangenen Jahren sicherlich auch dafür verantwortlich, dass es so viele Firmenneugründungen gab. Wie sich aus den oben genannten Gründen ersehen lässt, gibt es im KMU-Bereich mehrere Zielaspekte für eine Unternehmensgründung. Fest steht, dass sowohl bei größtmöglichen als auch bei KMUs das Streben nach dem größtmöglichen Profit oft an übergeordneter Stelle steht.
Während meines Betriebswirtschaftsstudiums konnte ich schnell erkennen, dass es nicht nur ökonomische Ziele gibt, sondern auch ökologische und soziale Ziele, die jedoch häufig in konfligierendem Zusammenhang zu den ökonomischen stehen. Dass es weitere Zielarten, Zielhierarchien, etc. gibt, möchte ich nicht weiter erläutern, da wir schon mitten im Thema sind. Die drei Bereiche der ökonomischen, ökologischen und sozialen Zielsetzung bilden nämlich den Grundstein der Corporate Social Responsibility. Wie auch ein Laie erkennen bzw. übersetzen kann, hat der Begriff etwas mit sozialer Verantwortung der Unternehmen zu tun.
Bei Kapitalgesellschaften ist diese oder eine ähnliche Bezeichnung seit einigen Jahren fest in der Unternehmensführung verankert. Es gibt sogar extra Mitarbeiter und Teams, die sich mit der Materie von CSR befassen. Millionen von Euros werden jedes Jahr für CSR-Maßnahmen ausgegeben, doch mit welchem Hintergrund? Spielen hier ausschließlich ökologische oder soziale Aspekte eine Rolle? Sind die ständig neu aufgedeckten Wirtschaftsskandale etwa Bestandteil einer verantwortungsvollen Unternehmensführung? Fragen über Fragen, die sich zum Thema CSR bei Großunternehmen stellen. Wie aber sieht unternehmerische Verantwortung im Mittelstand aus? Kann ein Betrieb mit 15 Mitarbeitern extra jemanden für den Bereich CSR einstellen? In welcher Höhe sollte man Geld für CSR einsetzen? Ist CSR ein Muss für den Mittelstand geworden?
Wie man aus den ersten Sätzen dieser Arbeit erkennen kann, gibt es viele offene Fragen. Einige sind bis heute noch nicht wissenschaftlich beantwortet bzw. belegt. Trotzdem gibt es ausreichend Literatur zu dieser Materie. In der vorliegenden Arbeit werde ich verschiedene Ansichten zusammentragen und meine eigene Meinung zum Thema CSR darlegen.
2. Der Share- und Stakeholderansatz
Wie bereits in der Einleitung erläutert, haben Unternehmen mehrere Zielausrichtungen, die konkurrierend aufeinander wirken. Das bedeutet, dass sich Unternehmen ständig in einem Spannungsfeld zwischen wirtschaftlichem Erfolg und gesellschaftlicher Verantwortung befinden.
Auf der einen Seite sitzen dem Unternehmer die Eigentümer/Aktionäre im Nacken. Die Leichtigkeit des Kapitaltransfers erzeugt zusätzlich Druck auf die Unternehmer/Manager. Wird nicht die gewünschte Rendite erwirtschaftet, wandern die profitgierigen Geldgeber zu einem renditestärkeren Unternehmen ab. Auf der anderen Seite hat der Unternehmer die Bedürfnisse seiner Stakeholder zu berücksichtigen. Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, etc. haben unter Umständen gegensätzliche Interessen innerhalb der Stakeholdergruppe sowie gegenüber den Shareholdern. Dies soll das vereinfachte Schaubild (Abb. 1) darstellen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Spannungsfeld der Interessensgruppen (eigene Darstellung)
Jeder, der den Unternehmenserfolg negativ oder positiv beeinflussen kann, ist von Bedeutung. Sicherlich werden die Interessen eines einzelnen Maschinenarbeiters eine andere Gewichtung für das Unternehmen haben, als die eines Kapitalgebers, der bereit ist, einen Millionenkredit zu gewähren.
Eine einheitliche Meinung zum Thema Share-/Stakeholderansatz gibt es aufgrund der vielen unterschiedlichen Interessensgruppen nicht. Auch die Literatur beleuchtet in zahlreichen Büchern die Thematik, indem sie die beiden Ansätze immer wieder kontrovers diskutiert. Wörtlich übersetzt sind die Shareholder die Anteilseigner oder Aktionäre, während man unter Stakeholder Gruppierungen oder Interessengemeinschaften versteht. Arun Gairola, Professor an der FH Würzburg-Schweinfurt, definiert die beiden Ansätze in einem seiner Skripte wie folgt:
„Der Shareholder-Ansatz ist eine einseitige Zielausrichtung an ökonomischen Ziele verbunden mit einer kurzfristigen Orientierung. Sie reduziert die Gesellschaftliche Anliegen auf die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und kommt dem Streben der Kapitalgeber nach einer kurzfristigen Realisierung von ökonomischen Erfolgen. Dagegen strebt der Stakeholder-Ansatz nach einer Nutzenstiftung für alle Interessengruppen des Unternehmens. Er ist eine pluralistische, gesellschaftsorientierte Ausrichtung, die langfristige Entwicklungsperspektive betont.“1 [Schreibweise im Original]
Zum Shareholderansatz:
Ausgangspunkt für den Shareholderansatz sind die finanziellen Interessen der Aktionäre. Bei diesem Ansatz besteht eine „Prinzipal-Agent-Beziehung“ zwischen den Eigentümern und den Managern. Die Aktionäre werden als Prinzipal angesehen, während die Führungskräfte die Agenten sind. Das Hauptinteresse der Aktionäre ist wie bereits in der Definition beschrieben der ökonomische Erfolg (Gewinn). Um dieses Anliegen voranzutreiben, werden die Geschäftsführer häufig am Gewinn einer Gesellschaft beteiligt. Somit können die Eigentümer sicher sein, dass die finanziellen Entscheidungen in ihrem Sinne getroffen werden.2
Zum Stakeholderansatz:
Die Gruppe der Stakeholder verfolgt wesentlich unterschiedlichere Ansprüche als die der Shareholder. Das liegt vorwiegend daran, dass die verschiedenen Interessensgruppen in unterschiedlichen Beziehungen zum Unternehmen stehen. Deshalb muss eine Unternehmung zuerst alle relevanten Stakeholder und deren Anliegen ermitteln. Im Anschluss daran wird den Interessen entsprechend gewichtet. Die meisten Stakeholder bringen in einem Betrieb Ressourcen ein. Die Mitarbeiter liefern mit ihrer Arbeit Humankapital, die Lieferanten mit ihren Materialien Realkapital, die Geldgeber Finanzkapital, etc. Ein Unternehmen kann somit nicht willkürlich seine eigenen Ziele auf Biegen und Brechen durchsetzen. Die Lieferung der essentiellen Ressourcen muss sichergestellt werden, da sonst die Existenz des Unternehmens bedroht wird.3 Kritische Anspruchsgruppen kennzeichnen sich darin, dass Betriebe die gelieferten Ressourcen nicht problemlos ersetzen können. Das kann bspw. das Know-how hochqualifizierter Mitarbeiter sein oder auch flüssige Mittel von Investoren.4
Welcher Ansatz ist nun für die Anwendung von CSR zu bevorzugen? Obwohl wir noch nicht genau wissen was CSR tatsächlich ist, wird es sicherlich eine Kombination aus beiden Ansätzen sein. Denn was wäre die Folge, wenn man nur die Interessen der Aktionäre verfolgen würde? Irgendwann würden die Arbeitnehmer bei steigendem Gewinn mehr Lohn fordern, die Kunden einen niedrigeren Preis, etc. Dieses Szenario ließe sich endlos fortsetzen. Eine bedingungslose Ausrichtung auf die Stakeholderseite wäre ebenfalls untragbar. Denn wenn ein Wirtschaftsbetrieb nicht in der Lage ist Gewinn zu erwirtschaften, kann er langfristig nicht überleben. Eine einseitige Sichtweise würde auf Dauer zum Ruin einer Unternehmung führen. Wenn man nun ein erstes kleines Resümee aus diesem Kapitel zieht, wird klar, dass die Unternehmen bei ihren Entscheidungen auf viele Bereiche achten müssen. Bereits kleine Fehlentscheidungen können das Ende einer Firma bedeuten. Das Thema CSR hat nicht nur bei Großunternehmen massiven Einfluss auf ein Unternehmen. Auch KMUs können in diesem Jargon Gewinner oder Verlierer sein.
3. Corporate Social Responsibility
3.1 Begriffsdefinitionen
Als das Thema für meine Diplomarbeit fest stand, machte ich mich im World Wide Web vorab auf die Suche nach einer einheitlichen Definition von Corporate Social Responsibility. Leichter gesagt als getan. Es wurden mir zahlreiche unterschiedliche – vor allem englischsprachige – Definitionen aufgelistet. Nachdem ich dann erste Literatur zum Thema gelesen hatte, war es das Gleiche. Fast jeder Autor verwendet seine eigenen Begrifflichkeiten. Auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gibt auf seiner Website den Hinweis, dass viele Begriffe in diesem Bereich noch nicht abschließend definiert sind. Das liegt daran, dass CSR seinen Ursprung Ende der 1950er in den USA hatte, wobei deutsche und auch europäische Unternehmen sich auch schon vor dieser Zeit gesellschaftlich engagierten. Aufgrund dessen, dass CSR in den letzten Jahren nicht nur bei internationalen Konzernen großen Zuspruch fand, hat sich der Begriff so nach und nach in Deutschland durchgesetzt. Die enorme Öffentlichkeitswirkung ist ein Grund, warum mittlerweile fast schon jedes Unternehmen CSR anwendet, ohne das Prinzip davon zu verstehen. Dadurch werden viele Gelder nicht ziel- bzw. bedürfnisgerecht investiert.
Manche Unternehmen wissen schon gar nicht mehr, an welchen gesellschaftlichen Aktivitäten sie alles beteiligt sind. Bei der Deutschen Bahn etwa ließ der im Jahr 2002 neu hinzugekommene Personalvorstand Norbert Bensel zum ersten Mal überhaupt das Engagement erfassen. Ein extra eingesetztes Team benötigte mehrere Arbeitstage zum Aufspüren der damaligen sozialen Aktivitäten. Heraus kam, dass die Bahn im CSR zu vielseitig aufgestellt ist. Seit dieser Zeit wurde das Engagement gestrafft, und besser strukturiert.5 Insofern wäre eine internationale einheitlich anerkannte Definition wichtig. Im Großen und Ganzen ähneln sich die Aussagen jedoch sehr. Ein weiterer Grund, warum es keine einheitliche Umschreibung für diesen Begriff gibt, ist, dass keine gesetzlichen Rahmenbedingungen existieren. CSR beruht auf dem Grundsatz der Freiwilligkeit, aber dazu später mehr. Wie sich aus einer einfachen Übersetzung erschließen lässt, geht es vorwiegend um die Begriffe Soziales und Verantwortung. In diesem Kapitel definiere ich CSR und grenze ihn von ähnlichen Bezeichnungen ab.
Bevor ich mich auf eine Definition festlege, möchte ich zwei offizielle Auslegungen zum Thema vorstellen und schlussfolgern. Sowohl die Europäische Kommission als auch das BMWi haben versucht, das Thema zu definieren.
Laut dem Grünbuch der Europäischen Kommission ist CSR „ein Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren.“6 Entscheidende Merkmale dieser Aussage sind, dass CSR die Freiwilligkeit für ein Engagement im sozialen und ökologischen Bereich voraussetzt. Daneben ist es von großer Bedeutung, dass die verschiedenen Interessen der Stakeholder berücksichtigt werden.
Die deutsche Variante lautet: „Die soziale (und ökologische) Verantwortung von Unternehmen in allen Bereichen der Unternehmenstätigkeit. Themen sind dabei u. a. die Beachtung der Menschenrechte, Arbeitsplatzbedingungen, Bildung von Gewerkschaften, Umweltschutzmaßnahmen. CSR liefert den 'Überbau' für Corporate Citizenship.“7 [Schreibweise im Original] Während hier nicht explizit auf die Freiwilligkeit hingewiesen wird, geht die Definition im sozialen und ökologischen Bereich sehr weit ins Detail. Es sei jedoch schon an dieser Stelle gesagt, dass es in Deutschland gerade im ökologischen Bereich viele Standards gibt, was den Rahmen für CSR-Manahmen verkleinert. Bereits im Definitionsversuch des BMWis taucht der Begriff Corporate Citizenship auf. Dieser wird fälschlicherweise häufig als Synonym für CSR verwendet.8 Auch Corporate Responsibility wird immer wieder in einem Atemzug mit CSR genannt. Manche Großkonzerne wie z. B. Siemens oder Allianz sprechen ausschließlich von CR. Sogar innerhalb des Allianzkonzerns herrscht keine einheitliche Regelung. Während die Mutter Allianz von CR spricht, verwendet die Tochter Dresdner Bank den Ausdruck CSR, da sich dieser Begriff in Deutschland mittlerweile durchgesetzt hat. Der Mutterkonzern Allianz ist jedoch ein „Global Player“. Im angelsächsischen Sprachgebrauch jedoch setzt sich immer mehr CR durch, weshalb es hier zu einem Unterschied zwischen Mutter und Tochter kommt, so die Aussage der Dresdner Bank.
Gemeint ist jedoch immer wieder die gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen. Obwohl die eigentliche Übersetzung soziale Verantwortung der Unternehmen lautet, spreche ich in meiner Arbeit ausschließlich über die gesellschaftliche Verantwortung, wenn es um CSR geht, da diese Übersetzung weiter gefasst ist.
Nun zu meinem Definitionsversuch für diese Arbeit, der sich vielen anderen angleicht: Unter CSR verstehe ich die ökonomische, soziale und ökologische Verantwortung eines Unternehmens gegenüber allen Stakeholdern eines Unternehmens. Grundvoraussetzungen sind ethisches Verhalten und Freiwilligkeit. Corporate Citizenship wird als soziale Teilkomponente von CSR gesehen. Im Gegensatz zu den bereits genannten Definitionen beinhaltet diese Festlegung zusätzlich die wirtschaftliche Verantwortung und das ethische Verhalten. Weitere Erläuterungen zu meiner Definition werden in den Punkten 3.2 und 3.3 gegeben.
Corporate Sustainability – zu deutsch nachhaltiges Wirtschaften – steht ebenfalls in engem Zusammenhang mit CSR. Genauer gesagt baut CS auf CSR auf (siehe Abb. 2). CS basiert auf einer dreidimensionalen Wertschöpfung („triple bottom line“). „Demnach bedeutet nachhaltiges Wirtschaften in allen drei Dimensionen – ökonomisch, ökologisch und sozial – Wert zu erhalten, aber auch Wert zu schöpfen. Während das breitere Konzept der unternehmerischen Nachhaltigkeit auf eine dauerhafte Sicherung der Kapitalbasis ausgerichtet ist, stehen beim Konzept der gesellschaftlichen Verantwortung spezifisch die Beziehungen zur Gesellschaft und deren Anliegen im Vordergrund.“9
Abschließend erkennt man in der Abb. 2 den Zusammenhang der verschiedenen Bereiche im Unternehmen. Die Folge aus der Anwendung von CC, CSR und CS ist eine nachhaltige Entwicklung für die gesamte Volks-/Weltwirtschaft. Eine Entwicklung ist demnach nachhaltig, wenn sie „die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.“10
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Das Verhältnis von CSR und nachhaltiger Entwicklung11
3.2 Die drei Säulen der CSR: Ökonomie, Soziales und Ökologie
Viele Definitionen von CSR beinhalten ausschließlich die soziale und die ökologische Komponente. Ökonomisch verantwortungsvolles Verhalten erfordert den Wohlstand dauerhaft zu steigern. Das bedeutet auch, dass ökologische und soziale Nachhaltigkeit mit möglichst geringem Kosteneinsatz (Kosteneffizienz) erreicht wird. „Ohne diese Kosteneffizienz verzichtet man unnötiger Weise auf Wohlstand bzw. ist weniger soziale und ökologische Nachhaltigkeit möglich.“12 „Nur wer angemessene Renditen erwirtschaftet, ist auch in der Lage, im Interesse von Mitarbeitern, Gesellschaft und Umwelt zu handeln.“13 Diese einfache betriebswirtschaftliche Rechnung erkläre ich anhand eines selbst gewählten Beispiels. Ist es einem Schreinereibetrieb möglich, die anfallenden Sägespäne an einen Betrieb für ökologische Heizkraft zu veräußern, hat er die Möglichkeit, diesen Überschuss in umweltfreundliche oder soziale Maßnahmen zu investieren. Allerdings rechtfertigt nicht nur die rein kapitalistische Seite die ökonomische Säule von CSR, sondern noch weitere Elemente, doch dazu mehr in Kapitel 6.1.
In meiner Einleitung habe ich erwähnt, dass die drei Teilbereiche häufig konfliktionär aufeinander wirken. Wie aus obigem Beispiel ersichtlich ist, hat der Verkauf von Sägespänen einen wirtschaftlichen und einen ökologischen Hintergrund. Der Unternehmer erwirtschaftet mit seinem Ausstoß, den er sonst hätte entsorgen müssen, einen Erlös. Somit wirken Ökonomie und Ökologie komplementär, was exemplarisch zeigt, dass sich alle drei Gebiete ergänzen können.
3.3 Ethisches Verhalten als Grundvoraussetzung von CSR
Wie man aus der von mir festgelegten Definition erkennt, ist Ethik eine Grundvoraussetzung von CSR. Wenn ein Unternehmen sich nicht ethisch korrekt verhält, ist es meiner Meinung nach auch nicht in der Lage, CSR wahrheitsgemäß anzuwenden. Viele Autoren und deren Schaubilder vergessen den überaus wichtigen Punkt der sittlichen und moralischen Grundsätze eines Unternehmens gegenüber einer Gesellschaft.
Die von mir erstellten Grafiken sollen folgendes veranschaulichen: Im Ausgangsmodell wird CSR losgelöst voneinander betrieben. Dies wird durch die drei abgetrennten Säulen gekennzeichnet. Die Unternehmensleitung wird als Dreieck verkörpert. Jedoch ist CSR in diesem Modell nicht tatsächlich in der Unternehmensstrategie verankert. Daher besteht grafisch auch keine Verbindung zu den drei Anwendungsgebieten.
Das optimierte Modell sieht den ethischen Aspekt als zentralen übergeordneten Punkt. CSR ist hier in der Unternehmensführung implementiert und wird von allen Mitgliedern des Unternehmens gelebt. Das wird durch die gegenseitigen Pfeile ersichtlich. Ökonomie, Soziales und Ökologie sind auch hier einzelne Bereiche (gekennzeichnet durch die grau schattierten Balken). Dass sie sich wechselseitig beeinflussen – sowohl positiv als auch negativ – sieht man daran, dass es keine Abgrenzung (wie in Abb. 3) gibt. Nur wenn all diese Voraussetzungen erfüllt werden, ist CSR in einem Unternehmen möglich.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: CSR-Ausgangsmodell Abb. 4: Optimiertes Modell
(eigene Darstellung) (eigene Darstellung)
Die CSR-Pyramide (Abb. 5) von Carroll ist eine weit verbreitete wissenschaftliche Theorie. Mein Ansatz unterscheidet sich allerdings in einigen Punkten von dem von Carroll, was folgende Interpretation der Pyramide zeigen soll. Den Boden seiner Pyramide bildet das einfache Wirtschaften eines Unternehmens. Man versorgt die Gesellschaft mit Gütern und erzielt damit einen Gewinn. Um die dritte Stufe zu erreichen, müssen die gesetzlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden. Nur wenn keine Gesetze gebrochen werden, handelt ein Unternehmen verantwortlich. Die dritte Ebene stellt die ethische Verantwortung dar. Nicht nur gesetzliche, sondern auch moralische Verpflichtungen müssen Unternehmen erfüllen. Die Spitze der Pyramide setzt voraus, dass Unternehmen sich über ihre eigentliche Geschäftstätigkeit hinaus sozial engagieren, um etwas für das Gemeinwohl zu tun (z. B. Spenden, etc.).14
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 5: Ebenen der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen15
Im Gegensatz zu meiner Definition steht bei der CSR-Pyramide von Carroll die ethische Verantwortung erst auf der dritten Stufe. Bei ihm ist es bereits möglich allein durch die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften soziale Verantwortung zu übernehmen. Auch der weltbekannte amerikanische Ökonom und Nobelpreisträger Milton Friedman äußerte sich im Jahr 1970 ähnlich abstrakt zu diesem Thema: „Die soziale Verantwortung von Unternehmen besteht darin, Gewinn zu machen.“ So Friedman in einem Artikel im New York Times Magazine aus dem Jahre 1970.16
Doch wie der Fall Nestlé in den 70er Jahren zeigte, wurde hier aus rein ökonomischer profitgieriger Sicht gehandelt. Nestlé hat mit seinen geächteten Vermarktungsmethoden in Entwicklungsländern aggressiv Babynahrung beworben, was aufgrund mangelnder hygienischer Bedingungen, falschem Produktgebrauch und Qualitätsproblemen zu einem Anstieg der Säuglingssterberate führte. Beispiele dieser Art gibt es zu genüge. Diese werden seit 2001 im Schwarzbuch für Markenfirmen aufgelistet. Insofern sehe ich die Basis von CSR im ethischen Verhalten der Unternehmen und deren Mitarbeiter.17 Handelt ein Unternehmen und dessen Mitarbeiter jederzeit nach den sittlichen und moralischen Grundsätzen einer Gesellschaft, sind meiner Meinung nach keine teueren CSR-Maßnahmen mehr nötig, da ein Betrieb dann automatisch verantwortlich gegenüber einer Gesellschaft handelt.
3.4 Corporate Citizenship als soziale Teilkomponente der CSR
Corporate Citizenship wird häufig als Synonym für Corporate Social Responsibility verwendet. Das liegt wiederum daran, dass es auch für diesen Begriff keine einheitliche Definition gibt. Doch wie man schon aus der Definition des BMWis erkennt, stellt CC eine Teilkomponente von CSR dar. Auch bei Corporate Citizenship gibt es viele Definitionsansätze unterschiedlicher Autoren. Die Auslegung von Westebbe/Logan ist mit den meisten Definitionen annährend übereinstimmend: „Corporate Citizenship ist das gesamte über die eigentliche Geschäftstätigkeit hinausgehende Engagement des Unternehmens zur Lösung gesellschaftlicher Probleme. Für dieses Engagement sollen alle Arten von Ressourcen des Unternehmens unter besonderer Berücksichtigung seiner spezifischen Kompetenzen genutzt werden.“18 Da CC ein Teil der CSR ist, beruht das bürgerschaftliche Engagement – wie die deutsche Übersetzung lautet – ebenfalls auf dem Prinzip der Freiwilligkeit. CC und CSR unterscheiden sich dahingehend, dass CC-Maßnahmen über die gewöhnliche Geschäftstätigkeit hinausgehen, während CSR-Maßnahmen zumeist die Geschäftstätigkeit des Unternehmens beeinträchtigen. Inwieweit sich die Einsatzmöglichkeiten der jeweiligen Engagements differenzieren, wird aus Punkt 6 ersichtlich.
Abschließend möchte ich zu diesem Kapitel anmerken, dass die Begriffe in meinen Augen nicht zutreffend gewählt wurden. Da CSR auf drei Säulen aufbaut, sollten entweder alle drei oder keine in der Begriffsbezeichnung vorkommen. Der Ausdruck CSR ist irreführend. Man könnte meinen, dass es sich ausschließlich um die soziale Verantwortung der Unternehmen handelt. Da ethisches Verhalten die Basis von CSR darstellt, wäre mein Vorschlag für den Begriff CSR „Corporate Ethical Responsibility“. Auch der Begriff CC sollte um das Wort „good“ ergänzt werden, „Good Corporate Citizenship“. Wendet ein Unternehmen CC an, so präsentiert sich das Unternehmen nicht nur als „normaler Bürger“, sondern als besonders „gutmütiger“. Auch die Bayer AG verwendet auf ihrer Homepage bereits den Begriff „good corporate citizen“. Um jedoch nicht noch mehr Verwirrung in das Begriffschaos des gesellschaftlichen Engagements zu bringen, verwende ich auch weiterhin die Bezeichnungen CSR und CC.
4. Die Implementierung von CSR in Unternehmen
4.1 Die Implementierung in die Unternehmensführung
Obwohl CSR in fast jedem Unternehmen angewandt wird, gibt es relativ wenig Literatur darüber, wo es am geeignetsten integriert werden sollte. Das hat meiner Meinung nach mehrere Gründe. Einige Unternehmen wenden CSR nicht auf rein freiwilliger Basis an. Um im harten Wettbewerb bestehen zu können, wird oft dem öffentlichen Druck nachgegeben, und man engagiert sich im gesellschaftlichen Bereich. Deshalb werden die CSR-Maßnahmen nicht gezielt eingesetzt, sondern ad-hoc nach dem Gießkannenprinzip verteilt. Mal hier eine Spende mal dort eine Spende ohne erkennbare Strategie. Ahnungslose Unternehmer gehen davon aus, dass CSR ausschließlich eine finanzielle Belastung ist, und sie wird somit als Kostenfaktor betrachtet. Ein Hauptgrund für die fehlende Literatur ist, dass es für die Eingliederung von CSR keine einheitliche Regelung gibt. CSR muss je nach Branche, Standort, Unternehmensgröße, etc. individuell eingesetzt werden. Da vor allem die Mittelständler sich keine eigenen CSR-Manager leisten können, haben sich CSR-Beratungen am Markt positioniert. Ihrer Meinung nach ist es ohne externe Unterstützung – vor allem bei kleinen und mittelständischen Unternehmen – kaum möglich, ein nachhaltiges Management zu integrieren. Dass Beratungsagenturen externe Berater empfehlen, ist jedoch nicht nur reiner Selbstzweck. Viele Kleinstunternehmen (80% aller KMUs) werden vom mitarbeitenden Eigentümer geführt.19 Da vor allem im verarbeitenden Gewerbe die Unternehmer vorwiegend aus dem technischen Bereich kommen, sind kaufmännische Kenntnisse kaum vorhanden, bzw. werden erst nach und nach erworben. Die Sichtweise dieser Unternehmer beruht auf der bereits erwähnten, dass CSR für sie nur einen Kostenfaktor darstellt.
Auch der Mitteldeutsche Rundfunk weist auf seiner Homepage darauf hin, dass Privatpersonen eine Organisation lieber langfristig unterstützen sollten. Vielen Organisationen einen kleinen Beitrag zu spenden, erhöht nur den Verwaltungsaufwand.20
Es ist von elementarer Bedeutung, dass Unternehmen nicht nur operative Maßnahmen durchführen. CSR muss auch schon Bestandteil des normativen und strategischen Managements sein. Bereits in der Unternehmensvision müssen verantwortungsvolle Werte zu Grunde gelegt werden. Doch „Papier ist geduldig“. Die Normen dürfen dort nicht nur beschrieben sein, sie müssen auch gelebt werden.21 Deshalb ist auch die Unternehmenskultur Bestandteil der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen, die nur langfristig verändert bzw. entwickelt werden kann. Das will heißen, dass CSR nicht von heute auf morgen effizient integriert werden kann. Es ist ein langwieriger Prozess, der von innen nach außen und von außen nach innen getragen wird, d. h. dass die Prinzipien sowohl innerhalb des Unternehmens als auch außerhalb vorhanden sein müssen.22 Wie bereits in Kapitel 2 beschrieben gibt es bereits in der normativen Unternehmensführung Interessenskonflikte. Diese ersten Ansätze lassen jedoch darauf schließen, dass CSR eher dem Stakeholderansatz zugeschrieben wird, da Aktionäre oft nur kurzfristig denken und handeln.23
Sind die ethischen Werte und Normen in der normativen Unternehmensführung vorhanden, muss sich das Unternehmen Gedanken über deren Eingliederung in die strategische Unternehmensführung machen. Doch wie bereits beschreiben, ist dies oft nicht der Fall. Denn vor allem viele Eigentümer-Unternehmer glauben, mit „Taktik statt mit Strategie zum Erfolg zu kommen.“24 Ein Vorteil, der sich hieraus ergibt, ist die höhere Flexibilität. Eine Untersuchung des Instituts für Mittelstandsforschung ergab, dass erst 16,5% der KMUs strategisch vorgehen.25 Bevor ich nun auf die Grundsätze der operativen und strategischen Unternehmensführung für den Bereich CSR eingehe, möchte ich den Zusammenhang zwischen Strategie und Taktik erläutern. Dazu habe ich ein praktisches Beispiel gewählt, dass ich auf ein wissenschaftliches Schaubild anwende.
Das Beispiel stammt aus dem Bereich des Fußballsports und wird anhand der „Klinsmann-Strategie“, einer taktischen Änderung bzw. einem taktischem Foul26 und dem Ziel Weltmeister zu werden, erklärt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 6: Vergleich von Strategie und Taktik (eigene Darstellung in Anlehnung an Becker)27
Zu Punkt 1
Bei der WM 2006 verfolgte Jürgen Klinsmann seine Strategie, offensiven, attraktiven und erfolgreichen Fußball zu spielen. Diese Strategie wurde von dem Ziel getragen, Weltmeister zu werden. Jedoch kann man eine solche Strategie nicht in jedem Spiel über 90 bzw. 120 Minuten umsetzen. Verlor man bspw. in der Vorwärtsbewegung den Ball an den Gegner, wurde ein taktisches Foul begangen. Das taktische Foul ist eine situative Entscheidung, was jedoch zum strategischen Ziel beitragen soll.
Zu Punkt 2
Der Bundestrainer hatte bei Amtsantritt die Wahl, eine bestimmte Strategie festzulegen. Er hätte auch eine andere wählen können. Die strategische Ausrichtung war vor jedem Spiel immer die gleiche. Führte die deutsche Mannschaft jedoch, so kamen taktische Anweisungen, in der Abwehr kompakter zu stehen und vorne auf Konter zu lauern. Dieses Taktieren erlebt man allzu oft im Bundesligaalltag und gehört zur Routine auf den Fußballplätzen.
Zu Punkt 3
Da Klinsmann erst 2004 Coach der Nationalelf wurde, betrug der Zeitraum für das WM-Ziel 2006 nur zwei Jahre. Im Gegensatz zu einer taktischen Entscheidung während eines Fußballsspiels sind das jedoch erhebliche Unterschiede.
Zu Punkt 4
Um die „Klinsmann-Strategie“ umzusetzen, verging einige Zeit. Man verlor zahlreiche Partien in der Vorbereitung auf die WM 2006. Es war ein langer Lernprozess für das gesamte Team. Jedoch steigerte sich die Mannschaft von Spiel zu Spiel. Ein Foul wird hingegen sofort wirksam und kann das Spiel beeinflussen.
Zu Punkt 5
Hätte Klinsmann die falsche oder gar keine Strategie gewählt, wäre es schwierig gewesen, die Mannschaft während des Turniers noch anders einzustellen. Der Ballverlust in der Vorwärtsbewegung dagegen wird mit dem taktischen Foul ganz leicht korrigiert.
Zu Punkt 6
Die Strategie betraf den kompletten Spielerkader inklusive aller Funktionäre und letzten Endes auch die enthusiastischen Fans. Die Spieler mussten diese strategischen Entscheidungen des Trainers akzeptieren und umsetzen. Ansonsten wäre das Ziel in weite Ferne gerückt. Wenn nicht alle an ein und dem selben Strang ziehen, kann man eine vorgegebene Strategie nicht konsequent realisieren. Das taktische Foul hingegen betraf nur den Teil der Mannschaft, der momentan auf dem Platz stand, bzw. die Spieler, die sich in der Vorwärtsbewegung befanden und wieder nach hinten in die Verteidigung mussten.
Nun, wie wir alle wissen, ist Deutschland nicht Weltmeister geworden. Das heißt jedoch nicht, dass die beschriebene Beziehung zwischen Strategie und Taktik nicht korrekt war. Um beim Fußball erfolgreich zu sein, spielen eben noch weitere Faktoren eine wichtige Rolle. Trotz des Nichterreichens der Weltmeisterschaft hält der neue Bundestrainer Joachim Löw an der „Klinsmann-Strategie“ fest und zieht die Option, die Europameisterschaft 2008 zu gewinnen.
Eine durchdachte Kombination aus langfristiger strategischer Planung und operativen Maßnahmen ist auch bei der Anwendung von CSR von Nöten. Nehmen wir exemplarisch den Punkt 6 aus Beckers Abbildung. Wird CSR richtig implementiert, muss sich das ganze Unternehmen danach ausrichten.28 Das ist dann die strategische Entscheidung für CSR im Unternehmen, die alle betrifft. Die Maßnahmen hingegen betreffen nur einzelne Bereiche, indem Mitarbeiter des CSR-Unternehmens bspw. in Sozialeinrichtungen zeitweise mitarbeiten. Dieses Szenario könnte man auch auf die restlichen 5 Punkte von Beckers Modell anwenden.
Es ist mittlerweile deutlich geworden, dass CSR allein durch operatives Tun und Handeln nicht effektiv eingesetzt werden kann. Das Prinzip baut also nicht nur auf den drei Säulen Ökonomie, Soziales und Ökologie auf, sondern muss auf dem Fundament einer soliden normativen, strategischen und operativen Unternehmensführung stehen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 7: CSR-Modell (eigene Darstellung in Ableitung aus Abb. 4)
4.2 Die Implementierung in die Organisationsstruktur
Doch wo muss nun CSR in der Organisationsstruktur eines Unternehmens angesiedelt sein? Wie bereits erwähnt, gibt es hierfür kein Patentrezept. Mehrere Kriterien sind für die Eingliederung verantwortlich. Joachim Schlange (Beratungsunternehmen Systain Consulting) und Norbert Taubken (Beratungsunternehmen CSR Consult) sind sich einig, dass CSR als eine CSR-Stabsabteilung oder als eigener Kompetenzcenter integriert werden sollte, der bei allen weitreichenden Unternehmensentscheidungen eingebunden wird. Auch sie vertreten die Meinung, dass Werte und Normen Voraussetzung für eine geeignete Strategie sind.29 Birgit Riess, Projektleiterin CSR der Bertelsmann-Stiftung, ist der Meinung, dass vor einer Eingliederung eine umfassende Analyse der jeweiligen Unternehmensstrukturen und der individuellen CSR-Zieldefinition stehen muss. Sämtliche Abteilungen sollten strategisch mit möglichen CSR-Themen vernetzbar sein.30 Auch das Beratungsunternehmen CSR-Agentur gibt den Hinweis auf seiner Homepage, dass CSR als Stabsstelle der Geschäftsführung angehören sollte.
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Abb. 8: Integriertes CSR-Management31
Dass CSR in Großunternehmen von erheblicher Bedeutung ist, zeigt BASF. Hier kümmert sich der stellvertretende Vorsitzende des Vorstands Eggert Voscherau persönlich um das CSR-Management des Chemiekonzerns.32 Auch bei anderen Konzernen ist CSR bzw. nachhaltiges Wirtschaften so bedeutsam, dass hier der Vorstand in CSR-Entscheidungen eingebunden wird. Dies zeigt exemplarisch das Organigramm der RWE AG.
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Abb. 9: Organisation des CR-Managements bei RWE33
Dies hat sicherlich auch mit der Öffentlichkeitswirkung zu tun. Der Gesellschaft wird dadurch mitgeteilt, dass CSR nicht einfach nur Bestandteil im Betrieb ist, sondern höchste Priorität hat. Da kleinere Unternehmen häufig sehr flache Hierarchien haben, sollte auch hier das CSR-Management von der Geschäftsleitung mitgetragen werden. Doch wie bereits die Organisation von RWE zeigt, wird CSR weder „top-down“ noch „bottom-up“ praktiziert. Ideal ist hier das „Gegenstromverfahren“, bei dem zwar der Koordinationsaufwand etwas höher ist, jedoch hat es den Vorteil, dass CSR auf allen Unternehmensebenen zur Anwendung kommt (siehe Abb. 10). Viele Unternehmen befürchten, dass bei Einbeziehung der gesamten Belegschaft das Kerngeschäft beeinträchtigt wird. Dass dies jedoch nicht der Fall ist, zeigen viele internationale Konzerne. Da der Arbeitsalltag oft unter Einseitigkeit und „Geistlosigkeit“ leidet, wird ein qualifiziertes Angebot für bürgerschaftliches Engagement sehr oft dankbar angenommen.
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1 Gairola, A.: Skript Unternehmensführung I, FH Würzburg-Schweinfurt, WS 2004-2005, S. 8
2 vgl. Lötters, F.; Rabbe, S.: Shareholder-Management versus Stakeholder-Management. Ein Vergleich deutscher und US-amerikanischer Unternehmen, Saarbrücken 2007, S. 10 f
3 vgl. daselbst, S. 16, zitiert nach Schmid, U.: Das Anspruchsgruppen-Konzept, erschienen in: WiSu, Nr. 7, 1997, S. 633 ff
4 vgl. Figge, F.; Schaltegger, S.: Shareholder Value dank Stakeholder-Beziehungen – Messung des Werts als strategisches Optimierungsinstrument, erschienen in: Neue Züricher Zeitung, Nr. 252 vom 28.10.2000
5 vgl. Ramthun, C.: Immer mehr Unternehmen verstärken ihr gesellschaftliches Engagement – und praktizieren oft Philanthropie zu Lasten ihrer Aktionäre. Wirtschaftswoche Nr. 26 vom 17.04.2004, S. 148
6 Europäische Kommission: Europäische Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung der Unternehmen. Grünbuch, Luxemburg 2001, S. 8
7 BMWi: Glossar, http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Mittelstand/corporate-citizenship,did=60866.html, aufgerufen am 10. Okt. 2007
8 vgl. Bender, S.: Corporate Social Responsibility als strategisches Instrument der Unternehmenskommunikation zur Stärkung der Unternehmensreputation, Bonn 2007, S. 43
9 Dyllick, T.: Was ist CSR? Erklärung und Definition, St. Gallen 2004, S. 2
10 Hauff, V.: Unsere gemeinsame Zukunft. Der Brundtlandbericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung, Greven 1987, S. 46
11 Loew, T.; Ankele, K.; Braun, S.; Clausen, J.: Bedeutung der CSR-Diskussion für Nachhaltigkeit und die Anforderungen an Unternehmen, Münster/Berlin 2004, S. 12
12 Wolfsteiner, A.: Soziale Marktwirtschaft erneuern, http://www.soziale-marktwirtschaft-erneuern.de/definition%20oekonomische%20effizienz.htm, aufgerufen am 11. Okt. 2007
13 Balzer, A.: Geleitwort, Hamburg 2005, erschienen in Gazdar, K.; Habisch, A.; Kirchhoff, K. R.; Vaseghi S.: Erfolgsfaktor Verantwortung. Corporate Social Responsibility professionell managen, Berlin 2006
14 vgl. Schranz, M.: Wirtschaft zwischen Profit und Moral. Die gesellschaftliche Verantwortung im Rahmen der öffentlichen Kommunikation, Wiesbaden 2007, S. 28 f
15 Loew, T.; Ankele, K.; Braun, S.; Clausen, J.: Bedeutung der CSR-Diskussion... a. a. O., S. 3
16 Knörzer, G.: Autisten wirtschaften einsam. Onlinemagazin ChangeX 2007, S. 1
17 Während meiner Zeit als Finanzberater habe ich mich beim Verkauf von Anlagenprodukten gesetzlich korrekt verhalten. Ich habe den Kunden immer über eventuelle Risiken aufgeklärt und der Kunde hat die Aufklärung unterzeichnet. Mir war jedoch in einigen Fällen bewusst, dass der Anleger das Risiko des Anlageproduktes unterschätzt bzw. nicht richtig verstanden hat. Ohne weitere Erklärungen habe ich das Produkt verkauft, da es die Vorgabe meines Arbeitgebers war. Gesetzlich habe ich korrekt gehandelt, moralisch war mein Handeln allerdings äußert bedenklich.
18 Westebbe, A.; Logan, D.: Corporate Citizenship. Unternehmen im gesellschaftlichen Dialog, Wiesbaden 1995, S. 13
19 vgl. Hamer, E.: Wie Unternehmer entscheiden. Motive und Verhalten mittelständischer Firmenchefs, Landsberg am Lech 1988, S. 14
20 vgl. MDR: Tipps für Spenden, http://www.mdr.de/fakt/3837396.html, aufgerufen am 18. Okt. 2007
21 Selbst die Siemens AG verpflichtet sich auf ihrer Homepage zu ethischem und verantwortungsvollem Handeln. Trotz dieser Verpflichtung befindet sich die AG momentan in einem der größten Korruptionsskandale der Wirtschaft.
22 Auch die externen Stakeholder müssen eine ähnliche Wertvorstellung haben. Es ist z. B. nicht von Vorteil, einen Lieferanten zu haben, der seine Ware durch Kinderarbeit anfertigen lässt.
23 vgl. Haas, B.; Oettinger, R.; Ritter, A.; Thul, M.: Nachhaltige Unternehmensführung. Excellence durch Verknüpfung wirtschaftlicher, sozialer und gesellschaftlicher Forderungen, München 2007, S. 16 ff
24 Hamer, E.: Wie Unternehmer entscheiden... a. a. O., S. 111
25 vgl. Schäfer, K.: Unternehmen: Soziales Engagement wird groß geschrieben. Argumente zu Unternehmensfragen aus dem Institut der deutschen Wirtschaft Nr. 5, Köln 2003 S. 1
26 Unter einem taktischen Foul versteht man, dass man seinem Gegenspieler daran hindert, seinen normalen Bewegungsablauf fortzusetzen. Es wird oft begangen, wenn die foulende Mannschaft in der Vorwärtsbewegung ist und die Gefahr besteht, bei Ballverlust in einen Kontor zu laufen und ein Gegentor zu kassieren. Die Spielunterbrechung nutzt die Mannschaft, um sich neu zu formieren.
27 vgl. Becker, J.: Marketing-Konzeption. Grundlagen des strategischen und operativen Marketing-Managements, München 1998, S. 143
28 Dies gilt jedoch nicht nur für das Unternehmen, sondern auch für alle Stakeholder. Man kann CSR nicht anwenden, wenn die Verkaufsabteilung sich ethisch korrekt verhält und der Einkauf gleichzeitig Waren bezieht, die unter unmenschlichen Bedingungen hergestellt wurden.
29 vgl. Gaide, P.: Du bist Corporate Social Responsibility. Financial Time Deutschland, http://www.ftd.de/karriere_management/management/:Du%20Corporate%20Social%20Responsibility/80400.html, aufgerufen am 22. Okt. 2007
30 vgl. daselbst
31 Knörzer, G.: Strategie des Engagements, http://csr-agentur.de/cms/front_content.php?idcat=81, aufgerufen am 22. Okt. 2007
32 vgl. Knörzer, G.: Autisten wirtschaften einsam... a. a. O., S. 3
33 RWE: Verantwortung - Management, http://www.rwe.com/generator.aspx/konzern/verantwortung/strategie/management/language=de/id=311550/mana gement.html, aufgerufen am 22. Okt. 2007
- Arbeit zitieren
- Daniel Friedrich (Autor:in), 2008, Corporate Social Responsibility in KMUs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/140056