Einige Historiker sind der Ansicht, dass die späte Verbreitung öffentlicher römischer Thermenanlagen in Palästina die Folge einer weit verbreiteten Ablehnung der ansässigen Bevölkerung gegenüber dieser Anlagen war. Diese interessante Theorie wirft die Frage auf, wie die spätantiken Juden Palästinas mit den römischen Badeanlagen umgingen. Im Folgenden soll versucht werden, einen im Rahmen dieser Arbeit machbaren, aber dennoch ausführlichen Überblick über den Umgang der spätantiken jüdischen Bevölkerung Palästinas mit der römischen Badekultur zu geben. Hierbei möchte ich herausfinden, ob die Konfliktpunkte zwischen der römisch-hellenistischen und der jüdischen Kultur so weit überwogen, dass sich ein roter Faden der Ablehnung von römischer Thermenanlagen (auch) durch die Spätantike zog – und sich anhand antiker Quellen erstmals belegen lässt.
Die Konfliktpunkte, auf die ich mich fokussieren werde, sind konkrete kulturelle Ansichten beziehungsweise religionsgesetzliche Vorschriften der Juden, die den Besuch einer römischen Badeanlage verhindert haben könnten. Ich konzentriere mich hierbei auf die in den Thermen gängig gewesene Nacktheit und die oftmals prachtvolle Ausstattung der Badeanlagen, die im Konflikt zum jüdischen Bilderverbot stand.
Als Hauptquellen über den Umgang der jüdischen Bevölkerung mit der römischen Badekultur werden mir Textauszüge aus der damals gängigen jüdischen Literatur (Mischna, Tosefta, Jerusalemer Talmud) dienen. In diesen Werken lassen sich eine Vielzahl von Lehrmeinungen, Gleichnissen und Diskussionen von Rabbinen finden, die unter anderem auch das Baden als Freizeitbeschäftigung ausführlich behandeln. Anhand der von den damaligen Autoren gewählten Themen und Argumentationsketten kann man gut rekonstruieren, wie die jüdischen Gelehrten das Baden sahen, und wie die damalige jüdische Bevölkerung an dieser Freizeitbeschäftigung partizipierte.
Zuvor werde ich, um dem Leser einen allgemeinen Überblick über den Werdegang der römischen Badekultur in Palästina zu geben, auf die Verbreitung der römischen Thermenanlagen in Palästina eingehen. Doch um die innerjüdische Diskussion über die Thermenkultur im spätantiken Palästina zu verstehen, muss die Arbeit einleitend erläutern, was die römische Badekultur im Allgemeinen charakterisierte.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die römische Badekultur
- Baden in der römischen Gesellschaft
- Die Verbreitung der römischen Badekultur in Palästina
- Die Nacktheit in der römischen Badekultur: Konfliktpunkt für die Juden?
- Die Nacktheit im jüdischen Verständnis
- Der Umgang der Juden mit der Nacktheit in den palästinischen Thermenanlagen der Spätantike
- Die prächtig verzierten palästinischen Thermen der Spätantike: Konfliktpunkt zum jüdischen Bilderverbot?
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Umgang der spätantiken jüdischen Bevölkerung Palästinas mit der römischen Badekultur. Sie untersucht, ob und inwiefern Konflikte zwischen der römisch-hellenistischen und der jüdischen Kultur den Besuch römischer Thermenanlagen durch Juden beeinflussten.
- Die Verbreitung römischer Badekultur in Palästina
- Die Rolle der Nacktheit in der römischen Badekultur und deren Konfliktpotential mit jüdischen Traditionen
- Das jüdische Bilderverbot und die Frage, ob die prachtvolle Ausstattung römischer Thermenanlagen für Juden ein Problem darstellte
- Die Rekonstruktion jüdischer Sichtweisen auf das Baden anhand jüdischer Literatur der damaligen Zeit
- Die Rolle der Thermen als Ort des sozialen Lebens in der römischen Gesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel bietet eine Einführung in die Thematik und stellt die Forschungsfrage nach dem Umgang der spätantiken jüdischen Bevölkerung Palästinas mit der römischen Badekultur. Es wird die besondere Situation Palästinas im Vergleich zu anderen römischen Provinzen beleuchtet und die Bedeutung der jüdischen Literatur für die Untersuchung dieser Frage herausgestellt.
Das zweite Kapitel beschreibt die römische Badekultur in ihrer Bedeutung für die römische Gesellschaft. Es wird die weit verbreitete Bedeutung des Badens als Freizeitbeschäftigung und die Rolle der Thermen als soziale Treffpunkte dargestellt.
Das dritte Kapitel beleuchtet die Verbreitung der römischen Badekultur in Palästina. Es wird die späte Einführung von öffentlichen Thermenanlagen in Palästina im Vergleich zu anderen Provinzen des römischen Reiches betrachtet. Die Bedeutung der Thermenkultur für das Verständnis des Zusammenlebens von Juden und Römern im spätantiken Palästina wird hervorgehoben.
Das vierte Kapitel untersucht die Frage, ob die Nacktheit in der römischen Badekultur ein Konfliktpunkt für die Juden darstellte. Es wird die jüdische Sichtweise auf die Nacktheit und der Umgang der Juden mit der Nacktheit in den palästinischen Thermenanlagen der Spätantike analysiert.
Das fünfte Kapitel setzt sich mit der prachtvollen Ausstattung der palästinischen Thermen der Spätantike auseinander. Es wird untersucht, ob die Dekoration dieser Thermenanlagen im Konflikt zum jüdischen Bilderverbot stand.
Schlüsselwörter
Römische Badekultur, Spätantike, Palästina, Juden, Thermenanlagen, Nacktheit, Bilderverbot, jüdische Literatur, Mischna, Tosefta, Jerusalemer Talmud.
- Arbeit zitieren
- Julian Drescher (Autor:in), 2013, Die Juden und die römische Badekultur im spätantiken Palästina, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1401288