Die vorliegende Arbeit geht der Fragestellung nach, welche(s) Wissen, Praktiken und Erfahrungen des eurozentrisch-kolonialen Wissenschaftsbetriebs sich aus einer de- und postkolonialtheoretischen Perspektive (empirisch) feststellen lassen? Dazu werde ich zunächst theoretisch aufarbeiten, inwiefern die Wissenschaft als Ausdruck westlicher Dominanz fungiert und was genau eine Dekolonialisierung der Universität bedeuten kann. Im dritten Kapitel werde ich die für diese empirische Arbeit gewählte Methodik näher beleuchten. Daran anschließend erfolgt die Darstellung der Ergebnisse und deren ausdifferenzierte Einordnung in den aktuellen Forschungsstand. Bevor es abschließend zu einer inhaltlichen Zusammenfassung und einem Ausblick kommt, werden meine persönlichen Selbstreflexionsprozesse hinsichtlich der Inhalte, der Methode und der eigenen Position hervorgehoben.
„Forschung ist dreckig“ (Exo, 2017) - oder in den Worten meiner Gesprächspartnerin: „Richtig pervers“ (Interview).
Die Konflikt- und Friedensforscherin Mechthild Exo hat bei der Äußerung dieser drei Wörter, bei der sie sich an einem Zitat von Linda Tuhiwai Smith (2008) orientiert hat, vermutlich nicht erwartet, dass ihre Formulierung mal im Titel eines Forschungsprojekts vorzufinden sein wird. Auch meine Gesprächspartnerin im Rahmen dieses Projekts hat wahrscheinlich nicht erwartet, gleich zu Beginn dieser Arbeit rezitiert zu werden. Doch was haben das Zitat von Exo (2017) und die Aussage meiner Gesprächspartnerin gemeinsam? Sie beide beziehen sich kritisch auf die historische und heutige Verbundenheit von Wissenschaft und Kolonialismus. Denn die Auswirkungen des Kolonialismus in den Ländern des globalen Südens und des globalen Nordens haben die Wissenschaft bis heute geprägt (Franzki & Aikins, 2010). Dies zeigt sich darin, so Edward Said (1995), dass sich mithilfe der Wissenschaft eine westliche Dominanzkultur und Vormachtstellung gegenüber „the Other“ (Smith, 2008), also dem ehemals kolonialisierten Teil der Welt (globaler Süden), entwickelt hat. Besonders das Schaffen solch einer „colonial difference“ hat die Überlegenheit des Westens (Nordamerika und Europa) dem globalen Süden gegenüber begünstigt (Mignolo, 2002). [...]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Theoretischer Hintergrund
- 2.1 Wissenschaft als Ausdruck westlicher Hegemonie
- 2.2 Dekolonialiserung der Universität - „Pluriversität“ als Ideal?
- 3. Methode
- 3.1 Zur Auswahl der Methode und Gesprächspartnerin
- 3.2 Narrativ-Biografisches Interview
- 3.3 Narrationsanalyse nach Schütze
- 4. Ergebnisse und Einordnung in den aktuellen Forschungsstand
- 4.1 (Post-)Koloniale Kontinuitäten und Wissenschaft
- 4.2 Reproduktion der Ungleichheiten: ein Perspektivwechsel und „kognitiver Kapitalismus“
- 4.3 Zukunft: Dekolonial forschen
- 5. Selbstreflexion: Habe ich dekolonial geforscht?
- 6. Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit zielt darauf ab, die Auswirkungen des eurozentrisch-kolonialen Wissenschaftsbetriebs auf Wissen, Praktiken und Erfahrungen zu untersuchen. Sie befasst sich mit der Kritik an der westlichen Hegemonie in der Wissenschaft und der Forderung nach einer Dekolonialisierung des eurozentrischen Wissenschaftsbetriebs.
- Wissenschaft als Ausdruck westlicher Dominanz und Hegemonie
- Dekolonialisierung der Universität und die Bedeutung von „Pluriversität“
- Epistemische Gewalt und kognitive Gerechtigkeit
- Alternative Wissensformen und die „monoculture of knowledge“
- Die Notwendigkeit, eurozentrische Forschung zu hinterfragen und neue Perspektiven einzunehmen
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema der Dekolonialisierung des Wissenschaftsbetriebs ein und stellt die Fragestellung der Arbeit vor. Sie stellt die Bedeutung der Kritik an den Auswirkungen des Kolonialismus auf die Wissenschaft dar und beleuchtet die Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels in der Wissenschaft.
- Kapitel 2: Theoretischer Hintergrund: Dieses Kapitel befasst sich mit der Theorie der Wissenschaft als Ausdruck westlicher Hegemonie und der Dekolonialisierung der Universität. Es untersucht die epistemische Gewalt und die Ausgrenzung von alternativen Wissensformen und stellt die Bedeutung von „Pluriversität“ als Ideal vor.
- Kapitel 3: Methode: Das Kapitel erläutert die gewählte Methode der narrativ-biografischen Interviews und die Narrationsanalyse nach Schütze.
- Kapitel 4: Ergebnisse und Einordnung in den aktuellen Forschungsstand: Dieses Kapitel präsentiert die Ergebnisse der empirischen Forschung und ordnet sie in den aktuellen Forschungsstand ein. Es betrachtet die (Post-)Kolonialen Kontinuitäten in der Wissenschaft, die Reproduktion von Ungleichheiten und die Bedeutung eines Perspektivwechsels.
- Kapitel 5: Selbstreflexion: Dieses Kapitel widmet sich der Selbstreflexion der Autorin und den ethischen Aspekten der dekolonialen Forschung.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit zentralen Begriffen und Konzepten der Dekolonialisierung des Wissenschaftsbetriebs, wie beispielsweise dem Eurozentrismus, der Epistemischen Gewalt, der Pluriversität, dem kognitiven Kapitalismus und der Notwendigkeit, alternative Wissensformen zu berücksichtigen.
- Arbeit zitieren
- Sahin Dündar (Autor:in), 2023, "Forschung ist dreckig". Eine kritische Untersuchung zum eurozentrisch-kolonialen Wissenschaftsbetrieb, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1401798