Über Rainer Werner Fassbinders Verfilmung "Effi Briest" (1974)

Umsetzung im Deutschunterricht


Referat (Ausarbeitung), 2009

31 Seiten, Note: 12 Punkte

Lisa Sangmeister (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Didaktische Möglichkeiten des Films
2.1 Arbeitsblatt „Vorüberlegungen eines Regisseurs“
2.2 Vom Text zum Film
2.2.1 Aufgabenstellung und Durchführung
2.2.2 Intention
2.2.3 Reflexion

3. Fachwissenschaftliche Erläuterung
3.1 Rainer Werner Fassbinders Biografie
3.2 Verschiedene Verfilmungen des Romans
3.3 Das Verhältnis von Literatur und Film
3.3.1 Fassbinders Effi Briest
3.3.2 Filmtechnische Umsetzung
3.3.3 Rezeption des Films
3.4 Vergleich mit Luderers Verfilmung
3.5 Filmtechnische Motive
3.6 Analyse einer Szene

4. Fazit

5. Literaturverzeichnis

Internetquellen:

6. Anhang

1. Einleitung

(von Lisa Sangmeister)

Theodor Fontanes Romane sind seit jeher eine beliebte Vorlage für Filme. Allein Effi Briest wurde seit 1939 insgesamt fünfmal verfilmt. Die aktuellste Fassung der Regisseurin Hermine Huntgeburth ist zurzeit im Kino zu sehen. Auch andere Werke Fontanes sind beliebte Vorlagen für eine filmische Adaption, wie beispielweise Frau Jenny Treibel und Mathilde Möring, welche insgesamt dreimal verfilmt wurden (vgl. Biener, in: Grawe/Nürnberger 2000: 985). Doch was macht Fontanes Werke so beliebt für Film und Fernsehen? Und wie verfahren die verschiedenen Regisseure, insbesondere Rainer Werner Fassbinder, bei der Transformation von einem Medium (Literatur) in das andere Medium (Film)? Diese Fragen machten das Referatsthema aus fachwissenschaftlicher Sicht besonders interessant für uns.

Doch auch aus didaktischer Sicht sprach uns dieses Thema an. Das Medium Film ist äußerst beliebt und spielt in der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler eine wichtige Rolle. Viele Schülerinnen und Schüler schauen sich lieber einen Film an, als ein Buch zu lesen. Dieser Punkt kann im Unterricht genutzt werden. Die Verbindung von Film und Literatur im Unterricht dürfte auf die Schülerinnen und Schüler motivierend wirken und ihnen darüber hinaus die Besonderheiten der beiden Medien verdeutlichen. Während das Medium Film eine Fantasiewelt vorgibt, kann sich der Leser seine eigene Fantasiewelt schaffen.

Unser Referat besteht daher aus einem didaktischen Teil, welcher es uns ermöglicht ausgewählte Methoden im Umgang mit Literaturverfilmungen im Unterricht auszuprobieren. Während der zweite Teil des Referats das Thema aus fachwissenschaftlicher Sicht beleuchtet. An dieser Stelle werden wir unter anderen Fassbinders Umsetzung der literarischen Vorlage und seine besonderen filmtechnischen Mittel thematisieren und anhand von Beispielen veranschaulichen.

2. Didaktische Möglichkeiten des Films

Dieser erste Teil des Referats ermöglicht es uns zwei Methoden im Umgang mit Literaturverfilmungen im Deutschunterricht auszuprobieren. Das Arbeitsblatt „Vorüberlegungen eines Regisseurs“ (siehe Anhang 1) soll einem ersten Einstieg dienen und insbesondere die Neugier der Seminarteilnehmer/innen auf den Film wecken. Im nächsten Schritt können die Seminarteilnehmer/innen dann selbst kreativ werden und eine Szene aus Effi Briest „filmisch“ umsetzen.

2.1 Arbeitsblatt „Vorüberlegungen eines Regisseurs“

(von Lisa Sangmeister)

Der Umgang mit Literaturverfilmungen im Unterricht sollte ergänzend zur Beschäftigung mit dem jeweiligen Werk stattfinden. Das heißt, die Schülerinnen und Schüler sollten das Werk vorher gelesen haben und wichtige Aspekte sollten zuvor im Unterricht besprochen werden. Die Verfilmungen sollte somit in keinem Fall das Lesen des jeweiligen Werks ersetzen. Nur so können die Besonderheiten, Möglichkeit und Grenzen der beiden Medien erarbeitet und verdeutlicht werden.

Das Arbeitsblatt „Vorüberlegungen eines Regisseurs“ (siehe Anhang 1) diente einem ersten Einstieg in das Thema Literaturverfilmungen. Die Seminarteilnehmer/innen sollten sich vorstellen selbst ein Regisseur zu sein und Fontanes Effi Briest verfilmen zu wollen. Im Rahmen dessen trafen sie verschiedene Vorüberlegungen, indem sie fünf Fragen beantworteten, welche die Wahl der Darsteller/innen und den Umgang mit der literarischen Vorlage betrafen. Für zwei Fragen (gekennzeichnet mit einem Symbol) wurden Beispielschauspieler/innen für die Besetzung der Rolle per Folie gezeigt. Im Anschluss an die Erarbeitungsphase wurden die Ideen der Teilnehmer/innen zusammengetragen und es entstand eine kurze Diskussion über die Wahl der Schauspieler/innen. In einer abschließenden Auflösung erfuhren die Seminarteilnehmer/innen dann, dass die präsentierten Schauspieler/innen aus verschiedenen Effi Briest – Verfilmungen stammen, unter anderem aus der aktuellen Verfilmung von Hermine Huntgeburth.

Das Arbeitsblatt sollte vor allem die Neugier der Teilnehmer/innen auf den Film wecken und den Blick auf verschiedene Aspekte von Literaturverfilmungen, wie die sprachliche Gestaltung des Drehbuchs im Vergleich zur literarischen Vorlage, wenden. Auf diese Punkte wollten wir dann im fachwissenschaftlichen Teil genauer eingehen.

Durch die Frage zur Wahl der Schauspieler/innen wurden die verschiedenen Charaktereigenschaften der Figuren wiederholt und auf optische Eigenschaften übertragen. Des Weiteren sollte auf spielerische Weise verdeutlicht werden, dass ein Regisseur zahlreiche Entscheidungen zu treffen hat, welche nicht durch die literarische Vorlage vorgegeben sind. Wir nahmen an, dass die Teilnehmer/innen im anschließenden Gespräch feststellen werden, dass sie in vielen Punkten unterschiedlicher Meinung sind. Nicht nur, dass sie die Figuren teilweise unterschiedlich charakterisieren werden, jeder wird auch seine eigene Meinung im Hinblick auf die Besetzung der Rolle haben. Damit wird das wichtigste Ziel dieser Methode deutlich: Die Subjektivität von Literaturverfilmungen zu verdeutlichen.

Zurückblickend kann man sagen, dass die Durchführung dieser Methode im Rahmen der Seminarsitzung sehr positiv verlaufen ist. Die Seminarteilnehmer/innen haben die Fragen motiviert beantwortet und anschließend ist ein Gespräch bezüglich der Wahl der Schauspieler/innen zustande gekommen. Besonders die Bilder von früheren Darstellern haben für Diskussionsstoff gesorgt. Darüber hinaus wurden zahlreiche Beispiele für Besetzungen gegeben. Damit wurde das „Etappenziel“, die Neugier auf den Film zu wecken, die Wiederholung von Charaktereigenschaften und die Verdeutlichung der Subjektivität von Literaturverfilmungen, erreicht.

2.2 Vom Text zum Film

(von Franziska Rolapp)

Nachdem die Seminarteilnehmer/innen erste Überlegungen eines Regisseurs mit Hilfe des Arbeitsblattes tätigen konnten, sollte es in einem zweiten Schritt um die künstlerische Gestaltung einer Szene gehen. Hierzu wurden die Teilnehmer/innen in vier Gruppen eingeteilt. Ihre Aufgabe bestand darin, die von uns ausgewählten Szenen zu analysieren und spielerisch umzusetzen.

2.2.1 Aufgabenstellung und Durchführung

Die Aufgabenstellung lautete wie folgt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die dazu ausgewählten Szenen waren:

1. Ausritt Crampas, Innstetten, Effi (S. 126 – 129 unten)
2. Ausritt Crampas und Effi (S. 129 unten – 133)
3. Gespräch zwischen Wüllersdorf und Innstetten (S. 233 Mitte – 237)
4. Effis Einsicht und Tod (S. 291, 2. Absatz – 296)

Die Romanauszüge wurden von uns bewusst für diese Gruppenarbeit verwendet, da sie zum einen alle wichtigen Charaktere beinhalteten und zum anderen bedeutende Etappen des Romans zeigten. Das Zusatzmaterial sollte die optische Gestaltung der Szene unterstützen. Da wir davon ausgehen konnten, dass sicherlich keiner solche Dinge dabei hatte, stellten wir Buntstifte, Kleber, Schere, Schminkstifte sowie einige Requisiten. Nachdem alle Unklarheiten beseitigt wurden und wir unsere Aufgabenstellung präsentierten, hatten die Studenten/innen circa eine halbe Stunde Zeit sich mit der Szene auseinanderzusetzen und sie so zu präparieren, dass sie am Ende vorführfähig war. In der Zwischenzeit versuchten wir den Film, welchen wir auf DVD besorgt hatten, zum laufen zu bringen. Wir wollten den Seminarteilnehmern nach ihrer Darstellung der Szene das Original von Fassbinder als Vergleich präsentieren. Beim Herumgehen bemerkten wir, dass unsere Aufgabe nicht allen Gruppen leicht fiel, denn den Inhalt des Textes so umzuformen, dass er am Ende spielerisch präsentiert werden konnte, war nicht einfach.

Nachdem alle Studenten/innen mit der Bearbeitung ihrer Szene fertig waren, konnten wir mit der Präsentation beginnen.

Die erste Gruppe stellte das Gespräch zwischen Innstetten, Crampas und Effi am Strand vor. Dabei verwendeten sie den Originaltext von Fontane. Um einen künstlerischen Aspekt in die Szene mit einzubringen, wurden die Stühle als Pferde umfunktioniert. Bevor wir über die dargestellte Szene sprachen, ließen wir zunächst die zweite Gruppe ihre Szene präsentieren, da die beiden Szenen im Roman unmittelbar miteinander verbunden sind. Nachdem beide Gruppen ihre Szenen vorgestellt hatten, erklärten sie uns, was ihre Absichten waren, die Szene so zu präsentieren und welcher Aspekt der Szene für sie am wichtigsten war. Dabei stellte sich heraus, dass sie zum einen den dominierenden Charakter von Innstetten gegenüber dem kindlichen Charakter von Effi zeigen wollten und zum anderen die Affäre zwischen Crampas und Effi deutlicher hervorbringen wollten. Im Buch wird dieser Aspekt angedeutet, jedoch nicht näher erläutert. Beide Szenen kamen den Filmszenen in ihrer Aussage sehr nahe.

Die nächste Gruppe stellte das Gespräch zwischen Innstetten und Wüllersdorf dar. Im Vordergrund dieser Szene steht die Frage nach der Ehre. Soll sich Innstetten mit Crampas duellieren nach so vielen Jahren? Wüllersdorf symbolisiert in dieser Szene das Gewissen von Innstetten. Die Gruppe stellte diesen wichtigen Aspekt sehr genau dar, indem sie den Originaltext an manchen Stellen zu Fragen umformulierte und somit Spannung erzeugte. Hilfreich dabei war es, dass sich die Studenten/innen sehr genau in die Akteure hineinversetzten, um die Ernsthaftigkeit des Themas besser zu präsentieren. Im Film geschieht dies auf eine ähnliche Weise. Der Kurs stellte fest, dass die eingespielte Musik und der eingeblendete Zug die Gefühle von Innstetten wiedergaben.

Die letzte Gruppe setzte sich mit dem Schluss des Romans auseinander. Hier stand zum einen Effis Geständnis und zum anderen ihr Tod im Vordergrund. Die Gruppe griff diese Aspekte zwar auf, aber formte sie zu einem glücklichen Ende um. Die Inhalte des Textes wurden von der Gruppe übernommen und zu einem neuen Skript umgeformt. Ihre Szene begann mit Effis Geständnis, welches die Einsicht hatte den falschen Mann geheiratet zu haben. Außerdem versuchte die Gruppe Effi nun als einen freien Charakter darzustellen, der nicht mehr auf das Wort der Eltern hört. Die Szene endete mit einer Theateraufführung in der Effi die Hauptrolle hatte. Der Gruppe war es wichtig Effi als einen freidenkenden und freilebenden Menschen darzustellen, der seinen eigenen Weg geht ohne in den Zwängen der Gesellschaft zu stecken. Im Film wird der Charakter Effis zunächst durch die Gesellschaft eliminiert und schließlich vernichtet. Der Tod ist der einzige Weg den Effi gehen konnte. Dieser Aspekt wurde lange im Seminar diskutiert. Denn für viele war es schwer nachzuvollziehen, dass ein Mensch sich so stark von der Gesellschaft beeinflussen lassen konnte. Die Darstellung der Gruppe eignete sich daher gut die Unterschiede der bestehenden Gesellschaften zu analysieren. Der Film geht auf eine Zeit ein, die von gesellschaftlichen Zwängen bestimmt wird. Die Gruppe hat unsere Zeit präsentiert, in der jeder das tun kann, was er gerne möchte. Der Kontrast zwischen beiden Darstellungsmöglichkeiten ist dabei sehr deutlich geworden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 31 Seiten

Details

Titel
Über Rainer Werner Fassbinders Verfilmung "Effi Briest" (1974)
Untertitel
Umsetzung im Deutschunterricht
Hochschule
Philipps-Universität Marburg  (Institut für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft)
Note
12 Punkte
Autoren
Jahr
2009
Seiten
31
Katalognummer
V140185
ISBN (eBook)
9783640505142
ISBN (Buch)
9783640505340
Dateigröße
3652 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fassbinder, Filmdidaktik, Filme im Deutschunterricht, Effi Briest Film, Film Methoden, Sekundarstufe 2, Medienerziehung
Arbeit zitieren
Lisa Sangmeister (Autor:in)Franziska Rolapp (Autor:in), 2009, Über Rainer Werner Fassbinders Verfilmung "Effi Briest" (1974), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/140185

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