„Schroffe Gegensätze in der Beurteilung durch die Mitwelt sind das unvermeidliche Los aller, die als Führer ihrer Zeit neue Bahnen gewiesen haben. Erst der Abstand der Geschichte weitet das Blickfeld [...] und rückt die handelnden Personen in die rechte Beleuchtung. [...] Dem ‚heißblütigen Dalmatiner’ Hieronymus war das nicht beschieden.“ - Diese, hier auf den Charakter des Hieronymus zielende Aussage, läßt sich mit Recht auch auf die ihm zuteil gewordene Bewertung als Theologe beziehen, und zwar bis in die Gegenwart hinein: Stefan Rebenich weist darauf hin, daß über Hieronymus „fast durchweg aus der Retrospektive geurteilt wurde, daß, mit anderen Worten, aktuelle theologisch-konfessionelle und weltanschauliche Positionen die Beurteilung des Hieronymus bestimmten.“
Denn obwohl gerade zu seiner Beurteilung „die Quellen so reichlich wie bei wenigen anderen seiner Zeit“ fließen, ergeben sich v. a. zwei Schwierigkeiten: Zum einen ist Hieronymus bei der Formulierung seiner Schriften stets genau auf die Wirkung beim jeweiligen Rezipienten bedacht . Zu den von ihm eingesetzten literarischen Mitteln gehört auch die Satire , was die Unterscheidung zwischen ernst gemeinten und ironisierenden Aussagen z. T. nicht leicht macht. Zum anderen „finden sich bei ihm viele Widersprüche und eine inkonsequente Haltung in grundsätzlichen Fragen.“
Diese Schwierigkeiten liegen auch der Analyse von Hieronymus’ Haltung zur trinitätstheologischen Debatte des 4. Jahrhunderts zugrunde, zu der er sich in seiner Epistel 15 an Damasus von Rom geäußert hat.
Um sich seiner Position zu nähern, soll die Epistel zunächst in den biographischen Rahmen des Hieronymus sowie in den größeren Kontext der theologischen Diskussion eingeordnet werden unter besonderer Berücksichtigung der konkreten, für Hieronymus auch persönlich wichtigen Situation in Antiochien. Sodann soll versucht werden, die Aussagen des Hieronymus in Epistel 15 zu deuten - wobei es gilt, mit dem Vorhandensein der oben genannten „Stolpersteine“ zu rechnen.
Zum Schluß wird ein Antwortversuch gemacht werden müssen auf die Frage, inwieweit Hieronymus - soweit aus der Analyse der Epistel 15 erkennbar - die Bedeutung der Trinitätsdebatte tatsächlich verstanden und sich ernsthaft damit auseinander gesetzt hat.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Hauptteil
- 2.1 Der biographische Hintergrund
- 2.2 Der theologiegeschichtliche Hintergrund
- 2. 2. 1 Die Entwicklung des Streits
- 2. 2. 2 Die Parteien in Antiochien
- 2. 3 Hieronymus' Meinung nach Brief 15
- 3. Schluß
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Position des Kirchenvaters Hieronymus in den trinitätstheologischen Debatten des 4. Jahrhunderts anhand seiner Epistel 15 an Damasus von Rom. Die Arbeit zielt darauf ab, Hieronymus' Haltung im Kontext seiner Biographie und der zeitgenössischen theologischen Diskussionen zu beleuchten. Sie analysiert die Epistel 15, um Hieronymus' Verständnis der Trinitätsdebatte und sein Engagement in dieser Auseinandersetzung zu ergründen.
- Der biographische Hintergrund von Hieronymus und seine Zeit in Antiochien
- Die Entwicklung der trinitätstheologischen Debatte im 4. Jahrhundert
- Die verschiedenen Positionen innerhalb der Trinitätsdebatte, insbesondere in Antiochien
- Die Interpretation von Hieronymus' Aussagen in Epistel 15
- Die Frage nach Hieronymus' Verständnis und Engagement in der Trinitätsdebatte
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt Hieronymus' Werk im Kontext seiner Zeit und seiner Bedeutung in der Theologiegeschichte dar. Sie beleuchtet die Schwierigkeiten, die bei der Beurteilung von Hieronymus' Schriften bestehen.
Der Hauptteil beginnt mit einem Blick auf den biographischen Hintergrund Hieronymus' und seiner Epistel 15, die während seiner Zeit als Eremit in der Wüste von Chalkis verfasst wurde. Anschließend wird der theologiegeschichtliche Hintergrund beleuchtet, wobei die Entwicklung des Streits um die Trinität und die verschiedenen Positionen in Antiochien im Vordergrund stehen. Der dritte Abschnitt untersucht Hieronymus' eigene Position in der Trinitätsdebatte anhand seiner Epistel 15.
Schlüsselwörter
Hieronymus, Trinität, Trinitätsdebatte, 4. Jahrhundert, Epistel 15, Antiochien, Damasus von Rom, Theologie, Kirchenväter, Biographischer Hintergrund, Theologiegeschichtlicher Hintergrund.
- Quote paper
- Magnus Kerkloh (Author), 2003, Die Position des Hieronymus in den trinitätstheologischen Debatten des 4. Jahrhunderts, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/14045