Ihre Einheit verdanken die Deutschen dem Zusammenbruch des sowjetischen Satellitensystems, besonders aber der stillen Revolution, mit der sich die Bevölkerung der DDR vom SED-Regime befreite und schließlich der Entschiedenheit ihrer Bundesregierung, welche die einmalige Gunst der Stunde beherzt ergriff. Deshalb wurde die deutsche Einheit am 3. Oktober 1990 nicht nur rechtlich vollzogen, sondern als gemeinsamer Sieg über das sozialistische Zwangssystem und über die den Deutschen 1949 aufgezwungene Teilung gefeiert. Von der damaligen Zustimmung und Hochstimmung scheint aber heute wenig übriggeblieben zu sein. Aus voreiligen Hoffnungen, überraschenden Schwierigkeiten und enttäuschten Erwartungen wuchsen auf beiden Seiten Zweifel, Mißmut, Unbehagen und Gleichgültigkeit. Und nach dem Abriß der verhaßten Mauer, droht nun eine neue Mauer in den Köpfen der Menschen das Land noch unerbittlicher zu teilen. Wie konnte diese Weichenstellung der Geschichte, die ihre bleibende Bedeutung behalten wird, so ins Gerede kommen? Aus welchen Gründen ist die von beiden Seiten ersehnte und begrüßte Einheit dem einen gleichgültig, dem anderen mühsam und dem dritten zweifelhaft geworden? Wie läßt sich das erklären?
Inhaltsverzeichnis
- Deutsche Einheit jenseits von Angebot und Nachfrage
- Der Übergang zur Marktwirtschaft ist kein bloßer “Systemwechsel”
- Die Einheit Deutschlands ist eine Errungenschaft des Ostens, kein Triumph des Westens
- Die Wiederaufbauleistung nach dem 2. Weltkrieg war beispielhaft, aber sie ist dadurch noch kein Richtmaß
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text setzt sich mit den Herausforderungen der deutschen Einheit auseinander, die über einfache ökonomische Aspekte hinausgehen. Er analysiert die Schwierigkeiten, die sowohl im Westen als auch im Osten auftraten, und kritisiert die einseitige Sichtweise, die die Einheit als Triumph des Westens betrachtet.
- Die Notwendigkeit einer umfassenden Integration, die über den bloßen “Systemwechsel” hinausgeht
- Die Bedeutung der kulturellen und historischen Unterschiede zwischen Ost und West
- Die Gefahr der Entfremdung und der neuen Mauer in den Köpfen der Menschen
- Die Notwendigkeit der Anerkennung der Leistungen und Verdienste der Ostdeutschen
- Die Bedeutung des Selbstverständnisses und der Lebensauffassung der Deutschen in der neuen Einheit
Zusammenfassung der Kapitel
Deutsche Einheit jenseits von Angebot und Nachfrage
Der Text beginnt mit der Feststellung, dass die deutsche Einheit nicht nur rechtlich, sondern auch als gemeinsamer Sieg über den Sozialismus und die Teilung gefeiert wurde. Allerdings ist die anfängliche Euphorie verflogen und Zweifel, Mißmut und Gleichgültigkeit haben sich breitgemacht. Der Autor stellt die Frage, wie diese Weichenstellung der Geschichte so ins Gerede kommen konnte.
Der Übergang zur Marktwirtschaft ist kein bloßer “Systemwechsel”
Der Autor argumentiert, dass die Vereinigung von der klaren Einsicht getragen war, die marode Zentralverwaltungswirtschaft durch die Soziale Marktwirtschaft zu ersetzen. Trotz der erhofften Wirtschaftswunder ist die Wirtschaft im Osten noch immer von Problemen geprägt. Der Autor kritisiert die wechselseitigen Vorwürfe zwischen Ost und West und betont, dass die Sanierung der Wirtschaft in Ostdeutschland gelingen wird.
Die Einheit Deutschlands ist eine Errungenschaft des Ostens, kein Triumph des Westens
Der Autor kritisiert die einseitige Sichtweise, die die deutsche Einheit als Triumph des Westens betrachtet. Er betont, dass die Bevölkerung der DDR den ersten und wichtigsten Beitrag zur Demokratie und Marktwirtschaft geleistet hat, indem sie das SED-Regime gestürzt hat. Der Autor kritisiert die herablassende Haltung des Westens gegenüber den Ostdeutschen und die mangelnde Anerkennung ihrer Leistungen.
Die Wiederaufbauleistung nach dem 2. Weltkrieg war beispielhaft, aber sie ist dadurch noch kein Richtmaß
Der Autor betont, dass die deutsche Einheit nicht nur ein Systemwechsel, sondern eine umfassende Integration erfordert. Er kritisiert die Tendenz, die Einheit als Eingemeindung zu betrachten und die Unterschiede zwischen Ost und West zu ignorieren. Er plädiert für die Anerkennung der kulturellen Eigenheiten des Ostens und die Überwindung der Entfremdung, die sich mit der Teilung einschlich.
Schlüsselwörter
Deutsche Einheit, Systemwechsel, Marktwirtschaft, Soziale Marktwirtschaft, Kultur, Geschichte, Entfremdung, Anerkennung, Selbstverständnis, Integration, Ostdeutschland, Westdeutschland, SED-Regime.
- Quote paper
- Kurt Andreas Piutz (Author), 1997, Deutsche Einheit jenseits von Angebot und Nachfrage, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/140488