Inwieweit wird emotionale Arbeit in dem intensiven Verkaufsprozess von Verkaufsberater*innen bei europäischen Luxusmarken geleistet?
„Ich habe das Gefühl, dass sie mich nicht bedienen möchten“, spricht eine Kundin verärgert zu der Verkaufsberaterin des Modegeschäfts, die ihr gerade den Rücken zudreht und die Bügel auf dem Kleiderständer wieder in gleichmäßige Abstände zurechtschiebt. Darauf reagiert die Verkaufsberaterin sofort mit einem entschuldigenden Gesichtsausdruck, dass dies nicht der Fall wäre und sie die Kundin sehr gerne bedienen würde. Es ist jedoch zu spät. Die Situation versetzt sich in Unruhe und die Kundin bestreitet entsetzt die Antwort der Arbeiterin: „Pfff, als ob, sie haben ja einfach keine Lust mich zu bedienen.“ Die Verkaufsberaterin fühlt sich in dieser unerwarteten Situation verlegt und überlegt innerlich zögernd, mit welcher Antwort sie professionell entgegentreten könnte, doch in dem Augenblick kann sie äußerlich nur wortlos eine um Verzeihung bittendes Gesicht ziehen. In ihr gehen nun verschiedene Fragen auseinander: Was würde der Manager zu ihr sagen, wenn es ihm von der Kundin mitgeteilt wird? Hätte sie sich nicht nur auf die Kundin konzentrieren sollen, anstatt ihr nur die angefragten Größen aus dem Lager zu holen und dann wieder die Kleiderstange zu sortieren? Hätte sie ein viel größeres Lächeln aufsetzen und weitere Fragen für eine sympathischere Darstellung stellen sollen? Ist es aber nicht grenzwertig von der Kundin, dass sie sie in solch einem Ton anspricht?
Einen solchen innerlichen Konflikt zwischen den empfundenen Gefühlen und der kontrollierten Darstellung beschreibt Arlie Hochschild als Emotionale Arbeit. In ihrer Studie „The managed heart: Commerzialisation of Human Feeling“ (Hochschild 2006) untersuchte sie anhand einer Feldforschung die Arbeit von Flugbegleiter*innen der Delta Airlines und deckte mit dem Konzept auf, wie Gefühle auf dem Arbeitsmarkt kommerzialisiert und verkauft werden. Das Werk wurde zu einem modernen Klassiker der Sozialforschung (Schützeichel 2013) und findet weitere Anwendung in den Bereichen der Pflege, Erziehung und Genderforschung (vgl. Wiley Online Library). Damit öffnete Hochschild eine gesellschaftskritische Perspektive auf personenbezogener Dienstleistung, bei der die emotionale Dissonanz (Hochschild 2006) zwischen „dem Gefühl und seiner Vorspiegelung“ (ebd.) im Mittelpunkt der Arbeitsforschung steht.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einführung
- 2. Zum Forschungsfeld
- 3. Empirische Materialfassung
- 4. Analyse
- 4.1 Anforderungen und Aufgaben
- 4.2 Emotionaler (Ver-)Kauf des authentischen Ichs
- 4.3 Gefühlskontrolle zwischen Unternehmen und Kundschaft
- 5. Zusammenfassende Auswertung
- 6. Reflexion
- 7. Literaturverzeichnis/Quellen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht, inwieweit emotionale Arbeit im Verkaufsprozess von Verkaufsberater*innen bei europäischen Luxusmarken geleistet wird. Der Fokus liegt auf der emotionalen Dissonanz zwischen den empfundenen Gefühlen und der kontrollierten Darstellung, die im intensiven Verkaufsprozess erforderlich ist. Die Arbeit analysiert die Anforderungen und Aufgaben der Verkaufsberater*innen, die Erwartungen der Kund*innen und die Rolle der Emotionen in der Arbeitswelt.
- Emotionale Arbeit im Verkaufsprozess von Luxusmarken
- Anforderungen und Aufgaben von Verkaufsberater*innen
- Erwartungen der Kund*innen im Kontext des Luxus-Shoppings
- Emotionale Dissonanz und die Kommerzialisierung von Gefühlen
- Kontrolle der emotionalen Darstellung im Kundenservice
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 führt in das Thema der emotionalen Arbeit ein und stellt die Forschungsfrage vor. Kapitel 2 beleuchtet das Forschungsfeld und fokussiert auf Dienstleistungsarbeit bei Luxusmarken, wobei die spezifischen Anforderungen und Erwartungen im Fokus stehen. Kapitel 3 beschreibt die empirische Materialfassung und die Methode der Autoethnografie, die auf persönlichen Erfahrungen und Interviews mit Verkaufsberater*innen beruht. Kapitel 4 analysiert die Anforderungen und Aufgaben, die im Verkaufsprozess von Verkaufsberater*innen bei Luxusmarken auftreten.
Schlüsselwörter
Emotionale Arbeit, Luxusmarken, Verkaufsberatung, Kundenservice, Dienstleistungsarbeit, Autoethnografie, narrative Interviews, Gefühlskontrolle, emotionale Dissonanz, Kommerzialisierung von Gefühlen, Markenidentität.
- Quote paper
- Su-Jung Kang (Author), 2021, Eine (auto-) ethnografische Analyse der emotionalen Arbeit von Verkaufsberater*innen bei europäischen Luxusmarken, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1406228