Der König und die Kirche

Das Engagement der katholischen Kirche und des spanischen Königshauses zum Schutz der autochthonen Bevölkerung in Spanisch Amerika


Hausarbeit, 2006

17 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Die demografische Situation der amerikanischen Ureinwohner
1.2 Die Bewertung der Indianer durch die Europäer

2 Die Aufgaben der Kirche und der spanischen Monarchie in der Neuen Welt
2.1 Die Organisation der Kirche in Spanisch Amerika und die Beziehung zur Monarchie
2.2 Die konkreten königlichen und kirchlichen Schutzmaßnahmen

Schlussteil

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

In dieser Arbeit geht es um das Schicksal der autochthonen Bevölkerung des amerikanischen Kontinents zur Zeit der spanischen Kolonisation. Das Ziel meiner Ausführungen sollte ein umfassender Überblick über die Situation der Indios und das Engagement der katholischen Kirche und auch des spanischen Königtums zu ihrem Schutz sein.

Zuerst war die genaue demografische Situation des 16. Jahrhunderts zu beschreiben, um zu zeigen, welches Elend und welchen Tod die Europäer dem amerikanischen Kontinent seit Kolumbus Entdeckung gebracht hatten. Daneben habe ich versucht, die Diskussion über die menschliche Bewertung der Indianer durch die Europäer darzustellen, um zu zeigen wieso die spanischen Eroberer bzw. Siedler die Menschen so elendig behandelt haben. Danach bin ich auf die katholische Kirche und ihre Aufgabe in der neuen Welt eingegangen, zuerst habe ich dabei das komplexe Verhältnis zur Monarchie dargestellt. Dann bin ich auf die konkreten und komplexen Maßnahmen zum Schutze der Indios durch die Kirche und ihrer Mitglieder einzugehen, dabei wollte ich auch die monarchistischen Bemühungen nicht außer Acht lassen. Zum Schluss galt es dann die Frage nach der Bedeutung der kirchlichen Bemühungen und auch königlicher Bemühungen für die Indianer und ihren Schutz zu klären.

Bei der Literatur legte ich meiner Arbeit besonders die „Einführung in das Studium der iberischen und lateinamerikanischen Geschichte“ von Karin Schüller zugrunde, denn hier wird für Punkte wie die Demografie, die Organisation von Kirche und Staat sowie über die Arbeit der Kirche ein guter Überblick geliefert. Daneben waren die Artikel von Alain Milhou zur Diskussion der menschlichen Bewertung der Indios im Zeitraum von 1492 bis 1609 sowie der Artikel über die demografische Entwicklung und den Gründen dafür, von Renate Pieper aus dem „Handbuch der Geschichte Lateinamerikas“, sehr wichtig für meine Arbeit. Auch habe ich Norbert Rehrmanns „Lateinamerikanische Geschichte“ benutzt, hier wurden die demografische Katastrophe bzw. die Ausbeutung durch die Spanier, die Missionstätigkeit und Bartolomé de Las Casas` Bedeutung sowie die königlichen Maßnahmen sehr gut verständlich dargelegt. Dann war auch noch der „Lateinamerika-Ploetz“ von Günter Kahle mit seinem guten chronologischen Überblick über Themen wie die königlichen Gesetze und die Tätigkeit der Kirche, Teil meiner Basisliteratur. Für Quellenberichte aus der Zeit war zusätzlich noch Bodo von Borries „Kolonialgeschichte und Weltwirtschaftsystem“ sehr hilfreich sowie die Quelle jener Zeit, Bartolomé de Las Casas „Kurzgefaßter Bericht von der Verwüstung der westindischen Länder“.

1.1 Die demografische Situation der amerikanischen Ureinwohner

Für die indianischen Ureinwohner barg die Kolonisation ihres Kontinents durch die Spanier eine „demografische Katastrophe in einem bis dahin unbekannten Ausmaß“.[1] Die Schätzungen über die Bevölkerungszahlen vor der Landnahme der Europäer schwanken zwischen sieben und 100 Millionen, doch nach neuesten Erkenntnissen waren es wohl bloß um die 35-45 Millionen. Jedoch ging die Bevölkerung bis 1650 auf gerade mal vier Millionen zurück![2] Auch gibt es Schätzungen, in denen von mehr als 70 Millionen Toten die Rede ist, wo also annährend 90 Prozent der Indianer umkamen.[3]

Bei diesem extremen Bevölkerungsschwund gab es spezifische regionale Unterschiede. Beispielsweise ließ sich folgende Tendenz beobachten. Im Hochland von Peru lebte noch ein Viertel der Ureinwohner, die noch vor Hundert Jahren da heimisch waren, an der Küste ging die Zahl der Indios um 94 Prozent zurück. Einen besonderen Fall bildeten die Ureinwohner der Karibik, die fast völlig ausgerottet wurden.[4]

Natürlich hatte daran die Conquista, also die brutale Eroberung unter Persönlichkeiten wie Hernando Cortes, ihren Anteil. Die Indianer wurden vergewaltigt, unterdrückt und ermordet, wahllos. Dr. Sieber spricht in dem Zusammenhang zu Recht von „bestialischer Grausamkeit“.[5] Die dabei wohl tödlichste Waffe waren keinen Kanonen oder Schwerter, das waren die von den Europäern eingeschleppten Krankheiten. Die Völker des amerikanischen Kontinents waren ja jahrtausendelang komplett isoliert, deshalb konnten sie keine Anpassungs- oder Widerstandmechanismen gegen die europäischen Krankheitserreger entwickeln. In Amerika waren diese gefährlichsten Krankheiten gar nicht bekannt, das erklärt sich wohl damit, dass die Ureinwohner von einer sehr kleinen Ausgangspopulation abstammten, die nur wenige Krankheiten aus ihrer ursprünglichen Heimat Asien mitbrachte nach Amerika. So breiteten sich mit Kolumbus` Ankunft 1492 Krankheiten wie die Pest, Pocken, Typhus, Malaria, die Grippe, Masern, Mumps, Diphtherie und Gelbfieber über ganz Amerika aus. Besonders hoch war die Sterblichkeit, wenn mehrere Krankheiten nebeneinander auftauchten, beispielsweise 1606 im repartimiento von Guaytara. Dort gab es eine Pocken- und Masernepidemie, es starben 93 Prozent der Ureinwohner. Dabei waren sogar autochthone Gesellschaften betroffen, die noch keinen Kontakt zu den Spaniern hatten. Die Politik der Spanier der Reducciòn, also die Umsiedlung von kleineren verstreut lebenden Indianern in größeren Gemeinden begünstigte das Ausbrechen immer neuer Epidemien. Auch die Europäer und die importierten Negersklaven wurden durch die Krankheiten dezimiert, jedoch überstieg das Indianersterben deren Zahl um ein Vielfaches. Daneben war auch der inneramerikanische Sklavenhandel bedeutsam bei der Dezimierung des Indios. Im Zeitraum zwischen 1527 und 1536 wurden z. B. 450.000 Menschen, indianische Sklaven aus Nicaragua vorwiegend nach Peru und nach Panama verschleppt.[6]

Die wenigsten der vielleicht bis zu 70 Millionen Toten starben durch gezielte Tötung. Zu einem erheblichen Teil starben die Menschen an der bestialischen Behandlung durch die Besatzer, es gab Massaker, willkürliche Exekutionen und auch Hetzjagden mit Bluthunden. Unmenschlich waren auch die Arbeitsbedingungen in den Gold- und Silberminen, hier betrug die durchschnittliche Lebenserwartung nur 25 Jahre![7]

Die wohl größte Anlage war bei Potosi, hier schien „das ganzes Gebirge in Flammen zu stehen“.[8] Dort wurden jährlich um die 14.500 Indios aus den umliegenden Gebieten zusammengezogen, um hier in den 6.000 Schmelzöfen des Gebirges zu arbeiten.[9] In den Minen gab es gefährliche, tiefe Tunnel und diverse giftige Dämpfe, besonders als Quecksilber bei der Silbergewinnung mit benutzt wurde. Die vielen Opfer lösten eine stetige Wanderbewegung unter der durch Arbeit gezwungenen männlichen Indiobevölkerung aus. Damit verschlechterte sich auch die Lebensmittelsituation, denn die Männer konnten ihre Felder nicht mehr bestellen, so sank der Ertrag. Die Europäer wollten auch, dass die Indianer Güter anbauten die sie kaum konsumierten wie z. B. Kakao oder der ihnen unbekannte Weizen. Die sich verschlechternde Ernährungssituation und die harten, unmenschlichen Arbeitsbedingungen zehrten entscheidend an der Vitalität der Ureinwohner. So wurden sie noch leichter ein Opfer der Krankheiten, die auch durch herumstreunende, verwilderte europäische Tiere verbreitet wurden. Das alles und die Gräuel der Conquista sorgten dafür, dass ganze Jahrgänge von Kindern starben und die Jahrgänge im reproduktionsfähigen Alter entscheidend dezimiert wurden. Auch wurde ein genereller Rückgang der Fruchtbarkeit vermutet, der aber auch eher auf ein anderes Phänomen zurückgeht. Denn die Kolonisation bzw. das Christentum hatten einen zerstörerischen Einfluss auf die alten Familienstrukturen der autochthonen Bevölkerung. Es hat wohl in vorspanischer Zeit durchschnittliche Familiengrößen von sechs Personen gegeben. Zum Beispiel bestand ein Haushalt bei den Azteken aus mehren Erwachsenen und deren Kindern. Die Spanier versuchten nun den Indianern das Leben in Kleinfamilien aufzuzwingen. In Regionen wie dem Andenhochland zeigten diese Bemühungen wenig Erfolg, denn hier gab es einen Frauenüberschuss und das Konkubinat lebte so fort. Doch sonst sank die durchschnittliche Familien- und Kinderzahl. Im durch Spanier gegründeten Lima z. B. gab es untern den 2.000 Indiobewohnern nur 250 in Paargemeinschaften, und die durchschnittliche Kinderzahl lag bei 0,6 Kindern pro Ehepaar. Aber auch in Zentren der alten indianischen Kulturen, wie dem Hochland von Peru, dem alten Zentrum der Inkas, lag die Kinderzahl 1591 durchschnittlich bei 1,3 Kindern.[10]

Auch waren die langen Trennungsphasen aufgrund der Zwangsarbeit von bis zu einem Jahr schlecht für die Geburtenrate. Selbst wenn die Eltern dann mal wieder zusammen waren, zeigte der unmenschliche Arbeitszwang seine Wirkung. Sie waren zu erschöpft und abgearbeitet, um für Nachwuchs zu sorgen.[11] Bartolomè de Las Casas berichtete:

[...]


[1] Pieper, Renate: Die Demografische Entwicklung, in: Handbuch der Geschichte Lateinamerikas (Band 1), hg. Horst Pietschmann, Stuttgart 1994, S. 317-318.

[2] Schüller, Karin: Einführung in das Studium der iberischen und lateinamerikanischen Geschichte, Münster 2000, S. 68.

[3] Rehrmann, Norbert: Lateinamerikanische Geschichte. Kultur, Politik, Wirtschaft im Überblick, Reinbek bei Hamburg 2005, S. 48.

[4] Pieper 1994, S. 319.

[5] Sieber, Eduard: Kolonialgeschichte der Neuzeit. Die Epochen der europäischen Ausbreitung über die Erde, Bern 1949, S. 40.

[6] Pieper 1994, S. 319-321.

[7] Rehrmann 2005, S. 49.

[8] Ranke, Leopold von: Spanischen Geschichte. Die Osmanen und die spanische Monarchie im 16. und 17. Jahrhundert, Essen 1996, S. 228.

[9] Ranke 1996, S. 228-229.

[10] Pieper 1994, S. 321-323.

[11] Rehrmann 2005, S. 49-50.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Der König und die Kirche
Untertitel
Das Engagement der katholischen Kirche und des spanischen Königshauses zum Schutz der autochthonen Bevölkerung in Spanisch Amerika
Hochschule
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald  (Historisches Institut)
Note
2
Autor
Jahr
2006
Seiten
17
Katalognummer
V140642
ISBN (eBook)
9783640484836
ISBN (Buch)
9783640484591
Dateigröße
417 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
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Arbeit zitieren
Thomas Heller (Autor:in), 2006, Der König und die Kirche, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/140642

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