Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) markiert einen Meilenstein der europäischen Integration in den letzten Jahren. Noch im Jahre 1991 beschrieb der ehemalige belgische Außenminister und Premier, Mark Eyskens, die Europäische Gemeinschaft als „wirtschaftlichen Riesen, politischen Zwerg und, was noch schlimmer ist, ein militärischer Wurm, wenn [sie] keine eigenständige Verteidigungsfähigkeit entwickelt“. Doch seitdem hat die Entwicklung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik große Schritte getätigt, was verwunderlich erscheint, da Verteidigungspolitik eine besondere Sensibilität der nationalen Souveränität der Mitgliedsstaaten darstellt (Schmalz 2005: 46). Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist so aktuell wie nie zuvor, die Europäische Union ist ein Akteur mit „weltpolitische[m] Machtpotenzial, dem globale Prägekraft zugeschrieben wird und der andererseits immer wieder an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit stößt“. (Algieri 2008: 455)
Was heute als Produkt der Europäischen Union erscheint, ist in Wahrheit das Ergebnis von 60 Jahren kontinentaler und interkontinentaler Politik: vom Scheitern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft, der Gründung der Westeuropäischen Union und deren Schattendasein mit der Aufnahme der Bundesrepublik Deutschland in die Strukturen der NATO, dem politischen Paradigmenwechsel mit dem Ende des Ost-West-Konflikts, dem Versagen Europas im Kosovo-Konflikt bis hin zu erfolgreichen europäischen Militär- und Ziviloperationen in Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Kongo, Afghanistan und im Irak.
Diese Arbeit soll die bisherige Entwicklung und die Grundlagen der ESVP skizzieren und in den anschließenden Kapiteln die Herausforderungen, Schwierigkeiten, Probleme und Erfolgsaussichten der ESVP auf dem Weg zu einem politischen und militärischen Riesen erläutern.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
1 Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP)
1.1 Entstehung der ESVP
1.2 Grundlagen der ESVP
1.2.1 Rechtliche Grundlagen der ESVP
1.2.2 Wichtige Akteure der ESVP
1.2.3 Aufgaben und Ziele der ESVP
2 Probleme der ESVP
2.1 Aufbau der notwendigen militärischen Fähigkeiten
2.2 Finanzierung
2.3 Gemeinsame Rüstungspolitik
2.4 Das Verhältnis zur NATO und zu deren Nicht-EU-Mitgliedern
3 Perspektiven der ESVP
3.1 Der Weg zum politisch und militärisch ernstzunehmenden Akteur
4 Bisherige Missionen im Rahmen der ESVP
4.1 Abgeschlossene Operationen im Rahmen der ESVP
4.2 Laufende Operationen im Rahmen der ESVP
5 Fazit
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Einleitung – Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik
Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) markiert einen Meilenstein der europäischen Integration in den letzten Jahren. Noch im Jahre 1991 beschrieb der ehemalige belgische Außenminister und Premier, Mark Eyskens, die Europäische Gemeinschaft als „wirtschaftlichen Riesen, politischen Zwerg und, was noch schlimmer ist, ein militärischer Wurm, wenn [sie] keine eigenständige Verteidigungsfähigkeit entwickelt“. Doch seitdem hat die Entwicklung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik große Schritte getätigt, was verwunderlich erscheint, da Verteidigungspolitik eine besondere Sensibilität der nationalen Souveränität der Mitgliedsstaaten darstellt (Schmalz 2005: 46). Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist so aktuell wie nie zuvor, die Europäische Union ist ein Akteur mit „weltpolitische[m] Machtpotenzial, dem globale Prägekraft zugeschrieben wird und der andererseits immer wieder an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit stößt“. (Algieri 2008: 455)
Was heute als Produkt der Europäischen Union erscheint, ist in Wahrheit das Ergebnis von 60 Jahren kontinentaler und interkontinentaler Politik: vom Scheitern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft, der Gründung der Westeuropäischen Union und deren Schattendasein mit der Aufnahme der Bundesrepublik Deutschland in die Strukturen der NATO, dem politischen Paradigmenwechsel mit dem Ende des Ost-West-Konflikts, dem Versagen Europas im Kosovo-Konflikt bis hin zu erfolgreichen europäischen Militär- und Ziviloperationen in Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Kongo, Afghanistan und im Irak.
Diese Arbeit soll die bisherige Entwicklung und die Grundlagen der ESVP skizzieren und in den anschließenden Kapiteln die Herausforderungen, Schwierigkeiten, Probleme und Erfolgsaussichten der ESVP auf dem Weg zu einem politischen und militärischen Riesen erläutern.
Zu Beginn der Arbeit wird die Entstehung der ESVP entlang der geschichtlichen Entwicklung dargestellt und die rechtlichen Grundlagen, die formulierten Aufgaben und Ziele und die wichtigsten Akteure der ESVP beschrieben. Darauffolgend werden Schwierigkeiten der ESVP beim Aufbau der notwendigen militärischen Fähigkeiten und einer gemeinsamen Rüstungspolitik, den Herausforderungen beim Aufbau einer gemeinsamen Finanzierung und das Verhältnis der ESVP und ihren Mitgliedern zur NATO und zu deren Nicht-EU-Mitgliedern dargestellt. Im Anschluss werden die Perspektiven der ESVP und ihr Weg zu einem ernstzunehmenden Akteur im 21. Jahrhundert näher beleuchtet. Danach folgt eine Auflistung der bisherigen militärischen, polizeilichen und zivilen Missionen im Rahmen der ESVP. Den Schluss der Arbeit stellt ein Resumée dar, welches die wichtigsten Aspekte der ESVP noch einmal aufgreift und kurz erläutert.
1 Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP)
1.1 Entstehung der ESVP
Die Grundlagen und Wurzeln einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik gehen auf das Interesse der westeuropäischen Staaten nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zurück. Man nahm die Sowjetunion jenseits des durch den Krieg zerstörten Deutschlands als Bedrohung wahr und im Zuge einer sicherheitspolitischen Zusammenarbeit wollte man Deutschland integrieren und somit gleichzeitig eine erneute Vormachtsstellung Deutschlands in Europa im Keim ersticken.
Der erste Ansatz einer Zusammenarbeit stellte eine Europäische Verteidigungsgemeinschaft zwischen Frankreich, Deutschland, Italien und den Benelux-Staaten dar, diese scheiterte jedoch 1954 aufgrund von französischen Vorbehalten und der fehlgeschlagenen Ratifikation in der französischen Nationalversammlung.
Stattdessen ging 1954 aus dem Brüsseler Pakt die Westeuropäische Union (WEU) mit den Mitgliedern Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Italien und den Benelux-Staaten, als ein System kollektiver Sicherheit in Europa hervor. Die WEU fristete aber aufgrund des Beitritts der Bundesrepublik Deutschland 1955 in die NATO ein Schattendasein, da diese größtenteils die Aufgaben der WEU übernahm, z.B. direkter Einfluss auf die Streitkräfte der Teilnehmer und die strategischer Planung der europäischen Verteidigung. Zudem ist laut Art. IV des Brüsseler Vertrags ein Aufbau einer militärischen Parallelorganisation zur NATO untersagt (Kleine 2005: 63). Die WEU war in Folge nicht in der Lage neben der NATO und der EG eine wahrnehmbare politische Bedeutung zu erlangen und zu festigen, da durch den Eintritt Großbritanniens 1973 in die EG alle Mitglieder der WEU auch Mitglieder der EG waren, und ihnen die EG als größere Kommunikationsplattform mit weiterem politischen Spielraum zur Verfügung stand. Die Tätigkeit der WEU beschränkte sich zwischen 1954 und 1984 somit ausschließlich auf Kontrollen der Rüstungsbeschränkungen ihrer Mitglieder (Kleine 2005: 63). Auch der Luxemburger Bericht von 1970 und die daraus resultierende Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ) änderte nichts an der Bedeutung der WEU, da Sicherheits- und Verteidigungspolitik unter dem sogenannten „DDS-Syndrom“ stand, demzufolge die Außen- und Sicherheitspolitik zu den diskretionären, diskreten und souveränitätsgeladenen Politikbereichen zählt (Schmalz 2005: 46). Eine „Wiederbelebung der WEU“ (Kleine 2005: 64) fand erst mit der Rom-Deklaration 1984 statt. Durch die Einheitliche Europäische Akte von 1987 wurden wirtschaftliche und politische Aspekte der Sicherheit in die EPZ miteinbezogen (Schmalz 2005: 46) und eine Europäische Sicherheits- und Verteidigungsidentität als notwendiger Bestandteil europäischer Integration angesehen (Kleine 2005, 64).
1992 wurden vom Ministerrat der WEU die Petersberger-Aufgaben definiert, welche später in die ESVP und die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) einflossen (OTL i.G. Behme: 2006). Mit dem Vertrag von Maastricht wurde die GASP in die Perspektive einer gemeinsamen Verteidigungspolitik gestellt, der EU wurden aber aufgrund von Differenzen zwischen den atlantisch orientierten Mitgliedstaaten um Großbritannien und den kontinentaleuropäischen Mitgliedstaaten um Frankreich keine eigenen verteidigungspolitischen Instrumente übertragen, stattdessen wurde die WEU als integraler Bestandteil der Entwicklung der EU und als dessen Verteidigungskomponente erklärt (Schmalz 2005: 46). Mit dem Vertrag von Amsterdam 1997 wurde die WEU stärker an die EU gebunden, behielt aber grundsätzlich ihre eigene Organisation.
Die Geburtsstunde der ESVP kann im Zeitraum von Oktober 1998 und 1999 angesiedelt werden. Aufgrund der Erfahrungen der EU mit dem Zerfall von Jugoslawien und der „Rückkehr von Krieg nach Europa“ (Algieri 2008: 463) wurde die Handlungsunfähigkeit der EU deutlich. Der erste Schritt zu einer ESVP wurde beim Treffen des Europäischen Rats in Pörtschach 1998 deutlich, als der damalige britische Premier Tony Blair einen Kurswechsel der „Atlanticists“ in ihrer Haltung gegenüber den „Europeanists“ erkennen ließ (Biscop 2008: 1). Konkreter wurde es dann im britisch-französischen Gipfeltreffen in St. Malo im Dezember 1998, „bei dem sich beide Länder auf Grundsätze einer europäischen Verteidigung einigten“ (Schmalz 2005: 47).
Unter dem Eindruck des Kosovokriegs vereinbarten die europäischen Staats- und Regierungschefs bei den Treffen in Köln und Helsinki im Jahr 1999, den Gipfeln in Feira (2000), Göteborg und Laeken (2001) die ersten Schritte zur Institutionalisierung der ESVP, die Festlegung ihrer Schwerpunkte und Planungsziele sowie die Übernahme der Petersberger-Aufgaben, was durch den Vertrag von Nizza und die darin festgehaltenen Vereinbarungen zur ESVP fortgesetzt wurde.
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- Arbeit zitieren
- Alexander Schmitt (Autor:in), 2009, Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/140652
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